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BAG 24.03.2021 - 10 AZR 196/19
BAG 24.03.2021 - 10 AZR 196/19 - Tarifliches Härtegeld - Auslegung eines Haustarifvertrags
Normen
§ 271 BGB, § 362 Abs 1 BGB, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG, § 19 Abs 1 S 2 EStG, § 38a Abs 1 S 3 EStG, § 23a Abs 1 S 1 SGB 4, § 64 Abs 6 S 1 ArbGG, § 308 Abs 1 S 1 ZPO, § 520 Abs 3 S 2 Nr 2 ZPO, § 1 TVG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Würzburg, 19. Februar 2018, Az: 3 Ca 749/17, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Nürnberg, 15. März 2019, Az: 8 Sa 303/18, Urteil
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 15. März 2019 - 8 Sa 303/18 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über ein Härtegeld für die Kalenderjahre 2016 und 2017.
- 2
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Die Beklagte produziert in ihrem Betrieb in Gerolzhofen Teiglinge für sog. Gipfelhörnchen. Der Kläger arbeitet dort seit 1997 in Vollzeit. Er ist Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
- 3
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Bis 2005 zahlte die Beklagte an ihre Arbeitnehmer nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit ein Jubiläumsgeld. Am 13. Juni 2005 schlossen die Beklagte und die NGG den Tarifvertrag zur 7-Tage-Woche in der Gipfelabteilung BA II (Sonder-TV 2005). § 3 Abs. 5 Sonder-TV 2005 sah vor, dass als „Ausgleich für die 7-Tage-Woche ... alle Arbeitnehmer … der Gipfelabteilung BA II ... eine Zeitgutschrift von 2 Stunden pro Woche auf das Arbeitszeitkonto gutgeschrieben“ erhalten. Im Ergänzungstarifvertrag zum Sondertarifvertrag vom 13. Juni 2005 für die Beschäftigten in der Firma Hiestand Deutschland GmbH in 97447 Gerolzhofen vom 22. Juni 2007 (Erg.-TV 2007) vereinbarten die Beklagte und die NGG die Voraussetzungen für die Fortführung des 7-Tage-Betriebs ab dem 1. Juli 2007. § 3 Buchst. d Erg.-TV 2007 lautete:
-
„Rückwirkend für die Jahre 2005/2006/2007 und mind. für die Laufzeit des 7-Tage-Betriebes wird für alle Beschäftigten des Betriebes ein Härtegeld in Höhe von 600,00 Euro bezahlt. ...“
- 4
-
Das tarifliche Härtegeld wurde rückwirkend seit dem Jahr 2006 jeweils als Jubiläumszuwendung geleistet, wenn eine zehnjährige Betriebszugehörigkeit erreicht war. Der Kläger erhielt die Zahlung aus diesem Anlass im Jahr 2007.
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-
Am 1. Oktober 2008 trat der unter anderem zwischen der Beklagten und der NGG abgeschlossene Haus-Manteltarifvertrag für die Beschäftigten in der Firma Hiestand Deutschland GmbH und Hiestand Holding Beteiligungsgesellschaft GmbH & Co. KG in 97447 Gerolzhofen (HMTV) in Kraft. Er enthält auszugsweise die Regelungen:
-
„§ 3 Arbeitszeit
…
3.
Die wöchentliche Arbeitszeit ist im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten so zu verteilen, dass zwei Tage der Kalenderwoche arbeitsfrei bleiben (5-Tage-Woche). …
§ 6 Allgemeine Entgeltgrundsätze
…
5.
Das Arbeitsentgelt wird monatlich bargeldlos zum Anfang des Folgemonats, jedoch spätestens am 5. Arbeitstag des Folgemonats vom Arbeitgeber überwiesen.
…
§ 10 Jahressonderzuwendung
1.
Die Arbeitnehmer und die Auszubildenden, die per 30.06.05 ein Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen haben, erhalten mit der November-Abrechnung des jeweiligen Kalenderjahres eine Weihnachtsgratifikation als Jahressondervergütung, …“
- 6
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Der von denselben Parteien „in Ergänzung“ zum HMTV abgeschlossene Flexi-Tarifvertrag zur 7-Tage-Woche vom 20. Juli 2012 (Flexi-TV 2012) sah in § 2 Buchst. d vor:
-
„Für die Laufzeit des 7-Tage-Betriebes wird für alle Beschäftigten des Betriebes ein Härtegeld i. H. von 600,- Euro brutto als Einmalzahlung mit der Jahressonderzahlung bezahlt. Teilzeitbeschäftigte erhalten diesen Betrag anteilig. Laufende Rechtsansprüche bleiben hiervon unberührt. Die Bedingungen, die für den Erhalt der Sonderzahlung (Härtegeld) maßgeblich sind, werden zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat einvernehmlich festgelegt.“
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-
Am 11. September 2015 vereinbarten die Beklagte, die Hiestand Beteiligungsholding AG (CH) & Co. KG und die NGG den Flexi-Tarifvertrag zur 7-Tage-Woche (Flexi-TV 2015). Darin heißt es ua.:
-
„§ 1 Arbeitszeiten
…
2)
Als Ausgleich für die 7-Tage-Woche erhalten alle Arbeitnehmer eine Zeitgutschrift von 2 Stunden pro Woche auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben, wenn im 7-Tage-Rhythmus (18, 19, 21 Schichten) gearbeitet wird. …
…
§ 2 Weiterführung 7-Tage-Betrieb
a.
Zusätzlich werden für alle Beschäftigten im 7-Tage-Rhythmus gemäß dieses Geltungsbereiches zwei zusätzliche Urlaubstage pro Jahr der Laufzeit gewährt.
b.
Unabhängig von den in Absatz a) erwähnten Urlaubstagen erhalten die Beschäftigten bei einem durchgängigen 6-monatigen Einsatz im 7-Tage-Rhythmus jeweils einen zusätzlichen Guttag gutgeschrieben, bei durchgängigem 12-monatigen Einsatz höchstens jedoch zwei Guttage pro Kalenderjahr.
c.
Für die Laufzeit des 7-Tage-Betriebes wird für alle Beschäftigten des Betriebes ein Härtegeld i. H. von 600,- Euro brutto als Einmalzahlung mit der Jahressonderzahlung bezahlt. Teilzeitbeschäftigte erhalten diesen Betrag anteilig. Laufende Rechtsansprüche bleiben hiervon unberührt. Die Bedingungen, die für den Erhalt der Sonderzahlung (Härtegeld) maßgeblich sind, werden zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat einvernehmlich festgelegt.
§ 3 Tankgutscheine
a.
Für alle Beschäftigten wird für jeden gearbeiteten Samstag ein steuerfreier Tankgutschein i. H. von 25,- Euro gezahlt. ... Für die sich im 7-Tage-Betrieb befindlichen Beschäftigten gilt während der 7-Tage-Zeit ein maximaler Anspruch von einem Gutschein pro 4-Wochenblock im 7-Tage-Betrieb. …
…
§ 7 Ampelkonto
Spätestens bis zum 31.10.2015 ist mit dem Betriebsrat nach § 87 BetrVG ein Ampelkonto zu vereinbaren. Besteht keine Einigung, ist der Tarifvertrag nicht anwendbar. Danach werden innerhalb von 14 Tagen die Tarifvertragsparteien angerufen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden.“
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-
Am 29. Dezember 2016 schlossen die Betriebsparteien die Betriebsvereinbarung zu den Bedingungen der Härtegeldzahlung gemäß § 2 c Flexi-TV (BV 2016). Darin ist geregelt:
-
„§ 1
Gegenstand der Betriebsvereinbarung
…
(2)
Die für den Erhalt der Sonderzahlung maßgeblichen Bedingungen werden gemäß § 2 c Satz 4 Flexi-TV mit dieser Betriebsvereinbarung zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat einvernehmlich geregelt. …
…
§ 2
Höhe der Sonderzahlung
(1)
Die Sonderzahlung in Höhe von EUR 600 brutto wird jeweils bei Erreichung einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit nach Vollzeittätigkeit von 10, 20, 25 und 30 Jahren gezahlt.
…
§ 3
Fälligkeit der Sonderzahlung
(1)
Die Sonderzahlung wird als Einmalzahlung mit der Jahressonderzahlung, also derzeit mit dem Gehaltslauf für denjenigen Monat November gezahlt, der der Vollendung der entsprechenden Betriebszugehörigkeit nachfolgt. …“
- 9
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Am 17. Januar 2017 schlossen die Beklagte, die Hiestand Beteiligungsholding AG (CH) & Co. KG und die NGG den Ergänzungstarifvertrag Nr. 1 zum Flexi-Tarifvertrag zur 7-Tage-Woche (Flexi-TV) vom 11. September 2015 (Erg.-TV 2017) ab. Darin heißt es auszugsweise:
-
„§ 3
Flexi-TV
Dieser Ergänzungstarifvertrag stellt die einvernehmliche Lösung der Tarifvertragsparteien iSd § 7 Flexi-TV dar. Die Tarifvertragsparteien kommen überein, dass der Flexi-TV ab dem 01.04.2016 in Kraft tritt und anwendbar ist.
§ 4
Schlussbestimmungen
Dieser Ergänzungstarifvertrag tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Er kann mit einer Frist von 2 Monaten, erstmals zum 31.12.2018, gekündigt werden.“
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Am Tag darauf unterzeichneten die Betriebsparteien die Betriebsvereinbarung Arbeitszeitkonto & Sonderurlaubskonto (BV 2017). Die Präambel lautet:
-
„Die Tarifvertragsparteien haben im Flexi-Tarifvertrag zur 7-Tage-Woche vom 11.09.2015 (Flexi-TV) sowie im Ergänzungstarifvertrag zum Flexi-TV die verpflichtende Einführung eines ampelgesteuerten Arbeitszeitkontos und eines Sonderurlaubskontos durch die Betriebsparteien vorgesehen. Die Betriebsvereinbarung stellt die Umsetzung dieser tariflichen Verpflichtung dar.“
- 11
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Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 27. Februar 2017 auf, an ihn das Härtegeld 2016 iHv. 600,00 Euro nach § 2 Buchst. c Flexi-TV 2015 zu zahlen. Im November 2017 erhielt er für seine 20-jährige Betriebszugehörigkeit eine Sonderzahlung iHv. 600,00 Euro. Sie wurde als Jubiläumszuwendung abgerechnet. Nach der übereinstimmenden Erklärung der Parteien in der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 15. März 2019 handelte es sich dabei um das tarifliche Härtegeld.
- 12
-
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe das tarifliche Härtegeld in jedem Kalenderjahr zu. Dies folge aus der Verknüpfung „mit der Jahressonderzahlung“ und daraus, dass das Härtegeld die mit dem 7-Tage-Betrieb einhergehenden Belastungen ausgleichen solle. Die BV 2016 sei unwirksam, weil sie das Härtegeld tarifvertragswidrig zur Jubiläumszuwendung verkläre.
- 13
-
Der Kläger hat zuletzt - soweit für die Revision von Interesse - beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 600,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2016 zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 600,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2017 zu zahlen.
- 14
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, das Härtegeld nach § 2 Buchst. c Flexi-TV 2015 sei nur einmal während der Laufzeit des 7-Tage-Betriebs zu zahlen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang der Tarifregelung mit § 2 Buchst. a und Buchst. b Flexi-TV 2015. Die Verknüpfung des Härtegeldes mit der Jahressonderzahlung sei lediglich als Fälligkeitsbestimmung zu verstehen. Das erstmals im Erg.-TV 2007 geregelte Härtegeld habe die bis 2005 ohne tarifliche Grundlage gezahlte Jubiläumszuwendung ersetzt. Daher seien die Tarifvertragsparteien ebenso wie schon bei der wortgleichen Vorgängerregelung in § 2 Buchst. d Flexi-TV 2012 definitiv von einer Einmalzahlung ausgegangen.
- 15
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers nach Einholung einer schriftlichen Tarifauskunft zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Zahlungsanträge weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.
- 17
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A. Die Prozessfortsetzungsvoraussetzung der zulässigen Berufung des Klägers ist erfüllt (vgl. BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 16; 20. August 2019 - 3 AZR 251/17 - Rn. 44, BAGE 167, 294). Der Kläger hat sich in seiner Berufungsbegründung noch hinreichend iSv. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO mit den rechtlichen Erwägungen auseinandergesetzt, auf die das Arbeitsgericht seine Entscheidung gestützt hat.
- 18
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I. Das Arbeitsgericht hat sein Urteil doppelt begründet: Es hat angenommen, aus dem Flexi-TV 2015 folge schon deshalb kein Zahlungsanspruch, weil das Härtegeld nur einmal während der gesamten Dauer der Laufzeit des Tarifvertrags gezahlt werde. Bis zum 31. Oktober 2015 sei kein Ampelkonto mit dem Betriebsrat vereinbart worden. Deshalb sei es wegen § 7 Flexi-TV 2015 fraglich, ob § 2 Flexi-TV 2015 überhaupt zur Anwendung gelange. Sofern der Anspruch aus dem Flexi-TV 2015 hergeleitet werden könne, sei er bereits für das Jahr 2015 wirksam geworden und erloschen, weil der Kläger die tarifvertragliche Ausschlussfrist versäumt habe.
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II. Der Kläger hat sich in der Berufungsbegründung mit beiden Begründungssträngen des angefochtenen Urteils noch ausreichend befasst (zu den Anforderungen BAG 28. August 2019 - 10 AZR 550/18 - Rn. 12 mwN). Die Erstbegründung hat er mit der Rüge angegriffen, das Arbeitsgericht habe bei der Tarifauslegung die Verknüpfung des Härtegeldes mit der Jahressondervergütung und die Regelungen im Erg.-TV 2007 nicht berücksichtigt. Gegen die Zweitbegründung hat er vorgebracht, das Härtegeld habe nicht im November 2015 fällig werden können, weil der Flexi-TV 2015 erst rückwirkend zum 1. April 2016 in Kraft gesetzt worden sei.
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B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht weder für 2016 noch für 2017 ein tarifliches Härtegeld zu. Zinsen kann er von der Beklagten ebenfalls nicht verlangen.
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I. Als Grundlage für den Anspruch auf das mit dem Klageantrag zu 1. begehrte Härtegeld für das Kalenderjahr 2016 kommt allein § 2 Buchst. c Satz 1 Flexi-TV 2015 iVm. § 3 Satz 2 Erg.-TV 2017 in Betracht.
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1. Die Rechtsnormen des Flexi-TV 2015 und des Erg.-TV 2017 gelten nach § 4 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 3 Abs. 1 TVG zwischen der Beklagten als Partei der beiden Tarifverträge und dem Kläger als Mitglied der NGG unmittelbar und zwingend. Nach § 1 Nr. 1 und Nr. 2 Erg.-TV 2017 sowie nach Geltungsbereich Nr. 1 und Nr. 2 Flexi-TV 2015 sind der fachliche und der räumliche Geltungsbereich der beiden Tarifverträge für den Betrieb der Beklagten in Gerolzhofen eröffnet. Der persönliche Geltungsbereich der Tarifverträge erstreckt sich auf die in Geltungsbereich Nr. 3 Flexi-TV 2015 und in § 1 Nr. 3 Erg.-TV 2017 gleichermaßen näher umschriebenen Arbeitnehmer, die im 7-Tage-Betrieb beschäftigt sind. Der Kläger hat schriftsätzlich mehrfach unwidersprochen vorgetragen, dass er diese Voraussetzung im Kalenderjahr 2016 erfüllte.
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2. Der Flexi-TV 2015 ist rückwirkend zum 1. April 2016 in Kraft getreten. Dies folgt aus § 3 Satz 2 Erg.-TV 2017.
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a) Entgegen der Regelung in § 15 Satz 1 trat der Flexi-TV 2015 nicht bereits ab dem 1. Oktober 2015 in Kraft. § 7 Satz 2 iVm. Satz 1 Flexi-TV 2015 stellt die „Anwendung“ des Flexi-TV 2015 unter die aufschiebende Bedingung, dass die Betriebsparteien bis zum 31. Oktober 2015 eine Einigung über die Vereinbarung eines sog. Ampelkontos erzielen. Die BV 2017, die nach ihrer Präambel die Umsetzung dieser tariflichen Verpflichtung darstellt, wurde erst am 18. Januar 2017 abgeschlossen.
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b) Mit der Regelung in § 7 Satz 3 Flexi-TV 2015 haben die Tarifvertragsparteien den Eintritt der Normwirkung des Flexi-TV 2015 nicht in die Hände Dritter gelegt (vgl. dazu Löwisch/Rieble TVG 4. Aufl. § 1 Rn. 1551; zu einem Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG, wenn die Anwendung des Tarifvertrags vom Abschluss eines bestimmten Arbeitsvertrags abhängig sein soll: BAG 13. Mai 2020 - 4 AZR 489/19 - Rn. 33; 9. April 2008 - 4 AZR 123/07 - Rn. 25 f.). Die Betriebsparteien hatten bis zum 31. Oktober 2015 nicht die in § 7 Satz 1 Flexi-TV 2015 vorgesehene Einigung über das Ampelkonto erzielt. Deshalb begann am 1. November 2017 die 14-Tages-Frist des § 7 Satz 3 Flexi-TV 2015, um die Tarifvertragsparteien anzurufen. Die von ihnen gefundene „einvernehmliche Lösung“ ist nach § 3 Satz 1 Erg.-TV 2017 „dieser Ergänzungstarifvertrag“. § 3 Satz 2 Erg.-TV 2017 datiert das Inkrafttreten des Flexi-TV 2015 auf den 1. April 2016.
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II. Aus § 2 Buchst. c Satz 1 Flexi-TV 2015 ergibt sich kein Anspruch auf ein Härtegeld für das Kalenderjahr 2016.
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1. Die vom Kläger für richtig gehaltene Auslegung des § 2 Buchst. c Satz 1 Flexi-TV 2015, wonach das Härtegeld kalenderjährlich zu zahlen sein soll, lässt sich aus Sicht des Senats nicht mit Wortlaut, Zusammenhang und Zweck der Tarifnorm vereinbaren.
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a) Schon der Wortlaut spricht dafür, dass es sich bei dem Härtegeld nach § 2 Buchst. c Satz 1 Flexi-TV 2015 nicht um eine kalenderjährlich wiederkehrende Zahlung handelt. Darauf deuten der unbestimmte Artikel „ein“ und die Bezeichnung als „Einmalzahlung“ hin.
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aa) Als Einmalzahlung wird in Tarifverträgen typischerweise eine pauschalierte Entgelterhöhung oder eine von einer konkreten Gegenleistung unabhängige Sonderzahlung beschrieben (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 778/11 - Rn. 15; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 31; 21. Oktober 2009 - 10 AZR 786/08 - Rn. 35). Die Tarifvertragsparteien des Flexi-TV 2015 sind von diesem Verständnis ausgegangen. Das belegt die Verbindung des Worts „Sonderzahlung“ mit dem Klammerzusatz „Härtegeld“ in § 2 Buchst. c Satz 4 Flexi-TV 2015.
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bb) Ein anderes Begriffsverständnis folgt weder aus § 23a Abs. 1 Satz 1 SGB IV noch aus dem Einkommensteuergesetz. Der Senat stimmt der gegenläufigen Auffassung des Klägers nicht zu. Um eine Einmalzahlung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn handelt es sich, wenn das gezahlte Entgelt keinen konkreten Bezug zu der in einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum geleisteten Arbeit hat (BSG 10. Dezember 2019 - B 12 R 9/18 R - Rn. 19, BSGE 129, 247). Deshalb kann es sich auch dann um eine solche Einmalzahlung handeln, wenn sie während des ganzen Arbeitsverhältnisses nur ein einziges Mal geleistet wird. Entsprechendes gilt für einmalige Bezüge iSv. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG, die nach § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG Besonderheiten im Hinblick auf die zu erhebende Lohnsteuer unterliegen.
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b) Auch aus dem systematischen Zusammenhang der Norm mit den anderen Ausgleichsregelungen im Flexi-TV 2015 geht hervor, dass das Härtegeld nach § 2 Buchst. c Satz 1 Flexi-TV 2015 nicht kalenderjährlich zu leisten ist.
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aa) Die Zeitgutschrift des § 1 Abs. 2 Satz 1 Flexi-TV 2015 erfolgt „pro Woche …, wenn im 7-Tage-Rhythmus … gearbeitet wird“. Nach § 3 Buchst. a Satz 4 Flexi-TV 2015 kann höchstens ein Tankgutschein „pro 4-Wochenblock“ beansprucht werden. Für die beiden zusätzlichen Urlaubstage legt § 2 Buchst. a Flexi-TV 2015 den Bezugszeitraum „pro Jahr der Laufzeit“ fest. Die „Guttage“ nach § 2 Buchst. b Flexi-TV 2015 werden „pro Kalenderjahr“ gutgeschrieben. Vor diesem Hintergrund kann § 2 Buchst. c Satz 1 Flexi-TV 2015, wonach das Härtegeld „für die Laufzeit des 7-Tage-Betriebes“ gezahlt wird, nur bedeuten, dass sich die Tarifvertragsparteien hier bewusst für diesen Bezugszeitraum entschieden haben und nicht für das Kalenderjahr.
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bb) Für die Auslegung des Klägers spricht auch nicht, dass § 2 Buchst. c Satz 1 Flexi-TV 2015 die Beklagte dazu verpflichtet, das Härtegeld mit der „Jahressonderzahlung“ zu leisten, ohne eine konkrete Jahreszahl anzugeben. Den Tarifvertragsparteien war bei Abschluss des Flexi-TV 2015 aufgrund der Bedingung in § 7 Satz 2 iVm. Satz 1 Flexi-TV 2015 nicht bekannt, wann der Tarifvertrag in Kraft treten würde. Wäre ein kalenderjährlicher Zahlungsrhythmus gewollt gewesen, hätte es zudem nahegelegen, vor „Jahressonderzahlung“ das Wort „jeweiligen“ einzufügen.
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cc) Der Kläger kann das von ihm für richtig gehaltene Verständnis des § 2 Buchst. c Satz 1 Flexi-TV 2015 auch nicht mit Erfolg darauf stützen, sonst sei die in § 2 Buchst. c Satz 4 Flexi-TV 2015 vorgesehene Festlegung der „Bedingungen … für den Erhalt der Sonderzahlung (Härtegeld)“ durch die Betriebsparteien entbehrlich. Die Frage, welche Bedingungen die Betriebsparteien sollten regeln können, stellt sich unabhängig davon, welchen Zahlungsrhythmus die Tarifvertragsparteien festgelegt haben.
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c) Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung stehen dieser Auslegung nicht entgegen. Der Kläger weist zutreffend darauf hin, dass die Beschäftigung im 7-Tage-Betrieb eine Erschwernis gegenüber der in § 3 Nr. 3 Satz 1 HMTV geregelten 5-Tage-Woche ist. Angesichts des systematischen Zusammenhangs der Regelung in § 2 Buchst. c Satz 1 Flexi-TV 2015 mit den Ausgleichsregelungen in § 1 Abs. 2 und § 2 Buchst. a und Buchst. b Flexi-TV 2015 sowie der Bezeichnung als „Härtegeld“ liegt es nahe, dass auch diese Sonderzahlung die Erschwernis ausgleichen soll. Dies zwingt jedoch nicht zu dem Schluss, das Härtegeld sei ungeachtet des Tarifwortlauts kalenderjährlich zu zahlen. Der mit dem Härtegeld verfolgte Leistungszweck wird auch dann erreicht, wenn es auf die - von den Tarifvertragsparteien bestimmte - Laufzeit des 7-Tage-Betriebs bezogen ist.
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d) Bleiben nach der Auslegung einer Tarifnorm nach Wortlaut, Zweck und tariflichem Gesamtzusammenhang Zweifel an deren Inhalt und dem wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien, kann auf die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags zurückgegriffen werden (BAG 2. November 2016 - 10 AZR 615/15 - Rn. 42 mwN). Solche Zweifel bestehen hier nicht, sodass die Tarifgeschichte nicht ermittelt werden muss. Dennoch stützte auch sie das gefundene Auslegungsergebnis, wonach das Härtegeld nicht kalenderjährlich zu zahlen ist. Die Regelung des Härtegeldes in § 2 Buchst. c Flexi-TV 2015 geht zurück auf die wortgleiche Bestimmung in § 2 Buchst. d Flexi-TV 2012 und die Vorläuferregelung in § 3 Buchst. d Erg.-TV 2007. Das tarifliche Gefüge stellt damit seit geraumer Zeit nicht auf das Kalenderjahr, sondern auf die „Laufzeit des 7-Tage-Betriebes“ als Bezugszeitraum für das Härtegeld ab.
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e) Aus der von der Beklagten vorgelegten Tarifauskunft ergibt sich nichts anderes. Deshalb kann dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht eine solche Auskunft einholen durfte (zu den Anforderungen BAG 10. April 2019 - 4 AZR 587/17 - Rn. 27 mwN; 8. November 2017 - 10 AZR 501/16 - Rn. 27 mwN; Creutzfeldt FS Düwell 2011 S. 286, 303). Das Landesarbeitsgericht hat dem von der Beklagten zu den Akten gereichten E-Mail-Verkehr und damit dem gehaltenen Vortrag ohne revisionsrechtlich erhebliche Fehler eine Verständigung der Tarifvertragsparteien dahin entnommen, dass es sich schon bei dem Härtegeld nach § 2 Buchst. d Flexi-TV 2012 nicht um eine jährliche Zahlung handeln sollte. Es hat vor allem auf das Einverständnis des Vertreters der NGG mit der von der Beklagten erbetenen Streichung des Zusatzes „jährlich“ aus dem ursprünglichen Entwurf abgestellt. Der Senat teilt aus diesem Grund nicht die Auffassung des Klägers, die in § 2 Buchst. d Flexi-TV 2012 eingefügten Worte „mit der Jahressonderzahlung“ hätten den jährlichen Zahlungsrhythmus ausdrücken sollen.
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2. Anhaltspunkte dafür, dass das Härtegeld bereits mit der Jahressonderzahlung für das Kalenderjahr 2016 fällig geworden sein könnte, sind weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch sonst ersichtlich. Zwar könnte aus der Regelung in § 2 Buchst. c Satz 1 Flexi-TV 2015 - mit Blick auf § 271 BGB - abgeleitet werden, dass das Härtegeld bereits mit der ersten Jahressonderzahlung nach Inkrafttreten des Tarifvertrags fällig war. Der Flexi-TV 2015 ist jedoch erst am 17. Januar 2017 - wenn auch rückwirkend zum 1. April 2016 - in Kraft gesetzt worden (§ 3 Satz 2 Erg.-TV 2017). Das Härtegeld kann daher auch nach diesem Verständnis nicht bereits im Kalenderjahr 2016 fällig geworden sein.
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III. Der Anspruch auf das mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachte Härtegeld ist durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB).
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1. Sollte aus § 2 Buchst. c Satz 1 Flexi-TV 2015 iVm. § 3 Erg.-TV 2017 folgen, dass das Härtegeld bereits mit der ersten Jahressonderzahlung nach Inkrafttreten des Flexi-TV 2015 gezahlt werden musste, wäre es nach § 10 Nr. 1 iVm. § 6 Nr. 5 HMTV am 7. Dezember 2017 fällig geworden.
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2. Die Parteien haben im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht unstreitig gestellt, dass die Beklagte das tarifliche Härtegeld iHv. 600,00 Euro brutto in der Abrechnung für November 2017 als „Jubiläumszuwendung“ bezeichnet und an den Kläger gezahlt hat.
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IV. Die Klage ist auch hinsichtlich der mit dem Antrag zu 2. begehrten Verzugszinsen unbegründet. Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass ihm das Härtegeld erst nach dem 7. Dezember 2017, dem Fälligkeitstermin für die Jahressonderzahlung 2017, gezahlt wurde.
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V. Der Senat hat nicht darüber zu entscheiden, ob der Kläger die geltend gemachten Ansprüche aus der BV 2016 herleiten kann.
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1. Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf das Gericht einer Partei nicht etwas zusprechen, was nicht beantragt ist. Entsprechendes gilt, wenn das Gericht dem Kläger einen Anspruch aberkennt, den er nicht zur Entscheidung gestellt hat (st. Rspr., zB BAG 1. Dezember 2020 - 9 AZR 102/20 - Rn. 68; 11. April 2018 - 4 AZR 119/17 - Rn. 22, BAGE 162, 293; 25. August 2015 - 1 AZR 754/13 - Rn. 20, BAGE 152, 240 ).
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2. Die BV 2016 gehörte nicht zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex, den der Kläger dem Gericht unterbreitet hat, um sein Rechtsschutzbegehren zu begründen. Er hat sich in den Tatsacheninstanzen allein auf den kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit geltenden Flexi-TV 2015 gestützt. Ferner hat er geltend gemacht, die Betriebsvereinbarung könne wegen eines Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG ohnehin keine Wirkung entfalten.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO
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Gallner
Pessinger
Brune
Scheck
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