Lfd. Nr. | BSG-Fundstelle | Sachverhalt/Entscheidung | Urteilstenor/Begründung |
1 | 13. 12. 1960 — 3 RK 2/56 — (BSGE 13, 196; SozR AVG § 1 aF Bl. Aa 2 Nr. 5; Die Beiträge 1961, 212; BR/Meuer 299 A4a71-1-; NJW 1961, 1134) |
- - Gesellschafter-Geschäftsführer mit 5 % Kapitalanteil
- - Hauptgläubiger der GmbH
- - Anstellungsvertrag, wonach die gesamte Arbeitskraft für die GmbH aufgewendet werden muss
- - Bindung an die Satzung und Anweisungen durch Gesellschafterbeschlüsse
- - Vergütung: gewinnabhängige Umsatzbeteiligung von 10 %
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Obwohl der Geschäftsführer einer GmbH Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt, kann dennoch eine Arbeitnehmereigenschaft im Sinne der Sozialversicherung vorliegen.
- - Das RVA hat bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern nur an die Kapitalbeteiligung angeknüpft. Dem kann nicht voll gefolgt werden.
- - Die Kapitalbeteiligung ist nur dafür ausschlaggebend, ob nicht von vornherein aufgrund der Mehrheit oder Sperrminorität innerhalb der Gesellschafterversammlung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich ausgeschlossen ist.
- - Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, ob und inwieweit der Gesellschafter-Geschäftsführer weisungsgebunden ist.
- - Besteht die Weisungsgebundenheit allein darin, dass der Geschäftsführer in seiner Entscheidungsfreiheit bei bestimmten wichtigen Geschäften beschränkt ist, ohne zugleich einem — für die persönliche Abhängigkeit ausschlaggebenden — Direktionsrecht des Dienstberechtigten in Bezug auf die Ausführung seiner Arbeit unterworfen zu sein, so ist der Geschäftsführer trotz seiner gesellschaftsrechtlichen Bindung an den — in Beschlüssen konkretisierten — Willen der Gesellschaftsmehrheit nicht abhängig beschäftigt.
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2 | 15. 12. 1971 — 3 RK 67/68 — (USK 71199; SozR Nr. 68 § 165 RVO; Breith. 1972, 537; Die Beiträge 1972, 246; BR/Meuer 663 A19a7-16-; BB 1972, 404) |
- - Familien-GmbH
- - Gesellschafter-Geschäftsführer mit 1/3 Kapitalanteil (geschiedene Ehefrau 2/3)
- - einschlägige Branchenkenntnisse als einziger Gesellschafter
- - Geschäftsführertätigkeit ohne Gesellschafterbeschluss oder Anstellungsvertrag
- - monatliches Gehalt
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Was die Ausführungen der Arbeit angeht, kann die Weisungsgebundenheit — insbesondere bei Diensten höherer Art — stark eingeschränkt zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein; die Dienstleistung ist trotzdem fremdbestimmt, wenn sie in der von anderer Seite vorgeschriebenen Ordnung des Betriebs aufgeht.
- - Kann der Dienstnehmer seine Tätigkeit dagegen im Wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen, so ist er selbständig tätig.
- - Verfügt der Geschäftsführer in einer Familien-GmbH als einziger Gesellschafter über die für die Führung des Betriebs notwendigen Branchenkenntnisse, gibt seine Meinung bei Gesellschafterbeschlüssen in der Regel den Ausschlag. Insoweit kann nicht von Weisungsgebundenheit ausgegangen werden.
- - Das gemeinsame Wirken im Dienst der GmbH ist durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander gekennzeichnet.
- Hinweise:
- Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtsnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).
- Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).
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3 | 22. 8. 1973 — 12 RK 24/72 — (USK 73122; SozR Nr. 22 § 3 AVG; Breith. 1974, 369; Die Beiträge 1973, 345; BB 1973, 1310; BR/Meuer 663 A19a7-28-; NJW1974, 207) |
- - Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung
- - Alleinvertretungsbefugnis
- - Dienstvertrag
- - monatliches Gehalt, Weihnachtsgeld und Urlaubsvereinbarung
- - im Übrigen gelten die Bestimmungen des BGB und HGB über die Stellung des Geschäftsführers
- - der Geschäftsführer hat im Auftrag der Gesellschafterversammlung die Geschäftsordnung, den Organisationsplan und die Arbeitsplatzbeschreibung aufgestellt
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Der Sachverhalt ist anders zu beurteilen als bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer, da hier das unternehmerische Risiko fehlt. Der Geschäftsführer stellt nur seine Arbeitskraft in den Dienst der GmbH. Hierbei kann die Eingliederung in den Betrieb alleine ausreichend sein, um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu bejahen. Allein aus der weisungsfreien Ausführung einer fremdbestimmten Arbeit kann nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden.
- - An die Stelle der Weisungsgebundenheit tritt die funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess.
- - Die Eingliederung liegt hier bereits darin begründet, dass der Geschäftsführer Beschlüsse der Gesellschafter auszuführen hat und auch nur im Rahmen dieser Beschlüsse handeln darf.
- - Es kommt nicht darauf an, dass die Gesellschafter von ihrer Überwachungsbefugnis gegenüber dem Geschäftsführer tatsächlich Gebrauch machen.
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4 | 31. 7. 1974 — 12 RK 26/72 — (USK 7467; BSGE 38, 53; SozR 4600 § 56 Nr. 1; BR/Meuer 663 A19a7-19/1-) (siehe auch Nummer 16) |
- - 2 Gesellschafter-Geschäftsführer mit je 1/3 Kapitalanteil
- - Beschlüsse werden mit 2/3-Mehrheit gefasst
- - gemeinsame Vertretung der Gesellschaft
Zurückverweisung an das LSG |
- -
Da keine Sperrminorität vorhanden ist, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein ausgeschlossen.
- - Wird die Tätigkeit entsprechend den Belangen des Unternehmens, die in Wahrheit mit den Belangen des Geschäftsführers identisch sind, selbst frei bestimmt, liegt kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor.
- - Die tatsächlichen Verhältnisse sind für diese Beurteilung entscheidend.
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5 | 22. 11. 1974 — 1 RA 251/73 — (USK 74139; Die Beiträge 1975, 60; BB 1975, 282; BR/Meuer 663 A19a7-19/6-) |
- - Gesellschafter-Geschäftsführer mit 50 % Kapitalanteil
- - Alleinvertretungsbefugnis
- - Dienstvertrag
- - monatliches Gehalt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Da der Geschäftsführer über die Sperrminorität innerhalb der Gesellschaftsversammlung verfügt und damit einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft nehmen kann, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich von vornherein ausgeschlossen.
- - Die steuerrechtliche Beurteilung ist für die Prüfung der Sozialversicherungspflicht nicht entscheidend.
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6 | 24. 6. 1982 — 12 RK 45/80 — (USK 82160; SozSich 1983, RNr. 3750) |
- - 4 Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Kapitalbeteiligung jeweils unter 50 %
- - Anstellungsvertrag
- - Verteilung der Aufgaben einvernehmlich mit den anderen Geschäftsführern
- - für bestimmte Geschäfte ist die Zustimmung der Gesellschaftsversammlung notwendig
- - die Arbeitszeit kann frei bestimmt werden
- - monatliches Gehalt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld
Zurückverweisung an das LSG |
- -
Da weder eine Kapitalmehrheit noch Sperrminorität vorliegt, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein ausgeschlossen.
- - Das ArbGG (hier gilt der Geschäftsführer einer GmbH nicht als Arbeitnehmer) hat keine Bedeutung für die Sozialversicherung.
- - Entscheidend ist das Gesamtbild der Tätigkeit.
- - Hierbei ist wesentlich, ob der äußere Rahmen der Tätigkeit, insbesondere was Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung betrifft, durch einseitige Weisungen der Gesellschaft geregelt wird oder geregelt werden kann.
- - Von Bedeutung ist auch die Kapitalbeteiligung. Diese wird häufig so hoch sein, dass die Geschäftsführer ein nicht unerhebliches Unternehmerrisiko tragen, sodass sie ihre Tätigkeit nicht für ein ihnen fremdes, sondern im eigenen Unternehmen ausüben.
- - Es muss ein für ein Arbeitnehmer-/Arbeitgeberverhältnis typischer Interessengegensatz vorhanden sein. Ein solcher ist kaum denkbar, wenn die Geschäftsführer zugleich die alleinigen Gesellschafter sind.
- Hinweis:
- Der im Arbeitnehmer-/Arbeitgeberverhältnis (angeblich) fehlende typische Interessengegensatz bei Personenidentität von Geschäftsführern und Gesellschaftern wird vom BSG (vgl. dazu lfd. Nummer 34) nicht (mehr) als geeignetes Abgrenzungskriterium angesehen.
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7 | 24. 6. 1982 — 12 RK 43/81 — (USK 82166; Die Beiträge 1986, 217; BB 1984, 1049) |
- - 2 Gesellschafter-Geschäftsführer mit jeweils 50 % Kapitalanteil
- - Alleinvertretungsbefugnis
- - ein besonderer Beirat soll errichtet werden, der für bestimmte Geschäfte von den Geschäftsführern angehört werden muss.
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Aufgrund der Sperrminorität scheidet für beide Geschäftsführer ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus.
- - Die Schaffung des besonderen Beirates hat hierauf keinen Einfluss.
- - Der Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Kapitalanteil von 50 % ist nicht in einem "fremden", sondern in seinem "eigenen" Unternehmen tätig.
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8 | 23. 9. 1982 — 10 RAr 10/81 — (USK 82140; SozR 2100 § 7 Nr. 7; Breith. 1983, 739; BR/Meuer 59 B 39) |
- - Familien-Komplementär-GmbH
- - Ehemann Gesellschafter-Geschäftsführer mit 5 % Kapitalanteil (Ehefrau 95 %)
- - "Kopf und Seele" des Familienunternehmens
- - vor Umwandlung in GmbH Alleininhaber der Einzelfirma
Zurückverweisung an das LSG |
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Die Selbständigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist nicht davon abhängig, dass er gerade über seine Kapitalbeteiligung einen entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann. In einer Familien-GmbH können bei einem GmbH-Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung die Verhältnisse so liegen, dass Selbständigkeit angenommen werden muss.
- - Die fachliche Überlegenheit allein reicht für die Annahme einer Weisungsfreiheit nicht aus.
- - Es ist noch festzustellen, warum die Gesellschaftsgründung durchgeführt worden ist. Sind die gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen nur deshalb getroffen worden, weil der Geschäftsführer dadurch haftungsrechtlich oder steuerrechtlich besser zu stehen glaubt, so hat sich an seiner Selbständigkeit wahrscheinlich nichts geändert.
- - Ergeben die Ermittlungen keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, ist das bisherige Berufsleben als Indiz heranzuziehen.
- Hinweise:
- Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtsnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).
- Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).
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9 | 20. 3. 1984 — 7 RAr 70/82 — (USK 8446; SozR 4100 § 168 Nr. 16; Breith. 1985, 158; Die Beiträge 1986, 211; BR/Meuer SGB IV § 7) |
- - Komplementär-GmbH (2 Gesellschafter)
- - Gesellschafter mit 50 % Kapitalanteil an der GmbH und 1,2 % als Kommanditist der KG
- - GmbH zur Geschäftsführung über die KG berufen
- - Anstellung als Einkaufsleiter der KG (keine Geschäftsführungsfunktion)
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Ein Gesellschafter einer Komplementär-GmbH kann nicht gleichzeitig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur KG stehen, wenn er nach seiner Kapitalbeteiligung an der GmbH und nach den Rechten der GmbH an der KG einen bestimmenden Einfluss auf die Entscheidungen der KG hat.
- - Ein Beschäftigungsverhältnis zur KG wäre nur dann zu bejahen, wenn ein Kommanditist über seinen beherrschenden Stimmanteil nach dem KG-Vertrag jeden ihm genehmen Beschluss auch gegen den Willen der Gesellschafter der Komplementär-GmbH durchsetzen kann.
- - Mit einer Kapitalbeteiligung von 50 % an der Komplementär-GmbH stehen einem Gesellschafter grundsätzlich Arbeitgeberrechte zu, die ein von seinem Willlen unabhängiges Handeln der KG als Arbeitgeber ausschließen.
- Hinweis:
- Ein Beschäftigungsverhältnis eines mitarbeitenden Gesellschafters ist von vornherein nur noch ausgeschlossen, wenn er über mehr als 50 % des Stammkapitals verfügt (vgl. dazu lfd. Nr. 17, 33, 39, 43).
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10 | 23. 1. 1986 — 11a RK 4/84 — (USK 8606; SozR 5420 § 2 Nr. 35; Die Beiträge 1986, 132; BR/Meuer RVO § 165) |
- - Familien-GmbH (Mutter, Sohn)
- - Sohn Gesellschafter-Geschäftsführer mit 1/5 Kapitalanteil (Mutter ebenfalls Gesellschafter-Geschäftsführerin mit 4/5 Kapitalanteil)
- - Tätigkeit als "Betriebsleiter" nach Weisung der Gesellschaft
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der aufgrund seiner Kapitalbeteiligung keinen maßgebenden Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft hat und ihm übertragene Aufgaben nach Weisung der Gesellschaft durchführt, steht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis.
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11 | 29.10.1986 — 7 RAr 43/85 — (USK 86145; Die Beiträge 1987, 17; BR/Meuer AFG § 168; BB 1987, 406) |
- - Familien-GmbH (Mutter, 2 minderjährige Kinder vertreten durch Pfleger)
- - Mutter: alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführerin mit 1/3 Kapitalanteil
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB
- - Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit
- - Zustimmung der Gesellschaft für bestimmte Rechtsgeschäfte erforderlich
- - Weisungsfreie Gestaltung und Ausführung der Geschäftsführung
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
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Ist der mit 1/3 am Stammkapital der GmbH beteiligte Geschäftsführer aufgrund der familiären Verhältnisse und seines Sachverstandes lediglich bei bestimmten wichtigen Geschäften in seiner Entscheidungsfreiheit beschränkt, im Übrigen aber keinen Weisungen unterworfen, liegt keine abhängige Beschäftigung vor.
- - Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung genügt nicht, dass der Geschäftsführer an Weisungen irgendwelcher Art gebunden ist; denn auch wer sich als Selbständiger zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung verpflichtet, muss grundsätzlich Weisungen des Dienstberechtigten beachten.
- - Eingeschränkt war insoweit nur die Sachentscheidungsbefugnis, während Gestaltung und Ausführung der Geschäftsführung keinen Beschränkungen unterlag.
- Hinweise:
- Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtsnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).
- Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).
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12 | 8. 12. 1987 — 7 RAr 14/86 — (USK 87150; BR/Meuer AFG § 168; ZIP 1988, 913) |
- - Familien-GmbH (Ehegatten-GmbH)
- - Ehemann Gesellschafter-Geschäftsführer mit 1/7 Kapitalanteil
- - umfassende Fachkenntnisse
- - Arbeitszeit 40 Stunden wöchentlich
- - monatliches Gehalt und Urlaubsgeld
Zurückverweisung an das LSG |
- -
Ist der GmbH-Geschäftsführer lediglich bei bestimmten wichtigen Geschäften in seiner Entscheidungsfreiheit beschränkt, ohne einem für die persönliche Anhängigkeit ausschlaggebenden Direktionsrecht der Gesellschaft unterworfen zu sein, liegt eine abhängige Beschäftigung nicht vor.
- - In einer Familien-GmbH können die Verhältnisse so liegen, dass selbst bei einem Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung Selbständigkeit angenommen werden muss. Ausschlaggebend ist, ob er seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten kann.
- - Der Umstand, dass der Geschäftsführer möglicherweise fachlich überlegen war, reicht für sich allein nicht aus, um den Schluss zu rechtfertigen, dass er keinerlei Weisungen unterworfen war.
- Hinweise:
- Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtsnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).
- Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).
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13 | 8. 12. 1987 — 7 RAr 25/86 — (USK 87170; BB 1989, 72; BR/Meuer AFG § 168) |
- - Familien-GmbH (Ein-Personen-GmbH)
- - Tochter Geschäftsführerin ohne Kapitalbeteiligung
- - Alleinvertretungsbefungnis
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB
- - Zustimmung der Gesellschaft für bestimmte Rechtsgeschäfte erforderlich
- - Weisungsfreie Wahrnehmung der Unternehmensleitung und der Geschäftsführung
- - ertragsabhängige Bezüge
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Ist der GmbH-Geschäftsführer lediglich bei bestimmten wichtigen Geschäften in seiner Entscheidungsfreiheit beschränkt, kann selbst bei fehlender Kapitalbeteiligung Selbständigkeit gegeben sein, wenn er mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist und die Höhe der Bezüge u. a. von der Ertragslage abhängt.
- - Im Einzelfall können familiäre Bindungen dazu führen, dass die Tätigkeit überwiegend durch familienhafte Rücksichtnahme geprägt wird und es an der Ausübung einer Direktion durch die Gesellschafter völlig mangelt.
- - Führt der Geschäftsführer aufgrund verwandschaftlicher Beziehungen faktisch die Geschäfte nach eigenem Gutdünken, fehlt es an dem Merkmal der persönlichen Abhängigkeit.
- - Die Teilhabe am Unternehmerrisiko (ertragsabhängige Bezüge) stellt ein gewichtiges Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit dar.
- Hinweise:
- Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtsnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).
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Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).
14 | 11. 1. 1989 — 7 RAr 8/87 — BR/Meuer AFG § 168) |
- - Familien-GmbH (Ehefrau Alleingesellschafter-Geschäftsführerin)
- - Ehemann: Bau-Ingenieur bzw. technischer Betriebsleiter (keine Geschäftsführungsfunktion/alleinige Branchenkenntnisse)
- - monatliches Gehalt (Nettogehalt wurde zur Tilgung eines der GmbH von der Tochter gewährten Darlehens einbehalten)
- - Jahreserfolgsprämie von 3 %
Zurückverweisung an das LSG |
- -
Dass die Ehefrau Alleingesellschafter-Geschäftsführerin ist, besagt nichts darüber aus, ob der Ehemann fremdbestimmte Arbeit leistet.
- - Die Teilhabe am Unternehmensrisiko stellt ein Indiz gegen eine abhängige Beschäftigung dar. Ein Unternehmensrisiko wird indes nur von dem getragen, der auch am Verlust des Unternehmens beteiligt ist.
- - Verfügt jemand über die alleinigen Fachkenntnisse und führt er aufgrund dieser Stellung ohne Weisung des Alleingesellschafter-Geschäftsführers faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Familien-GmbH nach eigenem Gutdünken, so liegt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht vor.
- Hinweise:
- Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtsnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).
- Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).
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15 | 27. 7. 1989 — 11/7 RAr 71/87 — (USK 8951; Die Beiträge 1989, 373; BR/Meuer AFG § 182) |
- - Gesellschafter-Geschäftsführer mit zunächst 51 %, später 47 % Kapitalanteil (4 % auf Ehefrau übertragen) zugleich Arbeitsvertrag als kaufmännischer Angestellter in der GmbH
- - Alleinvertretungsbefugnis
- - Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB
- - wöchentliche Arbeitszeit 40 Std.
- - monatliches Gehalt
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
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Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Kapitalanteil von weniger als 50 % ohne Sperrminorität kann die Arbeitnehmereigenschaft fehlen, wenn sein tatsächlicher Einfluss auf die Gesellschaft wesentlich größer ist, als der ihm aufgrund seines Kapitals zustehende Einfluss.
- - Hält ein Gesellschafter zusammen mit seinem Ehegatten Geschäftsanteile von mehr als 50 % und kann er damit wesentliche Entscheidungen der Gesellschaft verhindern, ist ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft anzunehmen, wenn der Ehegatte ansonsten in keiner Weise in die Betriebsführung eingreift und tatsächlich keine konkretisierbaren Arbeitgeberfunktionen ausübt.
- Hinweise:
- Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtsnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).
- Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).
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16 | 25. 10. 1989 — 2 RU 12/89 — (USK 8998; BR/Meuer RVO § 543; BG 1990, 357) |
- - GmbH mit 2 Gesellschafter-Geschäftsführern (Kapitalbeteiligung jeweils 50 %)
- - gemeinschaftliche Vertretung der Gesellschaft
- - Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
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Sind 2 Geschäftsführer einer GmbH mit gleichen Teilen am Stammkapital beteiligt und vertreten sie die Gesellschaft gemeinschaftlich, so haben sie in ihrem notwendigen Zusammenwirken eine das Unternehmen schlechthin "beherrschende" Stellung.
- - Hat jeder Geschäftsführer insoweit eine die Gesellschaft "beherrschende" Stellung, als ohne seine Zustimmung keine Beschlüsse gefasst werden können, liegt für keinen der Geschäftsführer ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis zur Gesellschaft vor.
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17 | 9. 11. 1989 — 11 RAr 39/89 — (USK 89102; BSGE 66, 69; SozR 4100 § 104 Nr. 19; Die Beiträge 1990, 183; BR/Meuer AFG § 168) |
- - Ein-Personen-GmbH mit Fremdgeschäftsführer
- - Alleingesellschafterin als Kontoristin in der GmbH tätig (keine Branchenkenntnisse)
- - wöchentliche Arbeitszeit 30 Std.
- - monatliches Gehalt
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
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Ein Alleingesellschafter, der die ihm zustehende beherrschende Rechtsmacht über die GmbH tatsächlich nicht wahrnimmt, steht auch dann nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft, wenn er für diese eine untergeordnete Beschäftigung nach Weisung verrichtet.
- - Zu den tatsächlichen Verhältnissen gehört — unabhängig von ihrer Ausübung — auch die vorhandene Rechtsmacht. Hiernach ist derjenige, der die Rechtsmacht hat, nicht abhängig beschäftigt.
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18 | 8. 8. 1990 — 11 RAr 77/89 — (USK 9060; SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; Die Beiträge 1991, 206; BR/Meuer AFG § 168) |
- - Gesellschafter-Geschäftsführer mit 30% Kapitalanteil
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB
- - Tantiemenvereinbarung
- - keine feste Arbeitszeitreglung, aber jederzeitige Dienstbereitschaft
Zurückverweisung an das LSG |
- - Ermöglicht die gesellschaftliche Stellung hingegen keinen bestimmenden Einfluss auf die GmbH, kann auch der tatsächlich eingeräumte Einfluss eine abhängige Beschäftigung ausschließen.
- - Prüfungsmaßstab sind zunächst die im Anstellungs- bzw. Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen. Weichen die tatsächlichen Verhältnisse hiervon entscheidend ab, ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen.
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19 | 18. 4. 1991 — 7 RAr 32/90 — (USK 9115; SozR 3-4100 § 168 Nr. 5; BR/Meuer AFG § 168; NZA 1991, 869) |
- - Gesellschafter-Geschäftsführer mit 1/3 Kapitalbeteiligung (Gesellschafter-GmbH als Kreditgeber und Warenlieferant hält ebenfalls 1/3)
- - Alleinvertretungsbefugnis
- - Sperrminorität (einstimmige Beschlussfassung)
- - wöchentliche Arbeitszeit 40 Std.
- - monatliches Gehalt
- - Gewinnbeteiligung
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der über weniger als die Hälfte des Stammkapitals verfügt, aber eine Sperrminorität besitzt, steht nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis.
- - Unerheblich ist, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer die ihm zustehende Rechtsmacht tatsächlich ausübt. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn er an der Ausübung der Sperrminorität gehindert ist.
- - Das wirtschaftliche Übergewicht eines Gesellschafters (hier: Gesellschafter-GmbH) lässt ohne Hinzutreten weiterer besonderer Umstände nicht die Schlussfolgerung zu, dass ein Strohmann-Geschäft vorliege oder dem Gesellschafter-Geschäftsführer die zustehenden Befugnisse schlechthin abgeschnitten wären.
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20 | 28. 1. 1992 — 11 RAr 133/90 — (USK 9201; Die Beiträge 1992, 310; BR/Meuer AFG § 168) |
- - Familien-GmbH
- - Gesellschafter-Geschäftsführer mit zunächst 51 %, später 49 % Kapitalanteil (Übertragung von 2 % auf den Ehegatten)
- - Alleinvertretungsbefugnis
- - keine Branchenkenntnisse
- - monatliches Gehalt
Zurückverweisung an das LSG |
- -
Hat ein Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung die Rechtsmacht, Entscheidungen der GmbH zu bestimmen oder zu verhindern, so liegt auch dann keine abhängige Beschäftigung vor, wenn er — z. B. wegen fehlender Sachkunde — Entscheidungen weitgehend anderen überlässt.
- - Auch ein selbständiger Unternehmer muss sich Sachzwängen (sachkundigem Rat) unterordnen, die ihm von Fachkräften seines Betriebes vermittelt werden. Eine persönliche Abhängigkeit im Einsatz seiner Arbeitskraft ist damit nicht verbunden.
- - Mit der Übertragung von Geschäftsanteilen auf den Ehegatten ist eine Verlagerung der Einflussmöglichkeiten denkbar, wenn sich zwischen den Ehegatten eine unterschiedliche wirtschaftliche Interessenlage feststellen lässt und die Gesellschaft dem Geschäftsführer bestimmte Weisungen erteilt oder ihn der für Arbeitnehmer des Betriebes geltenden Ordnung unterstellt.
- - Kann ein Gesellschafter sich bei bestimmten unternehmerischen Entscheidungen nicht durchsetzen, verliert er dadurch nicht seine Selbständigkeit.
- Hinweise:
- Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtsnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).
- Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).
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21 | 6. 2. 1992 — 7 RAr 134/90 — und — 7 RAr 36/91 — (USK 9208; SozR 3-4100 § 104 Nr. 8; BSGE 70, 81; Die Beiträge 1992, 258; BR/Meuer AFG § 168; DB 1992, 1835; BB 1992, 2437) |
- - Familien-GmbH
- - Ehemann Gesellschafter-Geschäftsführer mit 45 % Kapitalanteil (Ehefrau 45 %, Bruder 10 %)
- - Sperrminorität (Beschlussfassung mit mindestens 75 % der Stimmen)
- - technische und kaufmännische Leitung des Unternehmens
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der über weniger als die Hälfte des Stammkapitals verfügt, aber eine Sperrminorität besitzt, steht nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer an der Ausübung der Sperrminorität gehindert ist.
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22 | 24. 9. 1992 — 7 RAr 12/92 — (USK 9285; SozR 3-4100 § 168 Nr. 8; BR/Meuer AFG § 168; NZA 1993, 430) |
- - Gesellschafter-Geschäftsführer mit 48 % Kapitalbeteiligung
- - Beschlussfassung grundsätzlich mit einfacher Mehrheit; für Festlegung der Unternehmenspolitik, Änderungen des Gesellschaftervertrages und Auflösung der Gesellschaft mit 75 % der Stimmen
- - Verkaufstätigkeit
- - vorgeschriebene Arbeitszeit
- - monatliches Gehalt
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Eine Sperrminorität eines Gesellschafter-Geschäftsführers, die sich auf die Festlegung der Unternehmenspolitik, die Änderung des Gesellschaftervertrages und die Auflösung der Gesellschaft beschränkt, schließt die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus.
- - Maßgebend bleibt die Bindung des Geschäftsführers hinsichtlich der Ausgestaltung seiner Arbeitsleistung an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter.
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23 | 11. 2. 1993 — 7 RAr 48/92 — (USK 9347; Die Beiträge 1993, 521; BR/Meuer AFG § 168) |
- - Familien-GmbH (Kapitalanteil Ehefrau 48 %, Sohn 41 %, Tochter 11 %)
- - Ehemann Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung
- - Alleinvertretungsbefugnis
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB
- - Anstellungsvertrag
- - Leitung des Gesamtbetriebes
- - keine feste Arbeitszeitregelung
- - monatliches Gehalt
Zurückverweisung an das LSG |
- -
Ein Geschäftsführer, der die Geschicke der GmbH mangels Beteiligung am Stammkapital nicht beeinflussen kann, aber die Leitung des Betriebes innehat, steht dann nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, wenn er seine Tätigkeit hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort im Wesentlichen weisungsfrei und — wirtschaftlich gesehen — nicht für ein fremdes, sondern für ein eigenes Unternehmen ausübt.
- - Es kommt nicht darauf an, ob für die Gesellschafter die Möglichkeit bestand, auf die Geschäftsführung Einfluss auszuüben, vielmehr ist darauf abzustellen, ob von einer etwaigen Weisungsbefugnis tatsächlich Gebrauch gemacht wurde.
- Hinweise:
- Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtsnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).
- Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).
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24 | 23. 6. 1994 — 12 RK 72/92 — (USK 9448; Die Beiträge 1994, 610; BR/Meuer AVG § 2; NJW1994, 2974) |
- - GmbH (Gesellschafter A und B mit je 50 % Kapitalanteil)
- - Übertragung von 20 % Kapitalanteil der Gesellschafterin B auf den Ehegatten
- - Anstellungsvertrag mit Gesellschafterin B; keine Geschäftsführungsfunktion, lediglich Unterstützung der Geschäftsführung nach deren Weisung (alleinige Geschäftsführung obliegt der Gesellschafterin A)
- - monatliches Gehalt
- - wöchentliche Arbeitszeit 15 Std.
Zurückverweisung an das LSG |
- -
Die vertragliche Verpflichtung eines Gesellschafters zur Verrichtung von Diensten höher Art in der Gesellschaft (hier: Unterstützung der Geschäftsführung) spricht nicht unbedingt gegen eine abhängige Beschäftigung.
- - Eine rechtlich bestehende Abhängigkeit kann durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert sein, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn dennoch ausscheidet.
- - Bei einem Gesellschafter, der zusammen mit seinem Ehegatten über einen Stimmenanteil von 50 % verfügt, ist eine mittelbare Beeinflussung der Gesellschaft nicht auszuschließen (Verhinderung von Beschlüssen).
- - Ein enges familienrechtliches Band allein rechtfertigt nicht die Annahme, die Betroffenen würden sich unter allen Umständen gleichgesinnt verhalten, um damit die Gesellschaft mittelbar zu beeinflussen.
- Hinweise:
- Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtsnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).
- Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).
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25 | 8. 12. 1994 — 11 RAr 49/94 —( USK 9461; SozR 3-4100 § 168 Nr. 18; NZS 1995, 373; Die Beiträge 1995, 568; BR/Meuer AFG § 168) |
- - Treuhänder-Komplementär-GmbH (Treuhänder: Alleingesellschafter/alleiniger Geschäftsführer der GmbH/einziger Kommanditist der KG)
- - (formale) Alleinvertretungsbefugnis des Treuhänders
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB
- - Anstellungsvertrag
- - monatliches Gehalt
- - umfassende Weisungsbefugnis des Treugebers aufgrund des Treuhandvertrages
- - Treugeber unwiderruflich zur Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschaft bevollmächtigt
Zurückverweisung an das LSG |
- -
Bei einem Alleingesellschafter einer GmbH scheidet ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft dann nicht von vornherein aus, wenn er aufgrund eines besonders gestalteten Treuhandverhältnisses an der Ausübung seiner Rechte als Gesellschafter gehindert ist.
- - Zur Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung sind stets die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, zu denen auch die vorhandene Rechtsmacht gehört.
- - Behält sich der Treugeber das Stimmrecht in der Gesellschaft aufgrund einer unwiderruflichen Vollmacht persönlich vor, erscheint es gerechtfertigt, die Gesellschafterstellung nicht nach formal-rechtlichen Kriterien zu bestimmen.
- - Der Treuhänder-Gesellschafter-Geschäftsführer steht dann in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft, wenn der Treugeber als mittelbarer Gesellschafter dem Treuhänder das Stimmrecht in der Gesellschaft tatsächlich entzogen hat und der Geschäftsführer tatsächlich wie ein Arbeitnehmer in die Gesellschaft eingegliedert ist.
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26 | 9. 2. 1995 — 7 RAr 76/94 — (USK 9519; Die Beiträge 1995, 358; BR/Meuer AFG § 168) |
- - 2 Gesellschafter-Geschäftsführer mit zunächst je 33,3 %, später 48,8 % Kapitalanteil
- - gemeinschaftliche Vertretung der GmbH
- - Beschlussfähigkeit mit 75 % des Stammkapitals
- - Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB
- - Zustimmung der Gesellschaft für bestimmte Rechtsgeschäfte erforderlich
- - technische und kaufmännische Leitung des Unternehmens
- - wöchentliche Arbeitszeit 40 Std.
- - monatliches Gehalt
Zurückverweisung an das LSG |
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Ist Beschlussfähigkeit einer GmbH nur mit den Stimmen des Geschäftsführers gegeben, können die Verhältnisse dennoch so liegen, dass eine abhängige Beschäftigung grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist. Dies ist der Fall, wenn innerhalb einer Frist eine 2. Gesellschafterversammlung mit gleicher Tagesordnung einzuberufen ist, die dann ohne Rücksicht auf das vertretene Kapital beschlussfähig ist.
- - Entscheidend bleibt, ob der Geschäftsführer nach der Gestaltung seiner vertraglichen Beziehung zur GmbH und den tatsächlichen Gegebenheiten hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei oder weisungsgebunden ist.
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27 | 5. 2. 1998 — B 11 AL 71/97 R — (USK 9816; SozR 3-4100 § 168 Nr. 22; Breith. 1999, 100; Die Beiträge 1999; 109) |
- - Familien-GmbH (Vater alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer mit 60 % Kapitalanteil, Sohn 40 %)
- - Beschlussfassung mit 3/4 des Stammkapitals (Sohn Gesellschafter mit Sperrminorität)
- - Sohn in der GmbH als Speditionskaufmann beschäftigt (keine Geschäftsführungsfunktion)
abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Die Sperminorität eines Minderheits-Gesellschafters ohne Geschäftsführungsfunktion schließt eine abhängige Beschäftigung zur Gesellschaft nicht von vornherein aus.
- - Ein Minderheits-Gesellschafter mit Sperrminorität ist rechtlich nicht in der Lage, seine Weisungsgebundenheit gegenüber dem Geschäftsführer der GmbH aufzuheben oder abzuschwächen.
- - Entscheidend ist, ob der Gesellschafter aufgrund der vertraglichen Beziehungen und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert ist.
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28 | 30. 6. 1999 — B 2 U 35/98 R — (SozR 3-2200 § 723 Nr. 4; USK 9942; Breith. 1999, 1033; NZS 2000, 147) |
- - GmbH mit 3 Gesellschaftern
- (Kapitalanteil A: 59,6 %, B: 30,4 %, C: 10 %)
- - B Geschäftsführer mit Alleinvertretungsbefugnis
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB
- - alleinige Branchenkenntnisse
- - Geschäftsführervertrag, wonach Arbeitskraft, Kenntnisse und Erfahrungen in den Dienst der Gesellschaft zu stellen sind
- - monatliches Gehalt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld
abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- -
Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Unabhängigkeit hinweisen, ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen.
- - Es sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Maßgebend ist dabei das Gesamtbild, ob der Geschäftsführer von der Gesellschaft persönlich abhängig ist.
- - Verfügt ein Gesellschafter-Geschäftsführer als Einziger in der Gesellschaft über das besondere "know-how", kann daraus keine selbständige Tätigkeit abgeleitet werden, denn es ist durchaus üblich, dass Geschäftsführer spezielle Fachkenntnisse aufweisen und diese sind vielfach gerade Voraussetzung für die Übertragung dieser Aufgabe.
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29 | 14. 12. 1999 — B 2 U 48/98 R — (USK 9975; BB 2000, 674) |
- - Familien-GmbH
- - Ehemann Gesellschafter-Geschäftsführer mit 44,8 % Kapitalanteil (Ehefrau — anderweitig vollbeschäftigt — hält 55,2 %)
- - Alleinvertretungsbefugnis
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB
- - umfassende Branchenkenntnisse
- - Geschäftsführervertrag wonach die verantwortliche Leitung des gesamten Geschäftsbetriebs dem Geschäftsführer obliegt
- - monatliches Gehalt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
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Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Kapitalanteil von weniger als 50 % hängt das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses wesentlich davon ab, ob er nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt.
- - In einer Familien-GmbH können die familiären Verhältnisse dazu führen, dass die Geschäftsführertätigkeit überwiegend durch familienhafte Rücksichtnahmen geprägt wird und es an der Ausübung einer Direktion durch die Gesellschaft völlig mangelt.
- Hinweise:
- Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtsnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).
- Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).
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30 | 17. 5. 2001 — B 12 KR 34/00 R — (SozR 3-2400 § 7 Nr. 17; USK 2001-40; NZS 2001, 644; BR/Meuer SGB IV § 7) |
- - Familien-GmbH (Ehegatten-GmbH, Kapitalanteil je 50 %)
- - Ehefrau: mitarbeitende Gesellschafterin
- - Ehemann alleiniger Geschäftsführer
- - Überweisung des Nettoarbeitsentgelts auf eine besonderes Verrechnungskonto der GmbH
- - nicht in Anspruch genommene Gehaltsgutschriften gelten als zinsloses Darlehen an GmbH
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
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Ein nicht zum Geschäftsführer bestellter Gesellschafter mit 50 % Kapitalanteil besitzt als Arbeitnehmer der GmbH nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit aufzuheben oder abzuschwächen.
- - Dienstaufsicht und Weisungsrecht über die Arbeitnehmer der GmbH gehören grundsätzlich zur laufenden Geschäftsführung und sind nicht Sache der Gesellschafterversammlung.
- - Eine rechtlich bestehende Abhängigkeit kann durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert sein, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dennoch ausscheidet.
- - Eine für ein Arbeitsverhältnis untypische Art der Entgeltzahlung spricht im Zusammenhang mit weiteren für ein Arbeitsverhältnis atypischen Merkmalen gegen eine abhängige Beschäftigung.
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31 | 18. 12. 2001 — B 12 KR 10/01 R — (SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; USK 2001-60; Breith. 2002, 474; NJWRR 2002, 758; DAngVers 2002, 438) |
- - Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung (Fremdgeschäftsführer)
- - Geschäftsführervertrag mit Alleinvertretungsbefugnis und Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB
- - monatliches Gehalt zuzüglich 13. Monatsgehalt, Fortzahlung des Gehalts im Krankheitsfall, Anspruch auf bezahlten jährlichen Urlaub und betriebliche Altersversorgung
- - bei positivem Geschäftsergebnis zustehende Jahressonderprämie
- - keine Beteiligung an Gewinn oder Verlust der GmbH
- - Geschäftsführung erstreckt sich auf alle Handlungen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs
- - Geschäftsführer kann im täglichen Dienstbetrieb im Wesentlichen frei walten und schalten sowie, was Ort, Zeit und Dauer seiner Arbeitskraft betrifft, weitgehend weisungsfrei agieren
- - der Geschäftsführer besitzt eine Vollmacht, wonach er das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung wahrnehmen, Gesellschafterbeschlüsse aller Art fassen und für die Muttergesellschaft neue Stammeinlagen übernehmen kann
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
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Bei Organen juristischer Personen — wie GmbH-Geschäftsführern — ist eine sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil sie nach § 5 Absatz 1 Satz 3 ArbGG arbeitsrechtlich nicht als Arbeitnehmer der Gesellschaft gelten; das ArbGG hat keine Bedeutung für das Sozialversicherungsrecht.
- - Eine abhängige Beschäftigung ist regelmäßig zu bejahen bei Geschäftsführern, die nicht am Stammkapital der GmbH beteiligt sind (Fremdgeschäftsführer).
- - Festgehalt, 13. Monatsgehalt, bezahlter Urlaub, Vergütungsanspruch im Krankheitsfall sind gewichtige Indizien für eine Beschäftigung.
- - Eine ungewisse Jahressonderprämie ist dem Wagniskapital nicht gleichzusetzen, sondern Ausdruck auch bei Arbeitnehmern verbreiteter leistungsorientierter Vergütungsbestandteile.
- - Freie Bestimmung über Zeit, Ort und Art der Arbeitsausführung sind bei Diensten höherer Art üblich, die im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet werden, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie also in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen, d. h. insbesondere die Unternehmenspolitik, maßgeblich von anderer Seite vorgegeben wird.
- - Einer Stimmrechtsvollmacht ist keine besondere Bedeutung beizumessen, da sie jederzeit widerrufbar ist und am Innenverhältnis nichts ändert, da die sich aus dem Geschäftsführervertrag ergebenden Verpflichtungen weiterhin zu erfüllen sind.
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32 | 6. 3. 2003 — B 11 AL 25/02 R — (SozR 4-2400 § 7 Nr. 1; USK 2003-14) |
- - Gesellschafter-Geschäftsführer mit Kapitalanteil von 25 %
- - 3 weitere mitarbeitende Gesellschafter mit je 25 % Kapitalanteil
- - alleiniger Geschäftsführer mit Alleinvertretungsberechtigung und Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB
- - keine festen Arbeitszeiten
- - Zustimmungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung zu bestimmten im Geschäftsführervertrag aufgelisteten Geschäften
- - Anspruch auf feste monatliche Vergütung zuzüglich Weihnachtsgeld und Tantieme
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
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Gesellschafter-Geschäftsführer ohne maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung sind — wie Fremdgeschäftsführer — im Regelfall abhängig Beschäftigte.
- - Eine abweichende Beurteilung kommt nur in Betracht, wenn besondere Umstände den Schluss zulassen, dass keine Weisungsgebundenheit vorliegt.
- - Für eine kleinere GmbH ist das Alleinvertretungsrecht und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht untypisch und deutet deshalb nicht zwingend auf Selbständigkeit hin.
- - Ein zeitlicher Einsatz von 50 Wochenstunden ohne Überstundenausgleich (der heute nicht nur bei Geschäftsführern, sondern auch bei leitenden und in vielen Fällen auch bei nicht leitend tätigen Angestellten durchaus üblich ist) ist kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit.
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33 | 25. 1. 2006 — B 12 KR 30/04 R — (USK 2006-8; Die Beiträge Beilage 2006, 149; ZIP 2006, 678) |
- - Familien-GmbH (Ehemann alleiniger Geschäftsführer)
- - Ehefrau Alleingesellschafterin
- - zunächst Anstellungsvertrag, später Teilzeit-Anstellungsvertrag
- - monatliche Vergütung
- - schriftliche Vereinbarung von Geschäftsführer und Alleingesellschafterin, die ihm letztlich eine Stellung als faktischer Alleingesellschafter garantiert
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
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Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine — formlose — Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist.
- - Alleingesellschafter haben aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterliegen damit ihrerseits nicht dessen Weisungsrecht.
- - Die privatschriftliche schuldrechtliche Vereinbarung eines verdeckten Treuhandverhältnisses ist nichtig, da sie der notariellen Form bedarf.
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34 | 4. 7. 2007 — B 11a AL 5/06 R — und —B 11a AL 45/06 R — (SozR 4-2400 § 7 Nr. 8; USK 2007-107; Breith. 2008, 141; Die Beiträge Beilage 2008, 38; ZIP 2007, 2185) |
- - 3 Gesellschafter-Geschäftsführer mit 1/3 Kapitalanteil
- - Geschäftsführervertrag mit Alleinvertretungsberechtigung und Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB
- - Geschäftsführung in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Gesellschaft
- - Zustimmung der Gesellschaft für bestimmte Rechtsgeschäfte erforderlich
- - Leitung der Produktion (andere Geschäftsführer leiten technischen bzw. kaufmännischen Bereich)
- - unternehmerische Entscheidungen einvernehmlich während der Arbeitszeit im Betrieb
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
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Alleinvertretungsberechtigung und Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB ist bei kleineren GmbH nicht untypisch und spricht deshalb nicht zwingend für eine selbständigen Tätigkeit.
- - Gesellschafter haben die wesentlichen Entscheidungen während der Arbeitszeit im Betrieb einvernehmlich getroffen, sodass die tatsächliche Ausübung des Einflusses im Sinne einer regelmäßigen Kontrolle der Tätigkeit der Geschäftsführer durch die Gesellschaft gegeben und von einer Bindung an die Entscheidungen der Gesamtheit der Gesellschafter und insoweit von einer Weisungsgebundenheit bei der Tätigkeit als Geschäftsführer auszugehen ist.
- - Die Personenidentität von Geschäftsführern und Gesellschaftern ändert an der Rechtsmacht der Gesellschafter und der Weisungsgebundenheit der Geschäftsführer nichts.
- - Auch kein geeignetes Abgrenzungskriterium ist der angeblich fehlende Interessengegensatz im Arbeitgeber-/Arbeitnehmerverhältnis. Ein solcher kann z. B. auch fehlen, wenn der Arbeitnehmer — ohne Gesellschafter zu sein — durch eine Zielvereinbarung am Unternehmenserfolg beteiligt wird.
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35 | 29. 8. 2012 — B 12 KR 25/10 R — (BSGE 111, 257; SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; USK 2012-145; UV-Recht Aktuell 2013, 101; NZS 2013, 181; Die Beiträge Beilage 2013, 51; BB 2013, 894; DStR 2013, 770; NZA-RR 2013, 252) |
- - Familien-GmbH
- - Alleingesellschafter und -geschäftsführer (Vater)
- - Sohn Anstellungsvertrag; zunächst als Schlosser, später Betriebsleiter
- - per Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) wurde dem Sohn vom Vater die Leitung des technischen und gewerblichen sowie der Tochter die des kaufmännischen Unternehmensteils übertragen
- - Tantiemeregelung
- - Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB
- - Verzicht auf das Weisungsrecht des Vaters
- - Bestimmung der Arbeits- und Urlaubszeit nach Lage der Gesellschaft
- - Bürgschaft des Sohnes in Höhe von 100 000 DM
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Die alleinige Betriebs- bzw. Unternehmensinhaberin war die GmbH, die eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.
- - Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbständigen.
- - Sohn unterlag selbst in dem ihm eingeräumten Vollmachtsrahmen gesellschaftsrechtlich zwingend der Kontrolle des Alleingeschäftsführers der GmbH, seines Vaters, der die maßgebliche Rechtsmacht besaß.
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB ist bei kleineren GmbH nicht untypisch und spricht deshalb nicht zwingend für eine selbständige Tätigkeit.
- - Die Gewährung einer Tantieme genügt nicht, um eine Beschäftigung auszuschließen. Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist, ist deren Gewicht bei der Gesamtwürdigung eher gering.
- - Eine Bürgschaft für einen fremden Betrieb ist in ihrer Bedeutung gering, denn sie begründet kein mit der Tätigkeit verbundenes Risiko. Bezogen auf die Tätigkeit wurde gerade kein Unternehmerrisiko getragen, denn Gegenleistung für die Tätigkeit war ein Anspruch auf die Zahlung eines regelmäßigen Entgelts, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Es bestand — wie für jeden anderen Beschäftigten auch — allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers.
- - Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtnahme ist grundsätzlich nicht geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren. Eine bloße "Schönwetter-Selbständigkeit" mit Blick auf zwar bestehende, jedenfalls bis zu einem ungewissen Konfliktfall tatsächlich aber nicht ausgeübte Kontrollrechte scheidet aus.
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36 | 29. 8. 2012 — B 12 R 14/10 R — (USK 2012-182) |
- - Komplementär-GmbH
- - Gesellschafter der Komplementär-GmbH und Kommanditisten der KG Mutter und familienfremde Person
- - Sohn weiterer Geschäftsführer der GmbH neben dem familienfremden Gesellschafter
- - Anstellungsvertrag mit eingeräumter Handlungsfreiheit in bestimmten Geschäftsbereichen
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB
- - Weisungsrecht der Gesellschafter wurde in der Praxis nicht ausgeübt
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Die alleinige Betriebs- bzw. Unternehmensinhaberin war die GmbH & Co. KG, die ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.
- - Die Wahrnehmung von Handlungsfreiheiten ist für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch und werden im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen.
- - Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB ist bei kleineren GmbH nicht untypisch und spricht deshalb nicht zwingend für eine selbständige Tätigkeit.
- - Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbständigen.
- - Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtnahme ist grundsätzlich nicht geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren. Eine bloße "Schönwetter-Selbständigkeit" mit Blick auf zwar bestehende, jedenfalls bis zu einem ungewissen Konfliktfall tatsächlich aber nicht ausgeübte Kontrollrechte scheidet aus.
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37 | 29. 7. 2015 — B 12 KR 23/13 R — (BSGE 119, 216; SozR 4-2400 § 7 Nr. 24; USK 2015-65; Breith. 2016, 637; Die Beiträge Beilage 2016, 297) |
- - Familien-GmbH
- - Alleingesellschafterin und -geschäftsführerin (Ehefrau)
- - Ehemann Anstellungsvertrag als Vertriebsleiter
- - monatliches Gehalt
- - Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub
- - Kündigung nur aus wichtigen Gründen möglich
- - weisungsfreie Führung der Firmengeschäfte aufgrund Ausbildung, einschlägiger Berufserfahrung und Kundenbeziehungen
- - Bürgschaft des Ehemannes in Höhe von zunächst 384 000 EUR und später 375 000 EUR
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Die alleinige Betriebs- bzw. Unternehmensinhaberin war die GmbH, die ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.
- - Die Beschränkung der Kündigung auf wichtige Gründe kann u. U. auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für beide Seiten vereinbart werden.
- - Entscheidend ist, dass der Ehemann nicht als Gesellschafter am Stammkapital der GmbH beteiligt war. Damit fehlte es ihm von vornherein an einer im Gesellschaftsrecht wurzelnden Rechtsmacht, die ihn in die Lage versetzt hätte, eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm u. U. unangenehme Weisungen der Alleingesellschafterin zu verhindern.
- - Vor diesem Hintergrund begründen auch weitreichende Befugnisse und eine faktische Weisungsfreiheit in der betrieblichen Praxis selbst dann keine Selbständigkeit, wenn diese Umstände auf besonderer Rücksichtnahme innerhalb eines Familienunternehmens beruhen.
- - Ebenso hat der wirtschaftliche Einfluss, wie er hier durch eine hohe Bürgschaft, die Kundenbeziehungen und das überlegene Fachwissen des Ehemannes besteht, regelmäßig keine entscheidende Bedeutung für die Statusfeststellung.
- - Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen.
- - Eine solche vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten abhängige Statuszuordnung ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungsund beitragsrechtlicher Tatbestände nicht vereinbar.
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38 | 29. 7. 2015 — B 12 R 1/15 — (USK 2015-73; Die Beiträge Beilage 2016, 73; BR/Meuer SGB IV § 7) |
- - Alleingesellschafterin (Lebensgefährtin und spätere Ehefrau)
- - Lebensgefährte Geschäftsführer
- - vor Gründung der GmbH Alleininhaber des Einzelunternehmens
- - "Kopf und Seele" des Betriebes
- - vom jeweiligen Monatsabschluss abhängiges Gehalt
- - Tantiemenregelung
- - Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
- - Alleingesellschafterin hatte nur ein beschränktes Weisungsrecht
- - Dienstzeiten und Urlaub konnten selbst bestimmt werden
- - besonderes Fachwissen und langjährige Erfahrung
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Die alleinige Betriebs- bzw. Unternehmensinhaberin war die GmbH, die ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.
- - Dass das Unternehmen zuvor vom Ehemann als Einzelunternehmen geführt wurde, ist mangels rechtlicher Relevanz ohne Belang.
- - Auch wenn dem Lebensgefährten bei der Unternehmensführung weitreichende Befugnisse zukamen und er im Alltagsgeschäft keinen Weisungen unterlag, führt das nicht zur Annahme von Selbständigkeit.
- - Entscheidend ist, dass der Lebensgefährte nicht als Gesellschafter am Stammkapital der GmbH beteiligt war. Damit fehlte es ihm von vornherein an einer im Gesellschaftsrecht wurzelnden Rechtsmacht, die ihn in die Lage versetzt hätte, eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm u. U. unangenehme Weisungen der Alleingesellschafterin zu verhindern.
- - Vor diesem Hintergrund rechtfertigen auch das besondere Fachwissen und die langjährige Erfahrung keine Selbständigkeit, auch wenn der Lebenspartner hierdurch der Alleingesellschafterin faktisch überlegen war.
- - Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen.
- - Da der Senat der sog. "Kopf und Seele"-Rechtsprechung nicht folgt, ist es ohne Belang, dass ohnehin keine familiären Bindungen bestanden, da lediglich eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bestand.
- - Eine Abhängigkeit der Statuszuordnung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten abhängige Statuszuordnung ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht vereinbar.
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39 | 19. 8. 2015 — B 12 KR 9/14 R — (USK 2015-62; Die Beiträge Beilage 2016, 59; BR/Meuer SGB IV § 7) |
- - Familien-GmbH (Ehegatten-GmbH) nach Umwandlung der Einzelfirma des Ehemanns
- - Ehemann alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer mit 90 % Kapitalbeteiligung (Malermeister)
- - Ehefrau mitarbeitende Gesellschafterin mit 10 % Kapitalbeteiligung (kaufmännische Angestellte)
- - GmbH-Gesellschaftsvertrag regelt Einstimmigkeit für sämtliche Gesellschafterbeschlüsse und bei Auflösung der GmbH
- - kein schriftlicher Arbeitsvertrag
- - monatliche Vergütung
- - Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub
- - Darlehensgewährung
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Trotz eines im Gesellschaftsvertrag verankerten Einstimmigkeitserfordernisses für alle Gesellschafterbeschlüsse war die Ehefrau in den Betrieb eingegliedert.
- - Die Ehefrau war — anders als der Ehemann — nicht Geschäftsführerin und in ihrer laufenden Tätigkeit gegenüber dem GmbH-Geschäftsführer (Ehemann) weisungsgebunden und weisungsabhängig.
- - Dienstaufsicht und Weisungsrecht über Angestellte einer GmbH sind grundsätzlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung.
- - Aus einer Darlehensgewährung kann kein Unternehmerrisiko der Ehefrau hergeleitet werden.
- - Familiäre Rücksichtnahmen führen nicht zu einem sozialversicherungsrechtlich anzuerkennenden besonderen Status in einer Tätigkeit für die GmbH.
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40 | 11. 11. 2015 — B 12 KR 13/14 R — (BSGE 120, 59; SozR 4-2400 § 7 Nr. 26; USK 2015-105) |
- - Familien-GmbH (Ehegatten-GmbH)
- - Ehemann Alleingeschäftsführer (nicht entziehbare organschaftlich begründete Stellung) mit 60 % Kapitalbeteiligung
- - Ehefrau mit 40 % Kapitalbeteiligung, ohne maßgebenden Einfluss auf die interne Willensbildung der GmbH und ohne gesellschaftsvertraglich festgeschriebene Sperrminorität
- - schriftlicher Stimmbindungsvertrag, wonach Ehefrau bei Gesellschafterbeschlüssen bei der Stimmabgabe die Stimmführerschaft hat, ihr Ehemann an ihr Abstimmungsverhalten gebunden ist und sie auch seine Stimmrechte verbindlich für ihn ausüben darf; Kündigung nur aus wichtigem Grund möglich
- - Anstellungsvertrag als alleinvertretungsberechtigte leitende Angestellte mit Prokura
- - monatliches Gehalt
- - Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Ehefrau trotz Stimmbindungsvertrag abhängig beschäftigt.
- - Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw. Gesellschaftsvertragsrechtslage prägen die Abwägungsentscheidung zum sozialversicherungsrechtlichen Status nicht im Sinne einer strikten Parallelwertung zwingend vor, sondern haben lediglich Indizfunktion.
- - Die außerhalb des Gesellschaftsrechts von beiden Gesellschaftern getroffene Stimmbindungsvereinbarung ist nicht geeignet, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben; denn der Stimmbindungsvertrag kann von jedem Gesellschafter — und damit auch vom Ehemann — zumindest aus wichtigem Grund gekündigt werden.
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41 | 11. 11. 2015 — B 12 R 2/14 R — (SozR 4-2400 § 7 Nr. 27; Breith. 2016, 724; USK 2015-129; Die Beiträge Beilage 2016, 401) |
- - Familien-GmbH
- - Ehefrau alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführerin mit 94 % Kapitalanteil; später Übertragung auf gemeinsamen Sohn
- - Ehemann mitarbeitender Gesellschafter mit 6 % Kapitalbeteiligung (Anstellungsvertrag als technischer Leiter im Baubereich)
- - Übertragung der Mehrheitsstimmrechte von Ehefrau auf Ehemann; später von Sohn auf Vater
- - Darlehensgewährung
- - monatliches Gehalt
- - Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Die Gewährung eines Darlehens begründet kein Unternehmerrisiko, sondern das mit jeder Darlehensgewährung verbundene Haftungs- und Ausfallrisiko. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber Darlehen gewähren, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Kreditinstitute bei Familienunternehmen typischerweise auch auf einer finanziellen Beteiligung bzw. Mithaftung von Ehepartnern bestehen.
- - Der Minderheitsgesellschafter einer GmbH, der bei dieser — ohne deren Geschäftsführer zu sein — als leitender Angestellter tätig ist, verfügt auch nach auf ihn erfolgter rechtsgeschäftlicher Übertragung der Mehrheitsstimmrechte nicht über eine Stellung in der Gesellschafterversammlung, die ihn im Sinne des Sozialversicherungsrechts zu einem Selbständigen macht.
- - Die von den für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und das Recht der Unfallversicherung zuständigen Senaten entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung kann für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nicht herangezogen werden.
- - Eine Abhängigkeit der Statuszuordnung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten abhängige Statuszuordnung ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht vereinbar.
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42 | 11. 11. 2015 — B 12 KR 10/14 R — (SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Breith. 2016, 903; USK 2015-128; Die Beiträge Beilage 2016, 428) |
- - alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter-Geschäftsführer mit 30 % Kapitalanteil
- - Gesellschaftsvertrag enthält keine Regelungen zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung
- - schriftlicher Geschäftsführer-Anstellungsvertrag mit Veto-Rechten bei der Bestimmung weiterer Gesellschafter sowie bei grundsätzlichen, die Geschäfte der GmbH betreffenden Entscheidungen, den die GmbH aus wichtigem Grund außerordentlich kündigen kann
- - monatliche Vergütung, im ersten Jahr der Tätigkeit mit Stundung und Darlehensgewährung
- - Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Ein dem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH in einem Anstellungsvertrag mit der GmbH außerhalb des Gesellschaftsvertrags eingeräumtes Veto-Recht gegen mehrheitlich gefasste Beschlüsse der Gesellschafterversammlung rechtfertigt nicht die Annahme seines sozialversicherungsrechtlichen Status als Selbständiger.
- - Das Veto-Recht teilt das Schicksal des Anstellungsvertrages. Nach Kündigung des Anstellungsvertrages entfällt daher zugleich auch das Veto-Recht und die damit verbundene, allein in diesem (einfach-schriftlichen) Vertrag eingeräumte Einflussmöglichkeit des Gesellschafters in der Gesellschafterversammlung. Das Veto-Recht war als Teil des Gesellschafter-Anstellungsvertrages — jedenfalls aus wichtigem Grund — durch den Mitgesellschafter kündbar, ohne dass der Veto-Rechtsinhaber dies hätte verhindern können.
- - Die Stundung bzw. Darlehensgewährung begründet kein Unternehmerrisiko. Die Darlehensgewährung war nicht fester Bestandteil des Arbeitsvertrages, sondern diente der GmbH lediglich als Unterstützung in der Anfangsphase der Geschäftstätigkeit. Unmittelbar im Anschluss daran erhielt der Geschäftsführer auch wieder sein monatliches festes Gehalt als Gegenleistung für den Einsatz seiner Arbeitskraft.
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43 | 29. 6. 2016 — B 12 R 5/14 R — (USK 2016-48; Die Beiträge Beilage 2017, 142) |
- - Familien-GmbH
- - Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer (Vater) mit 80 % Kapitalbeteiligung
- - Tochter 20 % Kapitalbeteiligung
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit, einzelne Beschlüsse mit einer Mehrheit von 81 %
- - Anstellungsvertrag (kaufmännische Aufgaben)
- - monatliche Vergütung
- - Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub
- - notariell beurkundete General- und Vorsorgevollmacht, die der Geschäftsführer und dessen Ehefrau der Tochter und ihrem Bruder zur gemeinsamen Vertretung erteilt haben
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Der Anstellungsvertrag enthält typische Merkmale, die auf ein Beschäftigungsverhältnis schließen lassen (z. B. festes monatliches Entgelt, Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall).
- - Die Tochter war nicht Geschäftsführerin, sondern aufgrund eines Anstellungsvertrages bei der GmbH "nur" nachgeordnet mit kaufmännischen Aufgaben befasst.
- - Schon deshalb waren ihre rechtlichen Möglichkeiten im Hinblick auf ihre behaupteten Gestaltungsmöglichkeiten und Freiheiten bei einer Unternehmensleitung von vornherein beschränkt, da — vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag — nicht sie, sondern der Geschäftsführer die laufenden Geschäfte der GmbH führte und sie als Angestellte dessen Weisungen unterworfen.
- - Auch die notariell beurkundete General- und Vorsorgevollmacht, die der Geschäftsführer und seine Ehefrau der Tochter und deren Bruder erteilt hatten, führt zu keinem anderen Ergebnis, weil sie lediglich zur gemeinsamen Vertretung berechtigte und frei widerruflich war.
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44 | 14. 3. 2018 — B 12 KR 13/17 R — (SozR 4-2400 § 7 Nr. 35; USK 2018-13; Die Beiträge Beilage 2018, 354-360) |
- - Gesellschafter-Geschäftsführer (45,6 % Kapitalbeteiligung)
- - weitere Gesellschafter: Bruder (30 % Kapitalbeteiligung), V GmbH und S GmbH (jeweils 12 % Kapitalbeteiligung)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit, bestimmte Beschlüsse mit einer Mehrheit von 80 % der abgegebenen Stimmen
- - Stimmbindungsabrede, wonach der Bruder nur im Sinne und nicht gegen den Willen des Gesellschafter-Geschäftsführers abstimmen darf
- - Geschäftsführer-Anstellungsvertrag (monatliche Vergütung, Dienstwagen, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub)
- - unwiderrufliche Option für den Gesellschafter-Geschäftsführer zum Erwerb von Geschäftsanteilen vom Bruder
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Der Gesellschafter-Geschäftsführer war als Minderheitsgesellschafter mit 45,6 % der Gesellschaftsanteile nicht in der Lage, seine minderheitsbedingte Weisungsgebundenheit aufzuheben oder abzuschwächen.
- - Die ihm eingeräumte ("unechte") Sperrminorität erstreckte sich ausschließlich auf bestimmte Bereiche und nicht allumfassend auf die gesamte Unternehmenstätigkeit, sodass er nicht jegliche Weisungen durch die Mehrheitsgesellschafter hätte verhindern können.
- - Die mit seinem Bruder getroffene "Stimmbindungsabrede" ist schon unbeachtlich, weil es sich hierbei nicht um eine durch Gesellschaftsvertrag zustande gekommene Vereinbarung handelt.
- - Dasselbe gilt für die unwiderrufliche Option zum Erwerb von Geschäftsanteilen.
- - Maßgebend ist nicht eine "optionale" Stimmführerschaft, sondern die faktisch verteilte Rechtsmacht.
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45 | 14. 3. 2018 — B 12 R 5/16 R — (USK 2018-13) |
- - Gesellschafter-Geschäftsführer (Arzt) mit 12 % Kapitalbeteiligung
- - weitere Gesellschafter: 2 juristische Personen (jeweils 20 % Kapitalbeteiligung) und 4 weitere Ärzte (jeweils 12 % Kapitalbeteiligung)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen, einzelne Beschlüsse (u. a. über die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung) mit 3/4-Mehrheit
- - Geschäftsführervertrag (monatliches Festgehalt)
- - weiteres umsatzabhängiges, variables Gehalt für ärztliche Tätigkeit für die GmbH
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Der Gesellschafter-Geschäftsführer verfügt nur über einen 12 %igen Anteil am Stammkapital der GmbH und nicht über eine im Gesellschaftsvertrag (Satzung) geregelte umfassende ("echte"/"qualifizierte") Sperrminorität.
- - Dass die Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer nicht in Vollzeit, sondern neben anderen Tätigkeiten verrichtet wird, spielt für das Vorliegen von Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV vorliegend keine Rolle.
- - Ein relevantes Unternehmerrisiko besteht schon deshalb nicht, weil die unmittelbar erfolgsabhängigen Einnahmen in einer weiteren Tätigkeit für die GmbH als Arzt erzielt werden, während das für die Geschäftsführertätigkeit zustehende monatliche Gehalt 600 EUR beträgt, was — selbst bei jahresweiser Auszahlung — für Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV spricht.
- - Die faktische arbeitskraft- und inhaltsbezogene Weisungsfreiheit vermag an der durch die gesellschaftsrechtliche Ausgangslage bedingten Abhängigkeit von der Gesellschafterversammlung und der fehlenden Rechtsmacht des Gesellschafter-Geschäftsführers nichts zu ändern. Darüber hinaus ist vorliegend für bestimmte bedeutende Geschäfte sogar die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit qualifizierter Mehrheit bzw. eine Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich.
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46 | 19. 9. 2019 — B 12 R 25/18 R — (BSGE 129, 95-106; SozR 4-2400 § 7 Nr. 43; USK 2019-62; Die Beiträge Beilage 2020, 3-14; Breith 2020, 305-315) |
- - Familien-GmbH
- - Gesellschafter: Ehemann (23 % Kapitalanteil), Ehefrau (26 % Kapitalanteil) und Bruder der Ehefrau (51 % Kapitalanteil)
- - alle Gesellschafter sind alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer
- - getrennte Verantwortungsbereiche für Bruder der Ehefrau (Werkstattleiter, After Sales), Ehemann (Leiter Neu- und Gebrauchtfahrzeuge), Ehefrau (Kaufmännische Abteilung/Buchhaltung)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit, ausnahmsweise mit Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen
- - Ehemann und Ehefrau bürgen für Verbindlichkeiten der GmbH in Höhe von 850 000 EUR bzw. 250 000 EUR
- - alle Gesellschafter bürgen gemeinsam für Verbindlichkeiten in Höhe von 50. 000 EUR
- - Ehemann und Ehefrau mit Geschäftsführervertrag (jährliche feste Vergütung, zahlbar in 13 gleichen Monatsraten, Reisekostenerstattung, PKW, Anspruch auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
Abhängige Beschäftigungsverhältnisse |
- - Im Hinblick auf die Versicherungspflicht der Geschäftsführer von Familiengesellschaften besteht kein Vertrauensschutz in die sog. "Kopf und Seele"-Rechtsprechung.
- - Eine verfassungsrechtlich relevante "Abkehr" von früheren Rechtsprechungsmaßstäben zur Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern in Familiengesellschaften gibt es nicht.
- - Der Ehemann verfügt über keine, die Ehefrau lediglich über eine "unechte" Sperrminorität und beide nicht über die für eine selbständige Tätigkeit notwendige Rechtsmacht.
- - Die "unechte" Sperrminorität bezieht sich nicht allumfassend auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft, sondern nur auf bestimmte Bereiche und versetzt die Ehefrau damit nicht in die Lage, sich gegenüber Weisungen der Mehrheit in Bezug auf ihre Geschäftsführertätigkeit zur Wehr zu setzen, die ihr nicht genehm sind.
- - Aus der Übernahme von Bürgschaften ergibt sich keine unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten bestehende Vergleichbarkeit mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer.
- - Die Annahme von Beschäftigung wird durch die nach dem Geschäftsführervertrag vorgesehene Ausgestaltung der Geschäftsführertätigkeit bestätigt.
- - Die Gewährung einer gewinnabhängigen Tantieme genügt nicht, um eine Beschäftigung auszuschließen.
- - Eine aus Gründen der Steuerersparnis gewählte gesellschaftsrechtliche Gestaltung ändert nichts an ihrer Maßgeblichkeit auch für die sozialversicherungsrechtliche Versicherungspflicht.
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47 | 19. 9. 2019 — B 12 KR 21/19 R — (SozR 4-2400 § 7 Nr. 45; USK 2019-64; Die Beiträge Beilage 2020; 272-280; Breith 2020, 657-666) |
- - Familien-GmbH nach Umwandlung der Einzelfirma des Vaters
- - Betriebsmittel verblieben im Eigentum des Vaters als Einzelunternehmer und werden an GmbH vermietet
- - Gesellschafter: Vater (60 % Kapitalanteil), Sohn (40 % Kapitalanteil)
- - beide Gesellschafter sind alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit
- - Privatschriftliche Stimmbindungsvereinbarung, wonach jeder Gesellschafter über die Hälfte der Stimmrechte verfügen soll
- - Sohn mit Geschäftsführervertrag (monatliches Festgehalt, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Im Hinblick auf die Versicherungspflicht der Geschäftsführer von Familiengesellschaften besteht kein Vertrauensschutz in die sog. "Kopf und Seele"-Rechtsprechung.
- - Eine verfassungsrechtlich relevante "Abkehr" von früheren Rechtsprechungsmaßstäben zur Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern in Familiengesellschaften gibt es nicht.
- - Der Sohn ist Minderheitsgesellschafter und verfügt über keine echte Sperrminorität.
- - Die nur schuldrechtlich abgeschlossene Stimmrechtsvereinbarung, nach der jeder Gesellschafter über die Hälfte der Stimmrechte verfügen sollte, ist unbeachtlich. Sie vermag die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben.
- - Die Annahme von Beschäftigung wird durch die nach dem Geschäftsführervertrag vorgesehene Ausgestaltung der Geschäftsführertätigkeit bestätigt.
- - Eine aus Gründen der Steuerersparnis gewählte gesellschaftsrechtliche Gestaltung ändert nichts an ihrer Maßgeblichkeit auch für die sozialversicherungsrechtliche Versicherungspflicht.
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48 | 19. 9. 2019 — B 12 R 7/19 R — (USK 2019-63; Die Beiträge Beilage 2020, 232-240) |
- - Familien-GmbH
- - Gesellschafter zunächst Vater und Sohn (jeweils 50 % Kapitalanteil), danach Ehefrau Alleingesellschafterin
- - notariell beurkundeter Ehevertrag, wonach im Fall der Trennung, Aufhebung oder Scheidung der Ehe die GmbH von der Berechnung des Zugewinns ausgenommen und die Ehefrau verpflichtet ist, die GmbH nach dessen Wahl ganz oder teilweise unentgeltlich auf den Ehemann oder Dritte zu übertragen
- - Ehemann einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer
- - Geschäftsführer-Dienstvertrag (Anspruch auf festes Jahresbruttogehalt, zahlbar in 12 gleichen Monatsraten, Weihnachtsgratifikation, Zuschuss zur Direktversicherung, Firmenwagen, Jahresurlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, im Übrigen gelten "für das Angestelltenverhältnis" die gesetzlichen Bestimmungen)
- - Ehemann haftet für betrieblich verwendete Darlehen (über Grundschulden gesichert), Bürgschaft und persönliche Bürgschaft
- - rückdatierte Stimmrechtsvereinbarung in nicht notarieller Form, wonach die Ehefrau keine Beschlüsse gegen den Willen des Ehemanns fassen darf
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Eine verfassungsrechtlich relevante "Abkehr" von früheren Rechtsprechungsmaßstäben zur Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern in Familiengesellschaften gibt es nicht.
- - Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbständige Tätigkeit generell aus.
- - Die abgeschlossene Stimmrechtsvereinbarung ist schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil sie erst nach dem Streitzeitraum getroffen wurde.
- - Die nach dem notariellen Ehevertrag bestehende Rückübertragungspflicht führt nicht zur Selbständigkeit des Ehemannes, da für die Statusbestimmung ausschließlich die im zu beurteilenden Zeitraum faktisch verteilte Rechtsmacht maßgeblich ist.
- - Aus der Übernahme von Bürgschaften ergibt sich keine unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten bestehende Vergleichbarkeit mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer.
- - Die Annahme von Beschäftigung wird durch die nach dem Geschäftsführervertrag vorgesehene Ausgestaltung der Geschäftsführertätigkeit bestätigt.
- - Eine aus Gründen der Steuerersparnis gewählte gesellschaftsrechtliche Gestaltung ändert nichts an ihrer Maßgeblichkeit auch für die sozialversicherungsrechtliche Versicherungspflicht.
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49 | 19. 9. 2019 — B 12 R 9/19 R — (USK 2019-62; Die Beiträge Beilage 2020, 170-180) |
- - Familien-GmbH (inzwischen GmbH & Co. KG)
- - Gesellschafter: Ehefrau (Hausfrau und Buchhalterin, 51 % Kapitalbeteiligung), Ehemann (Heizungs- und Sanitärinstallationsmeister, 49 % Kapitalbeteiligung)
- - Betriebsmittel im Eigentum des Ehemannes (verpachtet an die GmbH)
- - Ehemann einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit, Änderungen des Gesellschaftsvertrags nur mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter
- - Geschäftsführervertrag (festes Monatsgehalt, Zuschuss zu Aufwendungen für die Altersvorsorge, Anspruch auf Jahresurlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Gewährung gewinnabhängiger Tantiemen)
- - nachträglich geschlossene Stimmbindungsvereinbarung, wonach der Ehemann als Geschäftsführer weisungsfrei sein sollte
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Eine verfassungsrechtlich relevante "Abkehr" von früheren Rechtsprechungsmaßstäben zur Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern in Familiengesellschaften gibt es nicht.
- - Zwar bedürfen Änderungen des Gesellschaftsvertrages der Zustimmung aller Gesellschafter, sodass eine entsprechende Beschlussfassung nur mit dem Einverständnis des Ehemannes in Betracht kommt. Allerdings bezieht sich eine solche "unechte" Sperrminorität nur auf bestimmte Bereiche und versetzt den Ehemann nicht in die Lage, sich gegenüber Weisungen der Mehrheitsgesellschafterin in Bezug auf seine Geschäftsführertätigkeit zur Wehr zu setzten, die ihm nicht genehm sind.
- - Die abgeschlossene Stimmbindungsvereinbarung ist schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil sie erst nach dem Streitzeitraum getroffen wurde.
- - Die Annahme von Beschäftigung wird durch die nach dem Geschäftsführervertrag vorgesehene Ausgestaltung der Geschäftsführertätigkeit bestätigt.
- - Die Gewährung einer gewinnabhängigen Tantieme genügt nicht, um eine Beschäftigung auszuschließen.
- - Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Berechtigung zur Alleinvertretung und der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB. Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse bedingen nicht schon eine Selbständigkeit.
- - Eine aus Gründen der Steuerersparnis gewählte gesellschaftsrechtliche Gestaltung ändert nichts an ihrer Maßgeblichkeit auch für die sozialversicherungsrechtliche Versicherungspflicht
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50 | 10. 12. 2019 — B 12 KR 9/18 R — (BSGE 129, 254-265; SozR 4-2400 § 7 Nr. 46; USK 2019-81; Breith 2020, 936-946) |
- - Ehefrau Alleingesellschafterin
- - Ehemann Geschäftsführer
- - zunächst "Arbeitsvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer" (weisungsunabhängig als Geschäftsführer, monatliches Festgehalt, 40 Stunden Wochenarbeitszeit)
- - später ersetzt durch "GmbH-Geschäftsführervertrag" (freie Gestaltung der Geschäftsführertätigkeit, keine entgegenstehenden Gesellschafterbeschlüsse, bezahlter Jahresurlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
- - notariell (beurkundete) Treuhandverträge, wonach die (spätere) Ehefrau ihren Geschäftsanteil treuhänderisch für den (späteren) Ehemann als Treugeber hält und sich verpflichtet, das Stimmrecht entsprechend den Weisungen des Treugebers auszuüben
- - Treuhandverhältnis endet durch jederzeit ohne Einhaltung einer Frist mögliche Kündigung des Treugebers oder der Treuhänderin
- - bei Beendigung des Treuhandverhältnisses oder auf Verlangen des Treugebers ist die Treuhänderin zur Übertragung des Geschäftsanteils verpflichtet
- - Treuhänderin hat den Treugeber unwiderruflich bevollmächtigt, u. a. das Stimmrecht für sie auszuüben und über den Geschäftsanteil frei zu verfügen
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Der Ehemann besaß als Fremdgeschäftsführer keine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht, um eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm unangenehme Weisungen, jederzeit zu verhindern.
- - Er unterlag dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung und war verpflichtet, deren Weisungen oder — wie hier — Weisungen der Alleingesellschafterin zu jeder Geschäftsführungsangelegenheit zu befolgen.
- - Eine Einflussmöglichkeit auf solche Weisungen war dem Ehemann verwehrt, da er am Stammkapital der GmbH nicht beteiligter Fremdgeschäftsführer war.
- - Die Weisungsgebundenheit des Ehemannes war durch entsprechende Satzungsregelung weder aufgehoben noch eingeschränkt.
- - Ausgehend vom Grundsatz der Nachrangigkeit des Anstellungsvertrags zum gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis ändert der Geschäftsführervertrag, nach dem der Ehemann seine Geschäftsführertätigkeit weisungsunabhängig und frei gestalten konnte, an der Weisungsgebundenheit grundsätzlich nichts.
- - Im Geschäftsführeranstellungsvertrag geregelte Weisungsverbote wirken lediglich schuldrechtlich, begrenzen aber nicht die gesellschafts- und organrechtliche Pflicht zur Befolgung von Weisungen, es sei denn, die Beschränkung wird zusätzlich in den Gesellschaftsvertrag (Satzung) aufgenommen.
- - Der abhängigen Beschäftigung des Ehemannes als Fremdgeschäftsführer stand die frühere sog. "Kopf und Seele"-Rechtsprechung nicht entgegen.
- - Ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft ergab sich auch nicht aus dem notariellen Treuhandvertrag.
- - Ein Treuhandvertrag ist wegen seiner rein schuldrechtlichen Wirkung für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ohne Bedeutung.
- - Die Alleingesellschafterin war als Treuhänderin Inhaberin aller mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten. Insbesondere das Stimmrecht als wichtigstes Verwaltungsrecht stand grundsätzlich allein der Treuhänderin als der Inhaberin des GmbH-Geschäftsanteils und nicht dem Treugeber zu.
- - Der Treugeber konnte gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftern Gesellschafterrechte nicht aus eigenem Recht geltend machen.
- - Das Weisungsrecht des Treugebers gegenüber der Treuhänderin hatte lediglich schuldrechtliche Wirkung. Ein weisungswidriges Abstimmungsverhalten in der Gesellschafterversammlung oder durch die Alleingesellschafterin führte grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit gefasster Beschlüsse.
- - Nur in einer in das Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste Eingetragene können Gesellschafterrechte wahrnehmen und haften für fällige Gesellschafterpflichten.
- - Das Stimmrecht ist als wesentliches Element der gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaft an den die Gesellschafterstellung prägenden Geschäftsanteil gebunden.
- - Eine entsprechende Rechtsmacht des Ehemannes ergab sich auch nicht daraus, dass die Treuhänderin in Falle der Beendigung des Treuhandverhältnisses oder auf sein Verlangen hin verpflichtet war, den Geschäftsanteil auf diesen oder eine andere von ihm bezeichnete Person mit allen Rechten bedingungslos und ohne Entschädigung zu übertragen.
- - Für die Statusbestimmung ist ausschließlich die im zu beurteilenden Zeitraum tatsächlich verteilte, nicht aber eine nur nach weiteren Rechtshandlungen denkbare Rechtsmacht maßgebend.
- - Bei einer Übertragung des Geschäftsanteils gilt der Treugeber erst ab dem Tag der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister als Gesellschafter und damit als in der Gesellschafterversammlung stimmberechtigt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Treuhänderin als Gesellschafterin anzusehen, der im Innenverhältnis der Gesellschaft alle Gesellschaftsrechte, insbesondere auch das Stimmrecht zustehen.
- - Der abgeschlossene "Arbeitsvertrag" sowie der "GmbH-Geschäftsführervertrag" enthalten darüber hinaus typische Regelungen einer abhängigen Beschäftigung.
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51 | 12. 5. 2020 — B 12 R 5/18 R — (SozR 4-2400 § 7 Nr. 50; USK 2020-22; Die Beiträge Beilage 2021, 53-59) |
- - Gesellschafter-Geschäftsführerin (zunächst 10 % Kapitalbeteiligung)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen
- - Geschäftsführerdienstvertrag (Weisungen der Gesellschafterversammlung sind zu befolgen, ständige Verfügungsbereitschaft, gesamte Arbeitskraft ist einzubringen, festes Jahresgehalt, auf max. 25 % des festen Jahresgehalts beschränkte Gewinntantieme, Anspruch auf Jahresurlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
- - später Alleingesellschafterin
- - zugleich notarieller Treuhandvertrag (Treuhänderin für 3 Treugeber und jeweils 30 % Kapitalanteil bis auf deren einstimmigen Widerruf)
- - Treuhänderin bei Gesellschafterbeschlüssen zwingend an Weisungen der Treugeber gebunden
- - Treuhandverhältnis von Treugebern (einstimmig) und Treuhänderin nur aus wichtigem Grund kündbar
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis (Minderheitsgesellschafterin) Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis (Alleingesellschafterin/Treuhänderin) |
- - Die Geschäftsführerin war als Minderheitsgesellschafterin abhängig beschäftigt (keine Rechtsmacht).
- - Der Geschäftsführerdienstvertrag enthielt typische Regelungen für eine abhängige Beschäftigung.
- - Als Alleingesellschafterin unterlag die Geschäftsführerin nicht mehr dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung, denn sie bestimmte nunmehr ihre Geschäftsführertätigkeit und damit die Geschicke des Unternehmens.
- - Ein Treuhandvertrag war wegen seiner schuldrechtlichen Wirkung für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ohne Bedeutung. Dieses Ergebnis wird durch die fehlende Publizität von Treuhandabreden im Handelsregister untermauert.
- - Die Treuhänderin war als Alleingesellschafterin Inhaberin aller mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten. Insbesondere das Stimmrecht als das wichtigste Verwaltungsrecht stand grundsätzlich ihr allein und nicht den Treugebern zu.
- - Die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht hatte die Treuhänderin auch nicht deshalb eingebüßt, weil sie bei Beendigung des Treuhandverhältnisses verpflichtet war, Geschäftsanteile auf die Treugeber zu übertragen.
- - Für die Statusbestimmung ist ausschließlich die im zu beurteilenden Zeitraum tatsächlich verteilte, nicht aber eine nur nach weiteren Rechtshandlungen denkbare Rechtsmacht maßgebend.
- - Bei einer Übertragung des Geschäftsanteils gilt der Treugeber erst ab dem Tag der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister als Gesellschafter und damit als in der Gesellschafterversammlung stimmberechtigt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Treuhänderin als Gesellschafterin anzusehen, der im Innenverhältnis der Gesellschaft alle Gesellschaftsrechte, insbesondere auch das Stimmrecht zustehen.
- - Die mit der Aufnahme der Gesellschafterliste in das Handelsregister einhergehende Fiktion der Gesellschafterstellung schafft eine klare Zäsur, nach der sich die Rechte und Pflichten zwischen einer GmbH einerseits und Veräußerern sowie Erwerbern des Gesellschaftsanteils andererseits bestimmen.
- - Der in die Gesellschafterliste aufgenommene Gesellschafter kann bis zur Eintragung einer Veränderung die Gesellschafterrechte wahrnehmen und haftet für die bis dahin fällig werdenden Gesellschafterpflichten allein.
- - Der (noch) nicht in der Gesellschafterliste Eingetragene, aber materiell Berechtigte ist demgegenüber rechtlich gehindert, Gesellschafterrechte auszuüben und haftet grundsätzlich nicht für Pflichten aus dem Geschäftsanteil. Er muss sämtliche Rechtshandlungen zwischen Gesellschaft und bisher Legitimierten bis zu seiner Eintragung in die Gesellschafterliste gegen sich gelten lassen.
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52 | 12. 5. 2020 — B 12 R 11/19 R — (USK 2020-21; Die Beiträge Beilage 2020, 346-352) |
- - Gesellschafter-Geschäftsführer (90 % Kapitalbeteiligung)
- - ein weiterer Gesellschafter (10 % Kapitalbeteiligung)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit aller Stimmen, Änderung des Gesellschaftsvertrags mit 3/4-Mehrheit
- - Geschäftsführer-Dienstvertrag (Geschäftsführer an Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden, über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehende Geschäfte nur nach vorheriger Zustimmung der Gesellschafterversammlung, festes Jahresgrundgehalt, Anspruch auf Jahresurlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
- - notariell beurkundeter Treuhandvertrag (Treuhänder für 2 Treugeber und 60 % Geschäftsanteile bzw. 20 % Geschäftsanteile)
- - Treuhänder tritt Geschäftsanteile an Treugeber ab
- - Treuhänder darf Rechte und Pflichten der Treugeber bzgl. des jeweiligen Geschäftsanteils nur nach deren Anweisungen ausüben und über die Geschäftsanteile nur nach vorheriger Zustimmung der Treugeber verfügen
- - Treugeber unwiderruflich bevollmächtigt, die treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile sowie die Rechte daran an sich selbst oder an Dritte abzutreten
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Der Geschäftsführer war aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht als Mehrheitsgesellschafter nicht abhängig beschäftigt.
- - Der Geschäftsführer-Dienstvertrag enthielt zwar für eine Beschäftigung typische Regelungen, aufgrund seines Stammkapitalanteils (90 %) hatte der Geschäftsführer aber eine im Gesellschaftsrecht wurzende Rechtsmacht, mit der er eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm unangenehme Weisungen, jederzeit verhindern konnte.
- - Ein Treuhandvertrag ist wegen seiner schuldrechtlichen Wirkung für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ohne Bedeutung. Dieses Ergebnis wird durch die fehlende Publizität von Treuhandabreden im Handelsregister untermauert.
- - Der Geschäftsführer blieb auch als Treuhänder Inhaber aller mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten. Insbesondere das Stimmrecht als das wichtigste Verwaltungsrecht stand grundsätzlich allein ihm und nicht den Treugebern zu.
- - Etwas anderes ergab sich auch nicht aus der unwiderruflichen Bevollmächtigung der Treugeber, den jeweils treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil an sich selbst oder einen Dritten abzutreten.
- - Für die Statusbestimmung ist ausschließlich die im zu beurteilenden Zeitraum tatsächlich verteilte, nicht aber eine nur nach weiteren Rechtshandlungen denkbare Rechtsmacht maßgebend.
- - Bei einer Übertragung des Geschäftsanteils gilt der Treugeber erst ab dem Tag der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister als Gesellschafter und damit als in der Gesellschafterversammlung stimmberechtigt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Treuhänderin als Gesellschafterin anzusehen, der im Innenverhältnis der Gesellschaft alle Gesellschaftsrechte, insbesondere auch das Stimmrecht zustehen.
- - Die mit der Aufnahme der Gesellschafterliste in das Handelsregister einhergehende Fiktion der Gesellschafterstellung schafft eine klare Zäsur, nach der sich die Rechte und Pflichten zwischen einer GmbH einerseits und Veräußerern sowie Erwerbern des Gesellschaftsanteils andererseits bestimmen.
- - Der in die Gesellschafterliste aufgenommene Gesellschafter kann bis zur Eintragung einer Veränderung die Gesellschafterrechte wahrnehmen und haftet für die bis dahin fällig werdenden Gesellschafterpflichten allein.
- - Der (noch) nicht in der Gesellschafterliste Eingetragene, aber materiell Berechtigte ist demgegenüber rechtlich gehindert, Gesellschafterrechte auszuüben und haftet grundsätzlich nicht für Pflichten aus dem Geschäftsanteil. Er muss sämtliche Rechtshandlungen zwischen Gesellschaft und bisher Legitimierten bis zu seiner Eintragung in die Gesellschafterliste gegen sich gelten lassen.
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53 | 12. 5. 2020 — B 12 KR 30/19 R — (BSGE 130, 123-132; SozR 4-2400 § 7 Nr. 47; USK 2020-23; Die Beiträge Beilage 2021, 3-11; Breith 2021, 381-389) |
- - Familien-GmbH
- - Gesellschafter: Mutter (70 % Kapitalbeteiligung), Sohn (30 % Kapitalbeteiligung)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit, Beschlüsse über die Auflösung der Gesellschaft, die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, die Vertretung der Gesellschaft durch den/die Geschäftsführer, die Geschäftsführung, die Übertragung von Geschäftsanteilen mit 3/4-Mehrheit
- - zunächst Mutter alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführerin (ohne gesonderten Geschäftsführervertrag)
- - danach Vater als alleiniger Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen (mit Geschäftsführer-Anstellungsvertrag)
- - Mutter mit Arbeitsvertrag als Sachbearbeiterin für Auftragsbearbeitung, Beratung und Softwarepflege (Arbeitszeit 40 Wochenstunden, monatliches Festgehalt, Urlaubsanspruch)
- - nicht notariell beurkundeter Treuhandvertrag (Mutter als Treuhänderin für 40 % Stammkapital, Treugeber ist Vater)
- - Treuhänderin konnte nicht ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Treugebers über die Gesellschafterrechte verfügen und musste das Stimmrecht entsprechend den Weisungen des Treugebers ausüben
- - Treugeber war unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht und unwiderrufliche Verfügungsvollmacht über den treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil eingeräumt
- - Treuhänderin war bei Beendigung des Treuhandvertrags oder auf Verlangen des Treugebers verpflichtet, den Geschäftsanteil auf diesen oder eine von ihm bezeichnete Person zu übertragen.
- - Kündigung des Treuhandvertrags war für beide Seiten jederzeit ohne Kündigungsfrist möglich)
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis (Gesellschafter-Geschäftsführerin) Abhängiges Beschäftigungsverhältnis (Gesellschafterin/Treuhänderin und Sachbearbeiterin) |
- - Als Gesellschafter-Geschäftsführerin (Kapitalbeteiligung 70 %) verfügte die Mutter über eine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht, die sie in die Lage versetzte, jederzeit eine Einflussnahme auf ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin zu verhindern.
- - Der Treuhandvertrag stand dem nicht entgegen. Ein Treuhandvertrag ist wegen seiner schuldrechtlichen Wirkung für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ohne Bedeutung. Das gilt auch, wenn dem Treugeber eine unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht eingeräumt ist. Dieses Ergebnis wird durch die fehlende Publizität von Treuhandabreden im Handelsregister untermauert.
- - Die Treuhänderin war als Gesellschafterin Inhaberin aller mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten. Insbesondere das Stimmrecht als das wichtigste Verwaltungsrecht stand grundsätzlich ihr allein und nicht dem Treugeber zu.
- - Auch die dem Treugeber eingeräumte unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht entfaltete keine gesellschaftsrechtliche Wirkung zwischen den Vertragsparteien. Das Stimmrecht eines Gesellschafters ist ein wesentliches Element seiner gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaft und als solches an den die Gesellschafterstellung prägenden Geschäftsanteil gebunden.
- - Für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist maßgeblich, dass die Treuhänderin als Gesellschafterin nicht an einer eigenen Stimmabgabe unter Verdrängung des Vertreters gehindert war. Bei widersprechender Stimmabgabe von Vertreter und Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung ist allein die Stimme des Gesellschafters maßgebend.
- - Etwas anderes ergab sich auch nicht aus der unwiderruflichen Bevollmächtigung der Treugeber, den jeweils treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil an sich selbst oder einen Dritten abzutreten.
- - Für die Statusbestimmung ist ausschließlich die im zu beurteilenden Zeitraum tatsächlich verteilte, nicht aber eine nur nach weiteren Rechtshandlungen denkbare Rechtsmacht maßgebend.
- - Bei einer Übertragung des Geschäftsanteils gilt der Treugeber oder ein Dritter erst ab dem Tag der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister als Gesellschafter und damit als in der Gesellschafterversammlung stimmberechtigt. Bis zu diesem Zeitpunkt steht der Treuhänderin das aus dem Geschäftsanteil resultierende Stimmrecht zu.
- - Die mit der Aufnahme der Gesellschafterliste in das Handelsregister einhergehende Fiktion der Gesellschafterstellung schafft eine klare Zäsur, nach der sich die Rechte und Pflichten zwischen einer GmbH einerseits und Veräußerern sowie Erwerbern des Gesellschaftsanteils andererseits bestimmen.
- - Der in die Gesellschafterliste aufgenommene Gesellschafter kann bis zur Eintragung einer Veränderung die Gesellschafterrechte wahrnehmen und haftet für die bis dahin fällig werdenden Gesellschafterpflichten allein.
- - Der (noch) nicht in der Gesellschafterliste Eingetragene, aber materiell Berechtigte ist demgegenüber rechtlich gehindert, Gesellschafterrechte auszuüben und haftet grundsätzlich nicht für Pflichten aus dem Geschäftsanteil. Er muss sämtliche Rechtshandlungen zwischen Gesellschaft und bisher Legitimierten bis zu seiner Eintragung in die Gesellschafterliste gegen sich gelten lassen.
- - Die Mutter war in dem Zeitraum, in dem sie nicht mehr als Geschäftsführerin, sondern als Sachbearbeiterin für die GmbH tätig war, sozialversicherungspflichtig abhängig beschäftigt.
- - Die Ausübung dieser Tätigkeit war in die betriebliche Organisation der GmbH eingegliedert, der Arbeitsvertrag enthielt für eine abhängige Beschäftigung typische Regelungen.
- - Ein GmbH-Gesellschafter, der in der GmbH angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, besitzt allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben.
- - Das Weisungsrecht über die Angestellten der GmbH obliegt — sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist — nicht der Gesellschafterversammlung, sondern der laufenden Geschäftsführung.
- - Nur für Gesellschafter, die kraft ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer haben und damit nicht ihrerseits dessen Weisungen unterliegen, ist die Versicherungspflicht mangels abhängiger Beschäftigung ausgeschlossen.
- - Mit ihrem Stammkapitalanteil von 70 % war die Mutter bei ihrer Tätigkeit als Sachbearbeiterin für die GmbH an die Weisungen des zum alleinigen Geschäftsführer bestellten Vaters gebunden. Allein dieser führte die laufenden Geschäfte der GmbH, zu denen auch die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber den Beschäftigten der Gesellschaft gehörte.
- - Der Gesellschaftsvertrag sah weder Einschränkungen seiner Vertretungsbefugnis noch seines Weisungsrechts gegenüber den Beschäftigten vor. Insbesondere war der Gesellschafterversammlung nicht das Weisungsrecht gegenüber der Mutter im Allgemeinen und für bestimmte Einzelfälle vorbehalten.
- - Trotz Ihrer Stellung als Mehrheitsgesellschafterin (70 % Kapitalanteil) konnte die Mutter die Zuständigkeitsverteilung nicht ändern, die dem Geschäftsführer im Rahmen der laufenden Geschäftsführung auch die Dienstaufsicht über die Angestellten zuwies. Für alle Beschlüsse, die die Geschäftsführung betrafen, war eine Mehrheit von 75 % der Stimmen aller Gesellschafter erforderlich.
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54 | 7. 7. 2020 — B 12 R 17/18 R — (SozR 4-2400 § 7 Nr. 49; USK 2020-33; Die Beiträge Beilage 2021, 171-180) |
- - Berufsausübungsgemeinschaft in Form einer GmbH (Steuerberatungsgesellschaft)
- - 4 Gesellschafter-Geschäftsführer (Kapitalbeteiligungen: 25 %, 0,954 %, 37,02 % und 37,02 %)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit und Abstimmung nach Köpfen
- - notariell beurkundeter Verfügungs- und Stimmrechtspool als Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Gesamthandsvermögen durch 2 Gesellschafter
- - beide Poolmitglieder waren zur einheitlichen Stimmrechtsausübung gegen nicht gebundene GmbH-Gesellschafter nach einem jeweils zuvor gemeinsam gefassten Beschluss verpflichtet
- - Geschäftsführeranstellungsvertrag (die volle Arbeitskraft war zur Verfügung zu stellen, Nebentätigkeiten nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der GmbH, Festvergütung für Geschäftsführertätigkeit zuzüglich Tantiemen, Anspruch auf Erholungsurlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Es fehlt die notwendige gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht, um die Geschicke der GmbH maßgeblich zu gestalten oder nicht genehme Weisungen zu verhindern. Der Geschäftsführer ist in einen fremden Betrieb eingegliedert und führt kein eigenes Unternehmen.
- - Der Geschäftsführer unterliegt dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung und verfügt als Minderheitsgesellschafter und mit nur einer von 4 Stimmen nicht über eine Sperrminorität.
- - Die Annahme von Beschäftigung aufgrund der Rechtsmachtverhältnisse wird durch die Ausgestaltung des Geschäftsführeranstellungsvertrags bestätigt, der für eine abhängige Beschäftigung typische Regelungen enthält.
- - Fachliche Freiräume sind typisch für Dienste höherer Art, die im Rahmen funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess geleistet werden.
- - Die 2-seitige Poolvereinbarung der nach ihrem Wortlaut gegründeten Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts ist für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ohne Bedeutung.
- - Es handelt sich um eine außerhalb des Gesellschaftsvertrags getroffene schuldrechtliche Vereinbarung, die das satzungsmäßig eingeräumte Stimmrecht nach Köpfen unberührt lässt und jederzeit bzw. aus wichtigem Grund kündbar ist.
- - Die Poolvereinbarung erfüllt insbesondere auch nicht die formalen Anforderungen an eine Satzungsänderung, selbst wenn sie in Anwesenheit aller Gesellschafter und notariell beurkundet wurde.
- - Ein den Gesellschaftsvertrag einer GmbH abändernder Beschluss bedarf nicht nur einer Mehrheit von 3 Vierteilen der abgegebenen Stimmen, sondern zusätzlich der Eintragung in das Handelsregister. Nur dadurch wird auch dem bei der Statuszuordnung zu beachtenden Grundsatz der Klarheit und Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände Genüge getan.
- - Ein Stimmverzicht hat nur schuldrechtliche Wirkung. Eine isolierte Abspaltung des Stimmrechts von der Mitgliedschaft und Übertragung auf einen Mitgesellschafter kann durch die Poolvereinbarung nicht bewirkt werden.
- - Die für GmbH-Geschäftsführer geltenden Maßstäbe werden nicht berufsrechtlich überlagert. Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbständigkeit erfolgt grundsätzlich nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder.
- - Das StBerG und das Sozialversicherungsrecht verfolgen unterschiedliche Zwecke. Mit dieser unterschiedlichen Zielsetzung ist eine am Berufsrecht orientierte Auslegung des sozialversicherungsrechtlichen Begriffs der Beschäftigung nicht zu vereinbaren.
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55 | 8. 7. 2020 — B 12 R 2/19 R — (SozR 4-2400 § 7 Nr. 52; USK 2020-34; Die Beiträge Beilage 2021, 11-17; Breith 2021, 753-759) |
GmbH
- - GmbH Komplementärin einer GmbH & Co. KG
- - Ehemann Fremdgeschäftsführer
- - Ehefrau Alleingesellschafterin
- - Geschäftsführeranstellungsvertrag (Abberufung nur aus wichtigem Grund und mit Einverständnis des Geschäftsführers, keine Weisungen durch die GmbH, keine festen Arbeitszeiten, festes Jahresgehalt, zahlbar in 12 gleichen Raten, Anspruch auf Erstattung von Reisekosten und sonstigen Aufwendungen, private Nutzung firmeneigener Fahrzeuge und Jahresurlaub, keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
GmbH & Co. KG
- - 2 Kommanditisten: Ehemann (99 % Kommanditeinlage) und Ehefrau (1 % Kommanditeinlage)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit Mehrheit der Stimmen, Änderungen oder Ergänzungen des Gesellschaftsvertrags sowie Auflösung der Gesellschaft nur einstimmig
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Als Fremdgeschäftsführer der Komplementär-GmbH hatte der Ehemann nicht die notwendige gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht. Er unterlag dem Weisungsrecht der Ehefrau als deren Alleingesellschafterin.
- - Das Weisungsecht der Ehefrau war weder gesellschaftsvertraglich noch durch den Geschäftsführeranstellungsvertrag ausgeschlossen.
- - Ein Geschäftsführeranstellungsvertrag ist gegenüber dem gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis grundsätzlich nachrangig.
- - Rechtsmacht kann auch daraus resultieren, dass der (Fremd-)Geschäftsführer kraft seiner Stellung als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen der von ihm geführten Gesellschaft zu nehmen.
- - Beachtlich ist eine so abgeleitete Rechtsmacht aber nur, wenn sie ihrerseits im Gesellschaftsrecht wurzelt, also durch Gesellschaftsvertrag eindeutig geregelt ist und unmittelbar auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis durchschlägt.
- - Ein die abhängige Beschäftigung ausschließender Einfluss auf die Komplementär-GmbH wurde dem Ehemann durch seine Kommanditbeteiligung an der GmbH & Co. KG (99 % Kommanditeinlage) nicht vermittelt.
- - Den Weisungen seiner Ehefrau als Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH konnte der Ehemann kein eigenes gesetzliches oder durch Gesellschaftsvertrag vereinbartes Weisungsrecht kraft seiner Kommanditbeteiligung entgegensetzen.
- - Als Kommanditist stand ihm allenfalls die Befugnis zu, die Geschäftsführung für die GmbH & Co. KG in Bezug auf Grundlagen- und außergewöhnliche Geschäfte selbst zu bestimmen. Hingegen blieb er im Bereich der gewöhnlichen Geschäftsführung für die GmbH & Co. KG sowie für die Geschäftsführung der GmbH überhaupt an die Weisungen seiner Ehefrau gebunden, auch wenn sich die Geschäftstätigkeit der GmbH auf ihre Komplementärfunktion für die GmbH & Co. KG beschränkte.
- - Kommanditisten einer GmbH & Co. KG steht im Bereich der allein der Komplementär-GmbH obliegenden gewöhnlichen Geschäftsführung kein Weisungsrecht zu. Lediglich außergewöhnliche Handlungen bedürfen der Zustimmung der Kommanditisten.
- - Ob der Ehemann seine eigene Abberufung als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH verhindern konnte, kann dahinstehen. Die Möglichkeit, ein einzelnes Grundlagengeschäft auszuschließen, begründet nicht die für eine Selbständigkeit erforderliche Rechtsmacht.
- - Die Möglichkeit, die Komplementär-GmbH mit Mehrheitsbeschluss aus der GmbH & Co. KG auszuschließen, erfordert das Vorliegen eines wichtigen Grundes und würde nichts an der Verteilung der allein maßgeblichen Rechtsmachtverteilung innerhalb der Komplementär-GmbH ändern.
- - Die weisungsabhängige Geschäftsführertätigkeit des Ehemannes für die Komplementär-GmbH bliebe auch von einer Auflösung der GmbH & Co. KG unberührt.
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56 | 8. 7. 2020 — B 12 R 26/18 R — (BSGE 130, 282-290; SozR 4-2400 § 7 Nr. 51; USK 2020-35; Die Beiträge Beilage 2021, 40-47) |
GmbH (Tochterunternehmen)
- - B einzelvertretungsberechtigter Fremdgeschäftsführer
- - 2 weitere einzelvertretungsberechtigte Fremdgeschäftsführer
- - laut Gesellschaftsvertrag der GmbH: ausdrückliche vorherige Einwilligung der Gesellschafterversammlung für alle über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft hinausgehende, nicht abschließend aufgezählte Geschäfte erforderlich
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit, bestimmte Maßnahmen einstimmig
- - Alleingesellschafterin: H GmbH & Co. KG
- - Geschäftsführervertrag (monatliches Festgehalt, 13. Monatsgehalt, Anspruch auf Spesen, Aufwendungsersatz, Jahresurlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
H GmbH & Co. KG (Mutterunternehmen)
- - Kommanditisten: Geschäftsführer der Tochter-GmbH (zu je 1/3)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit, bestimmte, ausdrücklich genannte Beschlüsse (u. a. über die Stimmabgabe in Beteiligungsgesellschaften) einstimmig
- - Geschäftsführung allein durch Komplementär-GmbH, vertreten durch ihre Geschäftsführer
- - Komplementärin: V GmbH
V GmbH
- - 3 Geschäftsführer (wie Tochter-GmbH)
- - Gesellschafter: alle Geschäftsführer der Tochter-GmbH (zu je 1/3)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen
- - laut Gesellschaftsvertrag der V GmbH: kein Weisungsrecht ihrer Gesellschafter für die Geschäftsführung in H GmbH & Co. KG, maßgeblich ausschließlich die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags der KG
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - B war Fremdgeschäftsführer der GmbH (Tochterunternehmen) und unterlag als deren geschäftsführendes Organ dem Weisungsrecht der Alleingesellschafterin (H GmbH & Co. KG/Mutterunternehmen). Laut Gesellschaftsvertrag der GmbH waren Einzelweisungen an Ihn durch Gesellschafterbeschluss nicht untersagt und eine umfassende Sperrminorität nicht eingeräumt.
- - Aufgrund seiner Kommanditbeteiligung an der H GmbH & Co. KG hatte B dennoch einen die abhängige Beschäftigung ausschließenden beherrschenden Einfluss auf die GmbH.
- - Rechtsmacht kann auch daraus resultieren, dass der (Fremd-)Geschäftsführer kraft seiner Stellung als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen der von ihm geführten Gesellschaft zu nehmen.
- - Beachtlich ist eine so abgeleitete Rechtsmacht aber nur, wenn sie ihrerseits im Gesellschaftsrecht wurzelt, also durch Gesellschaftsvertrag eindeutig geregelt ist und unmittelbar auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis durchschlägt.
- - Allein die Kommanditbeteiligung an einer GmbH & Co. KG versetzt noch nicht in die Lage, die Geschicke einer GmbH als Tochtergesellschaft maßgeblich zu bestimmen.
- - Die Verwaltung bestehender Beteiligungen an anderen Gesellschaften einschließlich der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung einer Tochtergesellschaft ist eine gewöhnliche Geschäftstätigkeit der geschäftsführenden Komplementär-GmbH.
- - Ohne abweichendes Satzungsrecht steht den Kommanditisten eine GmbH & Co. KG im Bereich der allein der Komplementär-GmbH obliegenden gewöhnlichen Geschäftsführung grundsätzlich kein Weisungsrecht zu.
- - Nach dem Gesellschaftsvertrag der V GmbH stand deren Gesellschaftern für die Geschäftsführung der H GmbH & Co. KG kein Weisungsrecht zu, maßgeblich waren ausschließlich die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags der KG.
- - Eine die abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht des B in der GmbH (Tochtergesellschaft) ergab sich im Sinne einer umfassenden Sperrminorität aus dem Einwilligungserfordernis der Gesellschafterversammlung der H GmbH & Co. KG (Mutterunternehmen) bei der Stimmabgabe in Beteiligungsgesellschaften.
- - Der Gesellschaftsvertrag der der H GmbH & Co. KG (Mutterunternehmen) legte für die Stimmabgabe in Beteiligungsgesellschaften die vorherige Einwilligung der Gesellschafterversammlung fest. Die geschäftsführende V GmbH (Komplementärin) durfte danach das Stimmrecht für die H GmbH & Co. KG (Mutterunternehmen) in der Gesellschafterversammlung der GmbH (Tochterunternehmen) nur mit Zustimmung der Kommanditisten (einstimmiger Beschluss) ausüben.
- - Mit seinem Kommanditanteil von 1/3 an der H GmbH & Co. KG konnte B zwar keine Beschlüsse über deren Abstimmungsverhalten in der Gesellschafterversammlung des Tochterunternehmens herbeiführen, verfügte aber über eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte") Sperrminorität in Bezug auf das Stimmverhalten der H GmbH & Co. KG als Alleingesellschafterin der GmbH (Tochterunternehmen).
- - Unerheblich ist, dass sich diese Sperrminorität nicht umfassend auf die gesamte Unternehmenstätigkeit der H GmbH & Co. KG erstreckte. Maßgebend sind allein die Rechtsmachtverhältnisse zwischen B und der GmbH (Tochterunternehmen).
- - B war an der Ausübung der Sperrminorität nicht durch ein Stimmverbot gehindert. Weisungen der Gesellschafterversammlung an einen Gesellschafter-Geschäftsführer sind lediglich interne Willensbildung und keine Rechtsgeschäfte mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer.
- - Ein Stimmrechtsausschluss aus wichtigem Grund steht einer die abhängige Beschäftigung ausschließenden umfassenden ("echten" oder "qualifizierten") Sperrminorität nicht entgegen. Wenn gegen einen Gesellschafter gesellschaftsrechtlich bedeutsame Maßnahmen ergriffen werden sollen, ist der Betroffene selbst zur Vermeidung des "Richtens in eigener Sache" grundsätzlich vom Stimmrecht ausgeschlossen. Dies betrifft auch Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer, denen jedenfalls die für ihre Selbständigkeit hinreichende Weisungsfreiheit dennoch erhalten bleibt. Eine hiervon abweichende Bewertung ist auch bzgl. einer (ansonsten) umfassenden Sperrminorität nicht gerechtfertigt.
- - Bei wirksamer Ressortaufteilung innerhalb der Geschäftsführung ist die Verantwortlichkeit des einzelnen Geschäftsführers auf eine entsprechende Überwachung der anderen Geschäftsführer reduziert. Die unentziehbare und unverzichtbare Verantwortung jedes einzelnen Geschäftsführers für die Führung der Geschäfte im Ganzen bleibt gleichwohl unberührt.
- - Die gesellschaftsvertraglich geregelte ausdrückliche vorherige Einwilligung der Gesellschafterversammlung für über den gewöhnlichen Betrieb der GmbH (Tochtergesellschaft) hinausgehende Geschäfte der Geschäftsführer schließt die Selbständigkeit des B nicht aus. Trotz dieser gesellschaftsvertraglichen Beschränkungen unter Aufzählung beispielhaft aufgeführter Geschäfte verblieb ein weisungsfreier und nicht zustimmungspflichtiger Aufgabenbereich.
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57 | 8. 7. 2020 — B 12 R 4/19 R — (SozR 4-2400 § 7 Nr. 53; USK 2020-36) |
F GmbH & Co. KG (Familienunternehmen V GmbH
- - Komplementärin der F KG
- - Geschäftsführer: Bruder und Schwester
- - Gesellschafter: Bruder (20 % Kapitalbeteiligung), Schwester (20 % Kapitalbeteiligung), Mutter (60 % Kapitalbeteiligung)
dann:
- - Alleingesellschafterin : H GmbH & Co. KG
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen
F KG
- - Kommanditisten: Bruder (20 % Kommanditeinlage), Schwester (20 % Kommanditeinlage), Mutter (60 % Kommanditeinlage)
dann:
- - alleinige Kommanditistin: H GmbH & Co. KG
- - Dienstvertrag mit Bruder über Geschäftsführertätigkeit (festes Jahresgehalt, zahlbar in 12 Monatsbeträgen, Anspruch auf Ersatz von Spesen, Jahresurlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
- - nach dem Gesellschaftsvertrag war allein die V GmbH (Komplementärin) zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen
mit notariellem Vertrag: Übertragung der Geschäftsanteile der V GmbH und der Kommanditeinlagen an der F-KG auf die Holding GmbH & Co. KG (H GmbH & Co. KG)
H GmbH & Co. KG
H V GmbH
- - Komplementärin der H KG
- - Gesellschafter: Bruder (20 % Kapitalbeteiligung), Schwester (20 % Kapitalbeteiligung), Mutter (60 % Kapitalbeteiligung)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen
H KG
- - Kommanditisten: Bruder (20 % Kommanditeinlage), Schwester (20 % Kommanditeinlage), Mutter (60 % Kommanditeinlage
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen
- - nach dem Gesellschaftsvertrag: Erteilung von Weisungen der H KG an die H V GmbH (Komplementärin) nur mit zustimmendem Beschluss der Gesellschafterversammlung
- - Stimmbindungsvertrag der Kommanditisten: Gesellschafterbeschlüsse der H GmbH & Co. KG nur einstimmig mit "Ja" oder "Nein"
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Der Bruder war als Geschäftsführer Beschäftigter der F GmbH & Co. KG.
- - Obwohl der Dienstvertrag mit der F KG geschlossen wurde, war der Bruder nur Organ der V GmbH (Komplementärin) (sog. Drittanstellung).
- - Eine organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis bei der F KG lag schon wegen der dort geregelten alleinigen Berechtigung der Komplementärin (V GmbH) zur Geschäftsführung nicht vor.
- - Als mitarbeitender Kommanditist einer KG unterlag der Bruder grundsätzlich dem allgemeinen Direktions- und Weisungsrecht der KG, das jedoch von der Komplementär-GmbH als Geschäftsführerin der KG ausgeübt wurde.
- - Auch als Gesellschafter der V GmbH (20 % Kapitalanteil) konnte er keinen maßgeblichen Einfluss nehmen.
- - Weisungen der Kommanditisten unterlag die V GmbH (Komplementärin) im Bereich der gewöhnlichen Geschäftsführung nicht.
- - Der Dienstvertrag wies maßgebliche Gesichtspunkte einer abhängigen Beschäftigung auf.
- - Ein beherrschender Einfluss ergab sich auch nicht aus der Beteiligung an der H KG und der H V GmbH.
- - Rechtsmacht kann auch daraus resultieren, dass der (Fremd-)Geschäftsführer kraft seiner Stellung als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen der von ihm geführten Gesellschaft zu nehmen.
- - Beachtlich ist eine so abgeleitete Rechtsmacht aber nur, wenn sie ihrerseits im Gesellschaftsrecht wurzelt, also durch Gesellschaftsvertrag eindeutig geregelt ist und unmittelbar auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis durchschlägt.
- - Nach notarieller Übertragung der Kommanditeinlagen auf die H GmbH & Co. KG war diese zwar alleinige Kommanditistin der F GmbH & Co. KG und der Bruder Kommanditist der H KG, Kommanditisten sind von der Führung der Geschäfte einer GmbH & Co. KG aber ausgeschlossen und können einer Handlung der Komplementärin nicht widersprechen, es sei denn, sie gehen über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes einer Gesellschaft hinaus.
- - Die Verwaltung bestehender Beteiligungen an anderen Gesellschaften einschließlich der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung einer Tochtergesellschaft ist eine gewöhnliche Geschäftstätigkeit der geschäftsführenden Komplementär-GmbH.
- - Ohne abweichendes Satzungsrecht steht den Kommanditisten eine GmbH & Co. KG damit im Bereich der allein der Komplementär-GmbH obliegenden gewöhnlichen Geschäftsführung grundsätzlich kein Weisungsrecht zu.
- - Abweichend kann zwar gesellschaftsvertraglich ein Weisungsrecht der Kommanditisten gegenüber der Komplementär-GmbH vereinbart sein, der auf seiner Kommanditeinlage (20 %) beruhende gesellschaftsrechtliche Einfluss des Bruders reichte aber nicht aus.
- - Ist es dem Bruder gesellschaftsrechtlich nicht möglich, eine Weisung an die H V GmbH herbeizuführen, fehlt ihm zugleich die Rechtsmacht, einen Beschluss dieser GmbH über die Stimmabgabe für die H KG in der Komplementär-GmbH der F GmbH & Co. KG hinsichtlich einer Weisung an ihn als deren Geschäftsführer zu verhindern.
- - Der Stimmbindungsvertrag hat schon deshalb keine Rechtsmacht vermittelt, weil er ein Einstimmigkeitserfordernis vorsah und insofern eine Stimmabgabe nur zusammen mit den weiteren Kommanditisten (Schwester und Mutter) möglich war.
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58 | 8. 7. 2020 — B 12 R 6/19 R — (USK 2020-37; RegNr. 34007) |
- - Familienunternehmen
- - D O GmbH (Tochtergesellschaft)
- - Sohn Fremdgeschäftsführer
- - Alleingesellschafterin: D GmbH & Co. KG (Muttergesellschaft/D KG)
- - Geschäftsführervertrag (festes Monatsgehalt, Anspruch auf Spesen und Aufwendungsersatz, bezahlten Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
D KG (Muttergesellschaft)
- - Komplementärin (ohne Kapitalbeteiligung): D Geschäftsführungs GmbH (D G GmbH)
- - Kommanditisten: Sohn (49 % Kommanditeinlage), Vater (51 % Kommanditeinlage)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (je 1 000 EUR eine Stimme, Komplementärin (ohne vermögensmäßige Beteiligung) mit einer Stimme
- - laut Gesellschaftsvertrag: zur Geschäftsführung ist allein die Komplementärin berechtigt, alle über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehende Maßnahmen und Rechtshandlungen nur nach vorheriger Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit mindestens 75 % der abgegebenen Stimmen
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- - Es kann noch nicht beurteilt werden, ob dem Sohn aufgrund eines ihm möglicherweise als Kommanditisten eingeräumten Weisungsrechts oder ggf. als Gesellschafter der D G GmbH eine hinreichende Rechtsmacht in der Gesellschafterversammlung der D O GmbH (Tochtergesellschaft) zukam.
- - Als Fremdgeschäftsführer hatte der Sohn keinen maßgeblichen Einfluss auf die D O GmbH (Tochtergesellschaft) Alleinige Gesellschafterin der Tochtergesellschaft war die D KG (Muttergesellschaft), deren Weisungsrecht der Sohn als geschäftsführendes Organ der D O GmbH unterlag.
- - Der Gesellschaftsvertrag der D O GmbH untersagte Einzelweisungen an den Geschäftsführer durch Gesellschafterbeschluss nicht.
- - Der Geschäftsführerdienstvertrag weist typische Elemente einer abhängigen Beschäftigung auf.
- - Beherrschender Einfluss bestand auch nicht aufgrund der Kommanditbeteiligung des Sohnes an der D KG (Muttergesellschaft).
- - Rechtsmacht kann auch daraus resultieren, dass der (Fremd-)Geschäftsführer kraft seiner Stellung als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen der von ihm geführten Gesellschaft zu nehmen.
- - Beachtlich ist eine so abgeleitete Rechtsmacht aber nur, wenn sie ihrerseits im Gesellschaftsrecht wurzelt, also durch Gesellschaftsvertrag eindeutig geregelt ist und unmittelbar auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis durchschlägt.
- - Allein die Kommanditbeteiligung an einer GmbH & Co. KG versetzt noch nicht in die Lage, die Geschicke einer GmbH als Tochtergesellschaft maßgeblich zu bestimmen.
- - Die Verwaltung bestehender Beteiligungen an anderen Gesellschaften einschließlich der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung einer Tochtergesellschaft ist eine gewöhnliche Geschäftstätigkeit der geschäftsführenden Komplementär-GmbH.
- - Kommanditisten eine GmbH & Co. KG steht im Bereich der allein der Komplementär-GmbH obliegenden gewöhnlichen Geschäftsführung grundsätzlich kein Weisungsrecht zu.
- - Von der Möglichkeit, im Gesellschaftsvertrag ein Weisungsrecht der Kommanditisten gegenüber der Komplementär-GmbH zu vereinbaren, hat die D KG (Muttergesellschaft) keinen Gebrauch gemacht.
- - Sofern die Komplementärin zur Durchführung von Maßnahmen und Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen, die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung der D KG (mindestens 75 % der abgegebenen Stimmen) bedurfte, konnte der Sohn mit seiner Kapitalbeteiligung (49 %) lediglich Maßnahmen der außergewöhnlichen Geschäftsführung verhindern und verfügte somit nicht über eine umfassende Sperrminorität.
- - Faktisch weisungswidriges Verhalten ist sozialversicherungsrechtlich irrelevant. Für die Statusbeurteilung kommt es nur auf die gesellschaftsvertraglich eingeräumte Rechtsmacht an.
- - Im Übrigen hat das LSG keine Feststellungen zu den Gesellschaftern und zum Inhalt des Gesellschaftsvertrags der D G GmbH getroffen.
- - Damit kann nicht beurteilt werden, ob den Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag der D G GmbH ein Weisungsrecht gegenüber dem Geschäftsführer der Komplementärin eingeräumt war oder ob dem Sohn aufgrund einer Gesellschafterstellung (Mehrheits- oder mit einer umfassenden Sperrminorität ausgestatteter Minderheitsgesellschafter) innerhalb der Komplementär-GmbH der Muttergesellschaft eine ausschlaggebende Rechtsmacht zukam.
- - Eine abhängige Beschäftigung wäre nicht schon dann ausgeschlossen, wenn die Muttergesellschaft eine Einheits-KG wäre.
- - Die Besonderheit einer Einheits-KG besteht darin, dass sie Alleingesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH ist. Damit ist die Komplementär-GmbH persönlich haftende Gesellschafterin der KG und gleichzeitig deren Tochtergesellschaft.
- - Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer Einheits-KG kann darum niemals als Gesellschafter (unmittelbar) an der Komplementär-GmbH beteiligt sein.
- - Als alleiniger Gesellschafterin der Komplementär-GmbH stehen ausschließlich der GmbH & Co. KG alle Gesellschafterrechte aus den Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH zu. Nur die KG übt folglich auch das Weisungsrecht, dem der Geschäftsführer unterliegt, in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH mit einheitlicher Stimme aus.
- - Der Sohn konnte mit 49 % Kommanditanteilen keine Gesellschafterbeschlüsse der Komplementärin über die Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung der D O GmbH (Tochtergesellschaft) herbeiführen oder verhindern. Auch in der Einheit-KG bestand nur eine auf außergewöhnliche Geschäftsführung bezogene, aber keine umfassende Sperrminorität. Die Stimmabgabe der D KG (Muttergesellschaft) in der Gesellschafterversammlung der D O GmbH (Tochtergesellschaft) gehört aber zur gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, die der Komplementär-GmbH obliegt.
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59 | 8. 7. 2020 — B 12 R 1/19 R — (SozR 4-2400 § 7 Nr. 48; USK 2020-38) |
GmbH & Co. KG (Einheits-KG)
- - Kommanditisten: K und 3 weitere Gesellschafter (jeweils 25 % Kommanditeinlage)
- - Komplementärin: GmbH ohne eigene Kapitalbeteiligung
- - laut Gesellschaftsvertrag: Kommanditisten geschäftsführungsbefugt hinsichtlich der Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH.; Komplementär-GmbH kann Vertretungsbefugnis nur nach Weisung der Kommanditisten ausüben
- - entsprechende Beschlüsse mit Mehrheit der stimmberechtigten Kommanditisten
- - durch schriftlich gefassten Beschluss der Kommanditisten formwirksame Änderung des KG-Gesellschaftsvertrags: K "und" ein weiterer Geschäftsführer (jeweils mindestens 25 % Kommanditeinlage) können nicht überstimmt werden
- - Gehaltszahlung an K (Geschäftsführer Komplementär-GmbH) durch GmbH & Co. KG
Komplementär-GmbH
- - K einer von 2 einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern
- - Alleingesellschafterin: GmbH & Co. KG
- - Geschäftsführervertrag (freie Gestaltung der Arbeitszeit, Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, festes Jahresgehalt zahlbar in 12 monatlichen Raten und Gewinntantieme)
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Als Fremdgeschäftsführer hatte K keinen maßgeblichen gesellschaftsvertraglich eingeräumten Einfluss auf die GmbH (Komplementärin). Weil deren Alleingesellschafterin die GmbH & Co. KG war (Einheits-KG), konnte K an der Komplementär-GmbH auch nicht als Gesellschafter (unmittelbar) beteiligt sein.
- - Der Geschäftsführervertrag wies typische Elemente einer abhängigen Beschäftigung auf.
- - Einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Komplementär-GmbH stand nicht entgegen, dass das Geschäftsführergehalt von der GmbH & Co. KG gezahlt wurde. Die Vergütung kann im Gesellschaftsvertrag der KG vereinbart werden, auch wenn ein Anstellungs(dienst)vertrag zwischen der KG und dem Geschäftsführer nicht besteht.
- - Beherrschender Einfluss auf die Komplementär-GmbH bestand auch nicht wegen der Kommanditbeteiligung des K an der GmbH & Co. KG.
- - Rechtsmacht kann auch daraus resultieren, dass der (Fremd-)Geschäftsführer kraft seiner Stellung als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen der von ihm geführten Gesellschaft zu nehmen.
- - Beachtlich ist eine so abgeleitete Rechtsmacht aber nur, wenn sie ihrerseits im Gesellschaftsrecht wurzelt, also durch Gesellschaftsvertrag eindeutig geregelt ist und unmittelbar auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis durchschlägt.
- - Die Besonderheit einer Einheits-KG besteht darin, dass sie Alleingesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH ist. Damit ist die Komplementär-GmbH persönlich haftende Gesellschafterin der KG und gleichzeitig deren Tochtergesellschaft.
- - In einer Einheits-KG übt die Komplementär-GmbH die Gesellschafterrechte aus den Anteilen an ihrem Stammkapital selbst aus.
- - Im Gesellschaftsvertrag der KG kann die Geschäftsführungsbefugnis und die Ausübung des Stimmrechts im Hinblick auf die von der KG gehaltenen Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH den Kommanditisten übertragen werden.
- - Durch den Gesellschaftsvertrag der KG war K aber kein beherrschender Einfluss auf die Komplementär-GmbH oder eine Sperrminorität bei der Ausübung des Weisungsrechts eingeräumt. Einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss aller stimmberechtigten Kommanditisten konnte K (25 % Stimmanteil) weder herbeiführen noch verhindern.
- - Durch schriftlich gefassten Beschluss ihrer Kommanditisten kann der Gesellschaftsvertrag einer KG formwirksam geändert werden, der — anders als der Gesellschaftsvertrag einer GmbH — grundsätzlich keinem Formzwang unterliegt und nicht in das Handelsregister einzutragen ist, was auch für Änderungen des Gesellschaftsvertrags einer KG gilt.
- - Der Beschluss der Kommanditisten, wonach K "und" ein weiterer bezeichneter Kommanditist nicht überstimmt werden konnten, räumte K nicht eindeutig eine Sperrminorität im Sinne einer umfassenden und unbeschränkten Verhinderungsmacht ein. Er erlaubte auch die Auslegung, dass K nur zusammen mit einem weiteren Kommanditisten nicht überstimmt werden könne, weshalb keine sozialversicherungsrechtlich beachtliche Sperrminorität beschlossen war.
- - Das Postulat der Vorhersehbarkeit prägt das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung und unterscheidet es ggf. auch von Wertungen des — an anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten — Gesellschaftsrechts.
- - Auch wenn durch die Wahl der Gesellschaftsform die formalen Voraussetzungen für die Ausgestaltung der Rechtsmachtverhältnisse in der GmbH abgesenkt werden können, gilt dies nicht auch für die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit gesellschaftsrechtlicher Regelungen.
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60 | 23. 2. 2021 — B 12 R 18/18 R — (USK 2021-5; RegNr. 34073; DStR 2021, 2477-2480) |
GmbH (beherrschte Tochtergesellschaft)
- - K Fremdgeschäftsführer
- - Alleingesellschafterin: MAM-GmbH (beherrschende Mutter-GmbH)
- - Beherrschungsvertrag
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit
MAM-GmbH (beherrschende Muttergesellschaft)
- - 4 Gesellschafter Geschäftsführer
- - K nur Gesellschafter (10 % Kapitalbeteiligung)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit 91 % der Stimmen
- - einstimmiger Gesellschafterbeschluss der Muttergesellschaft zur Geschäftsführung bei der Tochtergesellschaft: grundsätzlich können alle Entscheidungen nur mit einer qualifizierten Mehrheit von 91 % gefasst werden, sodass die Sperrminorität auch auf alle Entscheidungen der Tochtergesellschaft Anwendung findet; K ist nicht durch einzelne Gesellschafter oder die Gesellschafterversammlung weisungsgebunden; K kann die Tochtergesellschaft "in der Funktion eines Hauptgeschäftsführers", insbesondere in näher bezeichneten Geschäftsfeldern, "alleinvertretungsberechtigt führen und nach außen vertreten."
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - K hatte als Fremdgeschäftsführer (Tochtergesellschaft) nicht die Rechtsmacht, Weisungen an sich als Geschäftsführer zu verhindern. Alleinige Gesellschafterin war die MAM-GmbH, deren Weisungsrecht der Fremdgeschäftsführer als geschäftsführendes Organ der Tochtergesellschaft unterlag.
- - Einzelweisungen an ihn durch Gesellschafterbeschluss waren durch den Gesellschaftsvertrag der Tochtergesellschaft nicht ausgeschlossen.
- - Rechtsmacht kann auch daraus resultieren, dass der (Fremd-)Geschäftsführer kraft seiner Stellung als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen der von ihm geführten Gesellschaft zu nehmen.
- - Beachtlich ist eine so abgeleitete Rechtsmacht aber nur, wenn sie ihrerseits im Gesellschaftsrecht wurzelt, also durch Gesellschaftsvertrag eindeutig geregelt ist und unmittelbar auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis durchschlägt.
- - Die Gesellschafterversammlung einer Muttergesellschaft kann auf die Ausübung von Gesellschafterrechten in einer Tochtergesellschaft regelmäßig nur durch Weisungen an ihre Geschäftsführung Einfluss nehmen.
- - Die Verwaltung bestehender Beteiligungen an anderen Gesellschaften einschließlich der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung einer Tochtergesellschaft ist eine gewöhnliche Geschäftstätigkeit, die in den Aufgabenbereich der Geschäftsführung, nicht aber der Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft fällt. Gesellschafterbeschlüsse auf der Ebene einer Tochtergesellschaft erfordern regelmäßig keinen Zustimmungsbeschluss der Gesellschafter des Mutterunternehmens.
- - K hatte auch über seine Beteiligung an der MAM-GmbH (Muttergesellschaft), nicht die Rechtsmacht, jederzeit Weisungen der Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft an sich zu verhindern. Er verfügte zwar über eine umfassende Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft, war aber nicht zu deren Geschäftsführer bestellt und konnte ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft nicht verhindern, weil nicht die Gesellschafterversammlung, sondern die Geschäftsführung der Muttergesellschaft die Beteiligungsrechte in der Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft ausübte.
- - Der Gesellschaftsvertrag der MAM-GmbH (Muttergesellschaft) regelte weder eine abweichende Zuständigkeit für Maßnahmen der gewöhnlichen Geschäftsführung noch ein Zustimmungserfordernis zur Ausübung der Gesellschafterrechte in der Tochtergesellschaft durch die Geschäftsführung der MAM-GmbH. Eine Weisung gegenüber der Geschäftsführung der MAM-GmbH hätte einer Mehrheit von 91 % bedurft, über die K nicht verfügte.
- - Auch seine Funktion als alleinvertretungsberechtigter "Hauptgeschäftsführer" räumte K nicht die Rechtsmacht ein, Weisungen an sich zu verhindern. Die Alleinvertretungsbefugnis eines Geschäftsführers führt lediglich dazu, dass die GmbH gerichtlich und außergerichtlich ohne Beteiligung der übrigen Geschäftsführer vertreten werden kann. Die Weisungsgebundenheit gegenüber den Gesellschaftern im Innenverhältnis bleibt unberührt.
- - Eine mit der Tätigkeit als "Hauptgeschäftsführer", insbesondere in näher bezeichneten Geschäftsbereichen, möglicherweise verbundene Aufteilung in Haupt- und Nebenressorts innerhalb der Geschäftsführung würde nichts an der unentziehbaren und unverzichtbaren Verantwortung jedes einzelnen Geschäftsführers für die Führung der Geschäfte im Ganzen ändern.
- - Der Beherrschungsvertrag führt zu keiner sozialversicherungsrechtlich maßgeblichen Änderung der Weisungsgebundenheit des K als Fremdgeschäftsführer der Tochtergesellschaft. Die Geschäftsführung des herrschenden Unternehmens ist berechtigt, der Geschäftsführung der beherrschten Gesellschaft hinsichtlich deren Leitung unmittelbar ohne Umweg über die Gesellschafterversammlung Weisungen zu erteilen.
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61 | 29. 6. 2021 — B 12 R 8/19 R — (USK 2021-35; Die Beiträge Beilage 2021, 446-451) |
- - B Gesellschafter mit "Generalhandlungsvollmacht für branchenübliche Geschäfte" (50 % Kapitalbeteiligung)
- - weiterer Gesellschafter alleiniger Geschäftsführer (50 % Kapitalbeteiligung)
- - Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit, bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt
- - laut Gesellschaftsvertrag bedarf Geschäftsführung für über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehende Geschäfte der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, es kann insoweit eine Geschäftsordnung beschlossen werden
- - laut nicht notariell beurkundeter Geschäftsordnung bedarf es der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu allen Maßnahmen, die in ungewöhnlichem Ausmaß in den Vermögensstand, die Organisation oder den Charakter der GmbH eingreifen; Abschluss, Änderung und Beendigung von Anstellungsverträgen mit Gesellschaftern und Wahrnehmung hieraus resultierender Rechte und Pflichten, insbesondere etwaige Weisungsrechte aus Anstellungs- oder Dienstverträgen sind Aufgabe der Gesellschafterversammlung und zustimmungsbedürftige Geschäftsführungsmaßnahmen; Verstöße gegen Geschäftsordnung sind wichtiger Grund für außerordentliche Beendigung des Geschäftsführungsverhältnisses
- - Anstellungsvertrag als kaufmännischer Angestellter (40 Wochenstunden, festgelegte Arbeitszeit. festes Monatsgehalt, Jahresurlaub, Reisekostenerstattung)
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
- - Durch seine Gesellschafterstellung konnte B bezogen auf seine Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall nicht verhindern.
- - Trotz seiner hälftigen Beteiligung am Stammkapital war er rechtlich an die Weisungen des Geschäftsführers gebunden. Allein dieser führte zunächst die laufenden Geschäfte, zu denen auch die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber den Beschäftigten der Gesellschaft gehörte.
- - Der Gesellschaftsvertrag sah weder eine Einschränkung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführung noch ihres Weisungsrechts gegenüber Angestellten der Gesellschaft vor. Insbesondere war der Gesellschafterversammlung im Gesellschaftsvertrag nicht das Weisungsrecht gegenüber B im Allgemeinen oder für bestimmte Einzelfälle vorbehalten.
- - B war weder in der Lage, diese Zuständigkeitsverteilung zu ändern, noch konnte er im Einzelfall eine Weisung des Geschäftsführers an sich verhindern, Wegen der für einen Beschluss der Gesellschafterversammlung notwendigen Mehrheit der Stimmen aller Gesellschafter konnte er keinen, eine Weisung abwendenden Beschluss der Gesellschafterversammlung herbeiführen. Bei gegensätzlicher Stimmabgabe führte sein Stimmrecht zu Stimmengleichheit und damit zur Ablehnung des Antrags.
- - Allein die bloße Möglichkeit, einen Gesellschafterbeschluss zu verhindern, schließt die Dienstaufsicht der Geschäftsführung über die Angestellten nicht aus.
- - Auch die Geschäftsordnung hat die rechtliche Weisungsgebundenheit des B nicht entfallen lassen.
- - Die Verschiebung der Rechtsmachtverhältnisse in der GmbH durch eine Geschäftsordnung ist nur dann sozialversicherungsrechtlich relevant möglich, wenn sie die Voraussetzungen einer Änderung des Gesellschaftsvertrags erfüllt oder zumindest bereits im Gesellschaftsvertrag getroffene Regelungen zu den Weisungsbefugnissen konkretisiert. Beides ist nicht der Fall.
- - Die Übertragung der Organbefugnisse der Geschäftsführung auf die Gesellschafterversammlung hätte einer notariell beurkundeten und ins Handelsregister eingetragenen Änderung des Gesellschaftsvertrags bedurft.
- - Eine Konkretisierung des Gesellschaftsvertrags durch die Geschäftsordnung ist auch nicht erfolgt. Der Gesellschaftsvertrag sieht Regelungen zur Kompetenzverteilung zwischen Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung durch die Geschäftsordnung nicht vor.
- - Die B erteilte notariell beglaubigte Generalhandlungsvollmacht ändert die Rechtsmachtverhältnisse ebenfalls nicht. Sie berechtigt zwar zu allen branchenüblichen Geschäfts- und Rechtshandlungen und damit insoweit auch zur Verpflichtung der GmbH im Außenverhältnis, räumt ihm jedoch keine besondere Stellung im Hinblick auf das Weisungsrecht der Geschäftsführung ein. Zudem hätte die Vollmacht widerrufen werden und B dies kraft seiner Gesellschafterstellung nicht verhindern können.
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