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BFH 26.07.2017 - III R 18/16
BFH 26.07.2017 - III R 18/16 - Konkurrenz von Kindergeldansprüchen zwischen zwei EU-Staaten - Bindungswirkung der Entscheidungen ausländischer Behörden - Kindergeldanspruch bei Leistungen nach dem SGB II
Normen
§ 62 Abs 1 Nr 1 EStG 2009, § 63 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 63 Abs 2 EStG 2009, § 32 Abs 1 EStG 2009, § 32 Abs 3 EStG 2009, § 65 EStG 2009, Art 11 Abs 3 Buchst c EGV 883/2004, Art 68 Abs 1 EGV 883/2004, Art 5 EGV 987/2009, § 7 Abs 1 SGB 2, § 19 Abs 1 SGB 2, Art 4 Abs 3 EUVtr, Art 11 Abs 3 Buchst e EGV 883/2004, Art 11 Abs 2 EGV 883/2004
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 6. April 2016, Az: 2 K 727/14 (Kg), Urteil
Leitsatz
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1. Die positive Entscheidung, mit der die zuständige ausländische Behörde einen Kindergeldanspruch nach ihrem nationalen Recht bejaht hat, ist für die Familienkasse bindend, soweit die Auslegung von Unionsrecht nicht betroffen ist.
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2. Die Bindungswirkung hat zur Folge, dass die Familienkassen und die Finanzgerichte nicht befugt sind, die Richtigkeit dieser Entscheidung zu überprüfen und selbst das ausländische Recht festzustellen und anzuwenden. Nach den Grundsätzen der vertrauensvollen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) ist davon auszugehen, dass die inländische Familienkasse von der Verpflichtung und Berechtigung enthoben werden soll, die Frage nach dem tatsächlichen Vorliegen des materiellen Anspruchs im anderen Mitgliedstaat selbst zu beantworten.
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3. Für die im Rahmen der Konkurrenzregelung des Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 zu prüfende Frage, was die Ansprüche auslöst, ist nicht auf die nationalen Regelungen nach §§ 62 ff. EStG, sondern auf die Vorschriften der Art. 11 bis 16 der VO Nr. 883/2004 abzustellen.
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4. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitssuchende nach dem SGB II sind weder Leistungen nach Art. 11 Abs. 2 noch nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. c, sondern Leistungen gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchst. e der VO Nr. 883/2004.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 6. April 2016 2 K 727/14 (Kg) aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist der Kindergeldanspruch für die Zeit von August 2013 bis Januar 2014.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Mutter der im November 2011 geborenen Tochter L. Die Klägerin wohnte zunächst gemeinsam mit dem Kindsvater in Frankreich. Seit Juli 2013 wohnt sie mit L in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) und erhält Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II.
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Der Kindsvater ist in Frankreich erwerbstätig. Er erhielt in Frankreich für die Tochter ab August 2013 bis einschließlich Januar 2014 Leistungen der Caisse d'allocations familiales (CAF) du Vaucluse als "allocation de base" in Höhe von monatlich 185,54 €.
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Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob das zunächst auf Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 29. Oktober 2012 festgesetzte Kindergeld für die Tochter ab November 2011 mit Bescheid vom 22. November 2013 auf und wies den dagegen eingelegten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 2014 als unbegründet zurück. Seit Februar 2014 erhält die Klägerin Kindergeld in Höhe von 184 €.
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Die daraufhin erhobene Klage hatte Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) aus, dem Kindergeldanspruch der Klägerin nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) stehe nicht entgegen, dass der Kindsvater in Frankreich bis Januar 2014 die dem Kindergeld vergleichbare Leistung der allocation de base erhalten habe. Der Kindsvater habe nach dem vom FG überprüfbaren ausländischen Recht keinen Anspruch auf diese Leistung gehabt, so dass kein Ausschluss nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG entgegenstehe. Selbst wenn der Kindsvater einen Anspruch in Frankreich im Streitzeitraum gehabt hätte, sei der Anspruch der Klägerin auf deutsches Kindergeld gegenüber dem Anspruch des Kindsvaters auf französische Familienleistung nach Art. 68 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Amtsblatt der Europäischen Union 2004 Nr. L 166, S. 1) in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (VO Nr. 883/2004 --Grundverordnung--) vorrangig gewesen.
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Mit der Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.
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Die Familienkasse beantragt,
das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass der Anspruch auf Kindergeld der Klägerin vorrangig zusteht. Die Klägerin ist zwar nach nationalem Recht (§ 62 EStG) anspruchsberechtigt. Sie hat aber keinen Anspruch auf Zahlung des Kindergeldes; denn unionsrechtlich ist Frankreich gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 11 Abs. 3 Buchst. e der VO Nr. 883/2004 der vorrangige Staat.
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1. Die im Inland wohnende Klägerin erfüllt, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kindergeld für ihre gleichfalls im Inland wohnende und nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 32 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2, § 32 Abs. 3 EStG zu berücksichtigende Tochter.
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2. Ist der persönliche und sachliche Geltungsbereich der VO Nr. 883/2004 eröffnet, dann richtet sich die Kindergeldberechtigung nach den §§ 62 ff. EStG und die Anspruchskonkurrenz zwischen dem deutschen Kindergeldanspruch und der ausländischen Familienleistung nach Art. 68 der VO Nr. 883/2004. Diese Prioritätsregelung ist gegenüber § 65 EStG grundsätzlich vorrangig (Senatsurteil vom 4. Februar 2016 III R 9/15, BFHE 253, 139, BStBl II 2017, 121, Rz 17, m.w.N.).
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a) Der Anwendungsbereich der VO Nr. 883/2004 ist im Streitfall eröffnet.
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Die Klägerin ist Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union (EU) und fällt damit nach Art. 2 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundverordnung. Ebenso ist das Kindergeld nach dem EStG eine Familienleistung i.S. des Art. 1 Buchst. z der VO Nr. 883/2004, weshalb auch deren sachlicher Anwendungsbereich nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. j der VO Nr. 883/2004 eröffnet ist.
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b) Entgegen der Auffassung des FG ist auch der Anwendungsbereich des Art. 68 der VO Nr. 883/2004 eröffnet, da konkurrierende Ansprüche im Sinne dieser Vorschrift vorliegen.
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Gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 1 der VO Nr. 883/2004 werden beim Zusammentreffen von Ansprüchen die Familienleistungen nach den Rechtsvorschiften gewährt, die nach Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 Vorrang haben. Im vorliegenden Fall treffen die Ansprüche der Klägerin auf Familienleistungen nach deutschem Recht und die Ansprüche des Kindsvaters nach französischem Recht für dasselbe Kind und denselben Zeitraum aufeinander. Der französische Träger (CAF) hat mit Bindungswirkung für den deutschen Träger (die Familienkasse) einen ausländischen Kindergeldanspruch für den Streitzeitraum festgestellt.
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aa) Für die Frage, ob ein Zusammentreffen von Ansprüchen auf Familienleistungen vorliegt, ist im Grundsatz ausreichend, dass ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die entsprechende Leistung nach deutschem und ausländischem Recht besteht. Dabei hat die Prüfung eines materiell-rechtlichen Anspruchs nach ausländischem Recht zu unterbleiben, wenn hierüber bereits eine ausländische Behörde für den Streitzeitraum entschieden hat und dieser Entscheidung Bindungswirkung für die deutschen Behörden und Gerichte zukommt (Senatsurteile vom 13. Juni 2013 III R 63/11, BFHE 242, 34, BStBl II 2014, 711, Rz 22; vom 13. Juni 2013 III R 10/11, BFHE 241, 562, BStBl II 2014, 706, Rz 25).
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bb) Im vorliegenden Fall hat das FG in für den Senat bindender Weise (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass der Kindsvater für die Tochter die dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen der CAF (allocation de base) in Höhe von monatlich 185,54 € von August 2013 bis Januar 2014 erhalten hat. Insoweit liegt eine Entscheidung der ausländischen Behörde vor, dass ein materiell-rechtlicher Anspruch nach ausländischem Recht gegeben ist.
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(1) Der Senat hat bislang offengelassen, ob der Entscheidung einer ausländischen Behörde über das Bestehen eines Anspruchs auf Familienleistungen nach nationalem Recht Bindungswirkung zukommt mit der Folge, dass die Familienkassen und die Finanzgerichte nicht befugt sind, die Richtigkeit dieser Entscheidung zu überprüfen und selbst das ausländische Recht festzustellen und anzuwenden (Senatsurteile in BFHE 241, 562, BStBl II 2014, 706, Rz 26, und in BFHE 242, 34, BStBl II 2014, 711, Rz 23).
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Der Senat beantwortet nun diese Frage dahingehend, dass eine derartige Bindungswirkung besteht (so auch FG München, Urteil vom 4. Mai 2011 9 K 2928/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 2173; FG Münster, Urteil vom 18. Oktober 2011 15 K 2883/08 Kg, EFG 2012, 140; Niedersächsisches FG, Urteil vom 15. Dezember 2011 3 K 154/11, EFG 2012, 1071, Rz 25; vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Juli 2013 VI R 67/11, BFH/NV 2014, 20, Rz 19; BFH-Beschluss vom 8. April 2013 V B 122/11, BFH/NV 2013, 1384, Rz 8; Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 65 EStG Rz 6; Avvento in Kirchhof, EStG 16. Aufl., § 65 Rz 2; vgl. Selder in Blümich, EStG, § 65 Rz 15, 34; vgl. Selder, jurisPR-SteuerR 45/2013, Anm. 5).
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(2) Bescheinigungen einer Behörde im EU-Ausland über das Bestehen von Ansprüchen auf ausländische Familienleistungen sind für inländische Behörden und Gerichte, soweit die Auslegung von Unionsrecht nicht betroffen ist, bindend. Bei der Prüfung, ob ein dem Kindergeld vergleichbarer Anspruch auf ausländische Familienleistungen besteht, wird schon seit der Vorgängerregelung zu Art. 68 der VO Nr. 883/2004 (Art. 76 der VO Nr. 1408/71) in allen Mitgliedstaaten der EU der Vordruck E 411 verwendet (vgl. Beschluss Nr. 147 der Verwaltungskommission vom 10. Oktober 1990, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 235/21 vom 23. August 1991). Er dient der Überprüfung, ob ein Zusammentreffen von Familienleistungen vorliegt. Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union verpflichtet den ausstellenden Träger, den Sachverhalt, der für den Inhalt seiner Erklärung nach seinen eigenen Rechtsvorschriften maßgebend ist, ordnungsgemäß zu beurteilen und damit die Richtigkeit der in der Bescheinigung aufgeführten Angaben zu gewährleisten (vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs --EuGH-- Herbosch Kiere vom 26. Januar 2006, C-2/05, EU:C:2006:69, Rz 22, m.w.N.). Damit verfolgt der Vordruck E 411 auch den Zweck, die Träger der Mitgliedstaaten, die die Anwendbarkeit der in Art. 68 der VO Nr. 883/2004 getroffenen Koordinierungsregelung überprüfen, von der Verpflichtung und Berechtigung zu entheben, die Frage nach dem tatsächlichen Bestehen eines materiellen Anspruchs im anderen Mitgliedstaat zu beantworten. Jede andere Lösung würde den Grundsatz, dass ein Zusammentreffen von Familienleistungen gleicher Art verhindert werden soll, beeinträchtigen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1384, Rz 8). Solange daher eine Bescheinigung E 411 nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt wird (vgl. Art. 5 Abs. 2 bis 4 der VO Nr. 987/2009), hat der zuständige Träger des Mitgliedstaats, der nach Art. 68 der VO Nr. 883/2004 überprüft, ob neben dem inländischen Kindergeldanspruch ein vergleichbarer ausländischer Anspruch auf Familienleistungen besteht, den Inhalt der Bestätigung zu beachten (vgl. EuGH-Urteil A-ROSA Flussschiff GmbH vom 27. April 2017 C-620/15, EU:C:2017:309, Rz 49 zur Entsendebescheinigung E 101).
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(3) Hat eine Bescheinigung einer Behörde im EU-Ausland über das Bestehen ausländischer Familienleistungen Bindungswirkung, so muss dies auch und erst recht für die Entscheidungen einer Behörde gelten, durch die ausländische Familienleistungen bewilligt worden sind, da die Bescheinigung nur einen formalisierten Nachweis für das Vorliegen einer entsprechenden Entscheidung der ausländischen Behörde darstellt.
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Unabhängig hiervon ist aus den dem Senat vorliegenden Akten zu ersehen, dass die zuständige französische Behörde eine E 411-Bescheinigung ausgestellt hat, in der das Bestehen des Anspruchs des Kindsvaters auf französische Familienleistungen (allocations de base) bestätigt wird. Daher war das FG nicht berechtigt, die materielle Richtigkeit des Anspruchs auf französische Familienleistungen selbst zu prüfen und zu verneinen.
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3. Nach Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 ist der Anspruch des Kindsvaters auf französische Familienleistungen gegenüber dem Anspruch der Klägerin auf deutsches Kindergeld vorrangig.
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a) Die Anspruchskumulierung ist nach Art. 68 der VO Nr. 883/2004 aufzulösen. Danach sind zur Vermeidung grenzüberschreitender Doppelleistungen konkurrierende Kindergeldansprüche wie folgt zu priorisieren: Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer EU-Mitgliedstaaten zu gewähren, so stehen nach Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 883/2004 an erster Stelle die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche. Hiernach folgen die durch den Bezug einer Rente und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche. Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien: Bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden, ist der Wohnort der Kinder maßgeblich (Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der VO Nr. 883/2004).
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b) Für die Frage, was die Ansprüche i.S. des Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 auslöst, ist darauf abzustellen, aufgrund welchen Tatbestands die berechtigte Person den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats nach Art. 11 bis 16 der VO Nr. 883/2004 unterstellt ist (Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Art. 68 der VO Nr. 883/2004, Fach D Rz 5; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Oktober 2013 3 K 3137/12, EFG 2014, 214, Rz 11, m.w.N.).
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c) Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war der Kindsvater erwerbstätig. Gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchst. a der VO Nr. 883/2004 unterlag er daher den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats (Frankreich).
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d) Die Klägerin bezog im Streitzeitraum Arbeitslosengeld II; sie unterlag daher gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchst. e der VO Nr. 883/2004 den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats (Deutschland), sodass Deutschland nach Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 der nachrangige Staat ist.
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aa) Die Grundsicherungsleistungen, die erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach §§ 7 Abs. 1, 19 Abs. 1 SGB II erhalten (Arbeitslosengeld II), sind keine Leistungen bei Arbeitslosigkeit i.S. des Art. 11 Abs. 2 und 3 Buchst. a der VO Nr. 883/2004. Für die Bestimmung der anwendbaren Rechtsvorschriften bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung eine Geldleistung beziehen, ist davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Insoweit soll die vorübergehende Beschäftigungslosigkeit noch einer Beschäftigung gleichgestellt werden.
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Der Empfänger von Arbeitslosengeld II erhält seine Leistung aber --im Gegensatz zum Arbeitslosengeld I nach dem SGB III-- nicht aufgrund oder infolge seiner vorherigen Beschäftigung. Voraussetzungen für seinen Leistungsanspruch sind lediglich, dass er die Anforderungen des § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt (Altersgrenze, Erwerbsfähigkeit, Hilfebedürftigkeit und gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland). Ein Zusammenhang mit einer vorherigen Beschäftigung besteht nicht. Das Arbeitslosengeld II ist vielmehr eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung i.S. des Art. 70 der VO Nr. 883/2004 i.V.m. Anhang X zur VO Nr. 883/2004, Deutschland Buchst. b (vgl. EUGH-Vorlage des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 12. Dezember 2013 B 4 AS 9/13 R, NDV-RD 2014, 86, Rz 33). Mangels Bezug zu einer früheren Erwerbstätigkeit hat das Arbeitslosengeld II keine an den bisherigen Verdienst anknüpfende Entgeltersatzfunktion (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 2012 III R 97/08, BFHE 238, 120, BStBl II 2013, 24, Rz 16; vgl. BSG-Urteile vom 18. Januar 2011 B 4 AS 14/10 R, BSGE 107, 206, Rz 15; vom 16. Dezember 2015 B AS 15/14 R, Sozialrecht 4-4200 § 7 Nr. 48, Rz 35).
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Im Gegensatz hierzu erhält nur derjenige Arbeitslosengeld I nach dem SGB III, der auch eine Anwartschaftszeit erfüllt hat, nämlich mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis innerhalb einer Rahmenfrist gestanden hat (§§ 118, 142, 143 SGB III).
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Darüber hinaus ergibt sich auch aus der Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld I (§§ 149 ff. SGB III), dass dieses auf einen Entgeltersatz für eine vorherige Beschäftigung gerichtet ist. Insoweit wird das Arbeitslosengeld I infolge oder aufgrund einer Beschäftigung gezahlt. Damit stellt das Arbeitslosengeld II --entgegen der Auffassung des FG-- auch keine Leistung i.S. des Art. 11 Abs. 3 Buchst. c der VO Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 65 der VO Nr. 883/2004 dar. Darüber hinaus setzt Art. 65 der VO Nr. 883/2004 ein Auseinanderfallen von Wohnstaat und (vorherigem) Beschäftigungsstaat in der Person des Arbeitslosen voraus (vgl. Urteil des FG Bremen vom 27. Februar 2017 3 K 77/16(1), Rz 70, juris). Der in Art. 65 der VO Nr. 883/2004 geregelte Fall liegt im Streitfall nicht vor.
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bb) Für die Bezieher von Arbeitslosengeld II ist somit Art. 11 Abs. 2 Buchst. e der VO Nr. 883/2004 einschlägig, nach der jede andere Person, die nicht unter die Buchst. a bis d fällt, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats unterliegt (vgl. Senatsurteil vom 28. April 2016 III R 40/12, BFH/NV 2016, 1469, Rz 17; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Mai 2012 12 K 12134/11, Rz 17, 18, juris; FG Niedersachsen, Urteil vom 8. Februar 2012 9 K 353/10, EFG 2012, 1284, Rz 13; vgl. Sozialgericht Dresden, Beschluss vom 18. März 2013 S 18 KR 121/13 ER, Rz 30, juris; a.A. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. April 2015 10 K 10044/12, Rz 20, juris; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Oktober 2013, EFG 2014, 214, Rz 11).
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
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