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BFH 22.04.2010 - V R 9/09
BFH 22.04.2010 - V R 9/09 - Betriebsaufspaltung: Keine umsatzsteuerrechtliche Organschaft, wenn mehreren Gesellschaftern nur gemeinsam die Anteilsmehrheit an Besitz- und Betriebsgesellschaft zusteht - Bedeutung des Grundsatzes der Rechtssicherheit bei der Auslegung der Organschaftsvoraussetzungen
Normen
§ 2 Abs 2 Nr 2 UStG 1999, Art 4 Abs 4 UAbs 2 EWGRL 388/77
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 12. Februar 2009, Az: 16 K 311/07, Urteil
Leitsatz
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Verfügen mehrere Gesellschafter nur gemeinsam über die Anteilsmehrheit an einer GmbH und einer Personengesellschaft, ist die GmbH nicht finanziell in die Personengesellschaft eingegliedert (Änderung der Rechtsprechung) .
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Kommanditgesellschaft (KG), vermietete im Streitjahr 2001 ein Grundstück an ihre Komplementärin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), und stellte dieser entgeltlich Personal und Inventar für die von der GmbH betriebenen Alten- und Pflegeheime zur Verfügung. Die Klägerin erledigte darüber hinaus Verwaltungsaufgaben und erbrachte Hausmeisterserviceleistungen für die GmbH.
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Gesellschafter der Klägerin und der GmbH waren A, B und C zu jeweils einem Drittel. Die GmbH war zwar Komplementärin der Klägerin, jedoch ohne an der Klägerin kapitalmäßig beteiligt zu sein. Geschäftsführer der GmbH war A.
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Die Klägerin ging davon aus, dass zwischen ihr und der GmbH eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) bestehe und lediglich nicht steuerbare Innenleistungen zwischen der KG und GmbH erbracht würden. Sie gab daher keine Umsatzsteuererklärungen ab. Im Anschluss an eine Außenprüfung war der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) demgegenüber der Auffassung, dass keine Organschaft vorliege und die Klägerin steuerbare und steuerpflichtige Leistungen an die GmbH erbracht habe. Der gegen den Umsatzsteuerbescheid vom 10. Mai 2004 eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Die Klägerin sei Organträger der GmbH, da die GmbH über die Gesellschafter A, B und C in die Klägerin mittelbar finanziell eingegliedert sei, sich die organisatorische Eingliederung aus der Stellung der GmbH als Komplementärin der Klägerin und daher aus einer Personal- und Organidentität ergebe und die wirtschaftliche Eingliederung auf den durch die Klägerin an die GmbH erbrachten Leistungen beruhe. Unerheblich sei, dass nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Dezember 1978 V R 85/74 (BFHE 127, 75, BStBl II 1979, 288) eine Komplementär-GmbH nicht in eine KG eingegliedert sein könne, da dieses Urteil aufgrund der späteren BFH-Rechtsprechung zur mittelbaren finanziellen Eingliederung überholt sei. Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2009, 792 veröffentlicht.
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Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, die es auf die Verletzung materiellen Rechts stützt. Aufgrund des Erfordernisses eines Über- und Unterordnungsverhältnisses liege keine Organschaft vor. Es fehlten auch die finanzielle und organisatorische Eingliederung.
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Das FA beantragt,
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das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Die Klägerin trägt vor, das FG habe zutreffend entschieden, dass eine Organschaft bestehe. Es liege eine Betriebsaufspaltung vor. Die GmbH sei von ihr nach dem maßgeblichen Gesamtbild der Verhältnisse völlig abhängig gewesen, da sie der GmbH nahezu das gesamte für ihre Betätigung erforderliche Betriebsvermögen überlassen habe. Die Tatsache, dass ihre Kommanditisten in gleicher Weise auch an der GmbH beteiligt gewesen seien, zeige, dass sie und die GmbH als Einheit anzusehen seien. Es sei völlig unwahrscheinlich gewesen, dass die Kommanditisten in der GmbH anders entscheiden würden als bei ihr, der KG. Für die Organschaft spreche auch, dass die GmbH-Anteile als Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei ihr, der Klägerin, anzusehen seien, da es sich bei dem Sonderbetriebsvermögen und der Organschaft jeweils um "eine rein steuerrechtliche Konstruktion" handele. Für das Bestehen eines Organschaftsverhältnisses spreche weiter die Einheit des Steuerrechts sowie die Entstehungsgeschichte der Firmenkonstruktion. Die finanzielle Eingliederung ergebe sich auch aus der Vinkulierung der Gesellschaftsanteile und der engen familiären Verbundenheit der Gesellschaftergruppe. Wie das FG zu Recht ausgeführt habe, könne die GmbH zumindest teilweise --beim Betrieb der Alten- und Pflegeheime und damit neben ihrer Geschäftsführungstätigkeit für sie, die Klägerin,-- in sie eingegliedert sein. Die GmbH sei auch organisatorisch in sie eingegliedert gewesen, da ihre Geschäftsführung mit derjenigen der GmbH verflochten gewesen sei. Eine Eingliederung einer Komplementär-GmbH in sie, die Klägerin, sei zumindest insoweit möglich, als der Komplementär neben der Geschäftsführung der KG eine weitere unternehmerische Tätigkeit ausübe. Zumindest sei ihr Vertrauensschutz zu gewähren.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist im Ergebnis begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die vom FG und der Klägerin angenommene Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG scheitert am Erfordernis der finanziellen Eingliederung.
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1. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert ist (Organschaft). Gemeinschaftsrechtlich beruht diese Vorschrift auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach können die Mitgliedstaaten im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, jedoch durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln.
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Neben den Voraussetzungen der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung kommt es für die Organschaft weder nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG noch nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG auf einen Antrag des Unternehmers an (BFH-Urteil vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, Leitsatz 2). Bei der Ausübung der nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG bestehenden Ermächtigung sind allerdings die allgemein bei der Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG zu beachtenden Rechtsprinzipien wie z.B. die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Steuerneutralität zu beachten (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 22. Mai 2008 C-162/07, Ampliscientifica und Amplifin, Slg. 2008, I-4019, BFH/NV Beilage 2008, 217 Rdnrn. 24 ff.). Dies gilt auch für die Auslegung der nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestehenden Eingliederungsvoraussetzungen.
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2. Nach der Rechtsprechung setzt die finanzielle Eingliederung voraus, dass der Organträger in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse durchsetzen kann (BFH-Urteile vom 22. November 2001 V R 50/00, BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167, unter II.1.a, und vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a dd). Bei der finanziellen Eingliederung handelt es sich um eine rechtlich zu erfüllende Voraussetzung, für die es im Regelfall auf die einfache Stimmenmehrheit bei der Beschlussfassung der Gesellschafter ankommt. Ausreichend ist daher eine Beteiligung, die mehr als 50 v.H. der Stimmrechte in der Organgesellschaft gewährt, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für die allgemeine Beschlussfassung in der Organgesellschaft erforderlich ist (BFH-Urteile in BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167, unter II.1.a, und in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a dd).
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Eine unmittelbare finanzielle Eingliederung der GmbH in die Klägerin lag im Streitfall nicht vor, da die Klägerin nicht Gesellschafterin der GmbH war. Die Klägerin war auch nicht über eigene Tochtergesellschaften mittelbar an der GmbH beteiligt.
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3. Eine finanzielle Eingliederung ergibt sich nicht daraus, dass die drei Gesellschafter der Klägerin über die Anteilsmehrheit in der GmbH verfügten. Denn die finanzielle Eingliederung kann grundsätzlich nicht mittelbar über mehrere Gesellschafter des Organträgers erfolgen (Reiß in Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG, § 2 Rz 111; Wäger in Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, 1189 ff., 1199 f.).
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a) Nach dem BFH-Urteil vom 17. April 1969 V R 123/68 (BFHE 95, 558, BStBl II 1969, 505, unter 2.a) konnte eine GmbH als juristische Person in das Unternehmen eines Organträgers finanziell eingegliedert sein, wenn sich sämtliche Anteile an der GmbH und dem Organträger in einer Hand befanden.
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Der BFH hat diese Rechtsprechung später für die finanzielle Eingliederung zwischen zwei GmbHs über einen gemeinsamen Gesellschafter aufgegeben und dies insbesondere mit dem bei einer nur mittelbaren Beteiligung fehlenden Über- und Unterordnungsverhältnis begründet. Keine der beiden Gesellschaften sei in das Gefüge des anderen Unternehmens eingeordnet (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 XI R 25/94, BFHE 182, 392, BStBl II 1997, 441, unter II.1., und die Abweichungsanfrage durch den BFH-Beschluss vom 28. Februar 1996 XI R 25/94, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1996, 950, unter II.).
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Der BFH hielt aber an der finanziellen Eingliederung zwischen der GmbH als Organgesellschaft und der Personengesellschaft als Organträger fest, wenn die Mehrheit der Anteile an der GmbH von den Gesellschaftern einer Personengesellschaft gehalten wurde, so dass in beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter zusammen über die Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte verfügten (BFH-Urteile vom 20. Januar 1999 XI R 69/97, BFH/NV 1999, 1136, unter II.2.; vom 16. August 2001 V R 34/01, BFH/NV 2002, 223, unter II.2.; in BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167, unter II.1.a; in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.1.a, und vom 14. Februar 2008 V R 12, 13/06, BFH/NV 2008, 1365). Dabei bejahte der BFH die finanzielle Eingliederung über einen gemeinsamen Gesellschafter, der in GmbH und Personengesellschaft über eine Anteilsmehrheit von jeweils mindestens 95 v.H. verfügte und auch Geschäftsführer der GmbH war (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1136) ebenso wie über zwei Gesellschafter, denen gemeinsam eine Anteilsmehrheit in beiden Gesellschaften zustand (BFH-Urteile in BFH/NV 2002, 223, und in BFH/NV 2008, 1365). Diese Rechtsprechung beruhte u.a. auf der ertragsteuerrechtlichen Überlegung, dass es sich bei der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft für die Gesellschafter der Organträger-Personengesellschaft um Sonderbetriebsvermögen handele (BFH-Beschluss in GmbHR 1996, 950, unter III.). Eine finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft lehnte die Rechtsprechung aber dann ab, wenn den Gesellschaftern zwar an der GmbH eine Mehrheitsbeteiligung zustand, sie aber in der Personengesellschaft Minderheitsgesellschafter waren. Dies galt selbst dann, wenn die GmbH über eine Anteilsmehrheit an der Personengesellschaft verfügte (BFH-Urteil in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.b aa).
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b) Für den Fall, dass nur mehreren Gesellschaftern gemeinsam eine Mehrheitsbeteiligung an GmbH und Personengesellschaft zusteht, hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung nicht fest.
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aa) Eine finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft liegt im Hinblick auf das für die Organschaft erforderliche Über- und Unterordnungsverhältnis aufgrund einer Beteiligung mehrerer Gesellschafter, die nur gemeinsam über eine Anteilsmehrheit an beiden Gesellschaften verfügen, nicht vor.
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Die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erforderliche Eingliederung in ein anderes Unternehmen setzt ein Verhältnis der Über- und Unterordnung der beteiligten Gesellschaften voraus (BFH-Urteile in BFHE 182, 392, BStBl II 1997, 441; in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a aa, und vom 3. April 2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905, unter II.1.). Auch nach der Rechtsprechung des EuGH führt die Gruppenbesteuerung gemäß Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zu einer Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen mit den diesem Steuerpflichtigen "untergeordneten Personen" (vgl. EuGH-Urteil Ampliscientifica und Amplifin in Slg. 2008, I-4019, BFH/NV Beilage 2008, 217).
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Kommt es danach auf ein Über- und Unterordnungsverhältnis an, gilt dies nicht nur im Verhältnis zwischen mehreren GmbHs als juristischen Personen, sondern gleichermaßen im Verhältnis zwischen GmbH und Personengesellschaft, selbst wenn an diesen Gesellschaften dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Denn eine Personengesellschaft, deren Gesellschafter eine Mehrheitsbeteiligung an der GmbH halten, verfügt gegenüber dieser GmbH über keine größeren Einwirkungsmöglichkeiten als sie zwischen zwei Schwester-GmbHs bestehen. Einwirkungsmöglichkeiten stehen in beiden Fällen gleichermaßen nur den unmittelbar beteiligten Gesellschaftern zu. Die bisherige Bejahung einer finanziellen Eingliederung aufgrund einer Beteiligung mehrerer Gesellschafter trägt auch nicht dem rechtlichen Charakter der finanziellen Eingliederung (s. oben II.2.) Rechnung. Kommt es für die finanzielle Eingliederung auf rechtliche Durchsetzungsmöglichkeiten an, müssen diese dem Organträger selbst zustehen. Hiermit ist eine Zurechnung der Durchsetzungsmöglichkeiten aus fremdem Beteiligungsbesitz nicht vereinbar.
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Demgegenüber kann eine Enkelgesellschaft mittelbar über eine oder mehrere eigene Tochtergesellschaften des Organträgers finanziell in dessen Unternehmen eingegliedert sein (vgl. allgemein BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 30/06, BFHE 226, 465, BFH/NV 2009, 2080, unter II.2.c ee (1)), sofern der Organträger dann aufgrund der ihm in der Beteiligungskette zustehenden Gesellschaftsrechte in der Lage ist, seinen Willen in der Enkelgesellschaft durchzusetzen.
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bb) Im Hinblick auf die bei der Auslegung der Eingliederungsvoraussetzungen zu beachtenden allgemeinen Rechtsprinzipien der Richtlinie 77/388/EWG (s. oben II.1.), spricht auch der Grundsatz der Rechtssicherheit dagegen, von einer finanziellen Eingliederung zwischen Schwestergesellschaften über gemeinsame Gesellschafter auszugehen.
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(1) Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit müssen die Betroffenen bei Regelungen, die sich finanziell belastend auswirken können, in der Lage sein, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen (EuGH-Urteile vom 15. Dezember 1987 C-326/85, Niederlande/Kommission, Slg. 1987, 5091 Rdnr. 24; vom 29. April 2004 C-17/01, Sudholz, Slg. 2004, I-4243 Rdnr. 34). Dies müssen auch die Mitgliedstaaten bei der Ausübung der Befugnisse, die ihnen die Richtlinie einräumt, beachten (EuGH-Urteile vom 26. April 2005 C-376/02, Goed Wonen, Slg. 2005, I-3445 Rdnr. 32; vom 16. September 2008 C-288/07, Isle of Wright, Umsatzsteuer-Rundschau 2008, 816 Rdnrn. 47 f.). Dies ist auch bei der Auslegung der nationalen Vorschriften zu beachten, die der Umsetzung von Richtlinienbestimmungen dienen.
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Aufgrund der sich aus der Verlagerung der Steuerschuld auf den Organträger ergebenden finanziellen Auswirkungen kommt dem Grundsatz der Rechtssicherheit bei der Auslegung der Organschaftsvoraussetzungen besondere Bedeutung zu. Da die Organschaft nicht von einem Antrag des Organträgers abhängt (s. oben II.1.), muss der Organträger in der Lage sein, anhand der Eingliederungsvoraussetzungen das Bestehen einer Organschaft rechtssicher feststellen zu können.
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(2) Bei einer Beteiligung mehrerer Gesellschafter an zwei Schwestergesellschaften ist nicht rechtssicher bestimmbar, ob und unter welchen Voraussetzungen der Beteiligungsbesitz einer unter Umständen großen unbestimmten Anzahl von Gesellschaftern zusammengerechnet werden kann, um eine finanzielle Eingliederung der einen in die andere Schwestergesellschaft zu begründen. Die bloße Anteilsmehrheit mehrerer Gesellschafter an zwei Schwestergesellschaften reicht hierfür nicht aus, da diese Gesellschafter die ihnen zustehenden Stimmrechte nicht einheitlich ausüben müssen. Auch nur familiäre Beziehungen zwischen mehreren Gesellschaftern sind kein hinreichendes Indiz für eine Zusammenfassung des ihnen zustehenden Beteiligungsbesitzes. Im Übrigen ist auch nicht rechtssicher bestimmbar, unter welchen Voraussetzungen mehrere Gesellschafter gleichgerichtete oder widerstreitende Interessen verfolgen. Da die Organschaft mit der Verwirklichung ihrer Voraussetzungen beginnt und mit deren Entfallen von Gesetzes wegen endet (BFH-Urteil in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a cc), kann es für die Organschaft und den Eintritt der mit ihr verbundenen Rechtsfolgen (wie z.B. Umsatzzurechnung und Nichtbesteuerung von Innenumsätzen) darüber hinaus nicht darauf ankommen, für welche Zeiträume z.B. mehrere Familiengesellschafter gleichgerichtete Interessen verfolgen und für welche Zeiträume dies aufgrund von Meinungsverschiedenheiten oder Familienstreitigkeiten nicht der Fall ist. Ob im konkreten Einzelfall von einem Fehlen widerstreitender Interessen auszugehen sein kann, ist daher entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich.
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cc) Nach den Verhältnissen des Streitfalles hat der Senat nicht zu entscheiden, ob an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten ist, wenn zwischen zwei Schwestergesellschaften z.B. ein Beherrschungsvertrag besteht oder zugunsten einer Schwestergesellschaft Stimmbindungsverträge vorliegen. Offenbleiben kann auch, ob eine Organschaft vorliegt, wenn nur ein Gesellschafter über eine Anteilsmehrheit an GmbH und Personengesellschaft verfügt und zugleich als Gesellschafter für die Personengesellschaft und als Geschäftsführer der GmbH für beide Gesellschaften geschäftsführungsbefugt ist (so das Urteil des XI. Senats des BFH in BFH/NV 1999, 1136), wobei dann allerdings fraglich erscheint, welche der beiden Schwestergesellschaften als herrschende und welche als abhängige Gesellschaft anzusehen ist. Im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung ist schließlich nicht mehr zu entscheiden, ob die bisherige Annahme einer finanziellen Eingliederung durch mehrere gemeinsame Gesellschafter von GmbH und Personengesellschaft --anders als bei mehreren gemeinsamen Gesellschaftern verschiedener GmbHs-- zu einer gemeinschaftsrechtlich unzulässigen Differenzierung nach der Rechtsform des Organträgers führt.
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4. Die weiteren Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.
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a) Die Klägerin kann sich gegen die Änderung der Senatsrechtsprechung nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die Voraussetzungen des § 176 der Abgabenordnung liegen nicht vor, da es sich bei dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid nicht um einen Änderungsbescheid, sondern um einen Erstbescheid handelt. Ein allgemeiner Schutz gegenüber den sich aus einer geänderten Rechtsprechung ergebenden Urteilsfolgen ist weder dem nationalen Recht noch dem Gemeinschaftsrecht zu entnehmen. Es ist auch kein sonstiger Vertrauenstatbestand ersichtlich, auf den sich die Klägerin berufen könnte.
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b) Auch aus dem von der Klägerin betonten Gesamtbild der Verhältnisse und der nach Auffassung der Klägerin besonders stark ausgeprägten wirtschaftlichen Eingliederung ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Zwar kann im Hinblick auf die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG "nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse" vorzunehmenden Beurteilung eine Organgesellschaft auch dann unselbständig sein, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ausgeprägt ist. Nicht ausreichend ist jedoch, dass die Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Eingliederungsmerkmale besteht (BFH-Urteile vom 20. Februar 1992 V R 80/85, BFH/NV 1993, 133, unter II.a; vom 25. Juni 1998 V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534, unter II.2.a; in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a bb; vom 5. Dezember 2007 V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl II 2008, 451, unter II.1.b; in BFH/NV 2008, 1365, unter II.2.d; in BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905, unter II.3.a). Daher kann von der wirtschaftlichen nicht auf die finanzielle Eingliederung geschlossen werden (BFH-Urteil in BFHE 182, 392, BStBl II 1997, 441, unter II.1.) und das völlige Fehlen einer eigenen Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft kann daher nicht durch andere Eingliederungsmerkmale ersetzt werden.
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c) Dass die Beteiligung an einer juristischen Person ertragsteuerrechtlich Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei seiner Personengesellschaft sein kann, ist für das umsatzsteuerrechtlich maßgebliche Über- und Unterordnungsverhältnis nicht entscheidend und vermag die Annahme der finanziellen Eingliederung über die Gesellschafter des Organträgers nicht zu begründen. Denn die Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen ist für die maßgebliche Willensbildung durch Mehrheitsbeschlüsse unerheblich. Auch die Entstehungsgeschichte der Gesellschaften, die Vinkulierung von Gesellschaftsanteilen und die Einheit des Steuerrechts rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.
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5. Das Urteil des FG entspricht nicht diesen Grundsätzen und war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif.
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Die Klage ist abzuweisen, da die GmbH nicht finanziell in die Klägerin eingegliedert ist. Eine finanzielle Eingliederung der GmbH über die drei Gesellschafter der Klägerin in die Klägerin reicht nicht aus. Weiter kommt die Annahme einer nur partiellen Eingliederung der GmbH --für den Bereich des Betriebs der Alten- und Pflegeheime, nicht aber hinsichtlich der Geschäftsführung der Klägerin-- nach der Rechtsprechung des Senats nicht in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 226, 465, BFH/NV 2009, 2080, unter II.2.c ee (3)).
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