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BAG 29.09.2020 - 9 AZR 113/19
BAG 29.09.2020 - 9 AZR 113/19 - Urlaubsabgeltung - Befristung des Urlaubs nach § 15 Manteltarifvertrag für die privaten und öffentlichen Banken vom 22. April 2009 - Präklusion
Normen
§ 7 Abs 1 BUrlG, § 7 Abs 3 BUrlG, § 7 Abs 4 BUrlG, § 1 BUrlG, § 3 Abs 1 BUrlG, § 1 TVG, § 322 Abs 1 ZPO, § 563 Abs 3 ZPO
Vorinstanz
vorgehend ArbG München, 11. April 2018, Az: 36 Ca 9795/17, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht München, 16. Januar 2019, Az: 8 Sa 348/18, Urteil
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 16. Januar 2019 - 8 Sa 348/18 - aufgehoben.
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2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Der Kläger nimmt - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - die Beklagte auf Abgeltung von zehn Tagen tariflichen Mehrurlaubs aus dem Jahr 2015 in Anspruch.
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Die Beklagte, ein Sparkassenverband in der Rechtsform einer öffentlichen Körperschaft, beschäftigte den Kläger vom 15. Mai 1992 bis zum 30. Juni 2017. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der Manteltarifvertrag für die privaten und öffentlichen Banken vom 22. April 2009 (MTV) Anwendung. Der MTV sieht ua. folgende Regelungen vor:
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„§ 15 Erholungsurlaub
1.
Der Erholungsurlaub wird für das laufende Kalenderjahr gewährt.
Er beträgt - unabhängig von individuellen Arbeitszeitschwankungen - 30 Arbeitstage. Als Arbeitstage gelten alle Werktage mit Ausnahme der Sonnabende.
2.
Schwerbehinderte haben Anspruch auf einen Zusatzurlaub von 6 Arbeitstagen im Jahr.
3.
Im Verlauf des Kalenderjahres eintretende oder ausscheidende Arbeitnehmer erhalten für jeden Beschäftigungsmonat, in dem sie mindestens 15 Kalendertage dem Betrieb angehört haben, 1/12 des vollen Jahresurlaubs, aufgerundet auf volle Arbeitstage.
4.
Der Erholungsurlaub soll unter möglichster Berücksichtigung der Wünsche jedes einzelnen Arbeitnehmers, der Familienverhältnisse und der Schulferien, erteilt werden. Er soll in größere Abschnitte aufgeteilt werden, von denen einer mindestens 3 Wochen umfasst.
5.
Arbeitnehmern im ungekündigten Arbeitsverhältnis können im Dezember in begründeten Fällen bis zu 5 Urlaubstage im Vorgriff auf das Folgejahr gewährt werden.
6.
Kann der Erholungsurlaub nicht mehr vor dem Ausscheiden gewährt werden, so ist er durch Zahlung eines entsprechenden Gehaltsteils (1/21 des Monatsgehalts für jeden Arbeitstag) abzugelten.
7.
Aus anderen Gründen darf der Erholungsurlaub nicht durch Zahlung abgegolten werden. Während des Erholungsurlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten. Handelt er dieser Bestimmung zuwider, so entfällt der Anspruch auf Gehaltszahlung für diese Urlaubstage. Bereits gezahlte Gehaltsbezüge sind zurückzuerstatten.
8.
Das Fernbleiben in Folge Krankheit darf nicht auf den Erholungsurlaub angerechnet werden.
9.
Günstigere gesetzliche Regelungen bleiben unberührt.“
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Unter dem 5. August 2013 schlossen die Parteien einen „Vertrag für Altersteilzeitarbeit“ (Altersteilzeitarbeitsvertrag). Hierin vereinbarten sie, ihr Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 1. Januar 2014 bis zum 30. September 2015 und einer sich unmittelbar anschließenden Freistellungsphase bis zum 30. Juni 2017 fortzuführen. Die Beklagte zahlte an den Kläger zuletzt eine Bruttovergütung iHv. 3.500,65 Euro.
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Der Kläger war vom 27. Juli bis 30. September 2015 krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Am 1. Oktober 2015 standen dem Kläger noch 22 Urlaubstage aus dem Jahr 2015 zu.
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Im Jahr 2016 nahm der Kläger die Beklagte klageweise auf die Abgeltung von 22 Urlaubstagen aus dem Jahr 2015 in Anspruch. Mit rechtskräftigem Urteil vom 15. Dezember 2016 (- 13 Ca 6905/16 -) wies das Arbeitsgericht die Klage ab. Der Tenor der Entscheidung lautet: „Die Klage wird abgewiesen.“ In den Entscheidungsgründen heißt es ua. wie folgt:
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„Die Klage ist bereits nicht zulässig, wäre aber wohl auch unbegründet. …
Die Voraussetzungen für eine Klage auf zukünftige Zahlung gemäß §§ 257, 259 ZPO liegen nicht vor. Ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO für den Hilfsantrag ist nicht gegeben ...
Selbst wenn man zugunsten des Klägers annehmen würde, dass die Klage als zulässig anzusehen ist, … wäre ein Urlaubsabgeltungsanspruch nicht gegeben.“
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Im hiesigen Rechtsstreit hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Abgeltungsverpflichtung der Beklagten ergebe sich aus der tariflichen Vorschrift des § 15 Nr. 6 MTV. Der MTV etabliere ein eigenständiges Urlaubsregime mit der Folge, dass der Anspruch auf Tarifurlaub keiner Befristung unterliege.
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Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zuletzt beantragt,
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an ihn 1.666,98 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2017 zu zahlen.
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Der Beklagte hat die Abweisung der Klage ua. mit der Begründung beantragt, der Urlaub, dessen Abgeltung der Kläger verlange, sei spätestens mit Ablauf des 31. März 2017 verfallen. Den Tarifbestimmungen könne nicht der Wille der Tarifvertragsparteien entnommen werden, den Arbeitnehmern abweichend von den gesetzlichen Befristungsregelungen in § 7 Abs. 3 BUrlG einen unbefristeten Anspruch auf Urlaub einzuräumen.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageziel, die vollständige Abweisung der Klage, weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts durfte die Berufung der Beklagten nicht zurückgewiesen werden. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf zehn Arbeitstage tariflichen Mehrurlaubs aus dem Jahr 2015 zustand, den die Beklagte mit einem Betrag iHv. 1.666,98 Euro brutto abzugelten hat. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben und die Sache nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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I. Das Landesarbeitsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, die Beklagte sei gemäß § 15 Nr. 6 MTV zur Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs des Klägers aus dem Jahr 2015 verpflichtet, weil der MTV keine auf den Urlaub bezogenen Befristungsregelungen enthalte. Aus dem Fehlen einer tarifvertraglichen Befristungsregelung folgt nicht, dass der tarifliche Mehrurlaub dem Arbeitnehmer unbefristet zusteht. Vielmehr gilt in diesem Fall für den tariflichen Mehrurlaub das gesetzliche Befristungsregime des § 7 Abs. 3 Satz 1 bis Satz 3 BUrlG. Dieses greift jedoch nur ein, wenn der Arbeitgeber zuvor seiner Obliegenheit genügt hat, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen. In diesem Fall ist der tarifliche Urlaubsanspruch grundsätzlich auf das Kalenderjahr befristet (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG). Eine Übertragung des Urlaubs auf die ersten drei Monate des nächsten Kalenderjahres ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen (§ 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BUrlG).
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1. Die Tarifvertragsparteien können Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie (Richtlinie 2003/88/EG) gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln. Diese Befugnis schließt die Befristung des tariflichen Mehrurlaubs ein. Für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, den tariflichen Mehrurlaub einem eigenen, von dem des gesetzlichen Mindesturlaubs abweichenden Fristenregime zu unterstellen, müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen solche, ist von einem Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf tariflichen Mehrurlaub auszugehen. Ein Gleichlauf ist nicht gewollt, wenn die Tarifvertragsparteien entweder bei der Befristung und Übertragung bzw. beim Verfall des Urlaubs zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub unterschieden oder sich vom gesetzlichen Fristenregime gelöst und eigenständige, vom BUrlG abweichende Regelungen zur Befristung und Übertragung bzw. zum Verfall des Urlaubsanspruchs getroffen haben (vgl. BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 541/15 - Rn. 36; 14. Februar 2017 - 9 AZR 207/16 - Rn. 16 f.). Der eigenständige, dem Gleichlauf der Urlaubsansprüche entgegenstehende Regelungswille muss sich auf den jeweils in Rede stehenden Regelungsgegenstand beziehen. Es genügt nicht, wenn in einem Tarifvertrag von Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes abgewichen wird, die mit den im Streit stehenden Regelungen nicht in einem inneren Zusammenhang stehen (BAG 26. Mai 2020 - 9 AZR 259/19 - Rn. 22; 22. Januar 2019 - 9 AZR 149/17 - Rn. 28).
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2. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, der MTV sehe eine Befristungsregelung nicht vor. § 15 Nr. 1 Satz 1 MTV legt - in inhaltlicher Übereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung in § 1 BUrlG - das Kalenderjahr als Bezugszeitraum des Urlaubsanspruchs fest, der im Regelfalle 30 Arbeitstage (§ 15 Nr. 1 Satz 2 MTV), für schwerbehinderte Arbeitnehmer 36 Arbeitstage (§ 15 Nr. 2 MTV) und für Arbeitnehmer, die im Verlauf eines Kalenderjahres ein Arbeitsverhältnis begründen oder aus einem solchen ausscheiden, unter den in § 15 Nr. 3 MTV genannten Voraussetzungen ein Zwölftel des in § 15 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 2 MTV bestimmten Urlaubs beträgt. Eine Befristungsregelung liegt hierin ebenso wenig wie in den Folgebestimmungen, die Einzelheiten zur Erteilung des Urlaubs (§ 15 Nr. 4 MTV), des Vorgriffs auf das Folgejahr (§ 15 Nr. 5 MTV), der Abgeltung (§ 15 Nr. 6 und Nr. 7 Satz 1 MTV) sowie Fragen der Erwerbstätigkeit (§ 15 Nr. 7 Satz 2 bis 4 MTV) und Krankheit (§ 15 Nr. 8 MTV) regeln. Soweit die Tarifvertragsparteien in § 15 MTV vom BUrlG abweichende Regelungen getroffen haben, stellt § 15 Nr. 9 MTV sicher, dass günstigere gesetzliche Regelungen unberührt bleiben.
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3. Davon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht, ohne dies im Einzelnen auszuführen, gefolgert, dem Arbeitnehmer stehe ein unbefristeter Anspruch auf tariflichen Mehrurlaub zu. Das ist unzutreffend. Die Nichtregelung einer Befristung im MTV führt dazu, dass der tarifliche Mehrurlaub demselben Befristungsregime unterliegt wie der gesetzliche Mindesturlaub. Die Tarifvertragsparteien sind berechtigt, aber nicht verpflichtet, im Hinblick auf den tariflichen Mehrurlaub vom Bundesurlaubsgesetz abweichende Regelungen zu treffen. Haben die Tarifvertragsparteien - wie im vorliegenden Fall - von ihrer Regelungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht, greifen die gesetzlichen Befristungsvorschriften auch für den tariflichen Mehrurlaub ein (vgl. BAG 28. April 1998 - 9 AZR 314/97 - unter I 4 der Gründe, BAGE 88, 315; 19. Februar 2019 - 9 AZR 541/15 - Rn. 36; 26. Mai 2020 - 9 AZR 259/19 - Rn. 22). Diese sehen vor, dass der Arbeitgeber den dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und der Arbeitnehmer ihn im genannten Zeitraum nimmt (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG). Eine Übertragung des Urlaubs auf das erste Quartal des Folgejahres (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG).
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II. Das Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die von dem Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen lassen nicht den Schluss zu, die Beklagte sei zur Abgeltung von Urlaub verpflichtet. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass § 15 Nr. 6 MTV eine Abgeltungsverpflichtung nur für die Urlaubsansprüche vorsieht, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis bestehen. Der Inhalt der Vorschrift deckt sich insoweit mit der gesetzlichen Abgeltungsvorschrift des § 7 Abs. 4 BUrlG, der zufolge der Arbeitgeber den Urlaub - nur - abzugelten hat, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Wäre der Urlaub, dessen Abgeltung der Kläger begehrt, vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfallen, fehlte es am Bezugsobjekt des Abgeltungsanspruchs.
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III. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dem vom Kläger erhobenen Anspruch steht nicht die rechtskräftige Abweisung der Klage durch das Urteil des Arbeitsgerichts vom 15. Dezember 2016 entgegen.
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1. Die Rechtskraft bewirkt, dass zwischen den Parteien eines Rechtsstreits über das Bestehen oder Nichtbestehen der aus dem vorgetragenen Sachverhalt im Urteil hergeleiteten Rechtsfolge eine nochmalige Verhandlung und Entscheidung unzulässig, die erkannte Rechtsfolge also unangreifbar ist. Wird in einem nachfolgenden Prozess über den identischen prozessualen Anspruch oder dessen kontradiktorisches Gegenteil gestritten, ist diese Klage unzulässig (vgl. BAG 21. Mai 2019 - 9 AZR 579/16 - Rn. 28).
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a) Für die Bestimmung des Rechtskraftumfangs eines klageabweisenden Urteils ist von maßgebender Bedeutung, ob es sich um ein bloßes Prozessurteil handelt, mit dem die Klage als unzulässig abgewiesen worden ist, oder um ein die Begründetheit verneinendes Sachurteil. Der Umfang der materiellen Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO ist aus dem Urteil und den dazu ergangenen Gründen (BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - Rn. 40, BAGE 152, 1), ergänzend aus dem wechselseitigen Parteivorbringen zu bestimmen (vgl. BGH 4. April 2014 - V ZR 275/12 - Rn. 29, BGHZ 200, 350). Bei einer klageabweisenden Entscheidung ist der ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 29).
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b) Lassen die Urteilsgründe eines klageabweisenden Urteils die Zulässigkeit der Klage - verfahrensfehlerhaft - dahinstehen, ist es der uneingeschränkten materiellen Rechtskraft fähig, wenn aus dessen Tenor und Entscheidungsgründen ersichtlich ist, dass das Gericht ungeachtet seiner Zweifel an der Zulässigkeit der Klage kein Prozessurteil erlassen, sondern eine Sachentscheidung getroffen hat (vgl. BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 - Rn. 17). Dasselbe gilt in den Fällen, in denen das Gericht im Vorprozess ausnahmsweise eine Zulässigkeitsfrage dahinstehen lassen und eine Klage als „jedenfalls unbegründet“ abweisen darf (vgl. BAG 15. Juni 2016 - 4 AZR 485/14 - Rn. 41). Wird hingegen in einem Urteil die Zulässigkeit einer Klage ausdrücklich verneint und die Entscheidung tragend hierauf gestützt, sind die zusätzlichen Ausführungen zur Begründetheit als unverbindlich zu betrachten und so zu behandeln, als wären sie nicht vorhanden (vgl. BGH 30. März 1994 - VIII ZR 132/92 - unter II 2 der Gründe).
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2. Das Arbeitsgericht hat sowohl den damaligen Leistungsantrag als auch den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag tragend als unzulässig abgewiesen. Während der Tenor der Entscheidung („Die Klage wird abgewiesen.“) keine Auskunft darüber gibt, ob das Arbeitsgericht ein Prozessurteil sprechen oder aber die Klage als unbegründet abweisen wollte, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen zweifelsfrei, dass die Abweisung der Klage allein auf ihrer Unzulässigkeit beruht. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die seitens des Klägers erhobene Klage sei nicht zulässig. Die Voraussetzungen für eine Klage auf zukünftige Zahlung gemäß §§ 257, 259 ZPO lägen ebenso wenig vor wie das gemäß § 256 ZPO für den Hilfsantrag erforderliche Feststellungsinteresse. Seine Ausführungen zur Begründetheit der Klage leitet das Arbeitsgericht mit einer konjunktivischen Formulierung („[Die Klage] … wäre aber wohl auch unbegründet.“) ein. Seine nachfolgenden Erwägungen, die folgerichtig unter der Prämisse, die Klage wäre zulässig („Selbst wenn man zugunsten des Klägers annehmen würde, dass die Klage als zulässig anzusehen ist, … wäre ein Urlaubsabgeltungsanspruch nicht gegeben.“) stehen, sind obiter dicta, die eine Entscheidung im hiesigen Rechtsstreit nicht hindern.
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IV. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob dem Kläger der erhobene Abgeltungsanspruch zusteht.
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1. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) bei einer mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG konformen Auslegung von § 7 BUrlG nur dann am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 BUrlG), wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Bei einem richtlinienkonformen Verständnis von § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG trifft den Arbeitgeber die Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Die Erfüllung der hieraus in richtlinienkonformer Auslegung abgeleiteten Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers ist grundsätzlich Voraussetzung für das Eingreifen des urlaubsrechtlichen Fristenregimes des § 7 Abs. 3 BUrlG (vgl. im Einzelnen BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 423/16 - Rn. 21 ff., BAGE 165, 376).
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a) Die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG setzt grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge trägt, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er muss den Arbeitnehmer - erforderlichenfalls förmlich - auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfällt, wenn er ihn nicht beantragt. Zudem darf der Arbeitgeber, will er seinen Mitwirkungsobliegenheiten genügen, den Arbeitnehmer nicht in sonstiger Weise daran hindern, den Urlaub wahrzunehmen. Er darf ihn insbesondere nicht mit Umständen konfrontieren, die ihn davon abhalten könnten, seinen Jahresurlaub zu nehmen (vgl. BAG 21. Mai 2019 - 9 AZR 579/16 - Rn. 50).
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b) Da diesbezüglich konkrete gesetzliche Vorgaben fehlen, ist der Arbeitgeber grundsätzlich in der Auswahl der Mittel frei, deren er sich zur Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten bedient. Die Mittel müssen jedoch zweckentsprechend sein. Sie müssen geeignet sein, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, in Kenntnis aller relevanten Umstände frei darüber zu entscheiden, ob er seinen Urlaub in Anspruch nimmt. Es ist der Eintritt einer Situation zu vermeiden, in der ein Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers davon abgehalten werden kann, seine Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber geltend zu machen. Ob der Arbeitgeber das Erforderliche getan hat, um seinen Mitwirkungsobliegenheiten zu genügen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Die Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten hat der Arbeitgeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, weil er hieraus eine für sich günstige Rechtsfolge ableitet (vgl. BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 423/16 - Rn. 40, BAGE 165, 376).
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c) Hat der Arbeitgeber durch Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten den Urlaubsanspruch an das Urlaubsjahr gebunden und verlangt der Arbeitnehmer dennoch nicht, ihm Urlaub zu gewähren, verfällt sein Anspruch nach Maßgabe von § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG mit Ablauf des Urlaubsjahres. Liegen die Voraussetzungen einer Übertragung des Urlaubs nach § 7 Abs. 3 Satz 2 oder Satz 4 BUrlG vor, wird der Urlaub „von selbst“ auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen. Der Urlaubsanspruch kann in diesem Fall grundsätzlich nur dann mit Ablauf des Übertragungszeitraums untergehen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig auffordert, seinen Urlaub noch innerhalb des Übertragungszeitraums zu nehmen, und ihn darauf hinweist, dass der Urlaubsanspruch anderenfalls erlischt (vgl. BAG 22. Oktober 2019 - 9 AZR 98/19 - Rn. 15).
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d) Hat der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht entsprochen, tritt der am 31. Dezember des Urlaubsjahres nicht verfallene Urlaub zu dem Urlaubsanspruch hinzu, der am 1. Januar des Folgejahres entsteht. Für ihn gelten, wie für den neu entstandenen Urlaubsanspruch, die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BUrlG. Der Arbeitgeber kann deshalb das uneingeschränkte Kumulieren von Urlaubsansprüchen aus mehreren Jahren dadurch vermeiden, dass er seine Mitwirkungsobliegenheiten für den Urlaub aus zurückliegenden Urlaubsjahren im aktuellen Urlaubsjahr nachholt. Nimmt der Arbeitnehmer in einem solchen Fall den kumulierten Urlaubsanspruch im laufenden Urlaubsjahr nicht wahr, obwohl es ihm möglich gewesen wäre, verfällt der Urlaub am Ende des Kalenderjahres bzw. eines (zulässigen) Übertragungszeitraums (BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 423/16 - Rn. 44, BAGE 165, 376).
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e) Diese Grundsätze gelten gemäß § 15 Nr. 9 MTV auch für den tariflichen Mehrurlaub. Der MTV regelt die Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs nicht abweichend vom Bundesurlaubsgesetz. Dies folgt bereits aus § 15 Nr. 9 MTV, dem zufolge die urlaubsrechtlichen Tarifbestimmungen in § 15 MTV günstigere gesetzliche Regelungen unberührt lassen.
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2. Das Landesarbeitsgericht wird nach der Zurückverweisung der Sache aufzuklären haben, ob die Beklagte ihren Obliegenheiten, an die der Verfall von Urlaubsansprüchen geknüpft sind, im Streitfall nachgekommen ist. Ein Verfall des Urlaubsanspruchs kann danach nur eintreten, wenn die Beklagte den Kläger vor dem Beginn der Freistellungsphase, die am 1. Oktober 2015 begann, in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub tatsächlich zu nehmen (vgl. BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 321/16 - Rn. 54). Ohne eine ordnungsgemäße Aufklärung kann bis zum Ablauf der Arbeitsphase nicht gewährter Urlaub nicht verfallen (Kiel JbArbR 57 S. 95, 119).
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Kiel
Weber
Suckow
Kiel
(für den ausgeschiedenen
Richter Ropertz)Pielenz
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