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BFH 12.07.2023 - XI R 14/22
BFH 12.07.2023 - XI R 14/22 - Zum Vorsteuerabzug bei einem kraft Gesetzes erfolgenden Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung
Normen
§ 24 UStG 2005 vom 21.12.2020, § 27 Abs 32 UStG 2005 vom 21.12.2020, § 15a Abs 7 UStG 2005, § 19 UStG 2005, Art 302 EGRL 112/2006, Art 192 EGRL 112/2006, Art 295 EGRL 112/2006, Art 184 EGRL 112/2006, UStG VZ 2021, Abschn 15.1 Abs 5 S 1 Nr 1 UStAE, Art 11 Nr 6 Buchst a JStG 2020, Art 11 Nr 7 JStG 2020
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 5. Mai 2022, Az: 11 K 196/21, Urteil
Leitsatz
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1. Bezieht eine GbR, deren landwirtschaftliche Tätigkeit bei Leistungsbezug der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegt, für diese landwirtschaftliche Tätigkeit eine Eingangsleistung, ist der Vorsteuerabzug auch dann nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG, Art. 302 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ausgeschlossen, wenn die Eingangsleistung für Umsätze im Folgejahr verwendet wird, in dem diese Tätigkeit kraft Gesetzes der Regelbesteuerung unterliegt.
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2. Wechselt der Steuerpflichtige zwischen Leistungsbezug und Verwendungsumsatz freiwillig oder kraft Gesetzes von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung, ist der Vorsteuerabzug unter den Voraussetzungen der § 15a Abs. 7 UStG, Art. 192 MwStSystRL zu berichtigen.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 05.05.2022 - 11 K 196/21 aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die bis einschließlich 2021 (Streitjahr) ihre Umsätze aus ihrem landwirtschaftlichen Unternehmen nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) versteuerte, Vorsteuer aus Rechnungen abziehen kann, deren Aufwendungen zwar im Streitjahr entstanden sind, jedoch für Umsätze im Jahr 2022 verwendet werden sollten, einem Jahr, in dem sie wegen des Überschreitens der Grenze von 600.000 € zur Regelbesteuerung übergehen musste.
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Die Klägerin ist eine GbR. Ihr Gesellschaftszweck ist der Betrieb eines landwirtschaftlichen Unternehmens zur Haltung von Milchkühen. Im Rahmen dieses Betriebs zieht die Klägerin weibliche Nachzucht selbst auf. Mit ihren Umsätzen unterlag sie auch im Streitjahr der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 UStG. Für die Jahre 2019 und 2020 erklärte die Klägerin Umsätze in Höhe von etwa 1,2 Mio. €; die erklärte Umsatzsteuer betrug für diese Jahre nach Anwendung der Regelungen in § 24 Abs. 1 UStG jeweils 0 €.
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Am 21.10.2021 gab die Klägerin eine Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 1. Quartal 2021 ab, in der sie abzugsfähige Vorsteuerbeträge in Höhe von 1.436,39 € und keine zu besteuernden Umsätze anmeldete. In einem Begleitschreiben zur Voranmeldung führte die Klägerin ergänzend aus, es handele sich bei der übermittelten Umsatzsteuer-Voranmeldung nicht um einen Antrag im Sinne des § 24 Abs. 4 UStG, die Regelungen des § 24 Abs. 1 UStG sollten für 2021 weiterhin Anwendung finden. Ab dem 01.01.2022 unterliege die Klägerin jedoch der Regelbesteuerung. Durch das Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096, BStBl I 2021, 6) sei in § 24 Abs. 1 UStG eine Umsatzgrenze von 600.000 € bezogen auf das jeweilige Vorjahr eingefügt worden. Die Änderung gelte nach § 27 Abs. 32 UStG erstmals für Umsätze, die nach dem 31.12.2021 bewirkt werden. Die in der Voranmeldung geltend gemachten Vorsteuerbeträge stünden nur mit Umsätzen in Zusammenhang, die erst im Jahr 2022 erzielt würden, da es sich um die anteiligen Kosten für die Aufzucht von Tieren handele, die erst im Jahr 2022 abkalben und daher erst ab diesem Zeitpunkt Milch erzeugen. Daher sei ihr entgegen Abschn. 15.1 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) der Vorsteuerabzug zu gewähren.
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Am 10.11.2021 setzte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 1. Quartal 2021 auf 0 € fest und versagte dabei den begehrten Vorsteuerabzug.
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Den Einspruch der Klägerin, mit dem sie zur Begründung auf das Begleitschreiben zur Voranmeldung verwies, blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 26.11.2021). Nach Ansicht des FA sei bei Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung im Jahr 2021 nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ein weitergehender Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Ein Verzicht gemäß § 24 Abs. 4 UStG sei nicht erfolgt.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2022, 1649 veröffentlichten Urteil statt und setzte die Umsatzsteuer auf ./. 1.436,59 € fest. Soweit sich Vorsteuerbeträge auf die Aufzucht von Tieren im Streitzeitraum (1. Quartal 2021) bezögen, die erst im Jahr 2022 abkalben, stehe § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG dem Vorsteuerabzug nicht entgegen. Maßgeblich sei, dass bei Leistungsbezug die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht bestanden habe, die Eingangsleistungen nur für Umsätze im Jahr 2022 zu verwenden, die wegen der bereits 2021 zu erkennenden neuen Gesetzeslage der Regelbesteuerung unterliegen. Dies entspreche der zugrundeliegenden unionsrechtlichen Regelung des Art. 302 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach sei die Frage des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs von der Qualität der mit den Aufwendungen im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten beziehungsweise Umsätzen abhängig und nicht vom Vorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs als solches. § 15a Abs. 7 UStG stehe dem nicht entgegen, da eine Berichtigung des versagten Vorsteuerabzugs wegen § 44 Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) im Streitfall nicht in Betracht komme, weil die entsprechenden Anschaffungs- und Herstellungskosten für die aufzuziehenden Milchkühe die dort genannte Grenze nicht überschritten.
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Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG und § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG). Das FG habe bei seiner Entscheidung außerdem Art. 302 MwStSystRL falsch angewendet.
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Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das Urteil der Vorinstanz. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) würden die Vorschriften der Durchschnittssatzbesteuerung eng ausgelegt, für jede einzelne Lieferung oder sonstige Leistung geprüft und im Sinne der MwStSystRL ausgelegt. Der Wortlaut des Art. 302 MwStSystRL sei eindeutig. Die Entscheidung des FG stehe auch im Einklang mit der Literatur. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen entspreche die Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 15.1 Abs. 5 UStAE nicht Art. 302 MwStSystRL.
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Des Weiteren habe der BFH bereits im Leitsatz seines Urteils vom 22.03.2001 - V R 46/00 (BFHE 194, 533, BStBl II 2003, 433) entschieden, dass ein Vorsteuerabzug unter den sonstigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG zu gewähren sei, wenn der Unternehmer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht habe, die Eingangsumsätze für solche Ausgangsumsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 2 UStG ausschließen. Die Klägerin habe aus der Höhe ihrer Umsätze der Vorjahre (circa 1,2 Mio. €) entnehmen können, dass mit der Neuregelung ab dem Jahr 2022 ihre Umsätze der Regelbesteuerung unterliegen. Damit habe die Klägerin bei Leistungsbezug die Absicht gehabt, die Eingangsumsätze für besteuerte Ausgangsumsätze zu verwenden. Auf die Anwendung des § 15a UStG komme es daher nicht mehr an. Die Bagatellgrenze des § 44 UStDV stelle zudem die gesamtwirtschaftliche Neutralität in Frage.
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Letztlich komme im BFH-Urteil vom 13.11.2013 - XI R 2/11 (BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543) zum Ausdruck, dass die Tätigkeiten des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs umsatz- und tätigkeitsbezogen betrachtet werden müssten. Dies gelte auch für den Streitfall.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die geltend gemachte Vorsteuer im Streitjahr abgezogen werden kann. Im Streitjahr kann Vorsteuer nur im Umfang der Umsatzsteuer auf die erzielten Umsätze berücksichtigt werden.
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1. Für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze werden im Streitjahr die Steuer --mit Ausnahme der im Streitfall nicht einschlägigen Lieferungen und sonstigen Leistungen im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG-- gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG und die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG auf jeweils 10,7 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Dadurch gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.
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2. Nach diesen gesetzlichen Grundlagen hat das FA im Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 1. Quartal 2021 vom 10.11.2021 die Umsatzsteuer zutreffend auf 0 € festgesetzt.
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a) Der Vorsteuerabzug aufgrund tatsächlicher Leistungsbezüge für den landwirtschaftlichen Betrieb war bei Leistungsbezug nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ausgeschlossen; denn das Verbot eines weiteren Vorsteuerabzugs gemäß § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG bezieht sich auf den Zurechnungsbereich des Leistungsbezugs zu den land- und forstwirtschaftlichen Umsätzen (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1993 - V R 79/91, BFHE 173, 265, BStBl II 1994, 339, unter II.1.c aa). Der Vorsteuerabzug erfolgt pauschal. In der zunächst sinngemäß enthaltenen und später ausdrücklich ausgesprochenen gesetzlichen Anordnung in § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG des Inhalts, dass ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt, ist eine Regelung zu sehen, mit der ausgeschlossen wird, dass neben der Vorsteuerpauschalierung (§ 24 Abs. 1 UStG) zusätzlich aufgrund von einzelnen Leistungsbezügen für den unter § 24 UStG fallenden Unternehmensteil nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 UStG Vorsteuern abgezogen werden dürfen (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.1987 - V R 71/77, BFHE 150, 165, BStBl II 1987, 685, unter II.1.c). Besteht --wie im Streitfall-- im Jahr des Leistungsbezugs nur ein der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegendes landwirtschaftliches Unternehmen, so kommt von vornherein nur eine Zuordnung der Eingangsleistung zu diesem Unternehmen in Betracht mit der Folge, dass statt des Abzugs der in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer als Vorsteuer gemäß § 15 UStG nur eine Vorsteuerentlastung nach § 24 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStG, bemessen nach Ausgangsumsätzen, eintritt (vgl. BFH-Urteil vom 10.11.1994 - V R 87/93, BFHE 176, 477, BStBl II 1995, 218, unter II.B.I.3.).
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b) Die bereits im Streitjahr mögliche Option zur Regelbesteuerung (§ 24 Abs. 4 UStG), die dazu geführt hätte, dass statt pauschaler Leistungsbezüge die tatsächlichen Leistungsbezüge (§ 15 UStG) berücksichtigt werden, hat die Klägerin nicht ausgeübt.
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3. Die gesetzliche Einführung der Gesamtumsatzgrenze von 600.000 €, die auf Umsätze anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2021 bewirkt werden (§ 24 Abs. 1 Satz 1 UStG i.d.F. des Art. 11 Nr. 6 Buchst. a JStG 2020, § 27 Abs. 32 UStG i.d.F. des Art. 11 Nr. 7 JStG 2020), führt im Streitjahr nicht zu einer anderen Beurteilung.
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a) Kommt es zwischen Leistungsbezug und Verwendungsumsatz zu einem Übergang von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung, gelangt mit § 15a Abs. 7 Halbsatz 2 UStG eine gesetzliche Vorschrift zur Anwendung, die eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs ermöglicht und damit Inkongruenzen ausgleicht. Im Fall des Wechsels verbleibt es bei dem unter 3.b genannten Grundsatz; zunächst ist der (weitere) Vorsteuerabzug nach § 15 UStG aufgrund der Regelung des § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ausgeschlossen und nach dem Wechsel zur allgemeinen Besteuerung gegeben (vgl. BFH-Urteil vom 12.06.2008 - V R 22/06, BFHE 222, 106, BStBl II 2009, 165, unter II.1.c).
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aa) Zu § 19 UStG hat der BFH entschieden, dass ein Unternehmer, der als Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 UStG) eine Leistung bezieht, im nachfolgenden Besteuerungszeitraum zur Regelbesteuerung wechselt und in diesem für die bezogene Leistung eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erhält, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, weil es in Bezug auf die erhaltene Leistung an der persönlichen Berechtigung zum Vorsteuerabzug fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 17.09.1981 - V R 76/75, BFHE 134, 461, BStBl II 1982, 198).
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bb) Für den landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin (§ 24 UStG) gilt aus den unter 3.b genannten Gründen auch im Falle des Wechsels nichts anderes. Wechselt ein Unternehmer, der seine Umsätze gemäß § 24 Abs. 1 UStG pauschal versteuert und im Zeitraum dieser Besteuerungsform Lieferungen und sonstige Leistungen bezogen hat, später zur Regelbesteuerung, sind die mit diesen Vorbezügen verbundenen Vorsteuern auch dann durch die Vorsteuerpauschalierung nach § 24 UStG abgegolten, wenn der Unternehmer die Rechnungen für diese Vorbezüge erst nach dem Wechsel der Besteuerungsform erhält (vgl. BFH-Urteil vom 06.12.1979 - V R 87/72, BFHE 129, 425, BStBl II 1980, 167). Für den pauschalen Vorsteuerabzug ist die Regelung bestimmend, die im Rahmen der für den Land- und Forstwirt zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Besteuerungsform gilt. Bei der Besteuerung nach § 24 Abs. 1 UStG wird die reale Vorsteuerbelastung durch einen fiktiven Betrag abgegolten. Selbst durch eine ausschließliche Zuordnung des Leistungsbezugs eines gemischt eingesetzten Gegenstandes zum landwirtschaftlichen Betrieb (§ 24 UStG) käme es zur Verhinderung der Entlastung (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1993 - V R 79/91, BFHE 173, 265, BStBl II 1994, 339, Rz 18).
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cc) Der Unternehmer wird dadurch nicht schutzlos gelassen. Vielmehr liegt eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse auch dann vor, wenn ein Land- und Forstwirt von der Regelbesteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung oder umgekehrt wechselt (§ 15a Abs. 7 Halbsatz 2 UStG, s.a. schon vor dessen Inkrafttreten BFH-Urteile vom 06.12.2001 - V R 6/01, BFHE 197, 338, BStBl II 2002, 555, unter II.2.; vom 17.06.2004 - V R 31/02, BFHE 205, 549, BStBl II 2004, 858, unter II.3.; vom 24.11.2005 - V R 37/04, BFHE 211, 411, BStBl II 2006, 466; vom 12.06.2008 - V R 22/06, BFHE 222, 106, BStBl II 2009, 165; vom 14.07.2010 - XI R 9/09, BFHE 231, 253, BStBl II 2010, 1086, Rz 15; BFH-Beschluss vom 13.06.2018 - XI R 5/17, BFHE 262, 233, Rz 66).
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dd) Die unter aa) bis cc) genannten Grundsätze gelten im Übrigen auch im umgekehrten Fall: Wechselt der Steuerpflichtige von der Regelbesteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung, verbleibt es beim Vorsteuerabzug bei Leistungsbezug gemäß § 15 UStG; es erfolgt auch dann nur eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a Abs. 7 UStG (vgl. Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 17.05.2022 - 4 K 55/21, EFG 2022, 1334).
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b) Die unter a) in Bezug genommene Rechtsprechung betrifft Konstellationen, in denen der Steuerpflichtige freiwillig die Besteuerungsform wechselt. Für den Fall, dass der Wechsel kraft Gesetzes eintritt, gilt indes nichts anderes (vgl. Schüler-Täsch in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 24 Rz 343 f.; Busch in Offerhaus/Söhn/Lange, § 24 UStG Rz 570 ff.; BeckOK UStG/S. Müller, § 24 Rz 800). Auch Gesetzesänderungen können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu Vorsteuerberichtigungen führen (vgl. BFH-Beschluss vom 05.06.2014 - XI R 31/09, BFHE 245, 447, Rz 69 f. und nachfolgend EuGH-Urteil Wolfgang und Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft GbR vom 09.06.2016 - C-332/14, EU:C:2016:417, Rz 37 ff.). Es verbleibt die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 7 Halbsatz 2 UStG zu dem Zeitpunkt, zu dem die Pauschalbesteuerung nicht mehr zulässig ist.
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4. Das Unionsrecht steht dem nicht entgegen.
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a) Nach Art. 302 MwStSystRL hat ein Pauschallandwirt, der einen Pauschalausgleich in Anspruch nimmt, in Bezug auf die dieser Pauschalregelung unterliegenden Tätigkeiten kein Recht auf Vorsteuerabzug. Geht der Steuerpflichtige von der normalen Mehrwertsteuerregelung auf eine Sonderregelung über oder umgekehrt, können nach Art. 192 MwStSystRL die Mitgliedstaaten die erforderlichen Vorkehrungen treffen, um zu vermeiden, dass dem Steuerpflichtigen dadurch ungerechtfertigte Vorteile oder Nachteile entstehen. Ebenso wie § 15a Abs. 7 UStG sieht Art. 192 MwStSystRL den Übergang von der normalen Mehrwertsteuerregelung auf eine Sonderregelung oder umgekehrt als Fall der Berichtigung des Vorsteuerabzugs an.
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b) Soweit die Klägerin unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 13.11.2013 - XI R 2/11 (BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543) von einer umsatzbezogenen Betrachtung ausgeht, geht das Unionsrecht in Art. 302 MwStSystRL von Tätigkeiten und nicht von Umsätzen aus. Die Tätigkeit der Klägerin im Jahr 2021 war eine landwirtschaftliche Tätigkeit (Tierzucht beziehungsweise Tierhaltung, Art. 295 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL i.V.m. Anh. VII Nr. 2) einer landwirtschaftlichen Erzeugerin (Art. 295 Abs. 1 Nr. 3 MwStSystRL). In Bezug auf diese Tätigkeit hat die Klägerin somit nach Art. 302 MwStSystRL im Jahr 2021 kein Recht auf Vorsteuerabzug. Entstehen daraus ungerechtfertigte Vor- oder Nachteile, so sind diese nach Art. 192 MwStSystRL auszugleichen. Die Umsetzung dieser Bestimmung steht nicht im Ermessen des Mitgliedstaats (vgl. BFH-Urteile vom 17.06.2004 - V R 31/02, BFHE 205, 549, BStBl II 2004, 858, Rz 42 ff.; vom 12.06.2008 - V R 22/06, BFHE 222, 106, BStBl II 2009, 165, unter II.1.d); sie hat der deutsche Gesetzgeber mit § 15a Abs. 7 Halbsatz 2 UStG vorgenommen (vgl. BFH-Urteil vom 12.02.2009 - V R 85/07, BFHE 224, 473, BStBl II 2010, 76, Rz 14 und zu Umlaufvermögen s. Rz 15).
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c) Das von der Klägerin angeführte BFH-Urteil vom 13.11.2013 - XI R 2/11 (BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543, Rz 37) bezieht sich außerdem auf die Zuordnungsfrage, ob Vorsteuern aus verschiedenen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen dem Bereich der Durchschnittssatzbesteuerung oder dem Bereich der Regelbesteuerung zuzuordnen sind (vgl. dazu auch BFH-Urteile vom 23.01.2013 - XI R 27/11, BFHE 240, 422, BStBl II 2013, 458; vom 24.01.2013 - V R 34/11, BFHE 239, 552, BStBl II 2013, 460). Im Streitfall geht es hingegen um die Frage, welche Konsequenzen sich aus dem Wechsel des Besteuerungssystems einer einzigen (landwirtschaftlichen) Tätigkeit, die von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung wechselt, ergeben. Hier bedarf es insoweit einer tätigkeitsbezogenen Sicht, die sich unionsrechtlich aus Art. 192 MwStSystRL i.V.m. § 15a Abs. 7 UStG ergibt.
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d) Aus dem zwischen den Beteiligten streitig erörterten BFH-Urteil vom 22.03.2001 - V R 39/00 (BFH/NV 2001, 1153) ergibt sich ebenfalls nichts anderes; denn im dortigen Fall wurde im Zeitpunkt des Leistungsbezugs keine der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegende Tätigkeit ausgeübt. Außerdem wurde erklärt, dass zur Regelbesteuerung optiert wird.
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5. Diese Auslegung des § 24 UStG entspricht auch den formellen Anforderungen, die mit dem Wechsel zur Regelbesteuerung einhergehen. So setzt zum Beispiel erst mit dem Übergang zur Regelbesteuerung die Aufzeichnungspflicht des § 22 Abs. 2 Nr. 5 und 6 UStG für den Land- und Forstwirt ein. Davor ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb (auch) von ihr befreit (§ 67 Satz 1 UStDV). Die gegenteilige Ansicht der Klägerin und der Vorinstanz würde zu erheblichen Nachweisproblemen führen.
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6. Ob die in § 15a Abs. 7 UStG, Art. 192 MwStSystRL vorgesehene Vorsteuerberichtigung im Jahr 2022 aufgrund von § 44 UStDV ausgeschlossen ist, ist im Streitfall, der das Jahr 2021 betrifft, nicht zu entscheiden.
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7. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
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