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BFH 25.05.2010 - V B 90/09
BFH 25.05.2010 - V B 90/09 - Billigkeitserlass der Umsatzsteuer
Normen
§ 14 Abs 3 UStG 1980, § 227 AO
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 10. Juni 2009, Az: 6 K 1135/09, Urteil
Leitsatz
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NV: Ein Billigkeitserlass der Umsatzsteuer kommt nur in Betracht, wenn die Steuerfestsetzung eindeutig und offensichtlich unrichtig ist und es dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar war, sich im Festsetzungsverfahren rechtzeitig zu wehren.
Tatbestand
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I. Strittig ist, ob dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ein Anspruch auf Billigkeitserlass zusteht.
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Der Kläger erteilte einer Kommanditgesellschaft (KG) zwei Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis, die er jeweils am 31. Dezember 1982 ausstellte. Das für die KG zuständige Finanzamt B erkundigte sich bei dem für die Besteuerung des Klägers zuständigen Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--), ob der Kläger umsatzsteuerrechtlich geführt werde. Da das nicht der Fall war, setzte das FA Umsatzsteuer für 1982 durch Bescheid vom 14. Oktober 1983 fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er geltend machte, dass auf die beiden Rechnungen noch keine Zahlungen geleistet worden seien und er, der Kläger, Antrag auf Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG) gestellt habe. Nachdem zunächst der Einspruch und dann die Klage gegen die Versagung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten erfolglos blieben, nahm der Kläger seinen Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 1982 mit Schreiben vom 27. Januar 1993 zurück.
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Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung ging das FA weiter davon aus, dass der Steuerausweis in den beiden Rechnungen zu einer Steuerschuld nach § 14 Abs. 3 UStG führt. Da das FA unterstellte, dass die Rechnungen der KG erst 1983 zugegangen seien, setzte es die Steuer nach § 14 Abs. 3 UStG mit Bescheid vom 31. Oktober 1991 für 1983 fest. Nach Zurückweisung des hiergegen eingelegten Einspruchs hob das FA während des Klage-verfahrens gegen den Umsatzsteuerbescheid 1983 diesen auf Vorschlag des Finanzgerichts (FG) mit Bescheid vom 6. Oktober 1997 auf.
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Mit Schreiben vom 23. April 2007 beantragte der Kläger den Erlass der Umsatzsteuer 1982 aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 227 der Abgabenordnung (AO) ab Fälligkeit. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liege ein unberechtigter Steuerausweis vor. Da die KG keinen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen habe, sei die Steuerschuld zu berichtigen. Das FA lehnte den Antrag mit Bescheid vom 26. September 2007 ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
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II. Die auf grundsätzliche Bedeutung und Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) gestützte Beschwerde ist unbegründet.
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1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es nicht von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Grundsätze des Urteils der Europäischen Gemeinschaft (seit 1. Dezember 2009: Gerichtshof der Europäischen Union --EuGH--) vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth und Strobel (Slg. 2000, I-6973) auch dann anwendbar sind, wenn "der nach § 14 Abs. 3 UStG a.F. erlassene Umsatzsteuerbescheid (hier: Umsatzsteuer 1983) unter der Bedingung aufgehoben wurde, dass die Steuerfestsetzung bezüglich desselben Sachverhalts (hier die streitgegenständlichen Rechnungen) in einem andern, nicht auf § 14 Abs. 3 UStG a.F. beruhenden Umsatzsteuerbescheid (hier: Umsatzsteuer 1982), der inhaltlich nicht mehr berichtigt werden kann, Bestand hat und für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich/steuerlich dasselbe Ergebnis eintritt, wie wenn nach wie vor die Umsatzsteuerfestsetzung auf § 14 Abs. 3 UStG a.F. beruhte". Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setzt der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung voraus, dass sich die Bedeutung der Rechtssache nicht in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls erschöpft, sondern eine Vielzahl gleichartiger Fälle betrifft und einer Verallgemeinerung zugänglich ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. Juni 2006 III B 119/05, BFH/NV 2006, 1844, und vom 28. September 2009 XI B 103/08, BFH/NV 2010, 73). Hieran fehlt es. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage zielt auf die Anwendung der Rechtsprechung des EuGH in einem Einzelfall ab. Daher kommt es für die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht darauf an, ob die Klägerin den Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 1982 bei Kenntnis des EuGH-Urteils Schmeink & Cofreth und Strobel in Slg. 2000, I-6973 nicht zurückgenommen hätte.
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2. Es liegt auch kein zur Revisionszulassung führender Verfahrensfehler vor. Das FG hat entgegen der Auffassung des Klägers weder verfahrensfehlerhaft den Vortrag des Klägers unberücksichtigt gelassen noch verfahrensfehlerhaft den Sachverhalt unaufgeklärt gelassen. Der Kläger macht insoweit insbesondere geltend, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass das FA den Umsatzsteuerbescheid 1983 erst aufgehoben habe, als feststand, dass die Umsatzsteuerfestsetzungen nicht mehr abänderbar waren. Das FG habe weiter nicht aufgeklärt, ob der Kläger Leistungen an die KG erbracht habe und ob für die KG ein Vorsteuerabzug in Betracht komme.
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Der Kläger berücksichtigt insoweit nicht, dass es für das Vorliegen eines Verfahrensfehlers auf die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des FG ankommt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. Oktober 2009 IX B 86/09, BFH/NV 2010, 222). Das FG hat sein Urteil ausdrücklich darauf gestützt, dass ein Billigkeitserlass nur in Betracht kommt, wenn die Steuerfestsetzung eindeutig und offensichtlich unrichtig ist und es dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar war, sich im Festsetzungsverfahren rechtzeitig zu wehren, wofür sich das FG zu Recht auf das BFH-Urteil vom 14. November 2007 II R 3/06 (BFH/NV 2008, 574) gestützt hat. Daher kommt nach der Rechtsauffassung des FG ein Billigkeitserlass der Umsatzsteuer 1982 nicht in Betracht, da im Streitfall die Steuerfestsetzung nicht eindeutig und offensichtlich fehlerhaft war, der Kläger vielmehr selbst einen unberechtigten Steuerausweis mit eingeräumt habe. Seine nunmehr im Erlassverfahren geltend gemachten Einwendungen, insbesondere das Nichtvorliegen einer vom Kläger erbrachten Leistung, hätte er im Übrigen bereits im Einspruchsverfahren rügen können und müssen. Da das FA die auf § 14 Abs. 3 UStG beruhende Steuerfestsetzung aufgehoben hat, kommt es im Übrigen auf die vom Kläger im Zusammenhang mit der Frage der Rechnungsberichtigung erhobenen Verfahrensrügen nicht an.
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