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BSG 22.02.2023 - B 3 KR 14/21 R
BSG 22.02.2023 - B 3 KR 14/21 R - Krankenversicherung - Nutzenbewertung von Arzneimitteln - Nutzenbewertung nur Bewertung des medizinischen Zusatznutzens im Verhältnis zu einer bestimmten zweckmäßigen Vergleichstherapie - keine Nutzenbewertung ohne bestimmbare zweckmäßige Vergleichstherapie - zulassungsrechtlicher Solist - Off-Label-Use keine zweckmäßige Vergleichstherapie
Normen
§ 35a SGB 5, § 92 SGB 5, § 130b SGB 5
Vorinstanz
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 24. September 2021, Az: L 28 KR 329/20 KL, Urteil
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. September 2021 aufgehoben.
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Es wird festgestellt, dass die mit Beschluss des Beigeladenen zu 2 vom 15. August 2019 vorgenommene Änderung der Anlage XII der Arzneimittel-Richtlinie zur Nutzenbewertung des Wirkstoffes Regadenoson (neues Anwendungsgebiet: Messung der fraktionellen Flussreserve) unwirksam ist.
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Der Schiedsspruch der Beklagten vom 1. Juli 2020 (schriftliche Fassung vom 6. Juli 2020) wird aufgehoben.
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Der Beigeladene zu 2 trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1.
Tatbestand
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Im Streit steht ein Schiedsspruch über die Festsetzung eines Erstattungsbetrags für ein Arzneimittel sowie der ihm zugrunde liegende Nutzenbewertungsbeschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA).
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Die Klägerin ist ein pharmazeutischer Unternehmer und vertreibt das seit 2010 zugelassene Fertigarzneimittel Rapiscan® mit dem Wirkstoff Regadenoson in Deutschland. Dieses ist seit 2011 in Deutschland im Verkehr und wird als Diagnostikum zur kurzzeitigen Gefäßerweiterung eingesetzt. 2019 erhielt das Arzneimittel eine Zulassung im neuen Anwendungsgebiet als pharmakologischer Stressauslöser für die Messung der fraktionellen Flussreserve (FFR-Messung), die 2017 im Verfahren nach § 135 SGB V als neue Methode anerkannt worden war und 2018 Aufnahme im Einheitlichen Bewertungsmaßstab fand. Der zu 2 beigeladene GBA bewertete im Verfahren nach § 35a SGB V den Nutzen des Wirkstoffs im neuen Anwendungsgebiet und ergänzte die Anlage XII der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) um die Feststellung, dass ein Zusatznutzen von Regadenoson (Rapiscan®) gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie "Pharmakologische Stressauslösung nach Maßgabe des Arztes" als nicht belegt gelte (Beschluss vom 15.8.2019, BAnz AT 9.9.2019 B3). In den Tragenden Gründen zum Nutzenbewertungsbeschluss führte der GBA ua aus, dass im neuen Anwendungsgebiet keine weiteren Arzneimittel zugelassen seien und die im Off-Label-Use eingesetzten Wirkstoffe Adenosin und Nitroprussid als geeignete Komparatoren angesehen werden könnten (Tragende Gründe vom 15.8.2019). Einer Festbetragsgruppe ordnete der Beigeladene zu 2 das Arzneimittel nicht zu.
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Nach gescheiterten Verhandlungen zwischen der Klägerin und dem zu 1 beigeladenen GKV-Spitzenverband über eine Erstattungsbetragsvereinbarung rief dieser die beklagte Schiedsstelle an und beantragte die Festsetzung des Vertragsinhalts nach § 130b SGB V zu Regadenoson (Rapiscan®). Die Beklagte setzte auf der Grundlage des Nutzenbewertungsbeschlusses des GBA den Erstattungsbetrag und weitere Vereinbarungsinhalte fest (Schiedsspruch vom 1.7.2020, schriftliche Fassung vom 6.7.2020).
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Das LSG hat die Klage, gerichtet auf Aufhebung des Schiedsspruchs und Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über den Schiedsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts sowie auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit des Nutzenbewertungsbeschlusses des Beigeladenen zu 2, abgewiesen: Die Voraussetzungen für die Durchführung eines Nutzenbewertungsverfahrens hätten vorgelegen; es handele sich um ein erstattungsfähiges Arzneimittel mit neuem Wirkstoff, das zuvor in das Methodenbewertungsverfahren nicht einbezogen gewesen sei. Der Nutzenbewertungsbeschluss sei weder in formeller noch materiell-rechtlicher Hinsicht zu beanstanden, insbesondere habe der zulassungsrechtliche Solistenstatus von Regadenoson im neuen Anwendungsgebiet hinreichende Beachtung gefunden. Der auf der Grundlage dieses Beschlusses ergangene Schiedsspruch sei ebenfalls rechtmäßig sowohl hinsichtlich des festgesetzten Erstattungsbetrags als auch der festgesetzten weiteren Vertragsinhalte (Urteil vom 24.9.2021).
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Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§§ 35a, 130b SGB V). Die Durchführung des Nutzenbewertungsverfahrens sei bereits unstatthaft gewesen, weil das Arzneimittel nur im Direktvertrieb abgegeben werde und der Wirkstoff wegen Ablaufs des Unterlagenschutzes nicht mehr neu sei, auch stehe der Nutzenbewertung das vorangegangene Methodenbewertungsverfahren entgegen. Der Beschluss des GBA sei wegen Verletzung des Gebots des fairen Verfahrens formell rechtswidrig und materiell rechtswidrig wegen unzureichender Berücksichtigung des Solistenstatus von Regadenoson. Der Schiedsspruch sei rechtswidrig, insbesondere wegen der Berücksichtigung von Arzneimitteln im Off-Label-Use als zweckmäßige Vergleichstherapie bei der Festsetzung des Erstattungsbetrags und der Nichtbeachtung der Besonderheiten des Direktvertriebs.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. September 2021 aufzuheben und
1. festzustellen, dass die mit Beschluss des Beigeladenen zu 2 vom 15. August 2019 vorgenommene Änderung der Anlage XII der Arzneimittel-Richtlinie zur Nutzenbewertung des Wirkstoffes Regadenoson (neues Anwendungsgebiet: Messung der fraktionellen Flussreserve) unwirksam ist,
sowie
2. den Schiedsspruch der Beklagten vom 1. Juli 2020 (schriftliche Fassung vom 6. Juli 2020) aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Schiedsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen, soweit sie sich gegen ihren Schiedsspruch und das ihn bestätigende Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. September 2021 richtet.
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Der Beigeladene zu 1 verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Der Beigeladene zu 2 verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Entgegen der Auffassung des erstinstanzlich zuständigen LSG Berlin-Brandenburg (§ 29 Abs 4 Nr 3 SGG) ist der Nutzenbewertungsbeschluss des zu 2 beigeladenen GBA jedenfalls deshalb rechtswidrig und unwirksam, weil über eine Nutzenbewertung des Arzneimittels wegen dessen zulassungsrechtlicher Solistenstellung im neuen Anwendungsgebiet nicht zu beschließen war. Mangels Grundlage für eine Erstattungsbetragsfestsetzung ist danach auch der Schiedsspruch der beklagten Schiedsstelle rechtswidrig und aufzuheben.
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A. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind der Nutzenbewertungsbeschluss des Beigeladenen zu 2 und der auf dessen Grundlage ergangene Schiedsspruch der Beklagten. Gegen den Nutzenbewertungsbeschluss des zum Rechtsstreit notwendig beigeladenen GBA wendet sich die Klägerin im Rahmen des Rechtsschutzes gegen den Schiedsspruch der Beklagten zulässig mit einem Feststellungsantrag, gerichtet auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Nutzenbewertungsbeschlusses (vgl zuletzt BSG vom 12.8.2021 - B 3 KR 3/20 R - BSGE 133, 1 = SozR 4-2500 § 130b Nr 5, RdNr 15 ff). Gegen den Schiedsspruch der Beklagten wendet sich die Klägerin zulässig mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, gerichtet auf die Aufhebung des Schiedsspruchs und Verpflichtung der Schiedsstelle zur neuen Entscheidung über den Schiedsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats (vgl zuletzt BSG vom 12.8.2021 - B 3 KR 3/20 R - aaO, RdNr 21 ff).
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B. Der Nutzenbewertungsbeschluss des Beigeladenen zu 2 ist rechtswidrig und von Anfang an unwirksam.
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1. Der Nutzenbewertungsbeschluss ist gestützt auf § 35a SGB V (in der Normfassung am Tag des Nutzenbewertungsbeschlusses des Terminservice- und Versorgungsgesetzes vom 6.5.2019, BGBl I 646).
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a) Danach bewertet der GBA den Nutzen von erstattungsfähigen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen (§ 35a Abs 1 Satz 1 SGB V). Hierzu gehört insbesondere die Bewertung des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie, des Ausmaßes des Zusatznutzens und seiner therapeutischen Bedeutung (§ 35a Abs 1 Satz 2 SGB V). Der Nutzen eines Arzneimittels ist nach der untergesetzlichen Ausgestaltung der patientenrelevante therapeutische Effekt insbesondere hinsichtlich der Verbesserung des Gesundheitszustands, der Verkürzung der Krankheitsdauer, der Verlängerung des Überlebens, der Verringerung von Nebenwirkungen oder einer Verbesserung der Lebensqualität (§ 2 Abs 3 Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung <AM-NutzenV> in der Verordnungsfassung am Tag des Nutzenbewertungsbeschlusses des GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes vom 4.5.2017, BGBl I 1050; 5. Kapitel § 3 Abs 1 VerfOGBA idF der Verfahrensordnung <VerfO> am Tag des Nutzenbewertungsbeschlusses der letzten Änderung vom 16.8.2018, BAnz AT 5.3.2019 B2). Der Zusatznutzen eines Arzneimittels ist ein Nutzen in diesem Sinne, der quantitativ oder qualitativ höher ist als der Nutzen, den die zweckmäßige Vergleichstherapie aufweist (§ 2 Abs 4 AM-NutzenV; 5. Kapitel § 3 Abs 2 VerfOGBA).
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b) Als erste Stufe des durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG vom 22.12.2010 (BGBl I 2262) eingeführten zweistufigen Systems der Preisregulierung für erstattungsfähige Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen führt der GBA danach eine zulassungsnahe ("frühe") Nutzenbewertung durch (vgl § 35a Abs 1 Satz 3 SGB V) und veröffentlicht diese (§ 35a Abs 2 Satz 3 SGB V). Nach einem Stellungnahmeverfahren (§ 35a Abs 3 Satz 2 SGB V) beschließt der GBA über die Nutzenbewertung und stellt mit dem Beschluss insbesondere den Zusatznutzen des Arzneimittels fest (§ 35a Abs 3 Satz 1 und 3 SGB V); der Beschluss ist Teil der AM-RL (§ 35a Abs 3 Satz 6 SGB V). Auf der Grundlage dieses Beschlusses erfolgt, wenn das Arzneimittel keiner Festbetragsgruppe zugeordnet wurde, auf der zweiten Stufe die wirtschaftliche Preisregulierung des Arzneimittels nach Maßgabe des § 130b SGB V (hier in der Normfassung am Tag des Schiedsspruchs des Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19.5.2020, BGBl I 1018), die sich für die Vereinbarung oder Festsetzung des Erstattungsbetrags am vom pharmazeutischen Unternehmer nachzuweisenden medizinischen Zusatznutzen im Verhältnis zur vom GBA bestimmten zweckmäßigen Vergleichstherapie orientiert (vgl zu diesem System der Preisregulierung BSG vom 4.7.2018 - B 3 KR 20/17 R - BSGE 126, 149 = SozR 4-2500 § 130b Nr 1, RdNr 45 f; BSG vom 10.9.2020 - B 3 KR 11/19 R - SozR 4-2500 § 35a Nr 6 RdNr 22 ff; BSG vom 12.8.2021 - B 3 KR 3/20 R - BSGE 133, 1 = SozR 4-2500 § 130b Nr 5, RdNr 26 f; vgl zur frühen Nutzenbewertung als Zusatznutzenbewertung auch Axer in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Aufl 2022, § 35a RdNr 7 ff).
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c) Gerichtlich zu überprüfen ist ein Nutzenbewertungsbeschluss des GBA auf einen Feststellungsantrag darauf, ob durch den GBA als Normgeber die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben im Zeitpunkt der Beschlussfassung nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl zuletzt BSG vom 12.8.2021 - B 3 KR 3/20 R - BSGE 133, 1 = SozR 4-2500 § 130b Nr 5, RdNr 33, 50).
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2. Nach diesen Maßstäben ist der Nutzenbewertungsbeschluss jedenfalls deshalb rechtswidrig und unwirksam, weil die Nutzenbewertung eine Zusatznutzenbewertung im Verhältnis zur vom GBA bestimmten zweckmäßigen Vergleichstherapie ist (dazu 3.), weshalb über eine Nutzenbewertung nicht zu beschließen ist, wenn eine zweckmäßige Vergleichstherapie nicht bestimmt werden kann (dazu 4.). Gegenüber einem zulassungsrechtlichen Solisten ist der zulassungsüberschreitende Einsatz von Arzneimitteln keine zweckmäßige Vergleichstherapie (dazu 5.). Ausgehend hiervon hält die vorliegend vom Beigeladenen zu 2 vorgenommene Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand (dazu 6.). Danach kommt es auf weitere gegen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vorgebrachte Gründe nicht mehr an.
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3. Die Nutzenbewertung ist allein eine Bewertung des medizinischen Zusatznutzens im Verhältnis zur vom GBA bestimmten zweckmäßigen Vergleichstherapie.
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Die Nutzenbewertung nach § 35a SGB V ist nach ihrer weiteren gesetzlichen und untergesetzlichen Ausformung als eine vergleichende Zusatznutzenbewertung im Verhältnis zur vom GBA zu bestimmenden zweckmäßigen Vergleichstherapie angelegt (zur Ausnahme und ihren Grenzen bei Arzneimitteln für seltene Leiden s § 35a Abs 1 Satz 11 bis 13 SGB V). Mit ihr wird der medizinische Nutzen des zu bewertenden Arzneimittels mit dem medizinischen Nutzen der zweckmäßigen Vergleichstherapie verglichen und der medizinische Zusatznutzen des Arzneimittels im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie bewertet. Für eine Nutzenbewertung, die mangels einer heranziehbaren Vergleichstherapie im Anwendungsgebiet keine vergleichende Zusatznutzenbewertung in diesem Sinne ist, bietet § 35a SGB V in der Gesetz gewordenen Fassung im Regelungsgefüge des SGB V hingegen keine Rechtsgrundlage. Zwar bewertet der GBA den Nutzen von erstattungsfähigen Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen (§ 35a Abs 1 Satz 1 SGB V) und gehört hierzu "insbesondere" die Bewertung des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie (§ 35a Abs 1 Satz 2 SGB V). Auch wird mit dem Nutzenbewertungsbeschluss "insbesondere" der Zusatznutzen des Arzneimittels festgestellt (§ 35a Abs 3 Satz 3 SGB V). Doch ist zeitgleich mit diesen Regelungen durch das AMNOG § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V dahin geändert worden, dass der GBA durch Richtlinien nicht mehr die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen kann, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann seither nur noch die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist (Art 1 Nr 13 Buchstabe a AMNOG). Das Verfahren zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels regelt der mit dem AMNOG eingefügte § 92 Abs 2a SGB V (Art 1 Nr 13 Buchstabe c AMNOG).
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Diese auf Arzneimittel bezogenen Änderungen des § 92 SGB V durch das AMNOG gehen zurück auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Gesundheit des Bundestags (BT-Drucks 17/3698), während die Regelungen des § 35a Abs 1 Satz 1 und 2 sowie Abs 3 Satz 3 SGB V Bestandteil bereits des ursprünglichen Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP waren (BT-Drucks 17/2413). Diese Regelungen - abgesehen von der Klarstellung (auch) in § 35a Abs 1 Satz 2 SGB V, dass es sich bei der Vergleichstherapie um eine zweckmäßige Therapie handeln muss (BT-Drucks 17/3698 S 50) - blieben im weiteren Gesetzgebungsverfahren unverändert. Hingegen sind mit § 92 Abs 1 Satz 1 und Abs 2a SGB V Änderungen hinzugekommen, die den Regelungsinhalt des § 35a SGB V insoweit mitbestimmen, als sie eine von der Zusatznutzenbewertung eines Arzneimittels zu unterscheidende Nutzenbewertung nur noch in ihrem Rahmen ermöglichen.
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Motiv dafür, einen Verordnungsausschluss von Arzneimitteln durch den GBA wegen fehlenden Nutzennachweises auszuschließen, war nach den Gesetzesmaterialien, dass bei Arzneimitteln - im Unterschied zu anderen medizinischen Methoden oder Produkten - die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bereits bei der arzneimittelrechtlichen Zulassung von den zuständigen Zulassungsbehörden geprüft würden. Diese Kriterien dürfe der GBA unter dem Aspekt des medizinischen Nutzens eines Arzneimittels nicht abweichend von der Beurteilung der Zulassungsbehörde bewerten. Im Unterschied zu anderen medizinischen Methoden oder Produkten stelle bei Arzneimitteln die arzneimittelrechtliche Zulassung sicher, dass Arzneimittel grundsätzlich für die Behandlung der zugelassenen Indikationen geeignet seien. Der GBA könne darüber hinaus den Zusatznutzen gegenüber Therapiealternativen bewerten. Dieser Aspekt werde bei der arzneimittelrechtlichen Zulassung nicht geprüft. Lasse sich nicht nachweisen, dass ein Arzneimittel einen Zusatznutzen habe, es jedoch höhere Kosten verursache, könne der GBA die Verordnungsfähigkeit einschränken oder ausschließen. Das gelte auch, wenn der GBA nachweisen könne, dass ein Arzneimittel unzweckmäßig sei (BT-Drucks 17/3698 S 52).
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Mit dieser Änderung des § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V durch das AMNOG und der hierdurch erfolgten Gleichstellung der arzneimittelrechtlich zu sichernden Wirksamkeit mit dem sozialversicherungsrechtlich zu gewährleistenden Nutzen sind Arzneimittel aus der Überprüfung eines nach patientenrelevanten Endpunkten gesicherten medizinischen Nutzens weitgehend herausgenommen (vgl hierzu - kritisch - Hess, GGW 2011, 8, 14; vgl auch Hess in BeckOGK, § 35a SGB V RdNr 8, 22, 34, Stand Mai 2022). Vor diesem entstehungsgeschichtlichen Hintergrund beschränkt sich die Nutzenbewertung nach § 35a SGB V - mit begrenzter Ausnahme bei Arzneimitteln für seltene Leiden - auf eine Zusatznutzenbewertung des Arzneimittels im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie, die durch den GBA bestimmt wird (vgl § 35a Abs 1 Satz 10 SGB V; vgl auch BT-Drucks 17/2413 S 21). Soweit die Gesetzesmaterialien nahelegen, dass die Nutzenbewertung auch "Solisten" erfassen soll (vgl BT-Drucks 17/2413 S 15, 22), ist dem mit der im Rahmen der Ausschussberatungen später vorgenommenen Änderung des § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V die Grundlage entzogen worden.
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4. Kann eine zweckmäßige Vergleichstherapie nicht bestimmt werden, ist über eine Nutzenbewertung nicht zu beschließen und ein begonnenes Nutzenbewertungsverfahren zu beenden.
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a) Die Zusatznutzenbewertung eines Arzneimittels nach § 35a SGB V ist dem GBA übertragen gegenüber einer von ihm zu bestimmenden zweckmäßigen Vergleichstherapie. Zweckmäßige Vergleichstherapie ist diejenige Therapie, deren Nutzen mit dem Nutzen eines Arzneimittels mit neuen Wirkstoffen für die Nutzenbewertung nach § 35a SGB V verglichen wird (§ 2 Abs 5 AM-NutzenV; 5. Kapitel § 6 Abs 1 VerfOGBA). Die zweckmäßige Vergleichstherapie ist regelhaft zu bestimmen nach Maßstäben, die sich aus den internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin ergeben (§ 6 Abs 1 AM-NutzenV; 5. Kapitel § 6 Abs 2 VerfOGBA). Sie muss eine nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zweckmäßige Therapie im Anwendungsgebiet sein (§ 12 SGB V), vorzugsweise eine Therapie, für die Endpunktstudien vorliegen und die sich in der praktischen Anwendung bewährt hat, soweit nicht Richtlinien nach § 92 Abs 1 SGB V oder das Wirtschaftlichkeitsgebot dagegen sprechen (§ 6 Abs 2 AM-NutzenV; 5. Kapitel § 6 Abs 3 Satz 1 VerfOGBA). Die Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie durch den GBA ist danach eine normativ vorgeprägte einseitige Entscheidung bzw Feststellung (vgl Luthe in Hauck/Noftz, SGB V, § 35a RdNr 62, Stand Januar 2023) und unabhängig von den Angaben des pharmazeutischen Unternehmers in seinem Dossier (vgl zur gesetzlichen Konzeption Krasney in Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 3. Aufl 2020, § 45 RdNr 69 ff).
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b) Kann weder eine medikamentöse noch eine nichtmedikamentöse zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmt werden, ist das zu bewertende Arzneimittel ein sog therapeutischer Solist (vgl zum Begriff des Solisten BT-Drucks 17/2413 S 15, 22; Hess in BeckOGK, § 35a SGB V RdNr 12, Stand Mai 2022: wirklicher Solist; Stallberg, PharmR 2016, 109, 110 f: therapeutischer Solist; vgl auch § 31 Abs 2a Satz 7 SGB V in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung: Fehlen einer zweckmäßigen Therapiealternative). Für einen therapeutischen Solisten scheidet eine Zusatznutzenbewertung nach § 35a SGB V gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie aus, weil eine solche nicht bestimmt werden kann. Diese Solisten werden - wie aufgezeigt - vom Normprogramm der §§ 35a, 130b SGB V nicht erfasst, auch wenn der Wortlaut nahelegen könnte, dass stets eine zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmt werden kann.
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c) Ein gleichwohl begonnenes Verfahren der Nutzenbewertung, in dem erst der Solistenstatus festgestellt worden ist, ist ohne Beschlussfassung über eine Nutzenbewertung zu beenden. Dem steht nicht entgegen, dass § 35a SGB V dies nicht vorsieht und § 35a SGB V auch sonst nicht erkennen lässt, dass der GBA von der Nutzenbewertung bei einem erstattungsfähigen Arzneimittel mit neuem Wirkstoff als Vorstufe zum Erstattungsbetragsverfahren nach § 130b SGB V absehen kann (vgl BSG vom 28.3.2019 - B 3 KR 2/18 R - BSGE 127, 288 = SozR 4-2500 § 130b Nr 3, RdNr 24; vgl auch Luthe in Hauck/Noftz, SGB V, § 35a RdNr 63, Stand Januar 2023; Stallberg, PharmR 2016, 109, 113; von Dewitz in BeckOK Sozialrecht, § 35a SGB V RdNr 11, Stand Dezember 2022; zu besonderen Ausnahmen s aber § 35a Abs 1a und 1b SGB V). Doch führt dies nicht dazu, dass es zu einem Erstattungsbetrag zu kommen hat, obwohl eine zweckmäßige Vergleichstherapie nicht rechtmäßig bestimmt und eine Zusatznutzenbewertung deshalb nicht durchgeführt werden kann. Das zweistufige System der Preisregulierung für erstattungsfähige Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen ist nach geltendem Recht möglich und zwingend nur, wenn eine zweckmäßige Vergleichstherapie als Preisanker rechtmäßig bestimmt werden kann (vgl so bereits Stallberg, PharmR 2016, 109, 113 ff mit Regelungsvorschlägen de lege ferenda).
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5. Der zulassungsüberschreitende Einsatz von Arzneimitteln ist keine zweckmäßige Vergleichstherapie gegenüber einem zulassungsrechtlichen Solisten.
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a) Ist für ein Anwendungsgebiet nur ein Arzneimittel arzneimittelrechtlich in Deutschland zugelassen, ist dieses ein sog zulassungsrechtlicher Solist (vgl zum Begriff Hess in BeckOGK, § 35a SGB V RdNr 12, Stand Mai 2022). Im Anwendungsgebiet nicht zugelassene Arzneimittel können bei der derzeitigen gesetzlichen Ausgestaltung gegenüber zulassungsrechtlichen Solisten grundsätzlich keine zweckmäßige Alternative als Grundlage für eine auf eine Zusatznutzenbewertung gestützte Preisregulierung sein.
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Fertigarzneimittel - wie hier - sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1 SGB V) nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn ihnen die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (vgl BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 11; BSG vom 3.7.2012 - B 1 KR 25/11 R - BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 12; BSG vom 13.12.2016 - B 1 KR 1/16 R - BSGE 122, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 28, RdNr 11, 26; vgl zur Vorgreiflichkeit der Arzneimittelzulassung auch Axer in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Aufl 2022, § 31 RdNr 21 ff). Dass diese Sperre im Einzelfall eines Versicherten im Rahmen eines zulassungsüberschreitenden Einsatzes - sog Off-Label-Use - überwunden werden kann (vgl dazu BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - aaO, RdNr 13 ff; BSG vom 3.7.2012 - B 1 KR 25/11 - aaO, RdNr 14 ff; BSG vom 13.12.2016 - B 1 KR 1/16 R - aaO, RdNr 12 ff; vgl auch Axer in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Aufl 2022, § 31 RdNr 34 ff), begründet den ausnahmsweisen Versorgungsanspruch des Versicherten, nicht aber die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des im Anwendungsgebiet nicht zugelassenen Arzneimittels. Dies korrespondiert mit der Bindung des GBA an die arzneimittelrechtliche Zulassung eines Arzneimittels, die eine hiervon abweichende Nutzenbewertung ausschließt (dazu bereits oben RdNr 21 f).
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b) Kommt als Vergleichstherapie - wie hier - nur eine medikamentöse Therapie in Betracht, kann diese grundsätzlich nur dann eine zweckmäßige Vergleichstherapie sein, wenn das Vergleichsarzneimittel im Anwendungsgebiet über eine arzneimittelrechtliche Zulassung verfügt. Ein Arzneimitteleinsatz im Off-Label-Use kann grundsätzlich keine zweckmäßige Vergleichstherapie sein, weil dieser Einsatz nicht von den zuständigen Zulassungsbehörden auf Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft und gestützt hierauf zugelassen worden ist, weshalb dieser Einsatz auch krankenversicherungsrechtlich nicht zweckmäßig ist.
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Damit harmonieren auch die Verfahrensregelungen des GBA selbst. Bei der Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie sind hiernach insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen:
1. Sofern als Vergleichstherapie eine Arzneimittelanwendung in Betracht kommt, muss das Arzneimittel grundsätzlich eine Zulassung für das Anwendungsgebiet haben.
2. Sofern als Vergleichstherapie eine nichtmedikamentöse Behandlung in Betracht kommt, muss diese im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbringbar sein.
3. Als Vergleichstherapie sollen bevorzugt Arzneimittelanwendungen oder nichtmedikamentöse Behandlungen herangezogen werden, deren patientenrelevanter Nutzen durch den GBA bereits festgestellt ist.
4. Die Vergleichstherapie soll nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zur zweckmäßigen Therapie im Anwendungsgebiet gehören (5. Kapitel § 6 Abs 3 Satz 2 VerfOGBA; kritisch zur durch das "grundsätzlich" in Nr 1 zugelassenen Ausnahme eines Off-Label-Use als zweckmäßige Vergleichstherapie trotz Zulassung eines Arzneimittels Pflugmacher in von Koppenfels-Spies/Wenner, SGB V, 4. Aufl 2022, § 35a RdNr 4).
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c) Ausnahmsweise kann ein Arzneimitteleinsatz im Off-Label-Use als zweckmäßige Vergleichstherapie in Betracht kommen, wenn die Verordnungsfähigkeit des zugelassenen Arzneimittels im nicht zugelassenen Anwendungsgebiet als Off-Label-Use durch Beschluss des GBA nach § 35c Abs 1 SGB V legitimiert worden ist (§ 30 AM-RL und Anlage VI zum Abschnitt K der AM-RL) oder aus anderen Gründen ein Wettbewerb des zu bewertenden Arzneimittels mit ähnlichen Arzneimitteln als therapeutischen Alternativen im Anwendungsgebiet besteht und das zu bewertende Arzneimittel insoweit zwar ein zulassungsrechtlicher, aber kein therapeutischer Solist ist (vgl BT-Drucks 17/2413 S 15, 22).
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6. Ausgehend hiervon hält die vorliegend vom Beigeladenen zu 2 vorgenommene Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Zwar hat der GBA in seinem Nutzenbewertungsbeschluss keine konkrete Arzneimittelanwendung als zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmt, sondern eine "pharmakologische Stressauslösung nach Maßgabe des Arztes". Ausweislich der Tragenden Gründe zum Nutzenbewertungsbeschluss zielte dies indes auf die Wirkstoffe Adenosin und Nitroprussid im Off-Label-Use. Das überschreitet den dem GBA zustehenden Gestaltungsspielraum als Normgeber.
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a) Der von der Klägerin vertriebene Wirkstoff Regadenoson war im Anwendungsgebiet der FFR-Messung zum Zeitpunkt des Nutzenbewertungsbeschlusses des GBA ein zulassungsrechtlicher Solist. Ein Einsatz von Adenosin und Nitroprussid in diesem Anwendungsgebiet war nicht nach Maßgabe des § 35c SGB V legitimiert. Andere Arzneimittel sind vom GBA als therapeutische Alternativen nicht bezeichnet worden. Dass und warum Adenosin und Nitroprussid trotz fehlender arzneimittelrechtlicher Zulassung oder auch nur Anerkennung im Rahmen des § 35c SGB V auch noch nach der arzneimittelrechtlichen Zulassung von Regadenoson im neuen Anwendungsgebiet der FFR-Messung therapeutische Alternativen sein könnten, gegenüber denen sich Regadenoson in der Zusatznutzenbewertung behaupten müsste, kann weder dem Nutzenbewertungsbeschluss des GBA noch den Tragenden Gründen hierzu entnommen werden. Für eine Bestimmung als zweckmäßige Vergleichstherapie oder sonst als Komparatoren genügt es nicht, dass sie bis zur Zulassung von Regadenoson im neuen Anwendungsgebiet trotz Einsatzes im Off-Label-Use ein vorgängiger Versorgungsstandard gewesen sein mögen. Nach der Zulassungserweiterung von Regadenoson konnten sie künftig nicht mehr ohne Weiteres als aktueller medizinischer Versorgungsstandard und zweckmäßige Therapiealternative angesehen werden (zur Nicht-mehr-Vergleichbarkeit von Arzneimitteln im Off-Label-Use nach Zulassung des zu bewertenden Arzneimittels Pflugmacher in von Koppenfels-Spies/Wenner, SGB V, 4. Aufl 2022, § 35a RdNr 4; aA Hess in BeckOGK, § 35a SGB V RdNr 12, Stand Mai 2022: Zusatznutzenbewertung im Vergleich mit der bisher möglichen Behandlung mit der Folge, dass schon bei schwacher Evidenz Anhaltspunkte für einen geringen oder nicht quantifizierbaren Zusatznutzen bestehen können).
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b) Den Anforderungen an die Bestimmung einer zweckmäßigen Vergleichstherapie durch den GBA konnte hier nicht dadurch genügt werden, dass als zweckmäßige Vergleichstherapie im Nutzenbewertungsbeschluss keine konkrete Arzneimittelanwendung, sondern eine "pharmakologische Stressauslösung nach Maßgabe des Arztes" bestimmt worden ist, und Adenosin und Nitroprussid als geeignete Komparatoren in den Tragenden Gründen zu diesem Beschluss bezeichnet worden sind. Dafür, sich so beholfen zu haben, kann sich der Beigeladene zu 2 nicht auf den ihm in seiner Funktion als Normgeber zustehenden Gestaltungsspielraum stützen, weil dieser nicht von der Beachtung der gesetzlichen Vorgaben befreit (vgl BSG vom 12.8.2021 - B 3 KR 3/20 R - BSGE 133, 1 = SozR 4-2500 § 130b Nr 5, RdNr 33). Dem zulassungsrechtlichen Solistenstatus von Regadenoson im Anwendungsgebiet der FFR-Messung ist so im aufgezeigten Normprogramm des § 35a SGB V nicht hinreichend Rechnung getragen worden. Daran ändert nichts, dass es bei der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln im Zusammenhang mit § 130b SGB V um die Senkung der Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung geht; auch das rechtfertigt nicht die vergleichende Heranziehung von Arzneimitteln im Off-Label-Use, wenn diese nicht mehr als medizinischer Versorgungsstandard angesehen werden können.
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c) Die frühe Nutzenbewertung als Zusatznutzenbewertung kann auch bei zulassungsrechtlichem Solistenstatus des zu bewertenden Arzneimittels nur im Verhältnis zu einer konkreten, als zweckmäßig zu qualifizierenden Vergleichstherapie erfolgen, der deshalb auch Jahrestherapiekosten zugeordnet werden können, an die im Erstattungsbetragsverfahren angeknüpft werden kann (zu Jahrestherapiekosten s § 20 Abs 3 Nr 4 5. Kapitel VerfOGBA). Lässt sich bei zulassungsrechtlichem Solistenstatus des zu bewertenden Arzneimittels eine konkrete, als zweckmäßig zu qualifizierende Vergleichstherapie nicht bestimmen, scheidet eine frühe Nutzenbewertung durch den GBA als Zusatznutzenbewertung im Verhältnis zu einer zweckmäßigen Vergleichstherapie aus. Das vorliegend vom GBA eingeleitete Nutzenbewertungsverfahren hätte daher ohne Beschlussfassung über eine Nutzenbewertung eingestellt werden müssen.
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d) Einer Freistellung des GBA von der gesetzlich vorgesehenen Bestimmung einer konkreten zweckmäßigen Vergleichstherapie, die als Arzneimittelanwendung grundsätzlich ein im Anwendungsgebiet zugelassenes Arzneimittel erfordert, steht Verfassungsrecht entgegen. Die verfassungsrechtliche Legitimation der Normsetzungsbefugnis des GBA erfordert eine durch das Gesetz vorgegebene hinreichend dichte Anleitung (vgl dazu BVerfG vom 10.11.2015 - 1 BvR 2056/12 - BVerfGE 140, 229 = SozR 4-2500 § 92 Nr 18, RdNr 22). Sind ausreichend bestimmte rechtliche Vorgaben festgelegt, sind diese einzuhalten, ohne dass dem der dem GBA zuzubilligende Gestaltungsspielraum als Normgeber entgegensteht. Damit wird der verfassungsrechtlich durch Art 12 Abs 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers, die durch die Preisregulierung im Verfahren nach §§ 35a, 130b SGB V berührt wird, Rechnung getragen (vgl zu verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten BSG vom 12.8.2021 - B 3 KR 3/20 R - BSGE 133, 1 = SozR 4-2500 § 130b Nr 5, RdNr 55 ff).
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e) Die Rechtswidrigkeit der Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie führt zur Unwirksamkeit dieser Bestimmung und damit zur Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit des angegriffenen Nutzenbewertungsbeschlusses des GBA insgesamt von Anfang an, weil der Beschluss über die Nutzenbewertung nach § 35a SGB V als Zusatznutzenbewertung ohne rechtmäßig bestimmte zweckmäßige Vergleichstherapie unvereinbar mit höherrangigem Recht ist.
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f) Die rechtswidrige Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie durch den Beigeladenen zu 2 ist nicht deshalb unbeachtlich geworden, weil die Klägerin ein nach Maßgabe von § 35a Abs 1 Satz 3 SGB V unvollständiges Dossier vorgelegt hat, weshalb nach § 35a Abs 1 Satz 5 SGB V ein Zusatznutzen als nicht belegt gilt. Auf einen Zusatznutzennachweis durch ein Dossier des pharmazeutischen Unternehmers kommt es nicht an, wenn über eine Zusatznutzenbewertung nicht zu beschließen ist, weil gegenüber einem zulassungsrechtlichen Solisten keine zweckmäßige Vergleichstherapie rechtmäßig bestimmt werden kann. Im Verhältnis zu einer vom GBA rechtswidrig bestimmten zweckmäßigen Vergleichstherapie kann eine Zusatznutzenbewertung durch den GBA nicht erfolgen. Die Rechtswidrigkeit der Bestimmung führt deshalb auch bei formal unvollständigem Dossier des pharmazeutischen Unternehmers zur Unwirksamkeit des Nutzenbewertungsbeschlusses des GBA.
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g) Ob eine zweckmäßige Vergleichstherapie hier rechtmäßig vom GBA hätte bestimmt werden können, ist vom Senat nicht zu entscheiden, der nur den von der Klägerin angegriffenen Nutzenbewertungsbeschluss als Norm zu überprüfen hat, aber nicht selbst eine Norm geben kann.
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C. Der Schiedsspruch der Beklagten ist rechtswidrig und aufzuheben schon deshalb, weil er auf der Grundlage eines Nutzenbewertungsbeschlusses des GBA ergangen ist, der nach den Vorgaben des § 35a SGB V rechtswidrig und unwirksam ist und somit für das Erstattungsbetragsverfahren nach § 130b SGB V keine rechtlich tragfähige Grundlage sein kann. Neben der Aufhebung des Schiedsspruchs ist vorliegend keine Verpflichtung der Schiedsstelle zur neuen Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats auszusprechen, weil es mangels eines Nutzenbewertungsbeschlusses des GBA an einer Grundlage für eine Erstattungsbetragsfestsetzung fehlt. Ein Erstattungsbetragsverfahren ohne einen zugrunde liegenden Nutzenbewertungsbeschluss sieht § 130b SGB V nicht vor. Eine am Zusatznutzen orientierte Preisregulierung - sei es durch Vereinbarung zwischen pharmazeutischem Unternehmer und GKV-Spitzenverband oder durch Festsetzung der Schiedsstelle - scheidet ohne eine Zusatznutzenbewertung gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie als Preisanker aus.
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Die Kostenentscheidung zulasten des Beigeladenen zu 2 beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 3, § 155 Abs 1 Satz 3 und § 162 VwGO. Die Beklagte war trotz Aufhebung ihres Schiedsspruchs nicht an der Kostentragung zu beteiligen, weil die Aufhebung hier allein auf der Unwirksamkeit des Nutzenbewertungsbeschlusses des Beigeladenen zu 2 beruht, auf dessen Grundlage der Schiedsspruch ergangen war. Kosten des Beigeladenen zu 1 waren dem Beigeladenen zu 2 nicht aufzuerlegen, weil beide die angefochtene Entscheidung verteidigten; der Beigeladene zu 1 war an der Kostentragung nicht zu beteiligen, weil die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung durch die Unwirksamkeit des Nutzenbewertungsbeschlusses des Beigeladenen zu 2 veranlasst war.
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