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BSG 18.04.2016 - B 14 AS 150/15 BH
BSG 18.04.2016 - B 14 AS 150/15 BH - Sozialgerichtliches Verfahren - Prozesskostenhilfe - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Prozessurteil - Zulässigkeit der Berufung - Differenzierung bei mehreren Streitgegenständen
Normen
§ 73a Abs 1 S 1 SGG, § 114 ZPO, § 160a SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 144 Abs 1 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Stuttgart, 23. Mai 2014, Az: S 7 AS 982/11
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 25. September 2015, Az: L 9 AS 3442/14, Beschluss
Leitsatz
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Liegen innerhalb eines Klageverfahrens mehrere Streitgegenstände vor, ist hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung danach zu differenzieren, ob die einzelnen Streitgegenstände vom Berufungsausschluss erfasst werden oder nicht.
Tenor
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Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. September 2015 - L 9 AS 3442/14 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
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Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für eine Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BSG gegen den Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 25.9.2015 - L 9 AS 3442/14 - ist abzulehnen, weil die dafür notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Denn eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die obige Entscheidung des LSG kann voraussichtlich nicht zur Zulassung der Revision führen, weil Zulassungsgründe iS des § 160 Abs 2 SGG nicht ersichtlich sind.
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Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - zugelassen werden. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.
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Der Kläger selbst begründet seinen Antrag vor allem mit allgemeinen Angriffen gegen die "strittigen SGB Gesetze", die wegen Verstoßes gegen das GG unwirksam seien, sowie mit allgemeinen Einwänden gegen das Verfahren des Beklagten und der Gerichte. Daraus lässt sich jedoch kein Zulassungsgrund ableiten, zumal insbesondere das SGB II wiederholt Grundlage von Entscheidungen des BVerfG war (vgl letztens nur BVerfG Beschluss vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - BVerfGE 137, 34) und auch den übrigen Einwänden kein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zu entnehmen ist.
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Das Vorliegen eines der in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründe für die Zulassung der Revision ist auch bei der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung des Streitstoffes (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, VI, RdNr 70) nicht zu erkennen.
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Insbesondere ist kein Verfahrensmangel ersichtlich, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann und der in verfahrensmäßig zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte. Ein solcher Verfahrensmangel - Prozessurteil statt Sachurteil (vgl nur BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 272/07 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 19 RdNr 6 mwN) - liegt insbesondere nicht darin, dass das LSG hinsichtlich der Absenkungen des Arbeitslosengeldes II (Alg II) des Klägers für die Monate März bis Mai 2011 dessen Berufung als unzulässig verworfen und hinsichtlich dessen Feststellungsanträgen als zulässig angesehen hat. Denn wenn innerhalb eines Klageverfahrens mehrere Streitgegenstände im Wege der objektiven Klagehäufung geltend gemacht werden, ist die Zulässigkeit von Rechtsmitteln hinsichtlich jedes Streitgegenstandes grundsätzlich eigenständig zu beurteilen (BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 272/07 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 19 RdNr 3), zumal ein Rechtsmittel auf einen von mehreren Streitgegenständen beschränkt werden kann (vgl nur BSG vom 25.6.1998 - B 7 AL 2/98 R - BSGE 82, 198 = SozR 3-4100 § 242v Nr 1, juris RdNr 27 mwN).
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Hierfür spricht auch die differenzierende Regelung für verschiedene Fallkonstellationen in § 144 Abs 1 SGG, nach der die Berufung der Zulassung bedarf, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10 000 Euro nicht übersteigt, was wiederum nicht gilt, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Eine Auslegung, nach der in Verfahren, in denen einer von mehreren Streitgegenständen nicht unter eine dieser Ausschlussregelungen fällt, die Berufung hinsichtlich aller Streitgegenstände automatisch als zulässig angesehen wird, würde mit dem von § 144 Abs 1 SGG beabsichtigten Zweck, sog Bagatellstreitigkeiten grundsätzlich auf eine Instanz zu beschränken, in Widerspruch stehen, wie auch das LSG zu Recht unter Hinweis auf andere Entscheidungen ausgeführt hat (vgl BT-Drucks 12/1217 S 51 f; OVG NRW vom 22.8.1995 - 10 A 3549/93 - DVBl 1996, 116, juris RdNr 9; LSG Berlin-Brandenburg vom 22.9.2010 - L 10 AS 886/10 - juris RdNr 23 f; LSG Baden-Württemberg vom 3.12.2010 - L 13 AS 2698/09 NZB - juris RdNr 4; Knittel in Hennig, SGG, Stand 2/2016, § 144 RdNr 23; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 144 RdNr 16). Vielmehr ist in solchen Fällen nach Streitgegenständen zu differenzieren und nur hinsichtlich derjenigen, die unter § 144 Abs 1 SGG fallen, zu prüfen, ob diese zusammen einen Wert von 750 Euro im Sinne der Nr 1 oder 10 000 Euro im Sinne der Nr 2 übersteigen (vgl BSG vom 5.2.1998 - B 11 AL 19/97 R - SozR 3-4100 § 65 Nr 3, juris RdNr 15), wofür auf § 4 ZPO iVm § 202 Satz 1 SGG zurückzugreifen ist.
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Zumindest wenn wie vorliegend über mehrere Verwaltungsakte, die Absenkungen des Alg II des Klägers für eine bestimmte Zeit beinhalten, und über Feststellungsanträge des Klägers bezogen auf das Verwaltungsverfahren des Beklagten in anderen Fragen und dessen Verpflichtung zur Auskunft zu entscheiden ist, liegen mehrere Streitgegenstände vor, hinsichtlich derer die Zulässigkeit der Berufung getrennt zu beurteilen ist. Dass das LSG die Berufung des Klägers hinsichtlich der Absenkungen des Alg II von März bis Mai 2011 als unzulässig mangels Erreichens des Beschwerdewertes nach § 144 Abs 1 SGG verworfen hat, ist aufgrund des strittigen Betrags von insgesamt 362,50 Euro nicht zu beanstanden.
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Im Übrigen erscheint die Rechtssache weder von grundsätzlicher Bedeutung, denn die Ausführungen zum Nichtvorliegen eines Verfahrensmangels beruhen auf der bisherigen Rechtsprechung zum Umgang mit verschiedenen Streitgegenständen im Rahmen von Rechtsmitteln und zu der Absenkung des Alg II ist auf die Entscheidung des Senats vom 29.4.2015 (B 14 AS 19/14 R - BSGE <vorgesehen> = SozR 4-4200 § 31a Nr 1) hinzuweisen, noch enthält die Entscheidung des LSG eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG.
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Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO).
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