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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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§ 39 SGB XI Ziff. 1. RS 2023/06
§ 39 SGB XI Ziff. 1. RS 2023/06, Allgemeines
(1) Ist eine Pflegeperson an der Pflege gehindert, hat eine pflegebedürftige Person ab dem Pflegegrad 2 für die Dauer von bis zu 6 Wochen (42 Kalendertage) je Kalenderjahr Anspruch auf Verhinderungspflege. Pflegebedürftige Personen mit Pflegegrad 4 und 5, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, haben einen Anspruch auf Verhinderungspflege von bis zu 8 Wochen (56 Kalendertagen) je Kalenderjahr. Für den Anspruch ist entscheidend, dass bei Beginn der Verhinderungspflege das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet ist und der Pflegegrad 4 oder 5 vorliegen.
An der Pflege gehinderte Pflegepersonen sind Angehörige, der Lebenspartner bzw. die Lebenspartnerin, Nachbarn, Bekannte oder sonstige Personen, die eine pflegebedürftige Person nicht erwerbsmäßig in der Häuslichkeit pflegen (im Sinne des § 19 SGB XI). Pflegekräfte einer zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtung nach § 72 SGB XI und Pflegekräfte mit denen die Pflegekasse einen Einzelvertrag nach § 77 SGB XI geschlossen hat sowie Betreiber und Pflegekräfte ambulant betreuter Wohngruppen, sind keine an der Pflege gehinderte Pflegepersonen im Sinne des § 39 SGB XI.
(2) Für die Verhinderungspflege kann die Pflegekasse im Einzelfall bis zu 1 612 EUR im Kalenderjahr übernehmen; die Zahlung bezieht sich dabei auf das Kalenderjahr und nicht auf die Pflegeperson(en). Ergänzend kann der Leistungsbetrag um bis zu 806 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege nach § 42 Absatz 2 Satz 2 SGB XI auf insgesamt 2 418 EUR im Kalenderjahr erhöht werden (vgl. Ziffer 2.7). Abweichend hiervon kann für die Verhinderungspflege bei einer pflegebedürftigen Person mit Pflegegrad 4 oder 5, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, der Leistungsbetrag um bis zu 1 774 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege nach § 42 Absatz 2 Satz 2 SGB XI auf insgesamt 3 386 EUR erhöht werden. Wird die Verhinderungspflege durch Pflegepersonen sichergestellt, die mit der pflegebedürftigen Person bis zum 2. Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihr in häuslicher Gemeinschaft leben, gilt dies nur insoweit, als im Zusammenhang mit der Verhinderungspflege weitere notwendige Aufwendungen nachgewiesen werden (vgl. § 39 Absatz 3 Satz 3 und 4 SGB XI). Wird die Verhinderungspflege durch Pflegepersonen durchgeführt, die mit der pflegebedürftigen Person bis zum 2. Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihr in häuslicher Gemeinschaft leben, sind die Aufwendungen der Pflegekasse grundsätzlich auf die Höhe des 1,5-fachen in dem jeweiligen Pflegegrad festgelegten Pflegegeldbetrages nach § 37 Absatz 1 SGB XI für bis zu 6 Wochen (42 Tage) beschränkt. Bei pflegebedürftigen Personen mit Pflegegrad 4 oder 5, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind die Aufwendungen in diesem Fall grundsätzlich auf die Höhe des 2-fachen in dem jeweiligen Pflegegrad festgelegten Pflegegeldbetrages nach § 37 Absatz 1 SGB XI für bis zu 8 Wochen (56 Kalendertage) beschränkt. Bei einer pflegebedürftigen Person des Pflegegrades 5 ist der Leistungsbetrag der Verhinderungspflege auf 1 612 EUR begrenzt.
Eine Begrenzung des Leistungsanspruchs entsprechend der Kürzungsvorschrift des Pflegegeldes nach § 37 Absatz 2 Satz 1 SGB XI (vgl. Ziffer 2.2.1 zu § 37 SGB XI) auf einen Tagessatz von 1/42 bzw. 1/56 bei pflegebedürftigen Personen mit Pflegegrad 4 oder 5, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, für die tatsächlichen Tage, an denen die Verhinderungspflege durchgeführt wurde, erfolgt nicht (BSG, Urteil vom 12. 7. 2012; Az.: B 3 P 6/11 R). Inwieweit die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen angemessen ist, ist stets im Einzelfall zu prüfen. Dabei sind die konkreten und persönlichen Verhältnisse der pflegebedürftigen Person und der Ersatzpflegeperson zu berücksichtigen, wie z. B. der Umfang und Inhalt der pflegebedingten Aufwendungen, Art und Schwere der Beeinträchtigungen der pflegebedürftigen Person, Wohnortentfernung der Ersatzpflegeperson, (zeitlicher) Organisationsaufwand der Ersatzpflegeperson (insbesondere bei kurzfristig erforderlicher Verhinderungspflege).
Insgesamt ist der Anspruch auf Verhinderungspflege in 2-facher Hinsicht — von der Dauer her und auf einen Höchstbetrag — begrenzt. Für die Leistungsgewährung der Verhinderungspflege hat die pflegebedürftige Person die entstandenen Kosten nachzuweisen (z. B. über Quittung, Rechnung, Kontoauszug).
Sofern die Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI hinsichtlich der Dauer ausgeschöpft sind, kann ein eventuell noch verbleibender Leistungsbetrag bis maximal 806 EUR ebenfalls für die Verhinderungspflege verwendet werden. Bei pflegebedürftigen Personen mit Pflegegrad 4 oder 5, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, kann ein noch verbleibender Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 bis zu 100 v. H. und damit bis maximal 1 774 EUR verwendet werden.
(3) Im Rahmen der Verhinderungspflege ist zwischen einer nicht erwerbsmäßigen und einer erwerbsmäßigen Verhinderungspflege zu unterscheiden. So kann die Verhinderungspflege zum einen durch eine private, nicht erwerbsmäßig pflegende Person (z. B. Angehörige, Lebenspartner, Nachbarn, Bekannte) und zum anderen durch eine zugelassene Pflegeeinrichtung nach § 72 SGB XI (z. B. ambulante Pflegedienste, Familienentlastende Dienste) sowie andere nicht zugelassene Dienste, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit die Verhinderungspflege durchführen (z. B. Dorfhelfer-/innen, Betriebshilfsdienste), erbracht werden.
(4) Bei Empfängern von Pflegegeld besteht neben dem Anspruch auf Verhinderungspflege zusätzlich ein Anspruch auf Fortzahlung des Pflegegeldes in Höhe der Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes für bis zu 6 Wochen im Kalenderjahr. Bei pflegebedürftigen Personen mit Pflegegrad 4 oder 5, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht der Anspruch auf Fortzahlung eines hälftigen Pflegegeldes hingegen für die Dauer von bis zu 8 Wochen im Kalenderjahr. Abweichend davon wird für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege das Pflegegeld in voller Höhe gezahlt (vgl. Ziffer 2.2.3 zu § 37 SGB XI).
(5) Bei stundenweiser Leistungserbringung ist auch eine Inanspruchnahme von Verhinderungspflege möglich. Ist in diesen Fällen die Pflegeperson weniger als 8 Stunden am Tag verhindert, so erfolgt ausschließlich eine Anrechnung auf den Höchstbetrag von 1 612 EUR, nicht aber auf die Höchstdauer von 42 Tagen bzw. 56 Tagen bei pflegebedürftig Personen mit Pflegegrad 4 oder 5, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben. Bei pflegebedürftigen Personen mit Pflegegrad 4 oder 5, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist jeder Tag als eigenständiger Zeitraum zu betrachten. Entscheidend für die Anrechnung auf die Höchstdauer ist der tatsächliche Verhinderungszeitraum der Pflegeperson und nicht die Dauer der Inanspruchnahme der Ersatzpflegeperson (oder des Pflegedienstes, des familienentlastenden Dienstes etc.). Ist die Pflegeperson beispielsweise an 8 Stunden verhindert und wird die Verhinderungspflege nur an 2 Stunden in Anspruch genommen, erfolgt sowohl eine Anrechnung auf den Höchstbetrag als auch eine Anrechnung auf die Höchstdauer von 42 Tagen bzw. 56 Tagen bei pflegebedürftigen Personen mit Pflegegrad 4 oder 5, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Bei einer stundenweisen Verhinderung der Pflegeperson von weniger als 8 Stunden besteht wie bisher ein Anspruch auf das volle Pflegegeld. Erfolgt eine stundenweise Leistungserbringung durch eine nicht erwerbsmäßig pflegende Person, sollte eine entsprechende Beratung durch die Pflegekasse erfolgen. Wird die stundenweise Verhinderungspflege durch nicht erwerbsmäßig pflegende Ersatzpflegepersonen erbracht, die nicht mit der pflegebedürftigen Person bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sind, wie beispielsweise Nachbarn, besteht der Anspruch der Verhinderungspflege in Höhe des Leistungsbetrags nach § 39 Absatz 1 SGB XI. Wird die Ersatzpflege hingegen durch Ersatzpflegepersonen erbracht, die mit der pflegebedürftigen Person gemeinsam im Haushalt leben oder mit ihr bis zum 2. Grade verwandt oder verschwägert sind, ist der Anspruch auf Verhinderungspflege nach § 39 Absatz 3 Satz 1 SGB XI auf die Höhe des Pflegegeldes begrenzt (vgl. auch Ziffer 2.2). Da es bei einer stundenweisen Verhinderung zu keiner Kürzung des Pflegegeldes kommt, kann es für die pflegebedürftige Person günstiger sein, keine Verhinderungspflege zu beantragen, da der Anspruch auf Verhinderungspflege sowieso auf die Höhe des Pflegegeldes begrenzt ist und bei einem Verzicht auf Beantragung der Verhinderungspflege der Gesamtanspruch in Höhe von 1 612 EUR durch die stundenweise Verhinderung der Pflegeperson nicht geschmälert wird.
Beispiel 1:
Die Pflegeperson einer pflegebedürftigen Person des Pflegegrades 2 ist vom 4. 4. bis 9. 4. (6 Kalendertage) in der Zeit von 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr (9 Stunden) verhindert. Die Verhinderungspflege wird von der nicht mit der pflegebedürftigen Person in häuslicher Gemeinschaft lebenden Tochter in der Zeit von 9:00 Uhr bis 16:00 Uhr (7 Stunden) erbracht. Es werden Kosten in Höhe von 120 EUR nachgewiesen.
Kostenübernahme für die Verhinderungspflege | = 120 EUR |
Berechnung der Pflegegeldansprüche: | |
für den 4. 4. und 9. 4. volles Pflegegeld (332 EUR x 2 : 30) | = 22,13 EUR |
vom 5. 4. bis 8. 4. hälftiges Pflegegeld (166 EUR x 4 : 30) | = 22,13 EUR |
Ergebnis:
Da es sich bei der Tochter um eine Verwandte bis zum 2. Grade handelt, ist eine Kostenübernahme bis zur Höhe des 1,5-fachen Betrags des Pflegegeldes (498 EUR) möglich. Da dieser Betrag nicht überschritten wird, können die nachgewiesenen Kosten in Höhe von 120 EUR übernommen werden.
Im laufenden Kalenderjahr besteht noch ein Restanspruch auf Verhinderungspflege in Höhe von 1 492 EUR (1 612 EUR - 120 EUR). Da die Pflegeperson täglich 9 Stunden verhindert ist, erfolgt ebenfalls eine Anrechnung auf die Höchstdauer von 42 Tagen, sodass noch ein Restanspruch von 36 Kalendertagen besteht.
Aufgrund der Verhinderung der Pflegeperson von mehr als 8 Stunden wird für 4 Tage (5. 4. bis 8. 4.) das Pflegegeld in Höhe der Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes fortgezahlt. Für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege wird das volle Pflegegeld gezahlt.
Beispiel 2:
Die Pflegeperson eine pflegebedürftigen Person des Pflegegrades 3 ist erstmalig vom 9. 6. bis 10. 6. (2 Kalendertage) in der Zeit von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr (8 Stunden) verhindert. Es werden Kosten in Höhe von 200 EUR geltend gemacht. Vom 16. 6. bis 20. 6. (5 Kalendertage) ist die Pflegeperson erneut verhindert, dieses Mal in der Zeit von 9:00 Uhr bis 15:00 Uhr (6 Stunden). Hierfür werden Kosten in Höhe von 500 EUR nachgewiesen. Die Verhinderungspflege wird jeweils von der nicht mit der pflegebedürftigen Person in häuslicher Gemeinschaft lebenden Tochter jeweils in der Zeit von 10:00 Uhr bis 15:00 Uhr erbracht.
Verhinderungszeitraum vom 9. 6. bis 10. 6. | |
Kostenübernahme für die Verhinderungspflege | = 200 EUR |
Berechnung des Pflegegeldanspruches: | |
vom 9. 6. bis 10. 6. volles Pflegegeld (573 EUR x 2 : 30) | = 38,20 EUR |
Verhinderungszeitraum vom 16. 6. bis 20. 6. | |
Kostenübernahme für die Verhinderungspflege | = 500 EUR |
Berechnung des Pflegegeldanspruches: | |
vom 16. 6. bis 20. 6. volles Pflegegeld (573 EUR x 5 : 30) | = 95,50 EUR |
Ergebnis:
Da es sich bei der Tochter um eine Verwandte bis zum 2. Grade handelt, ist eine Kostenübernahme bis zur Höhe des 1,5-fachen Betrags des Pflegegeldes (859,50 EUR) möglich. Da dieser Betrag nicht überschritten wird, können die nachgewiesenen Kosten in Höhe von 700 EUR (200 EUR + 500 EUR) erstattet werden. Im laufenden Kalenderjahr besteht noch ein Restanspruch auf Verhinderungspflege in Höhe von 912 EUR (1 612 EUR - 700 EUR). Da die Pflegeperson in dem Verhinderungszeitraum vom 9. 6. bis 10. 6. täglich an 8 Stunden verhindert ist, erfolgt eine Anrechnung auf die Höchstdauer von 42 Tagen, sodass noch ein Restanspruch auf 40 Kalendertage besteht. Das Pflegegeld wird für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege in voller Höhe gezahlt (Verhinderungszeitraum 9. 6. bis 10. 6.).
Eine Anrechnung der Verhinderungstage vom 16. 6. bis 20. 6. auf die Höchstanspruchsdauer erfolgt nicht, da die Pflegeperson täglich nur 6 Stunden verhindert ist. Aus diesem Grund wird das Pflegegeld in voller Höhe weitergezahlt.
Sofern der Leistungsanspruch der Verhinderungspflege im laufenden Kalenderjahr der Dauer, nicht aber der Höhe nach bereits ausgeschöpft wurde, kann der nicht verbrauchte Leistungsbetrag der Verhinderungspflege für die stundenweise Verhinderungspflege von weniger als 8 Stunden täglich in Anspruch genommen werden.
Die Kosten der Verhinderungspflege können bis zum Höchstbetrag von 1 612 EUR ohne anteilige Kürzung zusätzlich zur (ungekürzten) Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI erstattet werden. Dies kann im Einzelfall — bei einer pflegebedürftigen Person des Pflegegrades 5 — dazu führen, dass in einem Monat bis zu 3 812 EUR von der Pflegekasse übernommen werden. Somit ist die üblicherweise anfallende Sachleistung auch im Falle der Verhinderung der Pflegeperson weiterhin als Sachleistung nach § 36 SGB XI abzurechnen.
(2) Auf die Dauer des Leistungsanspruchs nach § 39 SGB XI wird die Zeit einer Leistungsgewährung nach § 42 SGB XI nicht angerechnet.
Beispiel 3:
Urlaub der Pflegeperson vom 1. 3. bis 11. 4. (42 Kalendertage) = Kostenübernahme für Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI.
Erkrankung der Pflegeperson vom 1. 5. bis 28. 5. (28 Kalendertage) = Gewährung von Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI.
(3) Der Anspruch auf Ersatzpflege entsteht mit jedem Kalenderjahr neu. Hieraus folgt, dass ein
- - am 31. 12. eines Jahres bestehender oder an diesem Tag endender,
- - vor dem 31. 12. eines Jahres abgelaufener
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