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BFH 19.07.2016 - IV E 2/16
BFH 19.07.2016 - IV E 2/16 - Vorfälligkeitsgebühr für Feststellungs- und Messbescheide nach Mindeststreitwert zu berechnen
Normen
§ 6 Abs 1 S 1 Nr 5 GKG, § 52 Abs 1 GKG, § 52 Abs 3 GKG, § 52 Abs 4 Nr 1 GKG, § 52 Abs 5 GKG, § 63 Abs 1 S 3 GKG, § 66 GKG
Leitsatz
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NV: Der Wert, aufgrund dessen die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG fällig gewordene Gerichtsgebühr zu berechnen ist, ergibt sich aus den Regelungen des § 52 Abs. 5 GKG. Ist Streitgegenstand ein Gewinnfeststellungsbescheid oder ein Gewerbesteuermessbescheid, ist der Mindestwert nach § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG anzusetzen.
Tenor
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Auf die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs --Geschäftsstelle des IV. Senats-- vom 14. Januar 2016 IV R 51/15 (KostL 34/16) wird die Verfahrensgebühr mit 187.780 € angesetzt.
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Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Tatbestand
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I. Die Klägerin, Revisionsklägerin, Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, deren Vermögen aus einer Immobilie bestand. Im Jahr 2005 hatte die damals einzige Kommanditistin (eine GmbH) ihre Anteile an der Klägerin veräußert. Über die Höhe des Veräußerungsgewinns besteht zwischen der Klägerin und dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt) Streit. Im Jahr 2007 veräußerte die Klägerin die Immobilie. Auch über die Höhe des dabei entstandenen Gewinns besteht Streit. Die gegen die Gewinnfeststellungsbescheide sowie die Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre 2005 und 2007 erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Gegen das Urteil hat die Klägerin die vom FG zugelassene Revision eingelegt; sie ist unter dem Az. IV R 51/15 beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig.
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Mit Kostenrechnung vom 14. Januar 2016 IV R 51/15 (KostL 34/16) forderte die Geschäftsstelle des IV. Senats des BFH gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Gerichtskostengesetzes (GKG) eine Verfahrensgebühr in Höhe von 357.880 € an. Diese wurde auf der Grundlage eines vorläufigen Streitwerts von 19.386.693 € nach Nr. 6120 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG ermittelt.
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Hiergegen hat die Klägerin mit am 19. Januar 2016 eingegangenem Schriftsatz Erinnerung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, im Jahr 2005 sei streitig, ob der Veräußerungsgewinn der Kommanditistin um ... € herabzusetzen sei. Die Kommanditistin sei zwischenzeitlich auf eine andere GmbH verschmolzen worden, welche ihrerseits liquidiert und im Juli 2008 im Handelsregister gelöscht worden sei. Es stehe damit fest, dass Körperschaftsteuer auf den Gewinn nicht festzusetzen sei. Ein geldwertes Interesse bestehe insoweit nur bezüglich der Gewerbesteuer. Allenfalls sei für die Gewinnfeststellung unter Berücksichtigung des BFH-Beschlusses vom 26. September 2011 VIII E 2/11 ein Streitwert von 1 % des streitigen Gewinns anzusetzen. Der Streitwert in Bezug auf den streitigen Gewerbesteuermessbetrag 2005 betrage ... €. Hilfsweise werde für das Jahr 2007 die Berücksichtigung von Ergänzungsbilanzverlusten in Höhe von ... € geltend gemacht. Der Streitwert für diesen Hilfsantrag sei in Bezug auf die Gewinnfeststellung mit 25 % der Verluste zu bemessen. Gewerbesteuerlich sei insoweit nach § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000 € anzusetzen.
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Bereits mit Schreiben vom 29. Dezember 2015 hatte die Klägerin Erinnerung gegen eine Kostenrechnung des FG erhoben. Das FG war zunächst von einem Streitwert in Höhe von 19.386.693 € ausgegangen. Die Erinnerung hatte insoweit Erfolg, als das FG nun folgende Streitwertberechnung für zutreffend hielt:
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Gewinnfeststellung 2005
... €
Gewinnfeststellung 2007
... €
Gewerbesteuermessbetrag 2005
... €
Gewerbesteuermessbetrag 2007
... €
Streitwert
9.901.716,37 €
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Die Klägerin beantragt deshalb nunmehr auch im hiesigen Verfahren, der Kostenrechnung einen Streitwert von 9.901.716,37 € zugrunde zu legen.
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Der Kostenbeamte des BFH hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Nach der Rechtsprechung des BFH sei der Streitwert eines Verfahrens wegen Gewinnfeststellung auch dann typisiert mit einem Satz von 25 % des streitigen Gewinns anzusetzen, wenn die tatsächlich festgesetzte Einkommensteuer des Gesellschafters nachweislich Null € betrage. Ausnahmen davon seien nur gemacht worden, wenn aus dem Gewinnfeststellungsverfahren selbst erkennbar sei, dass sich einkommensteuerliche Auswirkungen nicht ergeben (z.B. BFH-Urteil vom 12. März 1970 IV 4/64, BFHE 99, 11, BStBl II 1970, 547). Hier gehe es aber um einen außerhalb des Feststellungsverfahrens liegenden Umstand. Das FG habe den Streitwert deshalb ursprünglich richtig ermittelt, so dass dieser Wert auch für die vorläufige Verfahrensgebühr hätte zugrunde gelegt werden dürfen.
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Die Vertreterin der Staatskasse hält die Übernahme des ursprünglich vom FG ermittelten Streitwerts ebenfalls weiter für zutreffend. Nach dem BFH-Beschluss vom 29. November 2012 IV E 7/12 sei der Streitwert eines Gewinnfeststellungsverfahrens auch bei Kenntnis fehlender Auswirkung auf die Einkommensteuer nach einem pauschalen Prozentsatz des streitigen Gewinns zu ermitteln. Die geänderte Streitwertberechnung des FG sei für den BFH nicht bindend, weil nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 GKG Kosten für jede Instanz gesondert angesetzt würden.
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Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung des Verfahrens hat der Einzelrichter das Verfahren nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 4. Juli 2016 gemäß § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG auf den Senat übertragen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Erinnerung ist begründet. Die Kostenrechnung für die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG fällige Verfahrensgebühr ist auf der Grundlage eines Streitwerts von 9.901.716,37 € zu erteilen.
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1. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG wird in Prozessverfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit die Verfahrensgebühr mit Einreichung der Klage-, Antrags- oder Rechtsmittelschrift fällig. Der maßgebende Wert für die Ermittlung der Gebühr ergibt sich im Finanzprozess nach Aufhebung des früheren § 63 Abs. 1 Satz 4 GKG a.F. durch Art. 7 Nr. 8 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 8. Juli 2014 (BGBl I 2014, 890) nicht mehr einheitlich aus dem Mindeststreitwert nach § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG und im Hinblick auf § 63 Abs. 1 Satz 3 GKG auch nicht aus einem vorläufig festgesetzten Wert gemäß § 63 Abs. 1 GKG, sondern aus dem von § 52 Abs. 5 GKG bestimmten Wert. Nach dieser Vorschrift ist, da im Zeitpunkt der Erhebung der Gebühr nach § 6 GKG keine Wertfestsetzung vorliegt, entweder bei Streitfällen über bestimmte Geldleistungen oder auf bestimmte Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte der nach § 52 Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 1 GKG maßgebende Wert, soweit er sich unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, oder in allen anderen Fällen der Mindestwert nach § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG anzusetzen. Damit verbleibt es im Ergebnis für Streitfälle, die nicht unter § 52 Abs. 3 GKG zu subsumieren sind, bei der schon vor Aufhebung des § 63 Abs. 1 Satz 4 GKG a.F. geltenden Rechtslage, wonach sich die Gebühr aus dem Mindeststreitwert ergibt. Eine Bindung an den vom FG zugrunde gelegten Streitwert besteht nicht.
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2. Bei Anfechtungsklagen wegen einer gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung bemisst der BFH in ständiger Rechtsprechung den Streitwert des Verfahrens nach § 52 Abs. 1 GKG und nicht nach § 52 Abs. 3 GKG (z.B. BFH-Urteil vom 22. April 2015 IV R 13/12, BFHE 250, 295, BStBl II 2015, 989; BFH-Beschlüsse vom 29. November 2012 IV E 7/12, und vom 29. Februar 2012 IV E 1/12). Denn der Gewinnfeststellungsbescheid bezieht sich nicht unmittelbar auf eine bezifferte Geldleistung, sondern ist nur Grundlage für solche Bescheide (Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vorbemerkungen zu §§ 135 bis 149 FGO Rz 118; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., vor § 135 Rz 135; anderer Ansicht FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. September 2015 3 KO 962/15, unter B.III.1.b bb (1)(b)(cc)). Gleiches gilt für einen Gewerbesteuermessbescheid. Ist der nach § 52 Abs. 1 GKG zu bestimmende Streitwert noch nicht festgesetzt, kommt als Wert für die vorläufige Verfahrensgebühr nach § 52 Abs. 5 GKG nur der Mindestwert von 1.500 € gemäß § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG in Betracht (gleicher Ansicht wohl Just, Deutsches Steuerrecht 2014, 2481, 2482).
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3. Im Streitfall, in dem nur über Gewinnfeststellungsbescheide und Gewerbesteuermessbescheide gestritten wird, wäre danach für jeden selbständigen Streitgegenstand der Mindestwert anzusetzen. Da die Klägerin mit ihrem Antrag weit über diesem Wert geblieben ist, ist dem mit der Erinnerung gestellten Antrag in vollem Umfang stattzugeben.
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Auf der Grundlage des danach maßgebenden Streitwerts von 9.901.716 € beträgt eine Gebühr nach Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 Satz 3 GKG 37.556 €. Nach Nr. 6120 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG sind durch das Verfahren im Allgemeinen 5,0 Gebühren entstanden, so dass Kosten von 187.780 € fällig geworden sind.
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4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).
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