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BVerfG 27.07.2016 - 2 BvR 2040/15
BVerfG 27.07.2016 - 2 BvR 2040/15 - Nichtannahmebeschluss: Teils wegen nicht hinreichender Substantiierung unzulässige, teils unbegründete Verfassungsbeschwerde gegen überhöhte Darlegungsanforderungen im Rahmen eines Klageerzwingungsverfahrens gemäß § 172 StPO
Normen
Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 172 Abs 3 S 1 StPO
Vorinstanz
vorgehend OLG Celle, 16. September 2015, Az: 1 Ws 206/15, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Darlegungsanforderungen im Rahmen eines Klageerzwingungsverfahrens gemäß § 172 StPO.
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I.
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1. Die Beschwerdeführerin ist die Schwester eines zum Tatzeitpunkt 29 Jahre alten Mannes, der psychisch erkrankt war (im Folgenden: Geschädigter). Am 19. Dezember 2013 kam es in der Wohnung des Geschädigten zu einer Auseinandersetzung zwischen diesem und weiteren Mitgliedern der Familie. Die Beschwerdeführerin kontaktierte die Einsatzleitstelle der Polizei und berichtete, der Geschädigte habe Familienmitglieder mit einem Hammer und einem Messer bedroht. Daraufhin begaben sich Polizeibeamte zur Wohnung des Geschädigten. Nachdem sie mit Familienmitgliedern gesprochen hatten, zogen sie einen besonders ausgebildeten Beamten einer Verhandlungsgruppe hinzu. Die Beamten betraten die Wohnung und sprachen mit dem Geschädigten. Im Laufe des Gesprächs verhielt sich dieser nach dem Eindruck der Beamten zunehmend aggressiv. Schließlich zog er unter seiner Weste ein etwa 15 Zentimeter langes Messer hervor. Die Beamten verließen deshalb die Wohnung und forderten ein Sondereinsatzkommando an, da sie von einer erheblichen Selbst- und Fremdgefährdung durch den Geschädigten ausgingen. Ziel war es, den Geschädigten in Gewahrsam zu nehmen.
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Nachdem die Wohnungstür gewaltsam geöffnet worden war, betraten die örtlichen Beamten und das herbeigerufene Sondereinsatzkommando die Wohnung. Der Geschädigte hielt einen Hammer und das Messer in den Händen. Aufforderungen, beide Gegenstände abzulegen, kam er nicht nach. Da es den Beamten auch durch den wiederholten Einsatz einer Distanz-Elektroimpulswaffe nicht gelang, den Geschädigten handlungsunfähig zu machen, setzte der Hundeführer, der Zeuge S., einen Hund gegen den Geschädigten ein. Dieser biss in den linken Arm des Geschädigten, der den Hund jedoch mit dem Messer verletzte, sodass dieser von ihm abließ. Da der als Sicherungsschütze im Raum anwesende Beamte des Sondereinsatzkommandos, der spätere Beschuldigte, davon ausging, dass der Geschädigte nunmehr ihn selbst mit dem Messer angreifen werde, gab er zwei Schüsse ab, deren zweiter den Geschädigten traf und tödlich verletzte. Das vom Geschädigten benutzte Messer lag mit zerbrochener Klinge am Boden.
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2. Die Staatsanwaltschaft H… führte daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wegen des Verdachts des Totschlags durch, das sie durch Bescheid vom 23. Oktober 2014 gemäß § 170 Abs. 2 StPO einstellte. Die Tötung des Geschädigten sei sowohl wegen Notwehr als auch aufgrund des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt. Sie sei erforderlich gewesen, um einen von dem Geschädigten ausgehenden Angriff abzuwehren. Die diesbezüglichen Angaben des Beschuldigten seien unter anderem durch den Zeugen S. bestätigt worden. Dieser habe ausgesagt, dass der Geschädigte das Messer noch in der Hand gehalten habe und dass dieses noch unbeschädigt gewesen sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Generalstaatsanwaltschaft C… durch Bescheid vom 16. Januar 2015 als unbegründet zurück. Die vom Geschädigten, der unmittelbar vor dem Schuss das noch einsatzfähige Messer in der Hand gehalten habe, ausgehende Gefährdung und damit die Notwehrlage, in der sich der Beschuldigte befunden habe, stünden durch die Ermittlungen fest.
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3. Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin beim Oberlandesgericht C… einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO. Die 38seitige Antragsschrift referierte unter anderem die Inhalte der Bescheide der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft, gab Auszüge aus einem Gesprächsprotokoll wörtlich wieder und zitierte Einlassungen des Beschuldigten und mehrerer Zeugen. Diese Zitate enthielten mehrere Auslassungszeichen, die anzeigten, dass einzelne Teile der protokollierten Angaben nicht wiedergegeben wurden.
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Das Oberlandesgericht verwarf den Antrag durch Beschluss vom 16. September 2015 als unzulässig. Der Antrag genüge nicht den sich aus § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO ergebenden Begründungsanforderungen. Es fehle an relevantem Sachvortrag.
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Der Antrag müsse das Gericht in die Lage versetzen, allein aufgrund der Antragsschrift ohne zusätzliches Studium von Anlagen oder der Verfahrensakten zu beurteilen, ob bei unterstellter Beweisbarkeit der vorgetragenen Tatsachen ein genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage bestehe. Dazu bedürfe es einer vollständigen, in sich geschlossenen und aus sich heraus verständlichen Sachdarstellung, die dem Gericht ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten, Beiakten oder Anlagen die Überprüfung der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsentscheidung ermögliche. Zudem dürfe der Zweck des Klageerzwingungsverfahrens nicht darauf verkürzt werden, den Oberlandesgerichten eine bloße Aufsicht über die Richtigkeit der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsbescheide zu überantworten. Vielmehr komme es für die gerichtliche Kontrolle darauf an, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts nach dessen Sicht ein genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage bestehe. Der Antrag dürfe neben den Umständen, die eine Klageerhebung begründen könnten, daher auch diejenigen Umstände nicht verschweigen, die einen hinreichenden Tatverdacht zu Fall bringen könnten. Dazu gehöre auch, dass Zeugenaussagen nicht durch Auslassungen von entlastenden Inhalten verfälscht wiedergegeben würden.
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Zwar enthalte der Antrag eine nahezu geschlossene und verständliche Darstellung des Sachverhalts. Er verschweige jedoch wesentliche entlastende Umstände. Die Antragsschrift hinterfrage, ob der Geschädigte bei Abgabe des tödlichen Schusses noch ein Messer in der Hand gehalten habe. Später trage sie weiter vor, dass das Messer bereits durch den ersten vom Beschuldigten abgegebenen Schuss zerstört worden sei. Da dies eine Notwehrlage ausschließen solle, handele es sich erkennbar um einen zentralen Punkt des Antrags. Insofern gebe dieser zwar auch die Aussage des Zeugen S. wörtlich wieder. Danach habe die Zielperson das Messer noch in der rechten Hand gehalten und nach vorn in Richtung der Kollegen gerichtet. Während der Zeuge auf dem Weg zu seinem Hund gewesen sei, habe er den zweiten Schuss gehört. In diesem Zusammenhang verschweige der Antrag aber, dass der Zeuge auch geäußert habe, dass er besonders auf die Waffenhand geachtet habe. Das Messer sei ein spitzes Messer mit Wellenschliff gewesen. Es sei zu diesem Zeitpunkt völlig in Ordnung gewesen. Dies stelle für die Beurteilung, ob eine Notwehrlage vorgelegen habe, ein so bedeutsames Indiz dar, dass dieser Teil der ansonsten wörtlich wiedergegebenen Aussage des Zeugen habe mitvorgetragen werden müssen. Keiner der anderen Zeugen habe mit Bestimmtheit sagen können, ob das Tatopfer bei Abgabe des zweiten Schusses das Messer noch in der Hand gehalten habe. Habe die Antragstellerin den Weg der wörtlichen Wiedergabe einer Zeugenaussage gewählt, habe sie Umstände, die ihrem Antragsziel und ihrer Auffassung zuwiderlaufen könnten, nicht auslassen dürfen.
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II.
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Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG. Die Antragsschrift habe stets darauf hingewiesen, dass nicht abschließend geklärt sei, ob der Geschädigte zum Zeitpunkt des Schusses noch ein intaktes Messer in der Hand gehalten habe. Die Einlassung des Beschuldigten selbst sei vollständig, die Aussage des Zeugen S. ihrem wesentlichen Inhalt nach wiedergegeben worden. Es sei unzutreffend, dass entlastende Umstände nicht vorgetragen worden seien. Die nicht angeführte Passage sei als unwesentliche Sachverhaltsdarstellung zu betrachten. Ihre Wiedergabe sei für eine Schlüssigkeitsprüfung nicht erforderlich gewesen. Es sei nicht verschwiegen worden, dass der Geschädigte nach der Aussage des Zeugen S. das Messer nach Abgabe des ersten Schusses noch in der rechten Hand gehalten habe. Das Oberlandesgericht versuche, durch willkürliche Auslegung strafprozessualer Normen ohne sachlichen Grund das Verfahren zu beenden.
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III.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen für eine Annahme liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die für die Entscheidung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
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1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG in dessen Ausprägung als Willkürverbot rügt. Insoweit genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Anforderungen an ihre Begründung. Sie ist nicht hinreichend substantiiert, da aus ihrer Begründung nicht hervorgeht, inwiefern das Oberlandesgericht eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder den Inhalt der Norm in krasser Weise missdeutet haben könnte und sich der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. zu diesem Maßstab BVerfGE 18, 85 93>; 80, 48 51>; 87, 273 278 f.>; 96, 189 203>; stRspr).
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2. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG rügt, ist die Verfassungsbeschwerde zulässig, aber unbegründet.
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a) Nach Art. 19 Abs. 4 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 275>; 78, 88 99>; 88, 118 124>). Dies muss auch der Richter bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Er darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen (vgl. BVerfGE 77, 275 284>; 96, 27 39>). Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt (vgl. BVerfGE 88, 118 125>; BVerfGK 14, 211 214>). Dies gilt auch für die Darlegungsanforderungen nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. BVerfGK 2, 45 50>; 5, 45 48>; 14, 211 214>).
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Es begegnet vor diesem Hintergrund keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO so auszulegen, dass der Klageerzwingungsantrag in groben Zügen den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für ihre Unrichtigkeit wiedergeben und eine aus sich selbst heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthalten muss, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht rechtfertigt. Denn diese Darlegungsanforderungen sollen die Oberlandesgerichte vor einer Überlastung durch unsachgemäße und unsubstantiierte Anträge bewahren und in die Lage versetzen, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen (vgl. BVerfGK 2, 45 50>; 5, 45 48>; 14, 211 214 f.>).
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Die Darlegungsanforderungen dürfen allerdings nicht überspannt werden, sondern müssen durch den Gesetzeszweck geboten sein. Eine Obliegenheit des Antragstellers, sich durch Akteneinsicht Kenntnis von der vollständigen Einlassung eines Beschuldigten oder Zeugen zu verschaffen und diese sodann auch vollständig mitzuteilen, besteht grundsätzlich nicht (vgl. BVerfGK 14, 211 215>). Muss nach dem auch vom Oberlandesgericht angelegten einfachgesetzlichen Maßstab die Schlüssigkeitsprüfung allein auf Grundlage der Antragsschrift möglich sein, kann dem Antragsteller nicht entgegengehalten werden, dass sich nach Durchsicht der Ermittlungsakten gezeigt habe, dass die Antragsschrift nicht den wesentlichen Inhalt der Ermittlungsergebnisse wiedergebe (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2015 - 2 BvR 912/15 -, juris, Rn. 35). Etwas anderes gilt aber, wenn der Antrag auf gerichtliche Entscheidung maßgeblich auch mit Inhalten aus den Ermittlungsakten begründet wird. In diesem Fall ist der Antragsteller gehalten, soll die vom Gesetzgeber implizit vorgesehene und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Schlüssigkeitsprüfung allein auf der Grundlage des gestellten Antrags (vgl. BVerfGK 14, 211 215>) nicht unterlaufen werden, zumindest den wesentlichen Inhalt der Beweismittel mitzuteilen, aus denen er auszugsweise vorträgt oder gar zitiert. Bei einer nur selektiven, im Einzelfall vielleicht sogar sinnentstellenden Wiedergabe von Teilen der Einlassung des Beschuldigten oder eines Zeugen kann ein unzutreffendes Bild vom Ermittlungsergebnis entstehen, das nicht ohne Weiteres wieder berichtigt werden kann. Soweit dies den Antragsteller verpflichtet, gegebenenfalls auch Umstände vorzutragen, welche den Beschuldigten entlasten könnten, ist dies hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 987/11 -, juris, Rn. 34).
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b) Diesen Anforderungen wird die angegriffene Entscheidung jedenfalls im Ergebnis gerecht.
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aa) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin stellt das Oberlandesgericht nicht entscheidend darauf ab, dass die Antragsschrift nicht die erforderliche Schlüssigkeitsprüfung erlaube. Zwar verhält sich das Oberlandesgericht dazu nicht ausdrücklich; es legt aber dar, dass der Antragsschrift eine nahezu geschlossene und verständliche Darstellung des Sachverhalts zu entnehmen sei. Dies impliziert nach dem vom Oberlandesgericht angelegten einfachgesetzlichen Maßstab, dass eine Schlüssigkeitsprüfung allein auf Grundlage der Antragsschrift und ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten möglich ist. Aus der weiteren Begründung des angegriffenen Beschlusses geht hervor, dass das Oberlandesgericht ausschließlich bemängelt, dass die Antragsschrift aus den Angaben des Zeugen S. nur selektiv zitiere. Damit bezieht sich das Oberlandesgericht erkennbar auf den weiteren Aspekt des in der Entscheidung angeführten einfachgesetzlichen Maßstabs, wonach entlastende Umstände nicht verschwiegen werden dürften. Bei verständiger Würdigung der angegriffenen Entscheidung begibt sich das Oberlandesgericht auch nicht in den - verfassungsrechtlich bedenklichen - Widerspruch, einerseits die Möglichkeit einer Schlüssigkeitsprüfung allein auf Grundlage der Antragsschrift zu fordern, andererseits aber unter Hinweis auf die Ermittlungsakten anzunehmen, die Antragsschrift gebe nicht das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen wieder.
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bb) Zu den tragenden Erwägungen der angegriffenen Entscheidung gehört der Umstand, dass die Antragsschrift eine den Beschuldigten entlastende Einlassung des Zeugen S. nicht wiedergegeben habe. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings begegnet der vom Oberlandesgericht insofern angelegte einfachgesetzliche Maßstab mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlichen Bedenken.
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(1) Der Zweck des Klageerzwingungsverfahrens darf nicht darauf verkürzt werden, den Oberlandesgerichten eine bloße Aufsicht über die Richtigkeit der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsbescheide zu überantworten. Für die gerichtliche Kontrolle im Klageerzwingungsverfahren kommt es vielmehr darauf an, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung aus der Sicht des Oberlandesgerichts genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage besteht.
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Verlangt das Gericht für die Zulässigkeit des Antrags eine Wiedergabe der Ermittlungsergebnisse auch dann, wenn diese für die in den Bescheiden der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft dokumentierten Entscheidungen keine Rolle spielen und sich die Antragsschrift auch im Übrigen nicht auf die Ermittlungsakten bezieht, so verfehlt dies die norminternen Direktiven der Rechtsschutzgarantie in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise.
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Im Lichte von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG interpretiert, gestattet § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO allerdings, dass die Oberlandesgerichte in die Lage versetzt werden, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen. Um sie vor einer Überlastung durch unsachgemäße und unsubstantiierte Anträge zu bewahren, kann für einen zulässigen Antrag gefordert werden, dass die Antragsschrift in groben Zügen den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für ihre Unrichtigkeit wiedergibt sowie eine aus sich selbst heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthält, der bei Unterstellung eines hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage rechtfertigt. Entlastende Umstände, auf die sich auch Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft nicht stützen und deren Angabe nicht erforderlich ist, um das Ermittlungsverfahren in groben Zügen darzustellen, sind für eine Schlüssigkeitsprüfung insoweit nicht unentbehrlich.
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Der wesentliche Inhalt eines Beweismittels, der in den staatsanwaltschaftlichen Bescheiden keine Rolle spielt, muss nur dann dargestellt werden, wenn die Antragsschrift auf die Ermittlungsakten zurückgreift, insbesondere weil sie auf diesem Weg das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts aufzeigen möchte. In diesem Fall kann eine selektive Wiedergabe dem Zweck des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO zuwiderlaufen. Gelingt es der Antragsschrift aber, die Unrichtigkeit der staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen darzustellen und auf der Grundlage der dort verarbeiteten Ermittlungsergebnisse schlüssig das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts zu belegen, ist diesem Zweck Genüge getan. Anders als das Oberlandesgericht meint, ist die Frage, ob aus seiner Sicht genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage besteht, keine Voraussetzung für den Zugang des Antragstellers zu Gericht, sondern für die Anklageerhebung (§§ 170, 174 StPO). Dass sich aus den Ermittlungen insgesamt ein hinreichender Tatverdacht ergibt, darf daher nicht zu einer Voraussetzung der Zulässigkeit des Antrags gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO gemacht werden.
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(2) Die Anwendung von § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO im vorliegenden Fall genügt vorliegend jedoch den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Beschwerdeführerin hatte sich dazu entschieden, die Einlassungen des Beschuldigten und der Zeugen in der Antragsschrift wiederzugeben, und dabei umfangreich auf Inhalte der Ermittlungsakten zurückgegriffen. Sie war daher gehalten, zumindest den wesentlichen Inhalt der Beweismittel mitzuteilen, um eine nur selektive und dadurch gegebenenfalls sinnentstellende Darstellung der Ermittlungsergebnisse zu verhindern.
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Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Antragsschrift gebe insoweit nicht den wesentlichen Inhalt der Ermittlungsergebnisse wieder, verfassungsrechtlich noch vertretbar. Die Antragsschrift gibt unter anderem die Angaben des Zeugen S. wieder, der als einziger etwas darüber aussagen konnte, ob der Geschädigte das Messer bei Abgabe des zweiten Schusses noch in der Hand hielt. Bei der Wiedergabe dieser Aussage hat sie die vom Oberlandesgericht hervorgehobenen Passagen jedoch ausgelassen, obwohl für die Beschwerdeführerin Anlass bestanden hätte, insofern vollständig vorzutragen. Der Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft schildert insoweit, dass der Beschuldigte der Auffassung gewesen sei, schießen zu müssen, weil der Geschädigte das noch unbeschädigte Messer in der erhobenen rechten Hand gehalten und so den Eindruck erweckt habe, angreifen zu wollen. Der Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft greift die Aussage des Zeugen S. auf, wonach das Messer in der Hand des Geschädigten unbeschädigt gewesen sei. Dagegen behauptet die Antragsschrift, zusätzliche Ermittlungen hätten zeigen können, dass das Messer durch den ersten Schuss bereits zerstört worden sei und der Geschädigte zum Zeitpunkt des zweiten Schusses das Messer nicht mehr in der Hand gehalten habe. Dieser Umstand ist maßgeblich für die rechtliche Erwägung, dass die Tötung des Geschädigten durch Notwehr gerechtfertigt war. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, dabei handele es sich um einen den Beschuldigten entlastenden Umstand von solchem Gewicht, dass er neben den diesen belastenden Aspekten nicht habe verschwiegen werden dürfen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Solche zeigt auch die Beschwerdeführerin nicht auf.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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