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BAG 21.03.2024 - 6 AZR 174/23
BAG 21.03.2024 - 6 AZR 174/23 - Vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Justizvollzugsdienst
Normen
§ 47 Nr 1 Abs 1 TV-L, § 47 Nr 3 Abs 1 TV-L
Vorinstanz
vorgehend ArbG Dortmund, 7. Dezember 2022, Az: 9 Ca 4879/20, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 9. Mai 2023, Az: 6 Sa 63/23, Urteil
Leitsatz
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Eine Tätigkeit im Sanitätsdienst des Justizvollzugsdienstes im Sinne des § 47 Nr. 3 TV-L, die zu einem Anspruch auf vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Gewährung einer Übergangszahlung führt, liegt nur dann vor, wenn diese überwiegend "am Patienten selbst" erbracht wird. Zuarbeitende und unterstützende medizinische Tätigkeiten, die nicht "am Patienten selbst" ausgeübt werden, genügen dafür nicht.
Tenor
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1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. Mai 2023 - 6 Sa 63/23 - aufgehoben.
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2. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 7. Dezember 2022 - 9 Ca 4879/20 - abgeändert.
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Die Klage wird abgewiesen.
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3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Verlangen der Klägerin auf Basis der Regelungen des TV-L.
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Die 1959 geborene Klägerin ist seit dem 3. November 1997 als medizinisch-technische Laborassistentin bei dem beklagten Land beschäftigt. Nach dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag findet ua. der TV-L in der jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Das Arbeitsverhältnis besteht im Tarifgebiet West.
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Der Teil B des TV-L enthält in den §§ 40 bis 52 spezielle Bestimmungen für einzelne Beschäftigungsgruppen. § 47 Nr. 3 iVm. Nr. 1 TV-L enthält Sonderregelungen zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und zur sog. Übergangszahlung für Beschäftigte des Justizvollzugsdienstes der Länder, die im Aufsichts-, Werk- oder Sanitätsdienst tätig sind. § 47 TV-L lautet auszugsweise:
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„§ 47
Sonderregelungen für Beschäftigte im Justizvollzugsdienst der Länder sowie im feuerwehrtechnischen Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg sowie des Landes Berlin
Nr. 1
Zu § 1 - Geltungsbereich -
(1)
Diese Sonderregelungen gelten für Beschäftigte des Justizvollzugsdienstes, die im Aufsichtsdienst, im Werkdienst oder im Sanitätsdienst tätig sind ...
(3)
Diese Sonderregelungen gelten nur im Tarifgebiet West.
…
Nr. 3
Zu Abschnitt V - Befristung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Übergangszahlung
(1)
1Das Arbeitsverhältnis von Beschäftigten mit einer Tätigkeit von mindestens 36 Jahren bei demselben Arbeitgeber im Aufsichts-, Werk- oder Sanitätsdienst des Justizvollzugsdienstes ... endet auf schriftliches Verlangen der/des Beschäftigten zu dem von ihr/ihm gewünschten Zeitpunkt, frühestens jedoch 36 Kalendermonate vor dem Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze und nicht vor dem Zeitpunkt, zu dem vergleichbare Beamtinnen und Beamte des Arbeitgebers im Aufsichts-, Werk- oder Sanitätsdienst des Justizvollzugsdienstes ... in den gesetzlichen Ruhestand treten. ... 3Bei einer kürzeren Beschäftigung im Aufsichts-, Werk- oder Sanitätsdienst des Justizvollzugsdienstes ... als 36 Jahre ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass sich die 36-monatige Frist um jeweils einen Monat für jedes fehlende volle Beschäftigungsjahr vermindert. 4Die/Der Beschäftigte hat das Verlangen mindestens drei Monate vor dem von ihr/ihm gewünschten Beendigungszeitpunkt zu erklären.
(2)
1Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis nach Absatz 1 geendet hat, erhalten für jeden Kalendermonat, der nach dem Ausscheiden und vor dem Erreichen der Altersgrenze nach Absatz 1 Satz 1 beziehungsweise 2 liegt, eine Übergangszahlung in Höhe von 65 v.H. des monatlichen Tabellenentgelts der Entgeltgruppe 7 Stufe 6. ... 3Die Übergangszahlung erfolgt in einer Summe mit dem Ausscheiden der/des Beschäftigten. ...
(4)
Auf Beschäftigte, die Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte haben, finden die vorstehenden Regelungen keine Anwendung.“
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Das beklagte Land hält keine Beamtenlaufbahn für den Sanitätsdienst vor. Soweit Beamte in seinen Justizvollzugsanstalten im Sanitätsdienst tätig sind, haben diese die Laufbahnprüfung des allgemeinen Vollzugsdienstes mit entsprechender beruflicher Ausbildung oder Zusatzqualifikation absolviert. Diese treten nach § 117 Abs. 1 des Gesetzes über die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2016 (Landesbeamtengesetz - LBG NRW) idF vom 7. April 2017 mit Ende des Monats, in dem sie das 62. Lebensjahr vollenden, in den Ruhestand.
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Der Arbeitsplatz der Klägerin befindet sich innerhalb des Justizvollzugskrankenhauses, welches das beklagte Land rechtlich als Justizvollzugsanstalt führt. Die Klägerin unterliegt bei Zutritt, Tätigkeit und Verlassen des Gebäudes den gleichen Sicherheitsvorkehrungen wie das übrige Vollzugspersonal. Ihre Tätigkeit besteht im Wesentlichen in der Untersuchung medizinischer Proben von inhaftierten Patienten. Daneben nimmt sie selbst in variierendem Umfang - durchschnittlich ca. 15 Minuten pro Tag - im Rahmen von venösen und kapillaren Blutabnahmen, Blutgasanalysen sowie Glukose- und Laktosetoleranztests Proben bei inhaftierten Patienten ab. Kontakt zu und Begleitung von inhaftierten Patienten im Rahmen von Blutentnahmen sind zwingend erforderlich. Nach der Tätigkeitsbeschreibung des beklagten Landes beinhaltet die Tätigkeit der Klägerin im Einzelnen Folgendes:
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„Durchführung von Bereitschaftsdiensten
Umgang mit Patienten (Blutabnahme und Begleitung zu den Warteräumen bzw. zum Labor)
Annahme, Untersuchung und Befundung von Untersuchungsmaterialien von internen und externen Einsendern, Erfassung von Aufträgen
Allgemeine Tätigkeiten
Annahme von Probenmaterial und Erfassung in der EDV (manuell bzw. von barcodierten Proben)
Zentrifugation und Verteilung von Probenmaterial an die einzelnen Arbeitsplätze
Einsenden von Probenmaterial an externe Laboratorien
Kommunikation mit Einsendern (intern und extern), telefonische Auskunft und Beratung
Information über aktuelle Änderungen
Pflege und Archivierung von Analysedaten und des eingegangenen Probenmaterials, sowie die Pflege des Bestandes
Regelmäßige Teilnahme an Dienstbesprechungen und Weiterbildungen (intern und extern)
Reinigung und Desinfektion der Arbeitsplätze und Kühlschränke
Auffüllen der Reagenzien und Einmalmaterialien
Administrative Tätigkeiten (Post, ...)
Überprüfung der Temperatur von Kühlschränken und Inkubatoren und deren Dokumentation
Durchführung der QK nach RiliBäk [= Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen]
Gerätespezifische Datenspeicherung
Validation und Freigabe von Ergebnissen
Urin/Drogenscreenings
Durchführung von Drogenscreenings, manuelle Verdünnung von Urinen
Ggf. Faxen von Befunden
Drucken von Barcodes für die Drogenreagenzien
Vorbereitung der Reagenzien
Hämotologie
Durchführung diverser Schnelltests
Aufarbeitung von Ergussflüssigkeiten
Ggf. Einsenden von Material zu externen Laboratorien Liquor, Ergussflüssigkeiten, Punktate ...
Gerätewartung und Pflege
Quantitative Bestimmung von Eisen
Schwierige Hormonbestimmungen
Schwierige Fermentaktivitätsbestimmungen
Schwierige gerinnungsphysiologische Untersuchungen
Schwierige Antikörperbestimmungen (z.B. Coombstest, Blutgruppenserologie)
Klinische Chemie
Vorbereitung von Probenmaterial zur Untersuchung (Zentrifugation, ggf. Abpipettieren ...)
Durchführung zur Zeit 49 klinisch chemischen Untersuchungen mit Hilfe des „Architekt“ und zur Zeit 16 immunologischen Untersuchungen einschl. Hormone, Medikamente, Infektionsserologie
Kalibrationen der Messungen
Nachsuchen von bereits archivierten Daten
Wartung der Geräte
Durchführung kleiner Reparaturen mit und ohne Anleitung durch externe Techniker
Datenspeicherung
Ggf. telefonische Durchgabe pathologischer Werte
Ggf. Faxen von Befunden
Im pathol. Bereich manuelle Verdünnungen herstellen
Hämotherapie
Tägliche Prüfung des aktuellen Chargenplans (EDV) sowie Kontrolle ev. unerledigter Aufträge und abgelaufener Kreuzproben“
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Die Klägerin kann ab dem 1. Juni 2025 eine abschlagsfreie Rente nach § 236 Abs. 2 Satz 2 SGB VI als langjährig Versicherte in Anspruch nehmen.
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Nach - erfolgloser - außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 29. September 2020 hat die Klägerin mit Klage vom 28. Dezember 2020 die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2023 verlangt und eine entsprechende Feststellungsklage erhoben.
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Die Klägerin meint, aufgrund ihres Verlangens habe ihr Arbeitsverhältnis in Anwendung von § 47 Nr. 3 TV-L am 30. April 2023 geendet. Dessen Voraussetzungen seien erfüllt, insbesondere übe sie Tätigkeiten im Sanitätsdienst im Sinn eines Krankenpflegedienstes aus. Dies umfasse die Gesamtheit aller Maßnahmen, die zur Pflege und Betreuung Kranker nötig seien, mithin auch Laboruntersuchungen und Probeentnahmen. Der zeitliche Umfang dieser Tätigkeiten sei nicht von Belang. Bei ihrer Tätigkeit sei sie aufgrund des Kontakts zu inhaftierten Personen erheblichen körperlichen Anforderungen ausgesetzt.
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Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,
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festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nach § 47 Nr. 3 Abs. 1 TV-L mit Ablauf des 30. April 2023 sein Ende gefunden hat.
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Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.
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Es hat die Ansicht vertreten, die von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten unterfielen schwerpunktmäßig nicht dem Begriff des Sanitätsdienstes. Die Regelung des § 47 Nr. 3 TV-L wolle der besonderen, belastenden Situation der Angestellten, die aus dem Kontakt mit inhaftierten Personen resultiere, Rechnung tragen. Der nur ca. 15-minütige Kontakt am Tag bei der Probenentnahme genüge dem nach Sinn und Zweck der Norm nicht.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat das beklagte Land Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Urteil die tatbestandliche Feststellung getroffen, dass die Klägerin seit dem 1. Mai 2023 in Abstimmung mit dem beklagten Land nicht mehr für dieses tätig ist.
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Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist begründet. Das Arbeitsverhältnis ist nicht zum 30. April 2023 beendet worden. § 47 Nr. 3 TV-L findet entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts keine Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien.
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I. Die Revision ist zulässig. Das beklagte Land hat ein anerkennenswertes Rechtsschutzinteresse an der Durchführung des Revisionsverfahrens.
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Das Rechtsschutzinteresse stellt grundsätzlich keine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Revisionseinlegung dar. Vielmehr ist mit dem Erfordernis der Beschwer im Allgemeinen gewährleistet, dass das Rechtsmittel nicht ohne ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelklägers eingelegt wird. Ein Rechtsmittel ist deshalb nur ausnahmsweise wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn eine unnötige, zweckwidrige oder missbräuchliche Beschreitung des vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelweges anzunehmen ist. Das Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung für die Parteien keine rechtliche Wirkung mehr entfalten kann (vgl. BAG 24. November 2022 - 2 AZR 11/22 - Rn. 10; 15. Juli 2021 - 6 AZR 460/20 - Rn. 20, BAGE 175, 257 ). Dies ist hier nicht deshalb der Fall, weil das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, die Klägerin werde seit dem 1. Mai 2023 in Abstimmung mit dem beklagten Land nicht mehr für dieses tätig. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ist damit nicht festgestellt. Darüber hinaus löst ein stattgebendes Urteil den Anspruch der Klägerin auf die sog. Übergangszahlung nach § 47 Nr. 3 Abs. 2 TV-L aus. Das beklagte Land hat damit nicht nur ein symbolisches Interesse an der Revision.
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II. Die Revision ist begründet. Die Klage auf Feststellung der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist zwar zulässig, aber unbegründet.
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1. Die Feststellungsklage ist zulässig.
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a) Das von der Klägerin geltend gemachte Klagebegehren der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt kann Gegenstand einer Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sein. Als sog. Elementenfeststellungsklage kann sich eine solche auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (st. Rspr., zB BAG 29. Juni 2022 - 6 AZR 411/21 - Rn. 44 mwN, BAGE 178, 201).
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b) Für den Antrag besteht auch das erforderliche Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. hierzu BAG 1. Oktober 2020 - 2 AZR 214/20 - Rn. 12; BGH 17. Juni 2016 - V ZR 272/15 - Rn. 13 ff.). An einem solchen mangelt es auch nicht wegen der Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin werde seit dem 1. Mai 2023 in Abstimmung mit dem beklagten Land nicht mehr für dieses tätig, denn damit ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anerkennung des Anspruchs auf eine Übergangszahlung durch das beklagte Land nicht festgestellt (vgl. Rn. 16).
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die Klägerin sei im Sanitätsdienst beschäftigt, womit die tatbestandlichen Voraussetzungen der - einzig ersichtlichen - Anspruchsgrundlage des § 47 Nr. 3 iVm. Nr. 1 TV-L erfüllt seien. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen in der Sache endentscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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a) Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin finden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Regelungen des TV-L in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.
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b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 47 Nr. 1 Abs. 1 und Nr. 3 Abs. 1 TV-L sind nicht erfüllt. Die Klägerin ist keine Beschäftigte im Sanitätsdienst. Das ergibt die Auslegung der Tarifregelung (zu den diesbezüglichen Grundsätzen BAG 15. November 2023 - 10 AZR 163/23 - Rn. 41 mwN).
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aa) Die Klägerin ist im Justizvollzugsdienst beschäftigt. Sie wird vom beklagten Land im Justizvollzugskrankenhaus in F in Nordrhein-Westfalen - und damit im Tarifgebiet West (§ 47 Nr. 1 Abs. 3 TV-L) - als medizinisch-technische Laborassistentin eingesetzt. Das Justizvollzugskrankenhaus wird nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtlich als Justizvollzugsanstalt geführt. Die Tarifvertragsparteien haben mit der Formulierung: „Beschäftigte des Justizvollzugsdienstes … im Sanitätsdienst“, nicht zwischen den einzelnen Justizvollzugseinrichtungen unterschieden, sondern stellen allein darauf ab, dass die Tätigkeit im Sanitätsdienst erbracht wird (vgl. BAG 24. Februar 2022 - 6 AZR 320/20 - Rn. 23). § 47 Nr. 1 Abs. 1 TV-L verlangt auch nicht, dass die Beschäftigten die Laufbahnvoraussetzungen für den Justizvollzugsdienst erfüllen. Ausweislich der Überschrift der Norm („im Justizvollzugsdienst“) genügt ein tatsächlicher Einsatz in diesem Bereich (BeckOK TV-L/Sieberts § 47 Nr. 1 Stand 1. Juni 2023 Rn. 6).
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bb) Die Klägerin ist als medizinisch-technische Laborassistentin jedoch nicht im Sanitätsdienst iSv. § 47 Nr. 1 Abs. 1 und Nr. 3 Abs. 1 TV-L eingesetzt.
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(1) Die Tarifvertragsparteien haben zwar den Begriff des „Sanitätsdienstes“, der schon in den Sonderregelungen 2n zum BAT Verwendung gefunden hat, in § 47 TV-L nicht eigenständig definiert. Jedoch macht bereits der Wortlaut deutlich, dass damit der Krankenpflegedienst gemeint ist.
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(a) Nach der Rechtsprechung des Senats bringen die Tarifvertragsparteien mit dem Begriffsbestandteil „Sanität“, der ua. Krankenpflege bedeutet (Brockhaus/Wahrig Deutsches Wörterbuch [1983] Stichwort „Sanität“), zum Ausdruck, dass der Sanitätsdienst umfassend im Sinn von Krankenpflegedienst zu verstehen ist (BAG 24. Februar 2022 - 6 AZR 320/20 - Rn. 23; vgl. auch BeckOK TV-L/Sieberts § 47 Nr. 1 Stand 1. Juni 2023 Rn. 7).
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(b) Dies korrespondiert mit dem allgemeinen Sprachgebrauch, wonach mit „Sanitätsdienst“ der Dienst als Sanitäter (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort „Sanitätsdienst“), Krankendienst und Krankenpflege gemeint ist (Brockhaus/Wahrig Deutsches Wörterbuch [1983] Stichwort „Sanitätsdienst“). Unter dem Begriff „Sanitäter“ wird gemeinhin jemand verstanden, der in Erster Hilfe und in Krankenpflege ausgebildet und auf diesem Gebiet tätig ist (Duden aaO; Brockhaus/Wahrig aaO, jeweils zum Stichwort „Sanitäter“). Unter „Krankenpflege“ wiederum wurde zwar ursprünglich nur die Verpflegung der Kranken verstanden (Grimm Deutsches Wörterbuch [1984] Stichwort „Krankenpflege“). Im modernen Sprachgebrauch ist damit jedoch die Pflege und Betreuung Kranker gemeint (vgl. Duden aaO Stichwort „Krankenpflege“).
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(2) Soweit im Schrifttum angenommen wird, Sanitätsdienst iSv. § 47 Nr. 1 Abs. 1 TV-L umfasse denjenigen Kranken- oder Krankenpflegedienst, der zur Aufrechterhaltung des Gesundheitszustandes der Insassen der Justizvollzugsanstalten erforderlich sei (Sponer in Sponer/Steinherr TV-L § 47 Nr. 1 Stand September 2008 Rn. 4), oder dass nur der Verwaltungsdienst der Justizvollzugsanstalten ausgeschlossen sein soll (BeckOK TV-L/Sieberts § 47 Nr. 1 Stand 1. Juni 2023 Rn. 7), wird ein solch weites Verständnis des Begriffs des „Sanitätsdienstes“ dem Zweck des § 47 Nr. 3 TV-L nicht gerecht. Dieser liegt in einem Ausgleich für besondere Belastungen, die Beschäftigte wegen ihrer Arbeit in den dort genannten speziellen Bereichen des Justizvollzugsdienstes - ua. dem Sanitätsdienst - zu ertragen haben (so bereits BAG 24. Februar 2022 - 6 AZR 320/20 - Rn. 22). Die Tarifvertragsparteien haben mit der Option, das Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze zu beenden und eine Übergangszahlung zu beziehen, den spezifischen körperlichen und mentalen Belastungen aufgrund der genannten Tätigkeiten des Justizvollzugsdienstes Rechnung getragen (vgl. BAG 24. Februar 2022 - 6 AZR 320/20 - Rn. 31). Eine Tätigkeit muss daher ausgehend vom Zweck der Norm überwiegend „am Patienten selbst“ erbracht werden, um als Sanitätsdienst im tariflichen Sinn charakterisiert werden zu können. Zuarbeitende und unterstützende medizinische Tätigkeiten, die nicht „am Patienten selbst“ ausgeübt werden und dann erst im Weiteren die Krankenpflege und -versorgung der inhaftierten Patienten ermöglichen, genügen dafür nicht, weil damit die von der Norm vorausgesetzte Belastung nicht verbunden ist. Entscheidend für die Qualifikation als Beschäftigter im Sanitätsdienst im tariflichen Sinn ist eine überwiegende krankenpflegerische Tätigkeit am Patienten.
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(3) Danach kann die Tätigkeit der Klägerin als medizinisch-technische Laborassistentin mit dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Inhalt nicht als Sanitätsdienst iSv. § 47 Nr. 1 Abs. 1, Nr. 3 Abs. 1 TV-L qualifiziert werden.
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(a) Bei den Tätigkeiten, welche die Klägerin ausübt, handelt es sich um Labortätigkeiten. Sie führt Laboruntersuchungen von Körperflüssigkeiten, ua. Blut und Urin, durch mit dem Ziel der Krankheitserkennung und -behandlung und der Krankheitsvorsorge. Dabei werden, auch mithilfe von Geräten, Proben vorbereitet, Kulturen angelegt und Tests durchgeführt. Nicht unwesentlicher Bestandteil der Tätigkeiten ist auch die Dokumentation der Ergebnisse bzw. deren Weitergabe sowie weitere administrative Arbeiten ebenso wie Reinigungsdienste im Labor zur Erhaltung der Hygiene und die Kontrolle und Bevorratung der erforderlichen Arbeitsmaterialien. Diese Labortätigkeiten dienen nicht der Pflege und Betreuung Kranker. Darum führt auch die Tatsache, dass die Klägerin Proben zum Teil nicht nur im Labor in Empfang nimmt, sondern nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts durchschnittlich etwa 15 Minuten pro Tag selbst an den inhaftierten Patienten Blut und Proben für Blutgasanalysen sowie Glukose- und Laktosetoleranztests abnimmt, nicht zur Zuordnung ihrer Tätigkeit zum Sanitätsdienst. Der bloße persönliche Kontakt zum Häftling, der - und das ist der Klägerin zuzugestehen - ein Risiko für die Sicherheit des Beschäftigten birgt, soll, wenn dieser Kontakt außerhalb der Krankenpflege erfolgt, nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die Möglichkeit zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Gewährung einer Übergangszahlung nicht eröffnen. Diese haben nur bestimmten Berufsgruppen im Justizvollzugsdienst die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der in § 47 Nr. 3 TV-L geregelten Übergangszahlung eröffnen wollen.
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(b) Die von der Klägerin zu erfüllenden Aufgaben unterscheiden sich von denen eines medizinisch-technischen Laborassistenten, der in einem Labor außerhalb eines Justizvollzugskrankenhauses eingesetzt wird, zum ganz überwiegenden Teil nur darin, dass die Klägerin ihre Arbeit unter den Einschränkungen eines Einschlusses ausübt und insoweit den gleichen Sicherheitsvorkehrungen wie das übrige Vollzugspersonal unterliegt. Zum Ausgleich hierfür sieht der TV-L jedoch bereits eine sog. Vollzugszulage nach § 19a TV-L vor (im Sprachgebrauch der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auch „Gitterzulage“ genannt). Die von der Klägerin in geringem Umfang direkt am inhaftierten Patienten vorgenommenen Tätigkeiten dienen lediglich dazu, die Laboruntersuchungen überhaupt vornehmen zu können, auf deren Basis dann der Krankenpflegedienst am Patienten unter Berücksichtigung der im Labor gewonnenen Ergebnisse umgesetzt werden kann. Die von ihr ausgeführten Labortätigkeiten sind daher keine Krankenpflegetätigkeiten im tariflichen Sinn.
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(4) Dieses Verständnis spiegelt sich auch in der Systematik des Tarifvertrags wider. In den Entgeltgruppen der Anlage A zum TV-L - Entgeltordnung - wird unterschieden zwischen Eingruppierungsmerkmalen für Beschäftigte, die als medizinisch-technische Assistenten tätig sind (Teil II Ziff. 10.10 der Anlage A zum TV-L), und für Beschäftigte in der Pflege (Teil IV Ziff. 1 der Anlage A zum TV-L), worunter auch Krankenpfleger fallen.
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III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen.
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Spelge
Heinkel
Volk
Der ehrenamtliche Richter
Stein ist an der Beibringung seiner
Unterschrift verhindert.
SpelgeDöpfert
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