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BSG 28.09.2015 - B 9 SB 21/15 B
BSG 28.09.2015 - B 9 SB 21/15 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Prozesskostenhilfe für Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Amtsermittlungsgrundsatz - anwaltlich nicht vertretener Kläger - Anforderungen an die Sachaufklärungsrüge - Aufrechterhaltung eines Beweisantrags - keine Ermittlungspflicht des Gerichts bei fehlender Begutachtungsmöglichkeit
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 Alt 3 SGG, § 160a SGG, § 103 SGG, § 109 SGG, § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 114 ZPO
Vorinstanz
vorgehend SG Dortmund, 5. Oktober 2011, Az: S 7 SB 468/07, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 16. Januar 2015, Az: L 13 SB 348/11, Urteil
Tenor
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Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Januar 2015 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und die Rechtsanwälte L., beizuordnen, wird abgelehnt.
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Januar 2015 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50. Bei dem Kläger war zuletzt ein GdB von 30 festgestellt. Der weitergehende Neufeststellungsantrag wegen einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung war bei dem Beklagten ohne Erfolg. Das SG hat den Beklagten verurteilt, für die Zeit von April bis Dezember 2006 einen GdB von 40 festzustellen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das LSG hat die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, nach neurologisch-psychiatrischer, hno-ärztlicher und chirurgischer Begutachtung komme ein GdB von mehr als 30 nicht in Betracht. Dem hilfsweisen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG in der mündlichen Verhandlung sei nicht nachzugehen. Dem Kläger sei bereits Ende Oktober 2014 klar gewesen, dass eine weitere Sachaufklärung nicht beabsichtigt gewesen sei. Denn mit Übersendung des letzten Sachverständigengutachtens sei angefragt worden, ob angesichts des Beweisergebnisses die Berufung aufrecht- erhalten bleibe (Urteil vom 16.1.2015).
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Mit der Beschwerde, für die er Prozesskostenhilfe (PKH) auch unbeschadet der anwaltlichen Beschwerdebegründung beantragt, wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
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II. 1. Der Antrag auf PKH für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO). Dies ist hier zu verneinen.
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Hinreichende Erfolgsaussicht hat eine Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen lässt sich nach Aktenlage unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe des LSG-Urteils und des Vortrags des Klägers keiner feststellen. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
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Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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Eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht ist nicht darstellbar, weil nicht ersichtlich ist, dass das LSG einen vom Kläger bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag übergangen haben könnte (vgl hierzu BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 51 f; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 1 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11), selbst wenn insoweit bei einem in der Berufungsinstanz nicht rechtskundig vertretenen Kläger nach Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen sind (BSG Beschluss vom 31.7.2013 - B 5 R 53/13 B - RdNr 9) und zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass mit Schriftsatz seines nicht rechtskundigen Bevollmächtigten vom 14.8.2014 eine weitere Begutachtung durch Dr. M. beantragt werden sollte (Beschwerdebegründung S 6). Es ist jedenfalls nicht erkennbar, weshalb das LSG sich von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus in der mündlichen Verhandlung vom 16.1.2015 hätte gedrängt fühlen müssen, im Anschluss an das Gutachten von Dr. W. vom 16.10.2014 und das hierzu ergangene Anschreiben an den Kläger vom 20.10.2014 weiteren Beweis von Amts wegen zu erheben (vgl zur Ablehnung weiterer Beweiserhebung BSG Beschluss vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 B - RdNr 10 f).
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Zwar wird bei einem nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten aus dem Fehlen eines in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zu Protokoll aufrechterhaltenen Beweisantrags nicht stets der Schluss gezogen, dass dieser Beweisantrag bewusst nicht weiterverfolgt werden sollte. Der Umstand, dass ein Kläger im Berufungsverfahren nicht rechtskundig vertreten war, führt jedoch nicht dazu, dass die in § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG normierten Anforderungen an eine Sachaufklärungsrüge insgesamt unbeachtlich wären (BSG Beschluss vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - RdNr 11). Das Vorbringen des Klägers erfüllt unter Berücksichtigung der Aktenlage die vorstehend genannten Erfordernisse nicht. Danach wird nicht deutlich, dass der Kläger den behaupteten Beweisantrag wenigstens sinngemäß auch dann noch aufrechterhalten hat, nachdem das LSG erneut von Amts wegen ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte (hierzu BSG Beschluss vom 4.6.2007 - B 9a BL 2/07 B - RdNr 7). Das LSG hat dem Kläger mit Schreiben vom 20.10.2014 das Gutachten von Dr. W. übersandt und angesichts des (negativen) Ergebnisses der Beweisaufnahme angefragt, ob die Berufung aufrechterhalten bleibe. Aus der erteilten Antwort im Schreiben vom 27.12.2014, der Kläger sehe das Gutachten als nicht aussagekräftig an, seine Migräne bedürfe einer GdB-Bemessung, lässt sich nicht der Schluss ziehen, er habe damit das Begehren nach weiterer Sachaufklärung von Amts wegen entsprechend dem Schriftsatz vom 14.8.2014 erneut geltend gemacht oder aufrechterhalten, erst recht nicht, nachdem er in der mündlichen Verhandlung allein den Antrag nach § 109 SGG zu Protokoll gegeben hat. Ein Beweisantrag nach § 109 SGG enthält nicht zugleich einen Beweisantrag nach § 103 SGG (BSG Beschluss vom 24.2.2015 - B 9 V 37/14 B - RdNr 7). Anderweitiges ist nicht ersichtlich und behauptet nicht einmal die Beschwerdebegründung (hierzu BSG Beschluss vom 8.6.2015 - B 9 SB 25/15 B - RdNr 6).
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Unabhängig davon brauchte das LSG sich nicht gedrängt zu sehen, von Amts wegen weiter Beweis zu erheben. Der Kläger hatte seinen Kernvorwurf, eine der zunächst an der Gutachtenerstellung beteiligten Ärztin habe bei ihm später noch weitere, für die Beurteilung seines GdB wesentliche, im Gutachten aber nicht berücksichtigte Befunde erhoben, bereits im schriftlichen Verfahren beim LSG vorgebracht. Das LSG hat zu diesen und anderen Einwendungen eine Stellungnahme des Hauptgutachters eingeholt. Dieser hat unter anderem ausgeführt, es gäbe überhaupt keine objektiven Testmöglichkeiten, um die im Rechtsstreit des Klägers zentrale, Diagnose der auditiven Wahrnehmungsstörung zu sichern oder zu verwerfen. Angesichts dessen erschließt sich nicht und wird von der Beschwerde auch nicht dargelegt, warum das LSG trotzdem noch weiter hätte Beweis erheben müssen. Eine Stellungnahme gerade durch die von ihm bevorzugte Ärztin konnte der Kläger im Rahmen einer Amtsermittlung nach § 103 SGG gerade nicht verlangen.
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2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes des Verfahrensmangels nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.
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3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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4. Die Verwerfung der nicht formgerecht begründeten Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
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