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BVerfG 11.02.2020 - 1 BvR 2297/18
BVerfG 11.02.2020 - 1 BvR 2297/18 - Nichtannahmebeschluss: Kein Anspruch eines geschiedenen Beamten auf hälftige Auskehr des von der vormaligen, ebenfalls verbeamteten Ehefrau bezogenen kinderbezogenen Familienzuschlags (§ 40 Abs. 5 BBesG) - keine Verletzung von Art 33 Abs 5 GG, Art 6 Abs 2 S 1 GG bzw des Sozialstaatsprinzips
Normen
Art 6 Abs 2 S 1 GG, Art 33 Abs 5 GG, § 93a Abs 2 BVerfGG, § 40 Abs 5 BBesG
Vorinstanz
vorgehend OLG Stuttgart, 12. September 2018, Az: 17 UF 215/17, Beschluss
vorgehend OLG Stuttgart, 24. Juli 2018, Az: 17 UF 215/17, Beschluss
vorgehend AG Stuttgart, 20. Oktober 2017, Az: 28 F 795/17, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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1. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung eines von dem Beschwerdeführer, einem geschiedenen Beamten, im familiengerichtlichen Verfahren geltend gemachten Anspruchs auf hälftige Auskehr des von der geschiedenen, ebenfalls verbeamteten Ehefrau bezogenen kinderbezogenen Familienzuschlags. Aus der Ehe des Beschwerdeführers und seiner Frau gingen vier Kinder (jeweils Zwillinge, geboren 1997 und 2001) hervor. Den kinderbezogenen Familienzuschlag erhält gemäß § 40 Abs. 5 BBesG seit dem Jahr 2010 die Kindesmutter. Der Beschwerdeführer leistete für die vier Kinder Barunterhalt auf der Grundlage eines in einem Unterhaltsverfahren geschlossenen Vergleichs.
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2. In dem der Verfassungsbeschwerde zugrundeliegenden fachgerichtlichen Verfahren machte der Beschwerdeführer für das Jahr 2013 gegenüber der Kindesmutter einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch in Höhe der Hälfte des kinderbezogenen Anteils des von ihr bezogenen Familienzuschlags erfolglos geltend. Das Familiengericht stützte seine ablehnende Entscheidung darauf, dass der Gesetzgeber auf eine Anrechnung der kinderbezogenen Gehaltsbestandteile verzichtet habe und diese Entscheidung hinzunehmen sei. Das Oberlandesgericht verwies auf eine zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 7. Februar 2018 - XII ZB 338/17 -, juris, Rn. 26 ff.), die dieses Ergebnis bestätigt.
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3. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf amtsangemessene Alimentation (Art. 33 Abs. 5 GG) sowie seines Rechts auf Umgang mit seinen Kindern (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Es sei unbillig, dass die kinderbezogenen Anteile des Familienzuschlags allein und endgültig beim betreuenden Elternteil verbleiben, selbst wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil um regen Umgang mit seinen Kindern bemüht ist und hierfür Aufwendungen tätigt. Wenn einem Beamten zugemutet werde, für den angemessenen Kindesunterhalt auf familienneu-trale Bestandteile seines Gehalts zurückzugreifen, sei die äußerste Grenze besoldungsgesetzgeberischen Ermessens überschritten. Da der Gesetzgeber keine dem § 1612b BGB entsprechende Anrechnungsmöglichkeit geschaffen habe, sei dieses Versäumnis durch die Gerichte im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu korrigieren. Von Verfassungs wegen müsse bei geschiedenen Beamten-Elternpaaren ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch auf hälftige Auskehr des kinderbezogenen Familienzuschlags gegen den anderen Elternteil zugestanden werden.
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II.
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Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung; ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Sie ist jedenfalls unbegründet.
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Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht.
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1. Vorliegend gebietet Art. 33 Abs. 5 GG keine Auslegung und Anwendung des familiengerichtlichen Ausgleichsanspruchs dahingehend, dem Beschwerdeführer einen Anspruch auf hälftige Auskehr des von der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens bezogenen kinderbezogenen Familienzuschlags zuzusprechen.
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a) Ein für das Beamtenverhältnis wesentlicher hergebrachter Grundsatz im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG ist derjenige, dass der Dienstherr verpflichtet ist, den Beamten und seine Familie amtsangemessen zu alimentieren (vgl. BVerfGE 8, 1 16 ff.>; 117, 330 344 f.>; 130, 263 292 ff.>; 139, 64 111 ff.>; 140, 240 277 ff.>). Das Alimentationsprinzip gibt dem einzelnen Beamten ein grundrechtsähnliches Individualrecht gegenüber dem Staat (vgl. BVerfGE 8, 1 17>). Dies umfasst auch die staatliche Pflicht, die dem Beamten durch seine Familie entstehenden Unterhaltspflichten realitätsgerecht zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 99, 300 314 f.>).
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Im rechtshistorischen Vergleich konnte der Beamte, soweit diesem für vermögensrechtliche Ansprüche der Rechtsweg offenstand, seine Alimentationsansprüche allerdings nur auf Grundlage der Besoldungsgesetze geltend machen. Eine Befugnis des Richters, vermeintlich unzulängliche Gehälter im Einzelfalle zu erhöhen, wurde stets, auch während der Geltung der Weimarer Verfassung, insbesondere auch während der Inflation, verneint (vgl. BVerfGE 8, 1 15> m.w.N.).
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Auch unter der Geltung des Grundgesetzes gilt der hergebrachte allgemeine Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass die angemessene Alimentierung summenmäßig nicht "erstritten" und "vereinbart" wird, sondern einseitig durch Gesetz festzulegen ist (vgl. BVerfGE 44, 249 264>). Es besteht der Gehalts- und Versorgungsanspruch grundsätzlich nur nach Maßgabe eines verfassungsmäßigen Gesetzes. Dem Richter ist es danach verwehrt, einem Beamten über das in dem maßgebenden Gesetz Gewährte hinaus im Einzelfalle Gehalt oder Ruhegehalt zuzusprechen. Betrifft ein seinem Zweck und Inhalt nach eindeutiges Besoldungs- oder Versorgungsgesetz bestimmte Beamtengruppen nicht, so mag ihre Nichtberücksichtigung - also das Unterlassen des Gesetzgebers - verfassungswidrig sein; der einzelne Beamte kann dies mit dem Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde geltend machen. Selbst wenn daraufhin das Unterlassen des Gesetzgebers als verfassungswidrig festgestellt wird, steht dem Beamten ohne ein erneutes - allerdings durch die Verfassung gebotenes - Handeln des Gesetzgebers ein erhöhter Gehalts- oder Versorgungsanspruch nicht zu (vgl. BVerfGE 8, 28 35>).
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b) Ausgehend von diesen Grundsätzen wird Art. 33 Abs. 5 GG durch die angegriffenen Beschlüsse der Fachgerichte nicht verletzt. Sie haben bei ihren Entscheidungen über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht die Bedeutung und Tragweite des grundrechtsgleichen Rechts auf eine angemessene Alimentierung verkannt.
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Art. 33 Abs. 5 GG enthält keine Vorgabe dahingehend, dass gerade zivilrechtlich im Innenverhältnis zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Ausgleich der Zuteilung des Kinderzuschlags gemäß § 40 Abs. 5 BBesG erfolgen muss. Der Gesetzgeber hat seinen weiten Gestaltungsspielraum für kindesbezogenen Familienzuschlag zugunsten des tatsächlich betreuenden Elternteils ausgeübt. Wie sich aus den Gesetzgebungsmaterialien zum Gesetz zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder vom 6. April 1998 (BGBl I S. 666) ergibt, sollte die Neuregelung der § 1612b Abs. 1, § 1612c BGB zu einer endgültigen Mittelzuweisung der kinderbezogenen Bestandteile des Familienzuschlags an den betreuenden Elternteil führen (BTDrucks 13/7338, S. 28). Als rechtfertigender Grund der fehlenden Anrechnung auf die Unterhaltspflicht des anderen Teils wird dort die bedarfsmindernde Berücksichtigung bei der Geltendmachung eigener Unterhaltsansprüche durch den betreuenden Elternteil gegen diesen angeführt. Das rekurriert auf die Verteilung finanzieller Belastungen zwischen den geschiedenen Ehegatten und hat damit kein bloßes Auszahlungsverfahren zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung, sondern die endgültige Mittelzuweisung im Blick. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit bereits festgestellt, dass der Gesetzgeber aus sozialpolitischen Gründen bei mehreren im öffentlichen Dienst Beschäftigten den kinderbezogenen Anteil am Familienzuschlag demjenigen zukommen lassen will, der die Betreuungsleistung für das Kind tatsächlich übernommen hat, um die damit einhergehenden Belastungen auszugleichen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 2003 - 2 BvR 1476/01 -, Rn. 8).
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Der Anspruch auf amtsangemessene Alimentation lässt es regelmäßig nicht angezeigt erscheinen, die vorgenannte gesetzgeberische Entscheidung durch eine entsprechende Auslegung und Anwendung des richterrechtlich entwickelten familiengerichtlichen Ausgleichsanspruchs in Frage zu stellen. Aus dem Alimentationsprinzip folgt kein über die gesetzlich festgeschriebene Besoldungshöhe hinausgehender Individualanspruch des Beamten gegen seinen Dienstherrn (vgl. BVerfGE 8, 28 35>; 44, 249 264>). Die von dem Beschwerdeführer begehrte hälftige Besoldungszuordnung an ihn als barunterhaltspflichtigen Elternteil stünde im Ergebnis aber einer Erhöhung gegenüber der durch § 40 Abs. 5 BBesG statuierten Gesetzeslage gleich. Die Kindesmutter würde entgegen der gesetzgeberischen Intention hinsichtlich der Hälfte des kinderbezogenen Familienzuschlags zur bloßen "Zahlstelle" für den anderen, fortan übergesetzlich besoldeten Beamten.
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2. Die Versagung des geltend gemachten familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs durch die fachgerichtlichen Entscheidungen verstößt auch nicht gegen das in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Elternrecht des Beschwerdeführers.
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a) Der Umgang zwischen Eltern und ihrem Kind ist eine grundlegende Basis für die Eltern-Kind-Beziehung und damit ein wesentlicher Bestandteil des von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Elternrechts. Insbesondere für einen Elternteil, der nicht mit dem Kind zusammenlebt, ist der Umgang mit seinem Kind eine maßgebliche Voraussetzung für einen persönlichen Kontakt mit diesem, die ihm ermöglicht, eine nähere Beziehung zu seinem Kind aufzubauen oder aufrechtzuerhalten. Der Umgang sichert ihm, sich persönlich dem Kind widmen und an dessen Entwicklung teilhaben zu können und seiner Elternverantwortung nicht lediglich durch das Zahlen von Kindesunterhalt nachkommen zu müssen (BVerfGE 121, 69 94>). Das Unterhaltsrecht darf dem Unterhaltspflichtigen nicht die Möglichkeit nehmen, sein Umgangsrecht zur Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung unter Berücksichtigung des Kindeswohls auszuüben (BVerfGE 108, 52 81>).
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b) Die angegriffenen Entscheidungen genügen diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben.
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Angesichts des nach eigenem Bekunden stattfindenden erweiterten Umgangs des Beschwerdeführers mit seinen Kindern ist nicht erkennbar, dass ihm die Wahrnehmung seines Umgangsrechts durch die angegriffenen Entscheidungen nicht mehr in einer seinem Elternrecht genügenden Weise möglich ist. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG lässt sich nicht die weitergehende Vorgabe entnehmen, einen barunterhaltspflichtigen Elternteil finanziell im Wege eines familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs auf Kosten des betreuenden Elternteils dafür zu entlasten, dass dieser Vorkehrungen treffen muss, um den Umgang auch im Falle einer kinderreichen Familie zu gewährleisten.
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3. Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Zusammenspiel des Art. 33 Abs. 5 GG mit Art. 6 GG und dem Sozialstaatsprinzip.
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Einen Zusammenhang zwischen den Verfassungsnormen hat das Bundesverfassungsgericht für Beamtenfamilien dahingehend anerkannt, dass Art. 6 GG und das Sozialstaatsprinzip als Direktiven auf den Gestaltungsspielraum des Besoldungsgesetzgebers einwirken können (vgl. BVerfGE 44, 249 267, 273 f.>; 81, 363 376>). Umgekehrt lässt sich unmittelbar aus diesen aber selbst bei Wahrnehmung eines erweiterten Umgangs kein in der Höhe spezifisch beamten- oder statusbezogener Anspruch auf finanziellen Ausgleich für getätigte Umgangsaufwendungen gegen den ehemaligen Partner ableiten. Dies stellte unter gewechselten Vorzeichen im Ergebnis doch wieder eine außergesetzliche Alimentationserhöhung dar, die von Verfassungs wegen nicht gefordert wird (vgl. BVerfGE 8, 28 35>; 44, 249 264>). Eine endgültige Zuweisung des kinderbezogenen Familienzuschlags an den tatsächlich betreuenden Elternteil ist auch in Ansehung des Sozialstaatsprinzips verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 2003 - 2 BvR 1476/01 -, Rn. 8).
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4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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