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BVerfG 11.08.2020 - 1 BvR 2654/17
BVerfG 11.08.2020 - 1 BvR 2654/17 - Nichtannahmebeschluss: Rückwirkende Regelungen im Gesetz zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz - SokaSiG) gerechtfertigt - Rechtssatzverfassungsbeschwerde erfolglos
Normen
Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 9 Abs 3 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 7 Abs 10 SokaSiG, § 9 SokaSiG
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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A.
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Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen das Gesetz zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz - SokaSiG) vom 16. Mai 2017 (BGBl I S. 1210). Sie rügt in erster Linie, damit sei eine unzulässige Rückwirkung verbunden. Die durch das Gesetz begründete echte Rückwirkung ist jedoch verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.
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I.
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1. Die Arbeitgeberverbände Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und Hauptverband der Deutschen Bauindustrie haben mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Tarifverträge zur Berufsbildung, zur Altersversorgung sowie zum Urlaub geschlossen. Mit diesen Leistungen sollen Nachteile ausgeglichen werden, die auf den Eigenheiten der Baubranche beruhen. Die Leistungen werden von den Sozialkassen des Baugewerbes erbracht, als gemeinsame Einrichtungen der Tarifparteien im Sinne von § 4 Abs. 2 des Tarifvertragsgesetzes (TVG). Finanziert werden sie durch Pflichtbeiträge der Arbeitgeber, die in den Anwendungsbereich der Tarifverträge fallen; die Einzelheiten regelt der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV). Weil dieser in der Vergangenheit regelmäßig gemäß § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt worden ist, wurden auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber zu Beiträgen herangezogen (zum Ganzen BVerfGE 55, 7 9 ff.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 10. Januar 2020 - 1 BvR 4/17 -).
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2. Mit Beschlüssen vom 21. September 2016 und 25. Januar 2017 erklärte das Bundesarbeitsgericht die Allgemeinverbindlicherklärungen des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe aus den Jahren 2008, 2010, 2012, 2013 und 2014 für unwirksam. Die dagegen gerichteten Verfassungsbeschwerden sind mit Beschlüssen der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 2020 nicht zur Entscheidung angenommen worden (1 BvR 4/17, 1 BvR 593/17, 1 BvR 1104/17, 1 BvR 1459/17).
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3. Der Gesetzgeber reagierte auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 21. September 2016 mit dem hier angegriffenen Gesetz. Es sollte eine von den Allgemeinverbindlicherklärungen unabhängige Rechtsgrundlage dafür geschaffen werden, noch ausstehende Beiträge für die Sozialkassen im Baugewerbe einzuziehen und bereits erhaltene Beiträge nicht zurückzahlen zu müssen. Den "Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe" (BTDrucks 18/10631) beschloss der Deutsche Bundestag am 26. Januar 2017 (vgl. Stenografischer Bericht der 215. Sitzung des Deutschen Bundestages, S. 21588). Der Bundesrat beschloss am 10. Februar 2017, keinen Antrag nach Art. 77 Abs. 2 GG zu stellen (BRDrucks 54/17). Das Gesetz wurde am 24. Mai 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat gemäß seinem § 14 am darauffolgenden 25. Mai 2017 in Kraft (BGBl I S. 1210).
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4. Das Gesetz zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe besteht im Wesentlichen aus einer zeitlich gestaffelten, mit dem Jahr 2006 beginnenden Reihung von Verweisen. So werden Tarifnormen der Sozialkassentarifverträge zur Berufsbildung im Baugewerbe (§ 1), der zusätzlichen Altersversorgung im Baugewerbe (§ 2) sowie zu Urlaubsregelungen für das Baugewerbe (§ 3) kraft Gesetzes verbindlich angeordnet. In § 7 SokaSiG ist die im Jahr 2006 beginnende Geltung des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe festgelegt. So heißt es in § 7 Abs. 10 SokaSiG:
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"Für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 30. September 2007 gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 in der aus der Anlage 35 ersichtlichen Fassung in seinem Geltungsbereich für alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer."
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In Bezug genommen sind damit sämtliche Bestimmungen des genannten Tarifvertrags einschließlich der Gesamtbeitragspflicht und der Regelung zum Gerichtsstand. Sodann regelt § 9 SokaSiG, wann ein Tarifvertrag beendet wird, § 10 SokaSiG bestimmt den Anwendungsbereich und § 11 SokaSiG die Geltung der tarifvertraglichen Rechtsnormen, auf die im Gesetz verwiesen wird, unabhängig davon gelten, ob die Tarifverträge wirksam geschlossen wurden. Die Regelung in § 12 SokaSiG verweist zur zivilrechtlichen Durchsetzung auf das Arbeitnehmer-Entsendegesetz; § 13 SokaSiG bestimmt, dass die Allgemeinverbindlichkeit tarifvertraglicher Rechtsnormen nach dem Tarifvertragsgesetz unberührt bleibe.
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5. Die beiden zuständigen Landesarbeitsgerichte halten das Gesetz für verfassungsgemäß. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG scheide daher aus (vgl. Hessisches LAG, Urteil vom 2. Juni 2017 - 10 Sa 907/16 -; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2017 - 3 Sa 1830/16 -). Mit Urteil vom 20. November 2018 - 10 AZR 121/18 - hat es auch der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten, dass § 7 SokaSiG die Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe rückwirkend auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber erstreckt. Das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG geschützte Vertrauen dieser sogenannten Außenseiter, von rückwirkenden Gesetzen nicht unzulässig belastet zu werden, sei nicht verletzt. Die tariffreien Arbeitgeber hätten damit zu rechnen gehabt, dass diese tariflichen Rechtsnormen durch Gesetz rückwirkend wieder auf sie erstreckt werden würden. Der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat diese Rechtsprechung verschiedentlich und zuletzt durch Urteil vom 22. Januar 2020 (- 10 AZR 387/18 -, Rn. 45 ff.) bestätigt.
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6. Die nicht tarifgebundene Beschwerdeführerin unterhält einen Betrieb zur Verrichtung von Abdichtarbeiten. Für den Zeitraum von Januar 2013 bis Dezember 2015 wurde sie auf Arbeitgeberbeiträge zu den Sozialkassen in Höhe von 870.005,57 Euro verklagt. Bei Einreichung der Verfassungsbeschwerde stand eine Entscheidung der Fachgerichte über diese Forderung noch aus.
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II.
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Die Beschwerdeführerin meint, die Regelungen der §§ 1, 2, 3, 7 und 9 bis 13 SokaSiG verletzten sie in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG sowie dem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG.
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Im Wesentlichen rügt sie, dass mit dem Gesetz eine "echte" Rückwirkung einhergehe, da es Rechtsfolgen rückbewirke, was verfassungsrechtlich unzulässig sei. Ein anerkannter Ausnahmefall liege nicht vor. Das Vertrauen der bisher nicht von den Sozialkassenregelungen erfassten Arbeitgeber darauf, weiterhin nicht von ihnen erfasst zu sein, sei vorhanden und schutzwürdig gewesen. Die Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen habe schon lange im Streit gestanden und die Kriterien, aufgrund derer das Bundesarbeitsgericht sie am 21. September 2016 für unwirksam erklärt habe, seien in der Fachliteratur bekannt gewesen. Dass eine tarifvertragliche Regelung durch ein Gesetz ausgetauscht werden würde, sei unvorhersehbar gewesen.
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Auch sei die Rückwirkung nicht durch überragende Belange des Gemeinwohls gerechtfertigt. Das Gesetz sei - anders als tarifvertragliche Regelungen - am strengen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen, den es verletze. Es sei schon nicht erforderlich, denn der Gesetzgeber sei zu Unrecht davon ausgegangen, das Gesetz verabschieden zu müssen, weil nach den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts im September 2016 zahlreiche Beitragsrückforderungen und damit die Überschuldung der Sozialkassen gedroht hätten. Er habe sich auf unzutreffende Angaben der Tarifparteien verlassen, ohne deren Tragfähigkeit zu hinterfragen. Tatsächlich sei das Ausmaß möglicher Rückforderungen gänzlich unklar gewesen. Eine Prognose "ins Blaue hinein" könne im grundrechtsrelevanten Bereich aber nicht genügen. Der Gesetzgeber hätte vielmehr belegen müssen, mit welchen Rückforderungen zu rechnen sei und welche Konsequenzen das habe. Das sei nicht geschehen. Zudem hätte die behauptete Gefährdung der Sozialkassen durch das mildere Mittel der Finanzierung aus Steuermitteln abgewendet werden können. Im Übrigen sei das Gesetz nicht angemessen.
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Darüber hinaus sei es nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren, weil es sich nur auf die Baubranche in den alten Ländern erstrecke.
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B.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Es kann dahinstehen, ob sie dem Grundsatz der Subsidiarität genügt und auch im Übrigen zulässig ist, denn die erhobenen Rügen greifen jedenfalls nicht durch.
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I.
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Das Gesetz zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.
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1. Nach den in Art. 12 Abs. 1 beziehungsweise Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte sind der Rückwirkung von Gesetzen verfassungsrechtlich Grenzen gesetzt (vgl. BVerfGE 148, 217 255 Rn. 134 f.> m.w.N.; stRspr). So ist eine echte Rückwirkung, mit der eine Rechtsnorm nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift, grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 141, 56 73 Rn. 43>; zu echter und unechter Rückwirkung BVerfGE 135, 1 13 Rn. 37> sowie BVerfGE 89, 48 66>). Eine echte Rückwirkung liegt insbesondere vor, wenn eine Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt der Verkündung des Gesetzes für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll, also eine "Rückbewirkung von Rechtsfolgen" vorliegt (vgl. BVerfGE 127, 1 16 f.>; 132, 302 318 Rn. 42> m.w.N.; 135, 1 14 Rn. 40 f.>).
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Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes aber nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze. Es gilt daher nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war (vgl. BVerfGE 135, 1 21 f. Rn. 61 f.>). Das ist nicht schon dann der Fall, wenn auf eine Rechtslage vertraut wird, die in Wahrheit überhaupt nicht gegeben ist, weil die maßgeblichen Rechtsnormen unwirksam sind. Denn auch von unwirksamen Rechtsnormen geht regelmäßig zunächst der Rechtsschein aus, dass sie wirksam sind. Aus dem Rechtsschein kann dann schutzwürdiges Vertrauen darauf erwachsen, dass er die tatsächliche Rechtslage abbildet, so dass von ihm umfasste Begünstigungen nicht nachträglich beseitigt werden dürfen (vgl. schon BVerfGE 13, 261 272> sowie BVerfGE 18, 429 439>; 50, 177 193 f.>; 135, 1 22 Rn. 62>; ferner BVerfGK 10, 346 352 f.>; 14, 244 250>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. Juni 1988 - 1 BvR 35/88 -, juris, Rn. 5; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14 -, Rn. 56).
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Der Vertrauensschutz tritt aber zurück, wenn die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durften (vgl. BVerfGE 101, 239 263 f.>; 122, 374 394 f.>; 135, 1 22 Rn. 62>). Dann kann es zulässig sein, dass der Gesetzgeber rückwirkend eine nichtige Bestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Bestimmung ersetzt (vgl. BVerfGE 13, 261 272>). Dasselbe gilt, wenn sich der Rechtsschein auf eine Norm bezieht, welche die Normadressaten nicht begünstigt, sondern belastet. Dann kann der Rechtsschein bewirken, dass mit der rückwirkenden "Wiederherstellung" einer zunächst durch eine unwirksame Norm beabsichtigten Rechtslage gerechnet werden muss. Das ist die notwendige Kehrseite dessen, auch auf unwirksame begünstigende Normen vertrauen zu dürfen. Auch hier wird eine nichtige Bestimmung zulässig rückwirkend durch eine nicht zu beanstandende Regelung ersetzt (vgl. BVerfGE 13, 261 272>). Insoweit kann der Rechtsschein die Rückwirkung einer Neuregelung rechtfertigen, weil die Betroffenen gerade nicht darauf vertrauen durften, dass die Belastung nun entfällt. Das gilt insbesondere, wenn die Norm nicht aus materiellen Gründen, sondern wegen formaler Fehler unwirksam wird. Auch mit Rücksicht auf den in ihr zum Ausdruck gekommenen Rechtssetzungswillen des Normgebers kann dann nicht darauf vertraut werden, von einer entsprechenden Regelung jedenfalls für den Zeitraum dieses Rechtsscheins verschont zu bleiben (vgl. BVerfGK 16, 162 166 f.>).
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Entscheidend ist, dass die materiellen Belastungen, die in einem solchen "Reparaturgesetz" enthalten sind, denjenigen entsprechen, die in den ursprünglichen, später als unwirksam erkannten Bestimmungen vorgesehen waren; dann wird den Belasteten durch die Rückwirkung nichts zugemutet, womit sie nicht ohnehin schon zu rechnen hatten (vgl. BVerfGE 22, 330 348>; ferner BVerfGK 10, 346 352 f.>; 16, 162 168>).
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2. Die Rückwirkung des Sozialkassenverfahrensicherungsgesetzes ist danach verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
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a) Das Gesetz ordnet eine "echte" Rückwirkung an (so auch BAG, Urteil vom 20. November 2018 - 10 AZR 121/18 -, Rn. 71; Hessisches LAG, Urteil vom 2. Juni 2017 - 10 Sa 907/16 -, juris, Rn. 80; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2017 - 3 Sa 1830/16 -, juris, Rn. 38; desgleichen Bader, jurisPR-ArbR 31/2017 Anm. 2; Berndt, DStR 2017, S. 1166 1169>; Biedermann, BB 2017, S. 1333 1338>; Engels, NZA 2017, S. 680 684>). Das Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz belastet Arbeitgeber mit Beitragspflichten, die nicht kraft Verbandsmitgliedschaft tarifgebunden sind, und begründet diese Beitragspflichten für Zeiträume, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits abgeschlossen waren.
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b) Diese Rückwirkung ist ausnahmsweise gerechtfertigt. Den hier interessierenden Allgemeinverbindlicherklärungen, die durch die gesetzliche Regelung ersetzt werden, kam vor den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 21. September 2016 der Rechtsschein der Wirksamkeit zu. Die Allgemeinverbindlicherklärung enthält nach § 5 Abs. 4 Satz 1 TVG wie auch das Gesetz einen gültigen Normbefehl. Gesetz und Allgemeinverbindlicherklärung unterscheiden sich zwar in ihrem Zustandekommen, erzeugen aber gleichermaßen Rechtsschein der Wirksamkeit (vgl. BVerfGE 44, 322 340 f., 348>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 10. Januar 2020 - 1 BvR 4/17 -, Rn. 13).
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aa) Der Rechtsschein der Wirksamkeit wird entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht dadurch zerstört, dass die Allgemeinverbindlichkeit der einschlägigen Tarifverträge umstritten war. Es mag zwar sein, dass die Maßgaben zur Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen in der Fachliteratur bereits angelegt waren, das Bundesarbeitsgericht also keine unerwartbare Entscheidung getroffen hat. Doch genügen fachliche Bedenken nicht, um den Rechtsschein einer Norm zu zerstören. Auch war die Tarifnormerstreckung auf Außenseiter schon vor dem Tag der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts am 21. September 2016 rechtlich in Zweifel gezogen worden. So hatten sich von den Sozialkassen in Anspruch genommene Arbeitgeber gegen die Beitragspflichten zur Wehr gesetzt (beispielhaft EGMR, G. K. GmbH gegen Deutschland, Urteil vom 2. Juni 2016, Nr. 23646/09). Doch genügt auch dies nicht, um den Rechtsschein der Wirksamkeit der Norm zu zerstören. Die Zweifel haben die Gerichte - soweit ersichtlich - in keinem Fall überzeugt. Die Tarifnormerstreckung durch die Allgemeinverbindlicherklärungen wurde vielmehr durchgängig als wirksam angesehen und dementsprechend wurden Beitragszahlungen ausgeurteilt. Daher ist anzunehmen, dass die beteiligten Akteure von der Wirksamkeit der Erstreckung des Sozialkassenverfahrens ausgegangen sind (vgl. Hessisches LAG, Urteil vom 2. Juni 2017 - 10 Sa 907/16 -, juris, Rn. 76, und dann auch BAG, Urteil vom 20. November 2018 - 10 AZR 121/18 -, Rn. 50; ausführlich Ulber, NZA 2017, S. 1104 1105 f.>).
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bb) Die durch die tarifvertraglichen Regelungen Belasteten mussten hier auch von deren Wirksamkeit ausgehen. Sie konnten nicht darauf vertrauen, dass die Allgemeinverbindlicherklärungen unwirksam sind. Auch die im Zeitpunkt des Planens und Handelns ungewisse, sich später als richtig herausstellende Ansicht, eine Norm sei ungültig, entbindet nicht davon, zu berücksichtigen, dass die angewandte Norm weiterhin gültig sein kann (vgl. BVerfGE 22, 330 348>).
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Es kommt insofern nicht darauf an, ob die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen allein auf "formale Gründe" gestützt sind (vgl. BAG, Urteil vom 20. November 2018 - 10 AZR 121/18 -, Rn. 93, 95; Hessisches LAG, Urteil vom 2. Juni 2017 - 10 Sa 907/16 -, juris, Rn. 89). Formale und materielle Aspekte sind regelmäßig eng miteinander verbunden. So betrifft die Anforderung, dass sich die Hausspitze des zuständigen Ministeriums mit den Allgemeinverbindlicherklärungen selbst befassen muss, zwar das Verfahren, sichert aber auch die demokratische Legitimation dieser Entscheidung. Desgleichen wirkt die im damaligen § 5 TVG noch geforderte 50%-Quote zwar formell, betrifft aber auch die materielle Reichweite der tariflichen Bindung (vgl. Ulber, NZA 2017, S. 1104 1106 f.>). Für die Frage, ob sich eine rückwirkende Korrekturregelung rechtfertigen lässt, ist entscheidend, ob das Korrekturgesetz Belastungen vorsieht, die dem entsprechen, was nach Maßgabe des korrigierten Rechts ohnehin als geltendes Recht unterstellt werden musste. Hier zeigt die Verfassungsbeschwerde jedenfalls in keiner Weise auf, dass mit dem angegriffenen Gesetz insoweit neue und eigenständige Belastungen einhergingen.
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cc) Das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot greift hier auch nicht etwa, weil, wie die Beschwerdeführerin vorträgt, ein "einzigartiges Rettungsgesetz" vorliege, mit dem niemand habe rechnen können. Richtig ist zwar, dass das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe bis zum Inkrafttreten der angegriffenen Regelung nur durch Allgemeinverbindlicherklärungen und gerade nicht durch Gesetz auf tarifungebundene Außenseiter erstreckt worden ist. Doch weist die Beschwerdeführerin selbst darauf hin, dass die rechtliche Zulässigkeit dieser Tarifnormerstreckung verschiedentlich in Zweifel gezogen worden sei. Wenn aber die Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen für möglich gehalten werden konnte, lag es nicht fern, dass der Gesetzgeber erwägen würde, die mit den Allgemeinverbindlicherklärungen verfolgten Ziele mit anderen Mitteln zu erreichen. Angesichts der langen Tradition der Sozialkassen war nicht zu erwarten, dass verfügbare Möglichkeiten zu ihrer Sicherung ungenutzt bleiben würden. Zudem ist anerkannt, dass der Gesetzgeber rückwirkend eine von ihm abgelehnte Rechtsprechung korrigieren darf (vgl. BVerfGE 7, 89 94>; 126, 369 392>; 135, 1 15 Rn. 45>). Folglich war auch mit einem Gesetz zu den Sozialkassen im Baugewerbe zu rechnen.
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II.
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Auch die übrigen Rügen haben keinen Erfolg.
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1. Das Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz verstößt nicht gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, dem - unabhängig von der Frage, welches Grundrecht hier konkret berührt ist - jede Regelung genügen muss, die in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen eingreift. Insbesondere bestehen keine verfassungsrechtlich durchgreifenden Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber von der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit der Neuregelung ausgegangen ist.
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a) Soweit die Beschwerdeführerin gegen die Erforderlichkeit des Gesetzes einwendet, der Gesetzgeber habe nicht ohne nähere quantifizierte Plausibilisierung annehmen dürfen, dass die Sozialkassen nach den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 21. September 2016 Rückforderungen in existenzbedrohendem Umfang zu erwarten hatten, greift dies schon wegen des weiteren Einschätzungs- und Prognosespielraums des Gesetzgebers bei der Erforderlichkeit (vgl. BVerfGE 138, 136 190 Rn. 142> m.w.N.) verfassungsrechtlich nicht durch. Zwar müssen sich gesetzgeberische Prognosen soweit möglich auf gesicherte empirische Daten und verlässliche Erfahrungssätze stützen (vgl. BVerfGE 106, 62 151>). Das kann aber nur gelten, wenn solche Daten vorliegen oder zu erlangen sind. Hier ist weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich, dass Daten oder andere Erfahrungsgrundsätze dazu vorgelegen hätten, in welchem genauen Umfang Rückforderungen zu erwarten waren. Wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, war eine neue Situation eingetreten; dann liegen typischerweise keine Daten vor. Doch ist die Annahme plausibel, dass bei einem Wegfall der Bindung an den Tarifvertrag und damit auch an die Beitragspflichten zu den Sozialkassen substantielle Einbußen eintreten können.
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b) Soweit die Beschwerdeführerin die von der Gesetzgebung angenommene Gefährdung der Sozialkassen bezweifelt, weil der Durchsetzung von Rückforderungsansprüchen zahlreiche Hindernisse entgegenstünden, greift dies ebenfalls nicht durch. So setzt sich die Beschwerdeführerin nicht damit auseinander, dass der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs davon ausging, dass die Sozialkassen aufgrund ihrer Rechtsform auch wegen Rückforderungsansprüchen, deren Wert juristisch nicht sicher prognostizierbar sei, Rückstellungen zu bilden hätten, was sie aber, da sie nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet seien, überfordern dürfte. Desgleichen bleibt unberücksichtigt, dass der Gesetzgeber das angegriffene Gesetz für erforderlich hielt, weil die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 21. September 2016 die Akzeptanz des Sozialkassenwesens insgesamt in Mitleidenschaft gezogen hätten (vgl. BTDrucks 18/10631, S. 2 f.). Das genügt, um das gewählte Mittel zur Erreichung seiner Ziele im verfassungsrechtlichen Sinne für erforderlich zu halten.
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c) Dies gilt auch für die Leistungspflichten, die das angegriffene Gesetz gegenüber denjenigen begründet, die keine Beiträge gezahlt hatten. Der Gesetzgeber wollte die Sozialkassen auch in die Lage versetzen, ausstehende Beiträge einzuziehen (vgl. BTDrucks 18/10631, S. 3). Damit hat der Gesetzgeber den ihm hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Regelung zustehenden Einschätzungsspielraum nicht überschritten (vgl. auch BAG, Urteil vom 27. März 2019 - 10 AZR 318/17 -, Rn. 48).
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d) Desgleichen verfängt die These nicht, eine Gefährdung der Sozialkassen hätte durch Steuermittel aufgefangen werden können. Es erschließt sich nicht, dass dies ebenso geeignet wäre, die Akzeptanz des Sozialkassenverfahrens aufrechtzuerhalten und die betroffenen Arbeitgeber zu freiwilligen Zahlungen an die Sozialkassen zu veranlassen.
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e) Schließlich ist nicht ersichtlich, dass das Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz im Übrigen unzumutbar wäre. Die Beschwerdeführerin wendet insoweit ein, die Rückwirkung erstrecke sich über einen "überlangen" Zeitraum, diejenigen, die die Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen gerichtlich geltend gemacht hatten, seien besonders belastet, das arbeitsvertragliche Austauschverhältnis gestört und besonders kleinere Betriebe unzumutbar betroffen. Zu berücksichtigen ist hier jedoch, dass - soweit in diesem Verfahren ersichtlich - mit dem Gesetz allein die Rechtslage festgeschrieben werden sollte, von der jedenfalls die Beschwerdeführerin für den Zeitraum vor dem 21. September 2016 auszugehen hatte. Dabei muss nicht entschieden werden, ob die gesetzliche Rückwirkung unverhältnismäßig wäre, wenn die Existenz der in Anspruch genommenen Arbeitgeber gefährdet wäre. Dass eine solche hier vorliegt, ist jedenfalls nicht erkennbar.
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2. Auch die Rüge, das angegriffene Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz unterwerfe die erfassten "Außenseiter" verfassungswidrig der Regelungsmacht der Tarifparteien, greift nicht durch. Das Grundrecht der negativen Koalitionsfreiheit schützt nicht davor, dass der Gesetzgeber die Ergebnisse von Koalitionsvereinbarungen zum Anknüpfungspunkt darüber hinaus geltender Regelungen nimmt (vgl. BVerfGE 44, 322 351 f.>; 55, 7 20 ff.>). Allein dadurch, dass jemand den Vereinbarungen fremder Tarifvertragsparteien unterworfen wird, ist ein spezifisch koalitionsrechtlich geschütztes Recht nicht betroffen (vgl. BVerfGE 64, 208 213>; 116, 202 218 f.>).
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Das gilt auch mit Blick auf die Regelung in § 9 SokaSiG, wonach ein in Bezug genommener Tarifvertrag endet, wenn er gekündigt, aufgehoben, geändert oder durch einen anderen Tarifvertrag ganz oder teilweise abgelöst wird. Die Verbindlichkeit der Tarifverträge mit ihrer in § 9 SokaSiG umschriebenen Geltungsdauer beruht damit nicht auf der Regelungsmacht der Tarifparteien, sondern weiterhin auf der gesetzgeberischen Entscheidung. Allein der Geltungsbefehl des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ist maßgeblich für die Tarifnormerstreckung.
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3. Es ist nicht erkennbar, inwiefern das Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz gegen das allgemeine Gleichheitsgrundrecht (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen soll (zu den Anforderungen an die Substantiierung BVerfGE 131, 66 82 ff.>). Die Geltung des Gesetzes nur für die Baubranche, nicht aber für andere Wirtschaftszweige mit für allgemeinverbindlich erklärten Sozialkassentarifverträge, erklärt sich schon daraus, dass nur die Allgemeinverbindlicherklärungen dieser tarifvertraglichen Regelungen gerichtlich für unwirksam erklärt worden waren. Zwischenzeitlich hat der Gesetzgeber die Allgemeinverbindlichkeit im Übrigen auch für die anderen Branchen mit dem Gesetz zur Sicherung der tarifvertraglichen Sozialkassenverfahren vom 1. September 2017 (BGBl I S. 3356, sogenanntes "SokaSiG II") geregelt. Daneben lässt sich die Geltung des hier angegriffenen Gesetzes nur in den alten Bundesländern angesichts des grundsätzlich weiten Spielraums des Gesetzgebers nicht allein mit der These erschüttern, es gebe dafür keinen Grund.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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