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BSG 30.06.2020 - B 3 P 22/19 B
BSG 30.06.2020 - B 3 P 22/19 B - Pflegeversicherung - Pflegeeinrichtung - gesonderte Berechnung von Investitionsaufwendungen
Normen
§ 82 Abs 3 S 1 SGB 11, § 82 Abs 4 SGB 11
Vorinstanz
vorgehend SG Magdeburg, 21. November 2017, Az: S 19 P 74/14, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, 23. Oktober 2019, Az: L 1 P 21/18, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. Oktober 2019 wird als unzulässig verworfen.
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Der Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert wird auf 64 533,16 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Der Kläger betreibt als eingetragener Verein eine zugelassene stationäre Pflegeeinrichtung. Das LSG Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 23.10.2019 den Anspruch des Klägers auf Zustimmung des beklagten Landes zur gesonderten Berechnung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen für insgesamt 61 Pflegeplätze in Höhe von 8,77 Euro pro Pflegeplatz und Tag in der Zeit vom 1.1. bis 31.12.2013 nach § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XI bestätigt: Auch im Hinblick auf weitere 21 Pflegeplätze durch einen Erweiterungsbau bestehe Anspruch auf Zustimmung zur gesonderten Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen. Die Pflegeeinrichtung sei insgesamt landesrechtlich gefördert worden; auf einzelne Baumaßnahmen oder Gebäudeteile komme es hingegen nicht an. Es handele sich um Investitionsaufwendungen, die in dieser Höhe auch betriebsnotwendig seien.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil hat der Beklagte Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Beklagte den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
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Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Der Beklagte hält für grundsätzlich bedeutsam folgende Fragen:
"Wird die Neuerrichtung von Gebäuden oder Gebäudeteilen bei einer schon bestehenden - mit öffentlichen Mitteln geförderten - Pflegeeinrichtung vom Begriff der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen in § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI mit umfasst?
Ist der Begriff der Betriebsnotwendigkeit in § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI dahingehend auszulegen, dass allein die unternehmerische Entscheidung, bestimmte Investitionen zu tätigen, maßgeblich ist oder ist hierfür vielmehr an objektive Kriterien, wie die Wirtschaftlichkeit des Betriebes der Pflegeeinrichtung mit oder ohne die betreffende Investition entscheidungserheblich?
Ist für die Bewertung der Betriebsnotwendigkeit eine ex ante- oder eine ex post-Betrachtung maßgeblich?
Welche Anforderungen sind an eine substantiierte Darlegung in Bezug auf die betriebsnotwendigen Investitionen zu stellen, damit der - unbestimmte - Rechtsbegriff der Betriebsnotwendigkeit einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden kann?"
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a) Hierzu führt der Beklagte aus, das BSG habe zwar in seinem Urteil vom 8.9.2011 (B 3 P 2/11 R - BSGE 109, 96 = SozR 4-3300 § 82 Nr 7) den Begriff der Betriebsnotwendigkeit erläutert. Allerdings bleibe fraglich, ob die Errichtung eines neuen Gebäudeteils und folglich die bauliche Erweiterung der Pflegeeinrichtung mit der Schaffung von über 50 % neuer Pflegeplätze, die für die Aufrechterhaltung des Pflegebetriebs nicht erforderlich seien, eine betriebsnotwendige Investitionsaufwendung iS von § 82 Abs 3 Satz 1 SGB XI darstelle. Für seine Argumentation bezieht sich der Beklagte auf Rechtsprechung aus den Instanzen (SG Dessau-Roßlau Urteil vom 28.11.2017 - S 26 P 38/15, LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 8.9.2016 - L 5 P 107/14 und das hier vom LSG bestätigte Urteil des SG Magdeburg vom 21.11.2017 - S 19 P 74/14). Die unternehmerische Entscheidung der betriebsnotwendigen Investitionen sei im Lichte von § 82 Abs 3 Satz 1 SGB XI einer vollen gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen (Hinweis auf BSG aaO). Aus der Entscheidung des BSG vom 8.9.2011 (aaO) ergebe sich auch, dass in Bezug auf die Betriebsnotwendigkeit substantiierte Darlegungen erforderlich seien. Die dort entschiedene Konstellation zur Anschaffung und Unterhaltung von Fahrzeugen sei mit der hier streitigen Errichtung eines Gebäudes oder eines Gebäudeteils vergleichbar. Aus den maßgeblichen Gesetzesmaterialien sei zu schlussfolgern, dass die Neuerrichtung von Gebäudeteilen bei einer bestehenden Pflegeeinrichtung keine Instandhaltung oder Instandsetzung sei.
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b) Dieser Vortrag genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage. Es fehlt schon an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen, so dass offenbleiben kann, ob auch deren Entscheidungserheblichkeit hinreichend dargetan ist. Jedenfalls sind mit der vierten Frage Tatsachen angesprochen, die nur einzelfallbezogen und nicht generell geklärt werden können. Überdies trägt der Beklagte selbst vor, dass sich das BSG in dem in der Beschwerdebegründung zitierten Urteil vom 8.9.2011 (aaO) mit der Erläuterung des Begriffs der Betriebsnotwendigkeit und den Darlegungsanforderungen an die Betriebsnotwendigkeit von Investitionen beschäftigt habe, wodurch der Schluss gerechtfertigt sei, dass eine volle gerichtliche Überprüfung dieses Normprogramms angezeigt sei. Mit diesen Ausführungen hat der Beklagte aber nicht die erneute Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen dargetan, wenn er sich auf vorhandene Rechtsprechung des BSG bezieht. Vielmehr trägt er sinngemäß nur die vermeintliche Unrichtigkeit des LSG-Urteils vor, gemessen am Urteil des BSG vom 8.9.2011 (aaO). Die Unrichtigkeit des Berufungsurteils ist aber nicht Gegenstand des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde.
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Im Übrigen existiert bereits weitere Rechtsprechung des BSG zum aufgeworfenen Problemkreis, die einer Annahme der hinreichenden Darlegung der erneuten Klärungsbedürftigkeit entgegensteht (vgl nur BSG Urteile vom 10.3.2011 - B 3 P 3/10 R - BSGE 108, 14 = SozR 4-3300 § 82 Nr 5; vom 8.9.2011 - B 3 P 3/11 R und B 3 P 4/10 R - beide in juris). Insbesondere hat der Senat im Urteil vom 6.9.2007 (B 3 P 3/07 R - BSGE 99, 57 = SozR 4-3300 § 82 Nr 4, RdNr 15 f) ausgeführt, dass die gesonderte Berechnung von Investitionsaufwendungen in Beziehung zu der jeweiligen Pflegeeinrichtung zu sehen und darauf abzustellen ist, ob es sich um eine durch öffentliche Landesförderung privilegierte Pflegeeinrichtung handelt. Ausreichend hierfür ist eine auch nur teilweise landesrechtliche Förderung der Pflegeeinrichtung. Abzugrenzen hiervon sind Pflegeeinrichtungen, die nach § 82 Abs 4 SGB XI (überhaupt) nicht nach Landesrecht gefördert werden.
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Zwar kann eine Rechtsfrage trotz Vorliegens einer höchstrichterlichen Entscheidung weiter klärungsbedürftig bleiben oder erneut klärungsbedürftig werden, wenn der Entscheidung in nicht geringem Umfang widersprochen wird und nicht abwegige Einwendungen gegen sie erhoben werden (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 24.4.2019 - B 3 KR 52/18 B - juris RdNr 9 und hierzu auch Leitherer in Meyer-Ladewig ua, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 8b jeweils mwN). Der Beklagte hat aber nicht vorgetragen, dass der Senatsrechtsprechung maßgeblich widersprochen worden sei. Dies ergibt sich auch nicht aus der von ihm zitierten Rechtsprechung der Instanzgerichte.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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3. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs 2, 53 Abs 3 GKG.
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