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BAG 28.07.2020 - 1 ABR 41/18
BAG 28.07.2020 - 1 ABR 41/18 - Mitbestimmung des Betriebsrats - verfassungsrechtlich geschützte Koalitionstätigkeit von Gewerkschaftsmitgliedern
Normen
Art 9 Abs 3 GG, § 2 Abs 3 BetrVG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Siegburg, 14. Dezember 2017, Az: 1 BV 17/17, Beschluss
vorgehend Landesarbeitsgericht Köln, 24. August 2018, Az: 9 TaBV 7/18, Beschluss
Leitsatz
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Das von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Recht betriebsangehöriger Gewerkschaftsmitglieder, sich durch die Verteilung gewerkschaftlichen Informations- oder Werbematerials im Betrieb aktiv an der koalitionsgemäßen Betätigung ihrer Gewerkschaft zu beteiligen und diese dadurch bei der Verfolgung ihrer koalitionsspezifischen Ziele zu unterstützen, unterliegt nicht der Regelungsmacht der Betriebsparteien.
Tenor
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Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24. August 2018 - 9 TaBV 7/18 - wird zurückgewiesen.
Gründe
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A. Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsanspruch.
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Die Arbeitgeberin betreibt eine Klinik. Antragsteller ist der bei ihr gebildete Betriebsrat.
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Am 12. Mai 2017 - dem „Internationalen Tag der Pflege“ - errichteten vier bei der Arbeitgeberin beschäftigte Mitglieder der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) außerhalb ihrer Arbeitszeit vor der Kapelle der Klinik einen Informationsstand. An diesem verteilten sie Flugblätter, in denen zur Teilnahme an einer Demonstration aufgerufen wurde, und sammelten Unterschriften für den von ver.di initiierten „Nordrhein-Westfälischen Appell für mehr Krankenhauspersonal“. Gegenstand des an den Bundesgesundheitsminister gerichteten Appells war die Forderung nach einer gesetzlichen Personalbemessung für Krankenhäuser. Die Pflegedienstleiterin untersagte den Arbeitnehmern die Durchführung dieser Aktion.
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Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Anordnung der Pflegedienstleitung sei als eine das Ordnungsverhalten betreffende Maßnahme nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Die Betriebsparteien seien befugt, die nähere Ausgestaltung vergleichbarer Aktionen von gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern im Betrieb zu regeln.
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Der Betriebsrat hat beantragt,
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der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, im Betrieb beschäftigten Gewerkschaftsmitgliedern ohne seine vorherige Zustimmung oder einen seine Zustimmung ersetzenden Spruch einer Einigungsstelle zu untersagen, außerhalb ihrer Arbeitszeit einen gewerkschaftlichen Informationsstand aufzubauen und gewerkschaftliches Informationsmaterial mit Krankenhausbezug, dessen Inhalt nicht gegen Strafgesetze verstößt, auf dem Betriebsgelände zu verteilen, sofern durch den Informationsstand und das Verteilen des Informationsmaterials die Arbeitsabläufe nicht gestört werden und der Informationsstandort brandschutzrechtlich unbedenklich ist;
hilfsweise
festzustellen, dass die Anweisung am 12. Mai 2017 gegenüber Beschäftigten des Betriebs, den vor der Krankenhauskapelle aufgebauten Informationsstand abzubauen und das Verteilen von Flugblättern sowie das Sammeln von Unterschriften für den NRW-Appell für mehr Krankenhauspersonal der Gewerkschaft ver.di zu unterlassen, seinem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegt.
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Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung begehrt.
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Die Vorinstanzen haben die Anträge abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.
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B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist erfolglos. Der zulässige Hauptantrag des Betriebsrats ist unbegründet. Der Hilfsantrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.
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I. Der Hauptantrag ist zulässig.
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1. Er bedarf jedoch der Auslegung.
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a) Bei einem - wie vorliegend - auf die Abwehr künftiger Beeinträchtigungen gerichteten Unterlassungsanspruch ist das verlangte Verbot in aller Regel anlassfallbezogen und als auf die Untersagung der darin liegenden, als rechtswidrig angegriffenen Verhaltensweise gerichtet zu verstehen. Diese legt der Antragsteller in seinem Antrag sowie der zu dessen Auslegung heranzuziehenden Begründung fest. Die so umschriebene Verletzungsform bestimmt und begrenzt den Inhalt des Unterlassungsbegehrens. Dieses Verständnis entspricht dem Gebot der rechtsschutzgewährenden Antragsauslegung (BAG 22. Oktober 2019 - 1 ABR 17/18 - Rn. 15 mwN).
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b) Der Betriebsrat begehrt mit seinem Unterlassungsantrag die Beachtung eines von ihm geltend gemachten Mitbestimmungsrechts bei der arbeitgeberseitigen Untersagung einer bestimmten Betätigung von gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern im Betrieb der Arbeitgeberin. Ausgehend vom Anlassfall und der Antragsbegründung besteht diese Betätigung darin, dass die Arbeitnehmer außerhalb ihrer Arbeitszeit Informationsstände im Gebäude der Klinik aufbauen und von einer Gewerkschaft herausgegebenes Informations- oder Werbematerial verteilen, das - vergleichbar dem von ver.di initiierten „Nordrhein-Westfälischen Appell für mehr Krankenhauspersonal“ - einen inhaltlichen Bezug zu den Arbeitsbedingungen der Krankenhausbeschäftigten aufweist. Die im Antrag verwendete Formulierung des „gewerkschaftlichen“ Informationsstands bringt lediglich zum Ausdruck, dass dessen Errichtung der Vermittlung von Informationen über gewerkschaftliche Ziele oder Aktionen in Bezug auf die Arbeitssituation in den Krankenhäusern dient. Der darüber hinaus im Antrag enthaltenen inhaltlichen Beschreibung des gewerkschaftlichen Informationsmaterials („dessen Inhalt nicht gegen Strafgesetze verstößt“) kommt ebenso wie den weiteren situativen Bedingungen („sofern durch den Informationsstand und das Verteilen des Informationsmaterials die Arbeitsabläufe nicht gestört werden“, „der Informationsstandort brandschutzrechtlich unbedenklich ist“) keine selbständige, das Antragsbegehren einschränkende Bedeutung zu. Vielmehr beschreibt der Betriebsrat damit ersichtlich nur die auch den Anlassfall bestimmenden näheren Umstände.
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2. Mit diesem Verständnis genügt der Unterlassungsantrag dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Arbeitgeberin kann mit ausreichender Gewissheit erkennen, welche Handlungen sie künftig unterlassen soll. Durch die den Anlassfall bildende, konkret behauptete Verletzungsform ist die Reichweite des erstrebten Verbotsausspruchs hinreichend deutlich. Die im Antrag verwandten allgemein gehaltenen Formulierungen sind einer Konkretisierung zugänglich. Einem Unterlassungsbegehren wohnen notwendigerweise gewisse Generalisierungen inne; dies ist unschädlich, wenn - wie hier - zum Verständnis der Begriffe auf die mit dem Antrag beanstandete konkrete Verletzungshandlung und die hierzu gegebene Begründung zurückgegriffen werden kann (vgl. BAG 22. Oktober 2019 - 1 ABR 17/18 - Rn. 18 mwN).
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II. Der Hauptantrag ist unbegründet. Dem Betriebsrat steht kein Mitbestimmungsrecht bei der streitbefangenen Maßnahme der Arbeitgeberin zu. Zwar folgt dies - entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts - mangels Vorhandenseins einer abschließenden gesetzlichen Regelung nicht aus § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG. Das vom Betriebsrat reklamierte Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG scheidet jedoch deshalb aus, weil eine in der Vermittlung von Informationen über gewerkschaftliche Ziele oder Aktionen bestehende Betätigung mitgliedschaftlich organisierter Arbeitnehmer im Betrieb nicht der Regelungsmacht des Arbeitgebers unterliegt. Dementsprechend besteht auch kein Raum für ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Die Betriebsparteien sind nicht befugt, die von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsbetätigungsfreiheit auszugestalten.
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1. Arbeitgeber und Betriebsrat haben innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Grenzen (§ 77 Abs. 3, § 75 BetrVG) eine umfassende Regelungskompetenz hinsichtlich aller betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen sowie des Inhalts, des Abschlusses und der Beendigung von Arbeitsverhältnissen (vgl. BAG 7. November 1989 - GS 3/85 - zu C I 2 der Gründe, BAGE 63, 211). Zu den von dieser weiten Kompetenz erfassten Regelungsgegenständen gehören insbesondere die Tatbestände, die der Gesetzgeber ausdrücklich der mitbestimmten Regelung durch die Betriebsparteien unterstellt hat. Dazu zählen auch die sozialen Angelegenheiten iSd. § 87 BetrVG und damit auch Maßnahmen, die das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen (vgl. BAG 19. Januar 1999 - 1 AZR 499/98 - zu A II 2 der Gründe, BAGE 90, 316).
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2. Das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer ist berührt, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers auf die Gestaltung des kollektiven Miteinanders oder die Gewährleistung und Aufrechterhaltung der vorgegebenen Ordnung des Betriebs zielt. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist das betriebliche Zusammenleben und kollektive Zusammenwirken der Beschäftigten. Es beruht darauf, dass die Beschäftigten ihre vertraglich geschuldete Leistung innerhalb einer vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitsorganisation erbringen und deshalb dessen Weisungsrecht unterliegen. Das berechtigt den Arbeitgeber dazu, Regelungen vorzugeben, die das Verhalten der Beschäftigten im Betrieb beeinflussen und koordinieren sollen. Solche Maßnahmen bedürfen der Mitbestimmung des Betriebsrats. Dies soll gewährleisten, dass die Beschäftigten gleichberechtigt in die Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens einbezogen werden. Dazu schränkt das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die auf die betriebliche Ordnung bezogene Regelungsmacht des Arbeitgebers ein (BAG 7. Februar 2012 - 1 ABR 63/10 - Rn. 16 mwN, BAGE 140, 343).
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3. Das von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Recht betriebsangehöriger Gewerkschaftsmitglieder, sich durch die Verteilung gewerkschaftlichen Informations- oder Werbematerials im Betrieb aktiv an der koalitionsgemäßen Betätigung ihrer Gewerkschaft zu beteiligen und diese dadurch bei der Verfolgung ihrer koalitionsspezifischen Ziele zu unterstützen, unterliegt nicht der Regelungsmacht des Arbeitgebers. Aus diesem Grund besteht auch kein Raum für eine Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
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a) Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet nicht nur den Bestand und die organisatorische Ausgestaltung einer Koalition, sondern erfasst alle koalitionsspezifischen Tätigkeiten, die der Wahrung oder Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Diese sind nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG von Verfassungs wegen auch gegen privatrechtliche Beschränkungen geschützt (vgl. BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 141/04 - zu I 2 b aa (1) der Gründe mwN, BAGE 115, 58).
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b) Zu den von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tätigkeiten zählt neben der Mitgliederwerbung für eine Gewerkschaft (vgl. BVerfG 14. November 1995 - 1 BvR 601/92 - zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 93, 352; BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 141/04 - zu I 2 b aa (2) der Gründe, BAGE 115, 58) auch die Information von Mitgliedern und Nichtmitgliedern über diejenigen Aktivitäten der Vereinigung, die der Erreichung des Koalitionszwecks zur Wahrung oder Verbesserung der Arbeitsbedingungen dienen sollen (BAG 20. Januar 2009 - 1 AZR 515/08 - Rn. 38 mwN, BAGE 129, 145). Die freie Darstellung organisierter Gruppeninteressen ist Bestandteil der Betätigungsfreiheit, die Art. 9 Abs. 3 GG den Koalitionen gewährleistet (BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 22). Sie ist erforderlich für die weitere Unterstützung von Seiten der Mitglieder und deren Mobilisierung und dient zugleich der Werbung von Nichtmitgliedern (BAG 20. Januar 2009 - 1 AZR 515/08 - aaO).
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c) Zu der von Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Betätigungsfreiheit gehört die Entscheidung der Koalition, in welcher Art und Weise sie Werbung betreiben oder Dritte über ihre Aktivitäten informieren will. Die Gewerkschaft kann selbst bestimmen, an welchem Ort, durch welche Personen und in welcher äußeren Form sie um Mitglieder werben oder Arbeitnehmer bzw. sonstige Dritte über ihre Tätigkeiten informieren will. Ihre Entscheidung, Mitgliederwerbung unmittelbar im Betrieb zu betreiben und dort über ihre Tätigkeiten zu informieren, unterfällt damit ebenfalls dem Schutzbereich von Art. 9 Abs. 3 GG (vgl. BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 22; BAG 20. Januar 2009 - 1 AZR 515/08 - Rn. 39, BAGE 129, 145). Hängt die Verfolgung des Koalitionszwecks von dem Einsatz bestimmter Mittel ab, werden auch diese vom grundrechtlichen Schutz umfasst (vgl. BVerfG 26. Juni 1991 - 1 BvR 779/85 - zu C I 1 a der Gründe, BVerfGE 84, 212).
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d) Der Schutz von Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet darüber hinaus auch dem einzelnen Mitglied einer Vereinigung das Recht, aktiv an der verfassungsrechtlich geschützten Koalitionstätigkeit teilzunehmen (vgl. zu der individualrechtlich mitgeschützten Teilnahme der Gewerkschaftsmitglieder an der Betätigung ihrer Koalition: BVerfG 14. November 1995 - 1 BvR 601/92 - zu B I 2 der Gründe mwN, BVerfGE 93, 352; 27. März 1979 - 2 BvR 1011/78 - zu III 1 der Gründe mwN, BVerfGE 51, 77) und sich damit koalitionsspezifisch zu betätigen (vgl. BAG 20. November 2018 - 1 AZR 189/17 - Rn. 28, BAGE 164, 187; ErfK/Linsenmaier 20. Aufl. GG Art. 9 Rn. 30). Wer sich darum bemüht, die eigene Vereinigung durch Mitgliederzuwachs zu stärken, indem er andere zum Beitritt zu gewinnen versucht, nimmt das Grundrecht der Koalitionsfreiheit wahr (vgl. BVerfG 14. November 1995 - 1 BvR 601/92 - aaO). Gleiches gilt, wenn er Dritte über die auf die Erreichung des Koalitionszwecks in Form einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen gerichteten Tätigkeiten der Vereinigung informiert und dadurch deren Aktivitäten unterstützt.
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e) Kollidiert die gewählte Art und Weise der Mitgliederwerbung und der Information Dritter mit Rechtspositionen des Arbeitgebers aus Art. 14 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, ist es - mangels Tätigwerden des Gesetzgebers - Sache der Gerichte, diese kollidierenden Grundrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und - ggf. im Wege der Rechtsfortbildung - nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (vgl. BVerfG 11. April 2018 - 1 BvR 3080/09 - Rn. 32 mwN, BVerfGE 148, 267). Der unter Rücksichtnahme auf kollidierende Verfassungswerte notwendig werdende Ausgleich kann dabei in der Regel nicht generell, sondern nur im Einzelfall durch Güterabwägung vorgenommen werden. Er betrifft nicht den gesamten Bereich der jeweiligen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen, sondern ist auf den Ausgleich der konkreten Kollisionslage beschränkt. Entsprechend lässt er sich regelmäßig weder formal noch situationsungebunden vornehmen (vgl. BAG 20. November 2018 - 1 AZR 189/17 - Rn. 20 mwN, BAGE 164, 187).
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4. Danach unterliegt die vorliegend verfahrensgegenständliche Betätigung von mitgliedschaftlich organisierten Arbeitnehmern zum Zwecke der Information über koalitionsspezifische Ziele und der damit verbundenen Werbung für die Gewerkschaft nicht der durch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG beschränkten Regelungsmacht der Arbeitgeberin. Sie ist nicht berechtigt, für die Durchführung derartiger in ihrem Betrieb stattfindender Aktivitäten Regelungen vorzugeben. Dementsprechend können die Betriebsparteien die Zulässigkeit oder die nähere Ausgestaltung solcher Aktionen auch nicht gemeinsam regeln. Dies zeigt auch § 2 Abs. 3 BetrVG. Danach werden die Aufgaben der Gewerkschaften und der Vereinigungen der Arbeitgeber, insbesondere die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder, durch das Betriebsverfassungsgesetz nicht berührt. Die Betriebsparteien können deshalb für diese Organisationen und ihre Mitglieder auch im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG keine Festlegungen dazu treffen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine koalitionsspezifische Betätigung im Betrieb zulässig ist. Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, die Aktion der Arbeitnehmer im Mai 2017 habe „nicht allein in gewerkschaftlicher Betätigung“ bestanden, sondern „ganz wesentlich auch“ zum Ziel gehabt, über das in der Öffentlichkeit allgemein diskutierte Problem des Pflegenotstands zu informieren, übersieht sie, dass sich der vom Betriebsrat zur Entscheidung gestellte Hauptantrag nach seiner ausdrücklichen Fassung auf die Verteilung von „gewerkschaftlichem“ und nicht lediglich von allgemein- oder sonst gesellschaftspolitischem Informationsmaterial bezieht. Unabhängig davon handelte es sich beim „Nordrhein-Westfälischen Appell für mehr Krankenhauspersonal“ um eine gewerkschaftlich initiierte Unterschriftensammlung, die auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Mitarbeitern in Krankenhäusern abzielte.
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III. Über den Feststellungsantrag hatte der Senat nicht zu entscheiden. Der Antrag stand erkennbar unter der innerprozessualen Bedingung, dass der Unterlassungsantrag nicht am Fehlen eines Mitbestimmungsrechts scheitert, sondern als Leistungsantrag aus prozessrechtlichen Gründen nicht durchgreift.
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Schmidt
K. Schmidt
Ahrendt
H. Schwitzer
Rose
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