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BSG 13.06.2013 - B 13 R 485/12 B
BSG 13.06.2013 - B 13 R 485/12 B - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit - weiteres Gutachten
Normen
§ 43 SGB 6, § 240 SGB 6, § 103 SGG, § 109 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Hannover, 24. November 2008, Az: S 13 R 1186/07, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 15. November 2012, Az: L 10 R 618/08, Urteil
Tenor
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Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 15. November 2012 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung (auch bei Berufsunfähigkeit).
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Der 1959 geborene Kläger war nach Ausbildung zum Elektroinstallateur bis 2001 als solcher beschäftigt. Nachdem er im Rahmen einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme Anfang 2002 für nicht mehr in der Lage gehalten wurde, als Elektroinstallateur mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, arbeitete er von August 2002 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit im Dezember 2005 als Haustechniker/Hausmeister. Nach einer Anfang 2007 durchgeführten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme wurde er für nur noch in der Lage erachtet, die Tätigkeit als Haustechniker unter sechs Stunden täglich zu verrichten.
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Seinen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 26.6.2007; Widerspruchsbescheid vom 28.11.2007).
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Im Klageverfahren hat das SG ein Gutachten des Orthopäden G. vom 5.5.2008 (Untersuchung: 28.4.2008) und des Nervenarztes Dr. S. vom 8.8.2008 (Untersuchungen: 11.7. und 1.8.2008) eingeholt. Der Sachverständige G. hat als Gesundheitsstörungen des Klägers auf orthopädischem Fachgebiet festgestellt: Fehlhaltung und Muskelreizzustand der Halswirbelsäule mit geringer Funktionsbehinderung, leichte Fehlform und Muskelreizzustand der Brustwirbelsäule mit geringer Funktionsbehinderung, leichte Fehlform und umbauende Veränderungen der Lendenwirbelsäule (abgelaufener Bandscheibenvorfall L2/3 rechtsseitig), Muskelreizzustand und geringe Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule, leichte Gefühlsstörung im Bereich des rechten Beines, beginnende umbauende Veränderungen des rechten Kniegelenks und anhaltender Kapselreizzustand des rechten Kniegelenks mit Funktionsbehinderung. Darüber hinaus hat er auf einen anhaltenden Alkohol- und Nikotinmissbrauch hingewiesen; die Auswirkungen einer möglicherweise bestehenden Alkoholerkrankung seien weiter klärungsbedürftig. Dem Kläger seien acht Stunden täglich leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten in geschlossenen, normaltemperierten Räumen zumutbar. Die Tätigkeiten sollten im Wechsel der Haltungsarten erfolgen, auf jeden Fall aber mit der Möglichkeit des Haltungswechsels nach längerem Sitzen und längerem Stehen. Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm, Tätigkeiten in anhaltend vornübergeneigter Körperhaltung oder sonstige Zwangshaltungen, Tätigkeiten mit wiederkehrendem Knien oder Hocken sowie Arbeiten auf unebenem Boden, Leitern und Gerüsten seien nicht mehr zumutbar. Der Kläger sei trotz der leichten Funktionsbehinderung des rechten Knies noch fähig, tägliche Wege von mehr als 500 Metern unter 20 Minuten zurückzulegen. Der Sachverständige Dr. S. hat auf neurologischem Fachgebiet eine leichte beginnende alkoholtoxische Polyneuropathie und auf psychiatrischem Fachgebiet eine floride Alkoholkrankheit diagnostiziert. Er hat auf die Notwendigkeit einer Alkoholentziehungsmaßnahme hingewiesen. Der Kläger sei jedoch aus nervenärztlicher Sicht noch in der Lage, acht Stunden täglich körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten zu verrichten. Es bestünden keine über die orthopädische Begutachtung hinausgehenden qualitativen Leistungseinschränkungen.
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Mit Urteil vom 24.11.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe keine Rente wegen Erwerbsminderung zu, weil er noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten verrichten könne. Die letzte von ihm verrichtete Tätigkeit als Haustechniker oder Hausmeister sei dem Niveau des oberen Angelernten zuzuordnen, sodass ihm Tätigkeiten als Poststellenmitarbeiter, Pförtner oder Gerätezusammensetzer und Montierer von Kleinteilen in der Metall- und Elektroindustrie sowohl sozial als auch gesundheitlich zumutbar seien.
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Im Berufungsverfahren hat das LSG auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG ein nervenärztliches Gutachten von Prof. Dr. K. und Dr. Sch. vom 11.6.2009 (Untersuchung: 7.5.2009) nebst ergänzender Stellungnahme vom 17.8.2009 eingeholt. Als Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet seien bei dem Kläger festzustellen: Alkoholabhängigkeit, eine leichtgradige, sensible, am ehesten alkoholtoxische Polyneuropathie, strumpfförmig, ein polyradikuläres Schmerzsyndrom im Bereich der Lendenwirbelsäule bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und multiplen Protrusionen, insbesondere LWK2/3, hier auch Zustand nach mediolateralem Bandscheibenvorfall rechts, LWK3/4, LWK4/5, LWK5/S1 mit Schmerzstraße passend zu S1 und Ausstrahlung entlang der Rückseite des rechten Beines sowie Hypästhesien im Bereich der Oberschenkelinnenseite rechts. Zudem bestünden ein diffuses Schmerzsyndrom im Bereich der Halswirbelsäule mit gelegentlicher Ausstrahlung in den linken Arm (eventuell passend zu C7) sowie auf dem Boden muskulärer Verspannungen bis in die linke Kopf- und Gesichtshälfte und darüber hinaus im Bereich der Brustwirbelsäule ein schmerzhafter paravertebraler, linksseitig betonter Hartspann auf dem Boden der linkskonvexen Skoliose mit Steilstellung der Wirbelsäule. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen seien dem Kläger nur noch leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen und normal temperierten Räumen in einem zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich zumutbar. Bücken sowie das Heben und Tragen von Gegenständen könnten lediglich noch für leichte Lasten von fünf, kurzeitig maximal zehn Kilogramm erfolgen. Arbeiten in anhaltender vornübergeneigter Körperhaltung oder sonstigen Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten mit wiederkehrendem Knien oder Hocken, auf unebenem Boden, auf Leitern und Gerüsten, mit Erschütterung und Vibration seien nicht zumutbar. Mit Blick auf die Alkoholkrankheit seien alle besonderen Stressfaktoren zu vermeiden, namentlich Arbeiten mit Nachtschicht, Fließbandarbeit, Akkordarbeit und Schichtarbeit.
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Nach der Terminsladung zum 15.11.2012 hat das LSG mit Verfügung vom 7.11.2012 das in dem Verfahren L 10 R 48/09 unter dem 15.12.2010 von dem Sachverständigen K. erstattete berufskundliche Gutachten zum Verfahren beigezogen und den Beteiligten zur Kenntnisnahme mit dem Zusatz übersandt, dass für den Fall, dass der Senat von einem Berufsschutz des Klägers als Facharbeiter ausgehe, die Verwendung des Gutachtens gemäß § 411a ZPO beabsichtigt sei.
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Mit Telefax vom 14.11.2012 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers einen an den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. gerichteten Arztbrief der Medizinischen Hochschule H. (MHH) - Klinik für Neurochirurgie - vom 1.10.2012 (Untersuchung: 27.8.2012) übersandt.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.11.2012 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, ihr zum Gutachten des berufskundlichen Sachverständigen K. eine Erklärungsfrist bis zum 7.12.2012, hilfsweise bis zum 29.11.2012 einzuräumen sowie von Amts wegen ein Gutachten auf fachorthopädischem Gebiet zu den schriftsätzlich eingereichten Beweisfragen einzuholen. Zur Begründung des zuletzt genannten Beweisantrags hat sie darauf hingewiesen, dass das Gutachten des Sachverständigen G. bereits viereinhalb Jahre alt und daher nicht geeignet sei, "den Zustand des Klägers bzgl. seiner Erwerbsfähigkeit zum heutigen Tage festzustellen"; insbesondere sein Gehvermögen habe sich verschlechtert.
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Mit Urteil vom selben Tage hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Zwar gehe der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass er weder den Beruf des Elektroinstallateurs noch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Haustechniker mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Er könne zurzeit aber noch mindestens sechs Stunden täglich als Verdrahtungselektriker arbeiten. Diese Tätigkeit sei ihm auch sozial zumutbar, da sie tarifvertraglich in Facharbeiter-Lohngruppen eingestuft sei. Die Tätigkeit eines Verdrahtungselektrikers mit den von dem berufskundlichen Sachverständigen K. beschriebenen Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit entspreche dem Restleistungsvermögen des Klägers. Zwar verkenne der Senat nicht, dass die Sachverständigen Prof. Dr. K. und Dr. Sch. in ihrem Gutachten vom 11.6.2009 eine Beschränkung der dem Kläger täglich zumutbaren Arbeitszeit auf weniger als sechs Stunden empfohlen hätten. Diese Einschätzung überzeuge allerdings nicht. Denn erklärungsbedürftig, aber nicht geklärt sei die Frage, warum trotz der gegenüber den Vorgutachten stärkeren Gewichtung der Beeinträchtigungen durch Schmerzen dem Kläger eine Erwerbstätigkeit zwar überhaupt, aber dann nur für weniger als sechs Stunden täglich zumutbar sein solle. Nicht überzeugend sei auch das zweite von den Sachverständigen Prof. Dr. K. und Dr. Sch. angeführte Argument für die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit, dass nämlich wegen der Zunahme der Schmerzbeschwerden auch eine Zunahme des Alkoholmissbrauchs zu befürchten sei. Denn diese Annahme sei rein spekulativ. Der Senat habe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers nach der letzten Begutachtung verschlechtert haben könnte. Insbesondere ergäben sich aus dem Bericht der MHH vom 1.10.2012 keine wesentlichen neuen Erkenntnisse über dessen Gesundheitszustand. Eine weitere Beweisaufnahme auf orthopädischem Fachgebiet sei aufgrund dieses Berichts nicht geboten. Soweit als Diagnose erneut eine alkoholtoxische Polyneurophathie erwähnt werde, beruhe dies allein auf der bereits bekannten diffusen Hypästhesie der Füße. Die neuen Befunde auf neurochirurgischem Fachgebiet hätten nach ihrer Darstellung in dem Bericht keine klinische Relevanz, sodass der Senat nicht davon ausgehen könne, dass sie Funktionsstörungen über das bereits bekannte Ausmaß hinaus verursachen könnten. Die anamnestischen Angaben des Klägers über Beschwerden bei langem Gehen, die sich bei Stehenbleiben besserten und die in dem Bericht als Anlass für den Verdacht auf eine periphere Verschlusskrankheit angesehen würden, seien vorliegend ohne Bedeutung, weil dem Kläger längeres Gehen ohnehin nicht zugemutet werde. Die Einräumung der im Termin beantragten Erklärungsfrist zu dem berufskundlichen Gutachten des Sachverständigen K. sei nicht geboten. Denn der Prozessbevollmächtigten sei eine Bearbeitung nicht unmöglich gewesen, da diese nach ihrer Aussage im Termin spätestens drei Werktage vor dem Termin Kenntnis von dem berufskundlichen Gutachten erlangt habe. Soweit die Bitte um eine Erklärungsfrist auf mangelnde Vorbereitung der Bevollmächtigten beruhen sollte, rechtfertige dies das Hinausschieben der Entscheidung des Rechtsstreits nicht.
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Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger als Verfahrensfehler einen Verstoß des LSG gegen die Aufklärungspflicht gemäß § 103 SGG. Es hätte sich gedrängt fühlen müssen, seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens auf fachorthopädischem Gebiet stattzugeben. Das Gutachten des Orthopäden G. vom 5.5.2008 scheide schon deshalb als Entscheidungsgrundlage aus, weil es bereits vor mehr als viereinhalb Jahren erstellt worden sei. Zudem ergebe ein Vergleich der Befunde im Arztbrief der MHH vom 1.10.2012 mit denen im Gutachten des Sachverständigen G. eine "deutliche klinische Verschlechterung der Befunde", sodass die "gute Möglichkeit" bestehe, dass ein vom LSG antragsgemäß eingeholtes fachorthopädisches Gutachten zu einem anderen Ergebnis iS eines rentenrelevant geminderten Leistungsvermögens komme. Ferner rügt der Kläger eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Das LSG hätte seiner Prozessbevollmächtigten die in der mündlichen Verhandlung beantragte Erklärungsfrist zu dem am 8.11.2012 bei ihr eingegangenen berufskundlichen Gutachten einräumen müssen.
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II. Auf die Beschwerde des Klägers war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
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1. Wie der Kläger formgerecht (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG) und in der Sache zutreffend gerügt hat, ist das seine Berufung zurückweisende Urteil des LSG verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommen (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Das Berufungsgericht hat § 103 SGG dadurch verletzt, dass es einem Beweisantrag des Klägers ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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a) Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.11.2012 eine weitere Begutachtung zu seinem Gesundheitszustand und Leistungsvermögen auf orthopädischem Fachgebiet beantragt und auf eine Verschlechterung der von dem Sachverständigen G. in seinem Gutachten vom 5.5.2008 erhobenen Befunde hingewiesen; dies ergebe sich aus dem Arztbrief der MHH - Klinik für Neurochirurgie - vom 1.10.2012.
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b) Das LSG hätte sich gedrängt sehen müssen, diesem Beweisantrag nachzugehen. Nach seiner Rechtsauffassung kommt es entscheidend darauf an, wie das Leistungsvermögen des Klägers unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zu bewerten ist. Seine Begründung, aufgrund des Berichts der MHH vom 1.10.2012 ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers "nach der letzten Begutachtung verschlechtert" haben könnte, kann der Senat nicht nachvollziehen. Dies gilt ebenso für die Behauptung des LSG, die neuen Befunde hätten "nach ihrer Darstellung in dem Bericht keine klinische Relevanz".
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Zum Zeitpunkt der Entscheidung des LSG am 15.11.2012 lag das noch vom SG eingeholte Gutachten des Orthopäden G. vom 5.5.2008 mehr als viereinhalb Jahre zurück; es beruhte (ua) auf einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 28.4.2008; die röntgenologischen Aufnahmen, auf die sich der Sachverständige bei der Befundung der Lendenwirbelsäule bezog, waren am Untersuchungstag erstellt worden; die sonstigen ausgewerteten Röntgenaufnahmen stammten aus April und September 2007 sowie Januar 2008. In seinem Gutachten führt der Sachverständige G. folgende Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet auf: Fehlhaltung und Muskelreizzustand der Halswirbelsäule mit geringer Funktionsbehinderung, leichte Fehlform und Muskelreizzustand der Brustwirbelsäule mit geringer Funktionsbehinderung, leichte Fehlform und umbauende Veränderungen der Lendenwirbelsäule (abgelaufener Bandscheibenvorfall L2/3 rechtsseitig), Muskelreizzustand und geringe Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule, leichte Gefühlsstörung im Bereich des rechten Beines, beginnende umbauende Veränderungen des rechten Kniegelenks, anhaltender Kapselreizzustand des rechten Kniegelenks mit Funktionsbehinderung.
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Den fachorthopädischen (Röntgen-)Befund im Bereich der Lendenwirbelsäule gibt der Sachverständige G. in seinem Gutachten wie folgt wieder (S 15): "In Aufsicht deutliche Linkskonvexität der unteren Brustwirbelsäule und der Lendenwirbelsäule. Skoliosewinkel nach Cobb knapp 10°, mäßige Torsion. In Seitsicht Steilstellung des thorako-lumbalen Überganges. Die Wirbelkörper TH12 bis L3 sind mäßig formverändert. Sie sind verschmälert und verbreitert. Möglicherweise im Sinne einer abgelaufenen juvenilen Wachstumsstörung. Möglicherweise ist auch im Bereich der Deckplatte L2 eine ältere Kompressionsfraktur abgelaufen. Die Deckplatte ist deutlich wellig begrenzt und vermehrt sklerosiert. Der Zwischenwirbelraum L2/3 ist mittelgradig verschmälert. Der Zwischenwirbelraum L1/2 und L3/4 leicht verschmälert. Die Zwischenwirbelräume L4/5 und L5/S1 sind ausreichend weit. Insgesamt generalisiert leichte Spondylose der 5 Lendenwirbelkörper. Auch leichte Spondylarthrose der kleinen Wirbelgelenke L2 bis S1 links betont. Etwas vermehrte Sklerosierung der linken ISG-Fuge." Einen Kernspintomographiebefund der Lendenwirbelsäule vom 17.9.2007 beschreibt der Sachverständige G. wie folgt: "Es findet sich hier eine allgemeine degenerative Veränderung der Lendenwirbelsäule. Man sieht unterschiedlich große Deckplatteneinbrüche mit reaktiven Umbauvorgängen der angrenzenden Partien. Die Begleitreaktionen führen zu einer leichten Einengung des Spinalkanales (keine Spinalstenose). Es zeigt sich ein mäßiger Bandscheibenvorfall nach cranial umgeschlagen rechtsseitig im Segment L2/3 auf."
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In dem Arztbrief der MHH vom 1.10.2012 werden nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 27.8.2012 "bei schmerzhafter Inklination, Reklination und Rotation der LWS" in fachorthopädischer Hinsicht folgende Gesundheitsstörungen aufgeführt: Verdacht auf lumbales Facettensyndrom in Höhe von LWK4/5 und LWK5/SWK1, multisegmentales degeneratives Lumbalsyndrom mit Osteochondrose von LWK2 bis LWK4 und Spondylarthrose und Facettengelenkhypertrophie in Höhe LWK3 bis SWK1. In der radiologischen Bildgebung (MRT-Aufnahmen der Lendenwirbelsäule vom 14.8.2012) zeigt sich "eine bekannte skoliotische Fehlhaltung mit multisegmentalen, degenerativem Lubalsyndrom und mit erosiver Osteochondrose in Höhe LWK2/3 und LWK3/4, weniger ausgeprägt in Höhe LWK4/5 und LWK5/SWK1 mit Schmorl'schen Zeichen in mehreren Segmenten. Ferner zeigt sich eine breitbasige Bandscheibenprotrusion in Höhe LWK4/5 bis intraforaminal mit diskogener Rezessus- und Neuroforamenstenose und mit diskreter Verlagerung der abgehenden L4 Wurzel beidseits rechtsbetont. Zusätzlich zeigt sich eine Spondylarthrose mit Facettengelenkhypertrophie im unteren LWS ohne klinische relevante Spinalkanalstenose."
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Der Arztbrief der MHH vom 1.10.2012 enthält somit weitere, von dem Sachverständigen G. in seinem Gutachten vom 5.5.2008 noch nicht festgestellte (und daher bei seiner sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung nicht berücksichtigte) medizinische Befunde: Insbesondere hat der Sachverständige G. den Zwischenwirbelraum L4/5 noch als "ausreichend weit" beschrieben, während im Arztbrief der MHH dort eine breitbasige Bandscheibenvorwölbung mit Einengung der Nervenwurzel erwähnt wird.
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Außerdem bestand zum Zeitpunkt der Begutachtung durch den Sachverständigen G. Ende April 2008 lediglich eine "leichte Gefühlsstörung im Bereich des rechten Beines", während sich nach dem Ende August 2012 erhobenen Untersuchungsbefund der MHH beidseits eine "diffuse Hypästhesie der Füße" zeigte, die nach dem Bericht zum einen durch die bekannte alkoholtoxische Polyneuropathie und zum anderen auch durch eine (allerdings noch abklärungsbedürftige) periphere arterielle Verschlusskrankheit bedingt sein könnte.
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Unter diesen Umständen kann sich der Senat dem Ergebnis des LSG nicht anschließen, dass zwischen der Gutachtenerstattung durch den Sachverständigen G. im Mai 2008 und dem Arztbrief der MHH vom Oktober 2012 keine gesundheitliche Verschlechterung festzustellen sei, zumal bei den vom Sachverständigen G. beschriebenen degenerativen Veränderungen insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule naturgemäß ein weiteres Fortschreiten nicht ausgeschlossen werden kann (im Rahmen der Sachaufklärungsrüge ist das BSG nicht an die Beweiswürdigung des LSG gebunden: s bereits BSG SozR 1500 § 160 Nr 49 unter Aufgabe früherer Rechtsprechung).
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Vor diesem Hintergrund war es insbesondere auch mit Blick auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung des LSG bereits mehrere Jahre alten medizinischen Sachverständigengutachten im vorliegenden Verfahren geboten, - wie vom Kläger beantragt - eine erneute (aktuelle) Begutachtung seines Gesundheitszustands und Leistungsvermögens (zumindest) auf orthopädischem Fachgebiet einzuholen - und sei es (zunächst) lediglich eine gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage durch den Orthopäden G., ob er angesichts der Befunde der MHH im Arztbrief von Oktober 2012 eine erneute gutachterliche Untersuchung und Beurteilung des klägerischen Restleistungsvermögens für erforderlich hält. Auf dem insoweit verfahrensfehlerhaften Unterlassen weiterer Ermittlungen kann das Berufungsurteil beruhen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass sich aufgrund einer aktuellen Begutachtung in diesem medizinischen Fachgebiet und den sich daraus ergebenden Einschränkungen des klägerischen Leistungsvermögens (in quantitativer und/oder qualitativer Hinsicht) die Notwendigkeit zu einer weiteren medizinischen und/oder berufskundlichen Sachaufklärung ergibt oder dass die Begutachtung bereits ein rentenrelevant gemindertes Leistungsvermögen zum Ergebnis hat und dem Kläger dann - wenn auch nicht schon ab Rentenantragstellung, so doch zu einem späteren Zeitpunkt - ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI - möglicherweise aber auch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI - zusteht.
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2. Sofern der Kläger allerdings eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs mit der Begründung rügt, das LSG hätte seiner Prozessbevollmächtigten die in der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2012 beantragte Erklärungsfrist zu dem mit Verfügung vom 7.11.2012 zugesandten und am 8.11.2012 bei ihr eingegangenen berufskundlichen Gutachten einräumen müssen, sei darauf hingewiesen, dass er den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht hinreichend bezeichnet hat.
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Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 3; BSG vom 22.9.2009 - B 2 U 182/09 B - Juris RdNr 4; BVerfGE 84, 188, 190). Die Beteiligten müssen ausreichend Gelegenheit zur Abgabe sachgemäßer Erklärungen innerhalb einer angemessenen Zeit haben (BSG vom 22.9.2009 aaO).
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Der Kläger trägt vor, dass seine Prozessbevollmächtigte in der Zeit zwischen dem Eingang des vom LSG zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung übersandten berufskundlichen Gutachtens bis zur mündlichen Verhandlung "faktisch" keine Gelegenheit gehabt habe, sich mit diesem auseinanderzusetzen. Hierzu führt er im Einzelnen aus: Das Gutachten sei am Mittag des 8.11.2012 (Donnerstag) in der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten eingegangen. Donnerstagnachmittag sei Mandantensprechstunde gewesen, sodass eine Bearbeitung nicht habe erfolgen können. Am 9.11.2012 (Freitag) habe seine Prozessbevollmächtigte wegen eines auswärtigen Fortbildungsseminars die Kanzlei bereits um 11.30 Uhr verlassen und sei erst spät am Abend wieder zurückgekehrt. An diesem Seminar habe sie auch am 10.11.2012 (Samstag) von 8.30 Uhr bis 19.30 Uhr teilgenommen. Den Dienstagnachmittag (13.11.2012) habe seine Prozessbevollmächtigte zum Durcharbeiten von Prozessunterlagen für den folgenden Tag benötigt. Am 14.11.2012 (Mittwoch) habe sie die Kanzlei um 9.00 Uhr wegen verschiedener Gerichtstermine verlassen und sei erst um 16.30 Uhr wieder zurückgekehrt. Die verbliebene Zeit (Freitagvormittag von 8.00 Uhr bis 11.30 Uhr 9.11.2012>, Montag ganztägig 12.11.2012>, Dienstagvormittag 13.11.2012>) sei zu wenig gewesen, um das berufskundliche Gutachten durchzuarbeiten, es rechtlich zu prüfen, ein Mandantengespräch zu führen, den Schriftsatz abzudiktieren und nochmals zu überarbeiten. Diesen Sachverhalt habe seine Prozessbevollmächtigte auch dem LSG in der Berufungsverhandlung geschildert.
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Aus dem Vortrag des Klägers erschließt sich jedoch nicht, warum seine Prozessbevollmächtigte sich nicht spätestens im Termin zu dem berufskundlichen Gutachten sachgerecht hätte äußern können. Denn dass die verbliebenen mehr als anderthalb Arbeitstage nicht dazu gereicht hätten, das Gutachten ordnungsgemäß durchzuarbeiten, um hierzu in der mündlichen Verhandlung rechtskundig Stellung nehmen zu können, wird lediglich behauptet, nicht jedoch schlüssig vorgetragen.
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3. Gemäß § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Dies ist hinsichtlich der vom Kläger gerügten Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG der Fall. Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen macht der Senat von dieser ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch.
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Das Berufungsgericht wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.
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