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BAG 27.04.2022 - 10 AZR 400/20
BAG 27.04.2022 - 10 AZR 400/20 - Tarifliche Jahressonderzahlung - Bemessungsgrundlage - Berechnung der Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L - Berücksichtigung von Zeiten und Vergütungen eines vorangegangenen Arbeitsverhältnisses
Normen
§ 20 Abs 1 TV-L, § 20 Abs 2 TV-L, § 20 Abs 3 S 1 TV-L
Vorinstanz
vorgehend ArbG Paderborn, 28. Februar 2020, Az: 3 Ca 86/20, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 2. Juli 2020, Az: 15 Sa 478/20, Urteil
Tenor
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1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Juli 2020 - 15 Sa 478/20 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Höhe der Jahressonderzahlung für das Jahr 2019.
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Die Klägerin war seit dem 15. September 2005 bei dem beklagten Land als Lehrkraft im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auf Grundlage des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) mit einem Stundenumfang von 21 Wochenstunden und einem Bruttomonatsentgelt von 5.408,60 Euro (Entgeltgruppe 13 TV-L) beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis endete aufgrund Erreichens der Regelaltersgrenze im Februar 2019 nach § 33 Abs. 1 Buchst. a iVm. § 44 Nr. 4 TV-L zum Schuljahresende mit dem 31. Juli 2019. Mit Schreiben vom 25. April 2019 teilte das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW der Klägerin dies mit und wies daraufhin, dass eine Weiterbeschäftigung gemäß § 33 Abs. 5 TV-L nur erfolgen könne, wenn ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen werde oder wenn das Hinausschieben der Altersgrenze gemäß § 41 SGB VI vertraglich mit der Dienststelle vereinbart worden sei. Letzteres ist nicht geschehen. Unter dem 5. Juli 2019 schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. August 2019 bis zum 11. Juni 2020 in dem ebenfalls der TV-L in Bezug genommen wird. Die Beschäftigung erfolgte im Umfang von vier Wochenstunden bei einem Bruttomonatsentgelt nach Entgeltgruppe 13 TV-L in den Monaten August und September 2019 iHv. 881,99 Euro.
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§ 20 TV-L in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:
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„§ 20
Jahressonderzahlung
(1) Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung.
(2) 1Die Jahressonderzahlung beträgt bei Beschäftigten in den Entgeltgruppen
im Kalenderjahr
2019
12 und 13
48,54 vH
der Bemessungsgrundlage nach Absatz 3. …
(3) 1Bemessungsgrundlage im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 ist das monatliche Entgelt, das den Beschäftigten in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlt wird; … 2Der Bemessungssatz bestimmt sich nach der Entgeltgruppe am 1. September. 3Bei Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. August begonnen hat, tritt an die Stelle des Bemessungszeitraums der erste volle Kalendermonat des Arbeitsverhältnisses; anstelle des Bemessungssatzes der Entgeltgruppe am 1. September tritt die Entgeltgruppe des Einstellungstages. …
Protokollerklärung zu § 20 Absatz 3:
1Bei der Berechnung des durchschnittlich gezahlten monatlichen Entgelts werden die gezahlten Entgelte der drei Monate addiert und durch drei geteilt; dies gilt auch bei einer Änderung des Beschäftigungsumfangs. 2Ist im Bemessungszeitraum nicht für alle Kalendertage Entgelt gezahlt worden, werden die gezahlten Entgelte der drei Monate addiert, durch die Zahl der Kalendertage mit Entgelt geteilt und sodann mit 30,67 multipliziert. …
(4) 1Der Anspruch nach den Absätzen 1 bis 3 vermindert sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 haben. …
(5) 1Die Jahressonderzahlung wird mit dem Tabellenentgelt für November ausgezahlt. …“
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Mit der Abrechnung für den Monat November 2019 erhielt die Klägerin eine Jahressonderzahlung iHv. 428,12 Euro brutto, die auf Grundlage des Bruttoentgelts der Monate August und September 2019 errechnet wurde. Eine höhere, unter Berücksichtigung auch des Bruttoentgelts des Monats Juli 2019 errechnete Sonderzahlung lehnte das beklagte Land nach außergerichtlicher Geltendmachung durch die Klägerin ab.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, auch ihre Vergütung für den Monat Juli 2019 sei in die Berechnung der Jahressonderzahlung einzubeziehen. Sie sei im Jahr 2019 nahtlos mit unveränderter Tätigkeit bei dem beklagten Land beschäftigt gewesen. Das befristete Arbeitsverhältnis sei auch vor dem 31. August des Jahres begründet worden. Im Übrigen handele es sich um einen einheitlichen Arbeitsvertrag.
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Die Klägerin hat beantragt,
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das beklagte Land zu verurteilen, an sie 732,74 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 4. Januar 2020 zu zahlen.
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Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es hat die Auffassung vertreten, Bemessungsgrundlage für die Jahressonderzahlung sei nach der tariflichen Bestimmung nur das Entgelt aus dem Arbeitsverhältnis, das am 1. Dezember des Jahres bestanden habe.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision strebt die Klägerin weiterhin die Verurteilung des beklagten Landes zur Zahlung einer höheren Jahressonderzahlung an.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat ihre Berufung gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat für das Jahr 2019 keinen Anspruch auf eine höhere Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L. Der Bemessungszeitraum bestimmt sich - wovon das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeht - nach dem anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnis. Deshalb war nur das monatliche Entgelt aus der Zeit vom 1. August 2019 bis zum 30. September 2019 zu berücksichtigen. Den danach gegebenen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 428,12 Euro brutto hat das beklagte Land erfüllt.
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1. Nach § 20 Abs. 1 TV-L haben Beschäftigte Anspruch auf eine Jahressonderzahlung, wenn sie am 1. Dezember in einem Arbeitsverhältnis stehen. Die Höhe der Jahressonderzahlung errechnet sich nach § 20 Abs. 2 Satz 1 TV-L aus dem Bemessungssatz, der mit der Bemessungsgrundlage multipliziert wird. Bemessungsgrundlage und Bemessungssatz werden in § 20 Abs. 3 TV-L bestimmt. § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L sieht vor, dass als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 2 TV-L grundsätzlich auf das in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlte monatliche Entgelt abzustellen ist. Es kommt nicht auf das tatsächlich gezahlte, sondern auf das für die Referenzmonate tatsächlich zustehende Entgelt an (vgl. BAG 16. November 2011 - 10 AZR 549/10 - Rn. 10). § 20 Abs. 3 Satz 2 TV-L bestimmt, dass sich der Bemessungssatz nach der Entgeltgruppe richtet, in die der Arbeitnehmer am 1. September fällt. Davon abweichend regelt § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. August begonnen hat, dass der erste volle Kalendermonat, in dem das Arbeitsverhältnis bestand, als Bemessungszeitraum heranzuziehen ist. Für den Bemessungssatz ist in diesem Fall die Entgeltgruppe des Einstellungstags maßgeblich.
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2. Der Bemessungssatz steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Um die Bemessungsgrundlage iSv. § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L zu ermitteln, können als Bemessungszeitraum aber entgegen der Auffassung der Revision nur Zeiten des anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnisses herangezogen werden. Dessen Bedingungen sollen sich in der Höhe der Jahressonderzahlung abbilden (vgl. schon BAG 22. März 2017 - 10 AZR 623/15 - Rn. 22, BAGE 158, 340). Zeiten einer früheren Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber sind grundsätzlich unerheblich. Dies gilt sowohl in den Fällen, in denen das am 1. Dezember des Kalenderjahres bestehende Arbeitsverhältnis vor dem 31. August des Kalenderjahres begonnen hat als auch in Fällen, in denen der Beginn dieses Arbeitsverhältnisses nach diesem Stichtag liegt. Dies hat der Senat bereits entschieden und ausführlich begründet (BAG 14. Juli 2021 - 10 AZR 485/20 - Rn. 13 ff.). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen. Neue, vom Senat nicht bereits behandelte Argumente werden von der Revision nicht vorgebracht.
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3. Danach ist im Streitfall für den Bemessungszeitraum nach § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L nur die Zeit ab dem 1. August 2019 bis zum 30. September 2019 von Bedeutung. Das vorhergehende Arbeitsverhältnis der Parteien hat nach § 33 Abs. 1 Buchst. a iVm. § 44 Nr. 4 TV-L mit Ablauf des 31. Juli 2019 geendet; ein Hinausschieben der Altersgrenze nach § 41 Satz 3 SGB VI ist nicht erfolgt. Vielmehr schlossen die Parteien nach den nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mit Wirkung ab dem 1. August 2019 einen neuen, befristeten Arbeitsvertrag zu veränderten Arbeitsbedingungen. Damit handelt es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht um eine bloße Abänderung und Fortführung des ursprünglichen Arbeitsvertrags, sondern um ein neues Arbeitsverhältnis im Tarifsinn. Für Zwecke der Bestimmung der zutreffenden Höhe der Jahressonderzahlung ist deshalb ausschließlich auf die Höhe des Bruttomonatsentgelts während des Laufs dieses Arbeitsverhältnisses abzustellen. Ob zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen ein enger sachlicher Zusammenhang bestand, ist - wie das Landesarbeitsgericht zu Recht annimmt - für die Anwendung des § 20 TV-L unerheblich (vgl. BAG 22. März 2017 - 10 AZR 623/15 - Rn. 24 ff., BAGE 158, 340). Soweit die Revision zuletzt meint, das beklagte Land habe die Klägerin getäuscht und seine Fürsorgepflicht verletzt, kann sich daraus kein anderes Verständnis des § 20 TV-L und kein höherer Anspruch auf eine Jahressonderzahlung ergeben. Andere Ansprüche sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
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4. Die Berechnung der Höhe der Jahressonderzahlung ist unter Berücksichtigung der Bruttomonatsentgelte der Monate August und September 2019 vom beklagten Land zutreffend erfolgt; dies wird auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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W. Reinfelder
Wemheuer
Pessinger
Claudia Scheck
C. Beuß
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