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BVerfG 04.10.2010 - 2 BvR 1825/08
BVerfG 04.10.2010 - 2 BvR 1825/08 - Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung von GG Art 2 Abs 2 S 2 iVm 104 Abs 1 durch Anordnung und Aufrechterhaltung der Abschiebehaft ohne vorherige Anhörung der Ehefrau des Betroffenen <vgl § 5 Abs 3 S 2 FrhEntzG> sowie durch unvertretbare Annahme, der Haftverlängerungsantrag sei von der zuständigen Behörde gestellt worden - zudem unterlassene Belehrung gem Art 36 KonsÜbk Wien
Normen
Art 104 Abs 1 S 1 GG, Art 19 Abs 4 S 1 GG, Art 2 Abs 2 S 2 GG, § 62 Abs 2 S 1 Nr 1 AufenthG 2004, § 62 Abs 2 S 3 AufenthG 2004, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 3 S 1 FrhEntzG, § 5 Abs 3 S 2 FrhEntzG, § 5 Abs 3 S 4 FrhEntzG, Art 36 Abs 1 Buchst b S 1 KonsÜbk Wien, Art 36 Abs 1 Buchst b S 2 KonsÜbk Wien, § 3 Abs 5 S 1 VwVfG HA
Vorinstanz
vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 23. Juli 2008, Az: 2 Wx 55/08, Beschluss
vorgehend LG Hamburg, 29. Mai 2008, Az: 310 T 38/08, Beschluss
vorgehend AG Hamburg, 19. Mai 2008, Az: 219d XIV 39834/08, Beschluss
vorgehend LG Hamburg, 5. Mai 2008, Az: 310 T 29/08, Beschluss
vorgehend AG Hamburg, 12. April 2008, Az: 219d XIV 39834/08, Beschluss
Tenor
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Die Beschlüsse des Amtsgerichts Hamburg vom 12. April 2008 - Eildienst XIV 69/08, 219d XIV 39834/08 - und 19. Mai 2008 - 219d XIV 39834/08 -, des Landgerichts Hamburg vom 5. Mai 2008 - 310 T 29/08 - und 29. Mai 2008 - 310 T 38/08 - und des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 23. Juli 2008 - 2 Wx 55/08, 2 Wx 71/08 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes, die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts darüber hinaus in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts wird aufgehoben. Die Sache wird an das Hanseatische Oberlandesgericht zurückverwiesen.
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...
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Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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A.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Reichweite des in Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verankerten Gebots zur Beachtung der Formvorschriften in Freiheitsentziehungsverfahren und die Anforderungen an die gerichtliche Überprüfung eines Feststellungsantrags, der auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Haftanordnung für einen vergangenen Zeitraum gerichtet ist.
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I.
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1. Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und reiste erstmals im Jahre 1983 in das Bundesgebiet ein. Noch im selben Jahr wurde er nach dem Erlass einer Ausweisungsverfügung in die Türkei abgeschoben. 1986 kehrte er in die Bundesrepublik Deutschland zurück, reiste aber 1987 nach erfolgloser Durchführung eines Asylverfahrens freiwillig in die Türkei aus. Im September 1990 reiste der Beschwerdeführer abermals in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylfolgeantrag, den er nach Ablehnung durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zurücknahm. 1991 begab er sich freiwillig in die Türkei und reiste im Jahre 1992 ein weiteres Mal in die Bundesrepublik Deutschland ein. Seinen weiteren Asylantrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge 1995 ab; eine hiergegen gerichtete Klage des Beschwerdeführers wurde abgewiesen. Ein im Jahre 1997 gestellter Asylfolgeantrag führte ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Beschwerdeführer wurde im Januar 1998 in die Türkei abgeschoben. Zuletzt reiste er 2002 in die Bundesrepublik Deutschland ein, ohne im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zu sein. Im November 2002 wurde der Beschwerdeführer in Bielefeld festgenommen und in Abschiebehaft genommen. Da er nicht an der Passersatzpapierbeschaffung mitwirkte, wurde er im Mai 2003 der türkischen Botschaft in Berlin vorgeführt. Nach der Vorführung konnte der Beschwerdeführer flüchten und tauchte unter. Er begab sich nach Leipzig, wo er bei seiner Ehefrau und im "Kirchenasyl" lebte. Hiervon erhielt die Ausländerbehörde in Leipzig im Jahre 2007 Kenntnis.
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Am 11. April 2008 wurde der Beschwerdeführer in Hamburg festgenommen. Die Ausländerbehörde Hamburg beantragte am 12. April 2008 die Anordnung von Haft nach § 62 Abs. 2 AufenthG und erklärte, den Beschwerdeführer in die Türkei abschieben zu wollen.
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2. Nachdem das Amtsgericht Hamburg den Beschwerdeführer, nicht aber dessen Ehefrau angehört hatte, ordnete es durch Beschluss vom 12. April 2008 für den Beschwerdeführer Abschiebungshaft bis zum 19. Mai 2008 an. Zur Begründung führte das Amtsgericht an, es sei nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer bereit sei, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Es bestehe der begründete Verdacht, dass er sich der Abschiebung entziehen werde. Mildere Mittel seien zur Überwachung der Ausreise nicht geeignet. Die Dauer der Haft berücksichtige die erforderlichen Abschiebungsvorbereitungen.
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Am 15. April 2008 richtete die Ausländerbehörde in Leipzig ein Amtshilfeersuchen an die Ausländerbehörde in Hamburg mit der Bitte um Abschiebung des Beschwerdeführers.
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3. Der Beschwerdeführer erhob sofortige Beschwerde und beantragte festzustellen, dass die Inhaftierung rechtswidrig gewesen sei. Nicht die Ausländerbehörde in Hamburg, sondern diejenige in Leipzig sei für die Haftantragstellung zuständig gewesen. Zudem sei seine Ehefrau nicht angehört worden. Er sei ferner nicht über das Recht auf Benachrichtigung der konsularischen Vertretung belehrt worden. Die Ausländerbehörde Hamburg erwiderte unter anderem, sie habe aufgrund eines entsprechenden Ersuchens in Amtshilfe für die Ausländerbehörde in Leipzig gehandelt.
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Das Landgericht Hamburg hörte den Beschwerdeführer und seine Ehefrau am 2. Mai 2008 an.
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Durch Beschluss vom 5. Mai 2008 wies das Landgericht die sofortige Beschwerde hinsichtlich des Aufhebungsantrags zurück und verwarf sie hinsichtlich des Feststellungsantrags. Die Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungshaft lägen jedenfalls im Zeitpunkt der Beschlussfassung vor. Die Ausländerbehörde in Hamburg sei für den Haftantrag in Amtshilfe auf Antrag der örtlich zuständigen Ausländerbehörde Leipzig tätig. Das Amtshilfeersuchen betreffe sowohl die Haftanordnung als auch die Durchführung der Abschiebung. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei vom Landgericht angehört worden. Das Amtsgericht sei zu ihrer Anhörung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG nicht verpflichtet gewesen, weil die Anhörung aufgrund der großen räumlichen Distanz und wegen der seinerzeit gegebenen Eilsituation zu einer erheblichen Verzögerung geführt hätte. Eine etwa unterlassene Belehrung über das Recht auf konsularischen Beistand stünde der Rechtmäßigkeit der Sicherungshaft selbst nicht entgegen. Die Voraussetzungen der Sicherungshaft lägen vor. Die Haft sei verhältnismäßig. Das gelte auch, wenn die Abschiebung über mehrere Jahre nicht betrieben worden sein sollte. In Leipzig sei der Beschwerdeführer durch das sogenannte Kirchenasyl nicht ohne Weiteres greifbar gewesen. Eine zögerliche Bearbeitung liege nicht vor. Der Feststellungsantrag sei unzulässig. Das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sehe grundsätzlich keine Feststellungsklage im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme vor. Es sei nicht ersichtlich, weshalb das Landgericht als Beschwerdegericht für eine solche, außerhalb eines Fortsetzungsfeststellungsantrags zu treffende Feststellung zuständig sein sollte. Es liege kein Ausnahmefall vor, in dem Art. 19 Abs. 4 GG es gebiete, eine Überprüfungsmöglichkeit zu eröffnen. Insbesondere handle es sich nicht um einen Fall von prozessualer Überholung. Mit der Überprüfung des amtsgerichtlichen Haftbeschlusses sei dem Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers genügt.
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4. Die Ausländerbehörde in Hamburg beantragte am 16. Mai 2008 die Verlängerung der Haftanordnung.
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Das Amtsgericht Hamburg beschloss am 19. Mai 2008, den Beschwerdeführer bis zu seiner Abschiebung, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2008, in Haft zu nehmen. Die Haftgründe bestünden fort. Die Verlängerung sei wegen fehlender Passersatzpapiere erforderlich.
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5. Auch gegen den Beschluss vom 19. Mai 2008 erhob der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde, wobei er wiederum sowohl einen Aufhebungs- als auch einen Feststellungsantrag stellte.
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Durch Beschluss vom 29. Mai 2008 wies das Landgericht Hamburg den mit der sofortigen Beschwerde gestellten Aufhebungsantrag zurück; der Feststellungsantrag wurde verworfen. Die Ausländerbehörde in Hamburg sei berechtigt gewesen, den Verlängerungsantrag zu stellen. Sie sei jedenfalls auf Antrag der örtlich zuständigen Ausländerbehörde in Leipzig in Amtshilfe tätig. Das Amtshilfeersuchen vom 15. April 2008 betreffe auch die Verlängerung. Dass die Ehefrau des Beschwerdeführers nicht angehört worden sei, lasse sich nicht beanstanden. Die Anhörung der Ehefrau sei in § 5 Abs. 3 Satz 2 FreihEntzG nicht zwingend vorgesehen. Sie könne daher im Ausnahmefall unterbleiben, wie auch "§ 5 Abs. 3 Satz 3 FreihEntzG" (gemeint ist offensichtlich § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG) zeige. Ein solcher Ausnahmefall sei hier gegeben. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei von der Kammer im vorhergehenden Verfahren angehört worden. Eine ergänzende mündliche Anhörung hätte keine zusätzlichen Erkenntnisse erbringen können. Das mache auch der Beschwerdeführer nicht geltend. Die erneute Anhörung sei als unverhältnismäßig im Sinne des "§ 5 Abs. 3 Satz 3 FreihEntzG" (gemeint ist wieder § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG) entbehrlich gewesen. Im Übrigen wiederholte das Landgericht seine Ausführungen in dem Beschluss vom 5. Mai 2008.
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6. Der Beschwerdeführer erhob gegen beide Beschlüsse des Landgerichts sofortige weitere Beschwerde, mit der er jeweils zugleich die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebungshaft beantragte. Es fehle an einer Anhörung der Ehefrau durch das Amtsgericht bei der Haftanordnung und -verlängerung sowie durch das Landgericht im Rahmen des zweiten Beschwerdeverfahrens. Eine drohende Verzögerung sei nicht zu ersehen. Zudem hätte die Anhörung telefonisch erfolgen können. Die Ansicht des Landgerichts führe dazu, dass der Ehegatte entgegen den gesetzlichen Vorgaben gar nicht mehr gehört werde. Das Landgericht habe die Feststellung der dadurch begründeten Rechtswidrigkeit der Haft nicht unterlassen dürfen; für jeden einzelnen Tag der Haft habe der Beschwerdeführer insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Ausländerbehörde Hamburg sei für den Haftantrag nicht zuständig gewesen. Amtshilfe sei hierbei unzulässig und nicht erforderlich. Es fehle ferner an der Belehrung über das Recht auf konsularischen Beistand.
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Das Hanseatische Oberlandesgericht wies die sofortigen weiteren Beschwerden durch Beschluss vom 23. Juli 2008 zurück. Der Haftantrag sei durch die zuständige Behörde gestellt worden. Grundsätzlich sei die Ausländerbehörde Leipzig zuständig, in deren Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Bei Gefahr im Verzuge sei gemäß § 3 Abs. 5 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes für unaufschiebbare Maßnahmen auch die Behörde zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung auftrete. Unaufschiebbare Maßnahmen seien nach den Vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern die Abschiebung, wenn sie anderenfalls vereitelt oder rechtlich erschwert würde, sowie die Beantragung von Abschiebungshaft. Die Ausländerbehörde Hamburg sei danach dafür zuständig gewesen, Abschiebungshaft zu beantragen, weil der Beschwerdeführer in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgegriffen worden sei, und zwar unabhängig davon, ob bereits ein Amtshilfeersuchen vorgelegen habe. Wenn der Haftrichter nicht über das Recht auf Unterrichtung der konsularischen Vertretung belehrt habe, wirke sich dieser Umstand nicht auf die Zulässigkeit der Sicherungshaft aus. Ebenso wie eine Verletzung der Benachrichtigungspflicht gemäß Art. 104 Abs. 4 GG berühre insoweit eine Rechtsverletzung den sachlichen Inhalt der Entscheidung über die Freiheitsentziehung nicht. Es sei auch nicht ersichtlich, dass eine entsprechende Belehrung des Beschwerdeführers Einfluss auf die Entscheidungen über die Sicherungshaft genommen hätte. Hinsichtlich des Beschlusses des Landgerichts vom 5. Mai 2008 gelte noch, dass die am 12. April 2008 unterlassene Anhörung der Ehefrau des Beschwerdeführers nicht zu einer auch nur teilweisen Rechtswidrigkeit der Haftanordnung vom selben Tag führe. Denn das Landgericht habe die Ehefrau am 2. Mai 2008 angehört, wodurch der Verfahrensverstoß geheilt worden sei. Verfahrensfehler rechtfertigten die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer sachlich gerechtfertigten Haftanordnung nur, wenn sie bis zu dem erledigenden Ereignis nicht geheilt worden seien und auch nicht durch die Entscheidung über das gegebene Rechtsmittel geheilt worden wären. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag solle dem Betroffenen keinen zusätzlichen Rechtsschutz eröffnen, der ihm ohne die Erledigung nicht zugestanden habe. Zutreffend sei der auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft gerichtete Antrag als unzulässig verworfen worden. Dem Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers werde genügt, wenn im Beschwerdeverfahren vor Erledigung der Haftanordnung in der Sache über die Aufrechterhaltung einer noch fortbestehenden freiheitsentziehenden Maßnahme entschieden werde. Für eine darüber hinausgehende Feststellung etwa dahingehend, dass das amtsgerichtliche Verfahren fehlerhaft gewesen sei, sei kein Rechtsschutzinteresse gegeben. Die entsprechenden Erwägungen seien auch für die Beschwerdeentscheidung im Haftverlängerungsverfahren maßgebend. Ferner stelle es unter den besonderen Umständen des Falles keinen Verfahrensmangel dar, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers vom Landgericht - ebenso wie vom Amtsgericht - nicht erneut persönlich angehört worden sei. In Abschiebungshaftsachen sei die Anhörung des Ehegatten grundsätzlich dann erforderlich, wenn es für die Entscheidung auf Art und Intensität der familiären Bindung ankomme. Dem sei das Landgericht hinreichend nachgekommen, indem es die Ehefrau im ersten Verfahren angehört habe. Eine erneute Anhörung nach lediglich vier Wochen hätte keine zusätzlichen Erkenntnisse erbringen können.
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II.
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Mit der Verfassungsbeschwerde macht der im August 2008 aus der Abschiebehaft entlassene Beschwerdeführer geltend, es stelle eine Missachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Form dar, dass die Haft auf Antrag der Ausländerbehörde in Hamburg angeordnet worden sei. Originär zuständig sei die Ausländerbehörde in Leipzig gewesen. Weshalb nach der Festnahme vom 11. April 2008 - wie das Oberlandesgericht ausführe - am darauffolgenden Tag noch Gefahr im Verzug vorgelegen haben solle, die dazu geführt habe, dass die Ausländerbehörde Leipzig einen Haftantrag nicht habe stellen können, erschließe sich nicht. Diese hätte ebenso wie die Ausländerbehörde Hamburg einen formularmäßigen Haftantrag stellen können. Es sei davon auszugehen, dass beide Behörden am Tag der Festnahme Kontakt gehabt hätten. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, weshalb es eine aufgrund der Eilbedürftigkeit bestehende Zuständigkeit ermöglichen solle, Haft für einen längeren Zeitraum als drei Tage endgültig zu beantragen. Gänzlich unverständlich sei, aus welchen Gründen es möglich sein solle, die Haftverlängerung im Rahmen der Amtshilfe zu beantragen. Der Verlängerungsantrag sei über einen Monat nach der erstmaligen Inhaftierung erfolgt. Spätestens dieser Antrag sei durch die Ausländerbehörde Leipzig zu stellen gewesen. Ferner seien die Formvorschriften verletzt worden, weil die Ehefrau des Beschwerdeführers bei der erstmaligen Haftanordnung erst durch das Landgericht und bei der Verlängerung gar nicht angehört worden sei. Zumindest eine telefonische Anhörung sei möglich gewesen. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Anhörung könne unterbleiben, wenn neuer Vortrag nicht zu erwarten sei, lasse sich mit dem Gesetz nicht vereinbaren. Die Nachholung der Anhörung im ersten Verfahren habe den Verfahrensverstoß des Amtsgerichts auch nicht geheilt. Das Bundesverfassungsgericht habe ausgesprochen, dass eine rückwirkende Heilung von Verstößen gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 FreihEntzG nicht möglich sei; heilende Wirkung habe die Nachholung nur für die Zukunft. Gleiches habe für die Anhörung des Ehegatten zu gelten. Die Rechtswidrigkeit der Inhaftierung des Beschwerdeführers bis zur nachgeholten Anhörung hätte festgestellt werden müssen. Der Feststellungsantrag sei indes unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG als unzulässig behandelt worden. Für bereits abgelaufene und damit erledigte Hafttage sei ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Das gelte nicht nur wegen des Rehabilitierungsinteresses, sondern auch, weil der Beschwerdeführer nur damit habe rechnen können, von einer Kostenbelastung verschont zu bleiben, wenn die Rechtswidrigkeit der Haft in einem bestimmten Zeitraum festgestellt sei. Weshalb eine Feststellungsentscheidung erst zulässig sein solle, wenn die Haft in Gänze vollstreckt worden sei, erschließe sich nicht.
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III.
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Die Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg hat von einer Stellungnahme abgesehen.
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B.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Dies ist zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die in der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt oder lassen sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und offensichtlich begründet im Sinne von § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG.
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Die angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts Hamburg, des Landgerichts Hamburg und des Hanseatischen Oberlandesgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verletzen ihn zudem in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.
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I.
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Der Beschwerdeführer wird durch die angegriffenen Entscheidungen in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt.
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1. a) Die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) ist ein besonders hohes Rechtsgut, in das nur aus wichtigen Gründen eingegriffen werden darf (vgl. BVerfGE 10, 302 322>; 29, 312 316>). Geschützt wird die im Rahmen der geltenden allgemeinen Rechtsordnung gegebene tatsächliche körperliche Bewegungsfreiheit vor Eingriffen wie Verhaftung, Festnahme und ähnlichen Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs (vgl. BVerfGE 22, 21 26>; 94, 166 198>; 96, 10 21>). Nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG darf die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit der Person nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in unlösbarem Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 322>; 58, 208 220>). Art. 104 Abs. 1 GG nimmt den schon in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt auf und verstärkt ihn für alle Freiheitsbeschränkungen, indem er neben der Forderung nach einem förmlichen Gesetz die Pflicht, die sich aus diesem Gesetz ergebenden freiheitsschützenden Formvorschriften zu beachten, zum Verfassungsgebot erhebt (vgl. BVerfGE 10, 302 323>; 29, 183 195 f.>; 58, 208 220>).
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b) Inhalt und Reichweite der Formvorschriften, deren Beachtung über Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG zum Verfassungsgebot erhoben ist, sind von den Fachgerichten so auszulegen, dass sie einer der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten können. Jenseits der Grenze der Aushöhlung und Entwertung des Grundrechts über das Verfahrensrecht verbleibt den Fachgerichten aber Raum, sich zwischen mehreren möglichen Deutungen des Gesetzes zu entscheiden. Es bleibt in erster Linie Aufgabe der Fachgerichte, den Sinn des Gesetzesrechts mit Hilfe der anerkannten Methoden der Rechtsfindung zu ergründen. Das Bundesverfassungsgericht greift erst dann korrigierend ein, wenn das fachgerichtliche Auslegungsergebnis über die vom Grundgesetz gezogenen Grenzen hinausgreift, insbesondere wenn es mit Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf persönliche Freiheit nicht zu vereinbaren ist oder wenn es sachlich schlechthin unhaltbar ist und somit Willkür vorliegt (BVerfGE 65, 317 322 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 2009 - 2 BvR 1537/08 -, juris).
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2. Mit diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben stehen die angegriffenen Entscheidungen nicht im Einklang.
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a) Das Amtsgericht hat seine Entscheidungen vom 12. April 2008 über die erstmalige Anordnung der Abschiebungshaft und vom 19. Mai 2008 über die Verlängerung der Abschiebungshaft entgegen § 5 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FreihEntzG) gefällt, ohne die Ehefrau des Beschwerdeführers zuvor angehört zu haben. Damit hat es die sich aus dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenden Maßstäbe ebenso verkannt wie die bestätigenden Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts, in denen der erstinstanzliche Anhörungsmangel gerechtfertigt worden ist.
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aa) Zu den Verfahrensgarantien, die Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht, gehört auch die in § 5 Abs. 3 Satz 2 FreihEntzG statuierte richterliche Pflicht, den Ehegatten des betroffenen Ausländers vor Anordnung oder Verlängerung der Abschiebungshaft grundsätzlich anzuhören.
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bb) Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 12. April 2008 gegen die gesetzlich vorgeschriebene Anhörungspflicht des § 5 Abs. 3 Satz 2 FreihEntzG verstoßen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers ist vor Erlass der Abschiebungshaftanordnung nicht gehört worden. Von einer Anhörung der Ehefrau durfte auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden. Eine Anhörung kann nach § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG zwar unterbleiben, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist. Zu diesen Voraussetzungen enthält der Beschluss des Amtsgerichts jedoch keine Feststellungen.
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Die in dem Beschluss des Landgerichts vom 5. Mai 2008 enthaltenen Erwägungen, nach denen die Anhörung aufgrund der großen räumlichen Distanz des Gerichtsstandortes zum Aufenthaltsort der Ehefrau des Beschwerdeführers in Leipzig und unter Berücksichtigung der im Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts gegebenen Eilsituation zu einer erheblichen Verzögerung geführt hätte, sind für die verfassungsrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, da sie mit den hiervon abweichenden Erwägungen des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 23. Juli 2008 überholt und damit gegenstandslos geworden sind.
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cc) Soweit das Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 23. Juli 2008 zu der Auffassung gelangt, der mit dem Beschluss des Amtsgerichts vom 12. April 2008 verbundene Verfahrensverstoß sei mit der nachträglichen Anhörung durch das Landgericht am 2. Mai 2008 geheilt worden, wird seine Rechtsanwendung den grundrechtlichen Anforderungen nicht gerecht.
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Verstößt der Richter gegen das Gebot vorheriger Anhörung des Betroffenen, so drückt dieses Unterlassen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der gleichwohl angeordneten Sicherungshaft den Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung auf, der durch Nachholung der Maßnahme rückwirkend nicht mehr zu tilgen ist (vgl. BVerfGE 58, 208 222 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Januar 1990 - 2 BvR 1592/88 -, NJW 1990, S. 2309 2310>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. März 1996 - 2 BvR 927/95 -, InfAuslR 1996, S. 198). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn das Gericht gegen die gesetzliche Pflicht verstößt, die Ehefrau des Betroffenen vor Erlass der Haftanordnung anzuhören.
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Die nach § 5 Abs. 3 Satz 2 FreihEntzG grundsätzlich gebotene Anhörung der Ehefrau des Betroffenen ist - wie die Anhörung des Betroffenen selbst - Teil der richterlichen Sachaufklärung (§ 12 FGG in Verbindung mit § 3 Satz 2 FreihEntzG).
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Der Richter darf sich bei der Anordnung von Freiheitsentziehungen nicht auf die Prüfung der von der antragstellenden Behörde vorgetragenen Gründe für die Sicherungshaft beschränken, sondern muss eigenverantwortlich die Tatsachen feststellen, die eine Freiheitsentziehung rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. März 1996 - 2 BvR 927/95 -, InfAuslR 1996, S. 198). Hierfür ist die persönliche Anhörung der Ehefrau des Betroffenen grundsätzlich unverzichtbar. Insbesondere bei der Prüfung, ob der im Sinne von § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer glaubhaft machen kann, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will (§ 62 Abs. 2 Satz 3 AufenthG), kommt den sozialen Bindungen des Betroffenen besonderes Gewicht zu. Dass für die Entscheidung darüber, ob der Ausländer sich seiner Abschiebung zu entziehen droht, Art und Intensität der familiären Bindung etwa zum Ehegatten erheblich sind, bedarf keiner näheren Erklärung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Juni 2007 - I-3 Wx 109/07, 3 Wx 109/07 -, InfAuslR 2007, S. 294).
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Das Oberlandesgericht hat sich mit der Frage, ob der mögliche Verfahrensfehler der unterbliebenen Anhörung der Ehefrau rückwirkend geheilt werden kann, nicht befasst, sondern sie ausschließlich unter Aspekten zulässigen Rechtsschutzes gewürdigt. Dies mag von seinem - mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbaren (s. unten II.) - Rechtsstandpunkt her folgerichtig gewesen sein, ändert im Ergebnis aber nichts am Vorliegen eines Verstoßes gegen eine grundrechtserhebliche Verfahrensvorschrift, weil unerörtert geblieben ist, ob das Unterlassen der Anhörung der Ehefrau gemäß § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG gerechtfertigt war.
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dd) Die Entscheidung des Amtsgerichts vom 19. Mai 2008 über die Verlängerung der Abschiebungshaft des Beschwerdeführers sowie die sie bestätigenden Entscheidungen des Landgerichts vom 29. Mai 2008 und des Oberlandesgerichts vom 23. Juli 2008 missachten die gesetzlich vorgeschriebene Anhörungspflicht des § 5 Abs. 3 Satz 2 FreihEntzG ebenfalls.
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Die Ehefrau des Beschwerdeführers wurde im Rahmen des Haftverlängerungsverfahrens weder vom Amtsgericht noch vom Landgericht angehört. Soweit das Landgericht und das Oberlandesgericht zu der Auffassung gelangen, einer erneuten Anhörung habe es nicht bedurft, weil sie keine zusätzlichen Erkenntnisse hätte erbringen können, widerspricht diese Betrachtungsweise den sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung und Anwendung von Formvorschriften.
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Landgericht und Oberlandesgericht stützen sich auf die Bestimmung des § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG, nach der die Anhörung unterbleiben kann, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist. Fälle, in denen eine Anhörung keine zusätzlichen Erkenntnisse erwarten lässt, werden schon vom Wortlaut der Norm nicht erfasst. Die Erwägungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts deuten allerdings daraufhin, dass sie derartige Fälle der in § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG geregelten zweiten Ausnahme zuordnen, nach der eine Anhörung unterbleiben kann, wenn sie nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist. Selbst wenn die Norm eine solche Auslegung zulässt, haben Landgericht und Oberlandesgericht jedenfalls übersehen, dass bei der Anwendung dieser Ausnahmebestimmung eine Abwägung zwischen dem voraussichtlichen Kostenaufwand für die Durchführung der Anhörung der Ehefrau des Beschwerdeführers und dem voraussichtlichen Gehalt der von der Anhörung zu erwartenden Erkenntnisse verfassungsrechtlich geboten ist. Den Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts ist nicht zu entnehmen, dass eine Abwägung stattgefunden hat. Beide Gerichte haben sich auf die Prüfung beschränkt, ob eine weitere Anhörung Erkenntnisse hätte erbringen können, die über die Ergebnisse der am 2. Mai 2008 von dem Landgericht durchgeführten Anhörung hinausreichen. Damit überschreiten sie die ihnen durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG gesetzten Grenzen bei der Auslegung und Anwendung der Vorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG.
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b) Die im Verfahren über die Verlängerung der Abschiebungshaft des Beschwerdeführers ergangenen Entscheidungen des Amtsgerichts, des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verletzen den Beschwerdeführer ferner deshalb in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG, weil sie davon ausgehen, der Antrag auf Verlängerung der Abschiebungshaft sei von der nach § 3 Satz 1 FreihEntzG zuständigen Behörde gestellt worden.
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aa) Die Bestimmung des § 3 Satz 1 FreihEntzG, derzufolge ein Haftantrag von der zuständigen Behörde zu stellen ist, gehört zu den Formvorschriften, deren Beachtung durch Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG zum Verfassungsgebot erhoben ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 2009 - 2 BvR 1537/08 -, juris).
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bb) Die Gerichte haben § 3 Satz 1 FreihEntzG in einer Weise angewendet, die unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist.
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Das Amtsgericht hat die Zuständigkeit der Ausländerbehörde in Hamburg ohne nähere Begründung angenommen. Ob die Annahme des Landgerichts, die Ausländerbehörde in Hamburg habe in Amtshilfe für die Ausländerbehörde in Leipzig gehandelt, den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht, kann dahinstehen, da diese Begründung aufgrund der abweichenden Erwägungen des Oberlandesgerichts prozessual überholt ist.
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Die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Ausländerbehörde in Hamburg sei für den Antrag auf Verlängerung der Abschiebungshaft des Beschwerdeführers zuständig gewesen, findet in der von ihm herangezogenen Bestimmung des § 3 Abs. 5 Satz 1 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes keine Grundlage.
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Nach dieser Bestimmung ist bei Gefahr im Verzug für unaufschiebbare Maßnahmen jede Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. In dem Zeitpunkt, als die Ausländerbehörde in Hamburg den Antrag auf Verlängerung der Abschiebungshaft gestellt hat, war jedoch offensichtlich keine Gefahr im Verzug.
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Eine Gefahr im Verzug liegt vor, wenn der Eintritt eines Schadens für ein wesentliches Rechtsgut unmittelbar bevorsteht und bei einer ex-ante-Betrachtung eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erscheint (vgl. Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 3 Rn. 43; Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2006, § 3 Rn. 31). Eine sich hieraus ergebende (Not)Zuständigkeit kann also nur dann bejaht werden, wenn die nach den allgemeinen Vorschriften zuständige Behörde voraussichtlich nicht in der Lage ist, die erforderlichen Maßnahmen so rechtzeitig zu treffen, dass deren Erfolg nicht in Frage gestellt wird (vgl. BVerwGE 68, 267 271 f.>; 80, 299 303 f.>; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Aufl. 2010, § 3 Rn. 54).
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Diese Voraussetzungen waren bei der Antragstellung nicht erfüllt. Der Verlängerungsantrag wurde einen Monat nach der Festnahme und drei Tage vor dem Ende des in der erstmaligen Anordnung festgesetzten Haftzeitraums gestellt. Es sind keine Umstände ersichtlich, deretwegen die Ausländerbehörde in Leipzig gehindert gewesen sein könnte, einen Verlängerungsantrag zu stellen.
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Soweit sich das Oberlandesgericht auf Ziffer 71.1.2.5 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz und zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 22. Dezember 2004 (VAH) stützt, ist bereits nicht nachvollziehbar, inwiefern die Berufung auf eine Verwaltungsvorschrift das Gericht von eigener Auslegung und Anwendung der Gesetzesvorschriften entbinden könnte. Zudem entnimmt das Oberlandesgericht den Vorläufigen Anwendungshinweisen eine Regel, die sie eindeutig nicht enthalten. Nach Ziffer 71.1.2.5 VAH sind unaufschiebbare Maßnahmen, für die sich nach Landesrecht eine sogenannte Eilzuständigkeit ergeben kann, insbesondere die Zurückschiebung und die Abschiebung, wenn sie anderenfalls vereitelt oder wesentlich erschwert würden, die Beantragung von Abschiebungshaft, die Einbehaltung des Passes sowie die Durchsetzung der räumlichen Beschränkung. Nach dem Wortlaut der Ziffer 71.1.2.5 VAH ("kann") wird eine Eilzuständigkeit für die Beantragung von Abschiebungshaft nicht generell bejaht, so dass die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind. Die Betrachtungsweise des Oberlandesgerichts führte letztlich dazu, dass die Beantragung von Abschiebungshaft immer als unaufschiebbare Maßnahme zu begreifen wäre, was mit den landesrechtlichen Zuständigkeitsregeln, auf die sich § 3 Satz 1 FreihEntzG bezieht, nicht zu vereinbaren wäre.
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c) Die Kammer sieht davon ab, die Frage zu erörtern, ob die angegriffenen Entscheidungen auch deshalb mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG nicht im Einklang stehen, weil sie dem Umstand, dass der Beschwerdeführer vor der Anordnung der Abschiebehaft und ihrer Verlängerung nicht über seine Rechte aus Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 1, Satz 2 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (WÜK, BGBl 1969 II S. 1585) unterrichtet worden ist, keine Bedeutung für die Zulässigkeit der Sicherungshaft beigemessen haben. Der Bundesgerichtshof hat die Bedeutung der Belehrung gemäß Art. 36 Abs. 1 WÜK für die Rechtmäßigkeit einer Inhaftierung mit Beschluss vom 6. Mai 2010 - V ZB 223/09 - (juris) ausreichend geklärt. Im Hinblick auf die aus anderen Gründen festzustellende Verletzung der Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG bedarf es hier keiner weiteren Befassung des Bundesverfassungsgerichts.
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II.
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Die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verletzen den Beschwerdeführer schließlich auch in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, soweit sie seine Feststellungsanträge als unzulässig verworfen haben. Im Hinblick darauf, dass das Oberlandesgericht seine der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Rechtsprechung mittlerweile aufgegeben hat (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 2 Wx 44/09 -, nicht veröffentlicht), beschränkt sich die Kammer zur Begründung auf den Hinweis, dass die Gerichte den Anforderungen aus Art. 19 Abs. 4 GG an die prozessualen Voraussetzungen für die Feststellung rechtswidriger Freiheitsentziehungen nur dann gerecht werden, wenn sie auf einen entsprechenden Feststellungsantrag die Überprüfung des gesamten Zeitraums ermöglichen, in welchem dem Betroffenen die Freiheit entzogen worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juli 2008 - 2 BvR 31/06 -, InfAuslR 2008, S. 453 455>), und dass die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts diesen Anforderungen nicht genügen.
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C.
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Mit Rücksicht auf die gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG festzustellende Verletzung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ist die Erörterung der von ihm weiter erhobenen Grundrechtsrügen entbehrlich.
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Die Kammer hebt nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 23. Juli 2008 auf und verweist die Sache an das Oberlandesgericht zurück.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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