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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BAG 17.06.2020 - 10 AZR 210/19 (A)
BAG 17.06.2020 - 10 AZR 210/19 (A) - Mehrarbeitszuschläge und Urlaub
Normen
§ 1 TVG, Art 31 Abs 2 EUGrdRCh, Art 7 Abs 1 EGRL 88/2003, § 1 BUrlG, § 13 Abs 1 S 1 BUrlG, Art 267 Abs 3 AEUV, Art 6 Abs 1 EUVtr Liss, Art 153 Abs 2 S 1 Buchst b AEUV, Art 153 Abs 1 Buchst a AEUV, Art 153 Abs 1 Buchst b AEUV, Art 1 Abs 1 EGRL 88/2003, Art 1 Abs 2 Buchst a EGRL 88/2003, Art 15 EGRL 88/2003, Art 2 Abs 2 S 1 GG, Art 9 Abs 3 GG, § 3 BUrlG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Dortmund, 14. Februar 2018, Az: 10 Ca 4180/17, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 14. Dezember 2018, Az: 13 Sa 589/18, Urteil
nachgehend EuGH, 13. Januar 2022, Az: C-514/20, Urteil
Leitsatz
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Ein Tarifvertrag, der für die Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden berücksichtigt und nicht auch die Stunden, in denen der Arbeitnehmer seinen bezahlten Mindestjahresurlaub in Anspruch nimmt, könnte gegen Unionsrecht verstoßen. Der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts ersucht den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung über diese Frage.
Tenor
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1. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird nach Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung über die Frage ersucht:
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Stehen Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG einer Regelung in einem Tarifvertrag entgegen, die für die Berechnung, ob und für wie viele Stunden einem Arbeitnehmer Mehrarbeitszuschläge zustehen, nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden berücksichtigt und nicht auch die Stunden, in denen der Arbeitnehmer seinen bezahlten Mindestjahresurlaub in Anspruch nimmt?
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2. Das Revisionsverfahren wird bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt.
Gründe
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Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Charta) und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG.
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A. Gegenstand und Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
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Die Parteien streiten über Mehrarbeitszuschläge.
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Der Kläger ist als Leiharbeitnehmer in Vollzeit mit einem Bruttostundenlohn von 12,18 Euro bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte führt ein Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gilt aufgrund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit in der Fassung vom 17. September 2013 (MTV).
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Im Monat August 2017, auf den 23 Arbeitstage entfielen, arbeitete der Kläger 121,75 Stunden und nahm Mindestjahresurlaub iSv. Art. 31 Abs. 2 der Charta und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG in Anspruch. Die Beklagte rechnete für August 2017 zehn Urlaubstage mit 84,7 Stunden ab.
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Nach § 4.1.2. MTV werden Mehrarbeitszuschläge für Zeiten gezahlt, die in Monaten mit 23 Arbeitstagen über 184 geleistete Stunden hinausgehen. Der Mehrarbeitszuschlag beträgt 25 %.
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Der Kläger ist der Ansicht, in die Berechnung der Mehrarbeitszuschläge müssten die für Urlaub abgerechneten Stunden einbezogen werden. Für den Monat August 2017 sei daher von insgesamt 206,45 geleisteten Stunden auszugehen. Damit sei die Schwelle von 184 geleisteten Stunden überschritten, sodass er Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge habe.
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Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 72,32 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Dezember 2017 zu zahlen.
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Die Beklagte meint, für die Berechnung der Mehrarbeitszuschläge seien nach dem Wortlaut des MTV nur tatsächlich gearbeitete Stunden einzubeziehen. Urlaubszeiten seien dagegen nicht zu berücksichtigen. Dem Kläger stünden keine Mehrarbeitszuschläge zu, weil er im Monat August 2017 nicht mehr als 184 Stunden gearbeitet habe.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom vorlegenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
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B. Einschlägiges nationales Recht
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I. Bundesurlaubsgesetz
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Das Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz) vom 8. Januar 1963 (BGBl. I S. 2), zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 3 des Gesetzes vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868), regelt auszugsweise:
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„§ 1 Urlaubsanspruch
Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.
…
§ 3 Dauer des Urlaubs
(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.
(2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.
…
§ 13 Unabdingbarkeit
(1) 1Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. 2Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Urlaubsregelung vereinbart ist. 3Im übrigen kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.“
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II. Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit
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Der Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit in der Fassung vom 17. September 2013 (MTV) wurde zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ e. V.) und verschiedenen unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) abgeschlossen. Er lautet auszugsweise:
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„3.1. Arbeitszeit
3.1.1. Die individuelle regelmäßige monatliche Arbeitszeit beträgt für Vollzeitbeschäftigte 151,67 Stunden. Das entspricht einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden.
…
3.1.2. Die individuelle regelmäßige Arbeitszeit pro Monat richtet sich nach der Anzahl der Arbeitstage.
In Monaten mit
- 20 Arbeitstagen beträgt die Monatsarbeitszeit 140 Std.
- 21 Arbeitstagen beträgt die Monatsarbeitszeit 147 Std.
- 22 Arbeitstagen beträgt die Monatsarbeitszeit 154 Std.
- 23 Arbeitstagen beträgt die Monatsarbeitszeit 161 Std.
Bei Teilzeitarbeit berechnet sich die regelmäßige Arbeitszeit pro Monat anteilig.
…
3.2. Arbeitszeitkonto
3.2.1. Für jeden Arbeitnehmer wird ein Arbeitszeitkonto eingerichtet. Auf dieses Konto werden die Stunden übertragen, die über die regelmäßige Arbeitszeit pro Monat hinaus abgerechnet werden. Zulässig ist gleichermaßen die Übertragung von Minusstunden.
3.2.2. Es dürfen nur so viele Stunden auf das Arbeitszeitkonto übertragen werden, dass die Grenzwerte von maximal 150 Plusstunden und 21 Minusstunden nicht überschritten werden. Bei Teilzeitbeschäftigung wird die Plusstundenobergrenze der Arbeitszeitkonten im Verhältnis zur arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit angepasst.
…
4.1. Mehrarbeit
4.1.1. Mehrarbeit ist die über die regelmäßige monatliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit.
4.1.2. Mehrarbeitszuschläge werden für Zeiten gezahlt, die in Monaten mit
- 20 Arbeitstagen über 160 geleistete Stunden
- 21 Arbeitstagen über 168 geleistete Stunden
- 22 Arbeitstagen über 176 geleistete Stunden
- 23 Arbeitstagen über 184 geleistete Stunden
hinausgehen.
Der Mehrarbeitszuschlag beträgt 25 Prozent.
Diese Regelungen gelten gleichermaßen für Teilzeitbeschäftigte.
…
§ 6a Urlaubsentgelt und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Für die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und des Urlaubsentgelts sind für jeden nach den gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen zu vergütenden Krankheits- bzw. Urlaubstag für die Höhe des fortzuzahlenden Entgelts der durchschnittliche Arbeitsverdienst und die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei abgerechneten Monate (Referenzzeitraum) vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit bzw. des Urlaubsantritts zugrunde zu legen. Hierfür gilt:
a) Es ist der durchschnittliche Arbeitsverdienst des Referenzzeitraums auf Grundlage der individuellen regelmäßigen Arbeitszeit zu bilden. Zum Arbeitsverdienst zählen die Entgeltbestandteile gemäß § 2 Entgelttarifvertrag iGZ sowie sonstige Zulagen und Zuschläge (ohne Mehrarbeitszuschläge) gemäß den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes.
b) Zusätzlich finden die durchschnittlich im Referenzzeitraum erarbeiteten Zulagen und Zuschläge (ohne Mehrarbeitszuschläge) auf Grundlage der durchschnittlichen tatsächlichen Arbeitszeit Berücksichtigung, die über die individuelle regelmäßige Arbeitszeit hinausgeht.“
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C. Einschlägiges Unionsrecht
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I. Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007 (ABl. C 303 S. 1) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juni 2016 (ABl. C 202 S. 389)
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Art. 31 der Charta lautet:
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„Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen
(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen.
(2) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.“
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II. Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Richtlinie 2003/88/EG)
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In Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG ist geregelt:
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„Jahresurlaub
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.
(2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.“
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D. Erforderlichkeit der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Gerichtshof) und Erläuterung der Vorlagefrage
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I. Erforderlichkeit der Entscheidung des Gerichtshofs
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1. Der Kläger hat auf der Grundlage von § 4.1.2. MTV keinen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge für den Monat August 2017. Die Auslegung des Tarifvertrags ergibt, dass in die Berechnung der Stunden, für die Mehrarbeitszuschläge zu zahlen sind, nur Zeiten einfließen, in denen der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat.
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a) Nach dem Wortlaut der tarifvertraglichen Regelung werden Mehrarbeitszuschläge für Zeiten gezahlt, die über eine bestimmte Zahl „geleisteter Stunden“ hinausgehen. Darunter sind nach dem allgemeinen Sprachgebrauch Stunden zu verstehen, in denen eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wird. Urlaubszeiten, in denen nicht gearbeitet wird, sind dagegen vom Wortsinn nicht erfasst (vgl. BAG 11. Juni 2008 - 5 AZR 389/07 - Rn. 14).
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b) Der Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelungen des Mehrarbeitszuschlags steht dem Wortlaut nicht entgegen.
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aa) Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei darin, den Zweck einer tariflichen Leistung in Ausübung ihrer durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie zu bestimmen (BAG 29. Januar 2020 - 4 ABR 26/19 - Rn. 28; 19. Dezember 2018 - 10 AZR 231/18 - Rn. 34, BAGE 165, 1). Der Zweck der Mehrarbeitszuschläge könnte darin liegen, besondere Arbeitsbelastungen durch ein zusätzliches Entgelt auszugleichen, die erst entstehen, wenn bestimmte Arbeitszeitgrenzen überschritten werden. Solche Arbeitsbelastungen treten während des Urlaubs im Bezugszeitraum nicht auf (vgl. BAG 11. Juni 2008 - 5 AZR 389/07 - Rn. 15 mwN). Es entspräche dann nicht dem Zweck der Mehrarbeitszuschläge, wenn Urlaubsstunden bei ihrer Ermittlung berücksichtigt würden. Mehrarbeitszuschläge können demgegenüber auch anderen Zwecken dienen. Sie können belohnen, dass Arbeitnehmer ohne Freizeitausgleich mehr als vertraglich vereinbart arbeiten und dadurch nicht frei über ihre Zeit verfügen können. Zweck von Mehrarbeitszuschlägen kann auch sein, Arbeitgeber von Eingriffen in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer abzuhalten (BAG 19. Dezember 2018 - 10 AZR 231/18 - Rn. 36 ff., BAGE 165, 1). Diesen Zwecken stünde es nicht entgegen, Urlaubsstunden bei der Berechnung der Mehrarbeitszuschläge zu berücksichtigen.
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bb) Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien mit den Mehrarbeitszuschlägen den Schutz des Freizeitbereichs und keinen Belastungsausgleich wollten, sind jedoch nicht ersichtlich. Die Formulierung in § 4.1.2. MTV, dass die Regelungen „gleichermaßen“ für Teilzeitbeschäftigte gelten, spricht vielmehr dafür, dass auch Teilzeitkräfte erst ab Überschreiten derselben Schwellen wie Vollzeitkräfte einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge haben sollen. Hätten die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck bringen wollen, dass Teilzeitarbeitnehmer bereits Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge haben sollen, wenn sie die Schwellen ihrer individuellen Arbeitszeit überschreiten, hätte es nahegelegen - wie an anderen Stellen des Tarifvertrags - zu formulieren, dass die Regelungen „anteilig“ für Teilzeitbeschäftigte gelten (vgl. § 3.1.2. Abs. 3 MTV und § 4.1.2. der zum 1. April 2020 in Kraft getretenen Neufassung des MTV vom 18. Dezember 2019). Das deutet darauf hin, dass die Tarifvertragsparteien einen Belastungsausgleich und keinen Ausgleich eines Freizeitopfers anstrebten.
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cc) Es kommt nicht darauf an, ob § 4.1.2. MTV gegen § 4 Abs. 1 TzBfG verstößt, weil Teilzeitbeschäftigte erst dann Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge haben, wenn sie die für eine Vollzeittätigkeit maßgebliche Stundenzahl überschreiten (vgl. BAG 19. Dezember 2018 - 10 AZR 231/18 - Rn. 50 ff., BAGE 165, 1). Auch wenn in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer bereits ab einer niedrigeren Schwelle Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge hätten als Vollzeitkräfte, bliebe die Frage zu klären, ob Urlaubszeiten in die Berechnung einzubeziehen sind.
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c) Der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt das Verständnis des Wortlauts und deutet ebenfalls darauf hin, dass nur tatsächlich geleistete Arbeitsstunden bei der Berechnung der Mehrarbeitsstunden berücksichtigt werden sollen. So werden erarbeitete Zulagen und Zuschläge für die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und des Urlaubsentgelts nach § 6a Buchst. b MTV auf der Grundlage der durchschnittlichen tatsächlichen Arbeitszeit berücksichtigt. Dem steht nicht entgegen, dass Mehrarbeitszuschläge durch einen Klammerzusatz in § 6a Buchst. b MTV ausgenommen sind. Vielmehr deutet auch der Klammerzusatz darauf hin, dass es sich bei den Mehrarbeitszuschlägen aus Sicht der Tarifvertragsparteien um erarbeitete Zuschläge handelt.
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2. Die tarifvertraglichen Regelungen der Berechnung der Mehrarbeitszuschläge könnten einen unzulässigen finanziellen Anreiz für Arbeitnehmer begründen, Mindesturlaub nicht in Anspruch zu nehmen. Hätte der Kläger im August 2017 keinen Urlaub genommen, sondern die für den Urlaubszeitraum abgerechneten Stunden tatsächlich gearbeitet, hätte er nach dem MTV einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge für 22,45 Stunden in Höhe von 68,36 Euro brutto erworben (22,45 Stunden x 12,18 Euro brutto x 25 %).
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a) Die nachteilige Wirkung von Urlaub auf Mehrarbeitszuschläge ist in der Systematik des Tarifvertrags angelegt. Sie kann eintreten, wenn Arbeitnehmer während eines Teils des Kalendermonats länger arbeiten. Nehmen Arbeitnehmer während des restlichen Kalendermonats Urlaub, können sich die Mehrarbeitszuschläge verringern oder vollständig entfallen. In Anspruch genommener Urlaub kann daher für die tarifvertraglichen Mehrarbeitszuschläge mit einem finanziellen Nachteil einhergehen.
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b) Der MTV weist jedoch Besonderheiten auf, die dazu führen, dass finanzielle Nachteile im Hinblick auf Mehrarbeitszuschläge durch in Anspruch genommenen Urlaub nur in besonderen Fallgestaltungen auftreten. Nach § 3.1.1. MTV beträgt die regelmäßige monatliche Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte 151,67 Stunden. Das entspricht einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. § 4.1.1. MTV bestimmt, dass Mehrarbeit die über diese Grenze hinausgehende Arbeitszeit ist. Zuschlagspflichtig ist Mehrarbeit nach § 4.1.2. MTV dagegen erst, wenn eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von umgerechnet 40 Stunden überschritten wird. Mehrarbeitszuschläge fallen erst an, wenn im Monat mehr als 8/7 der regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit gearbeitet wird. Die Zahl zuschlagspflichtiger Mehrarbeitsstunden wird zudem dadurch begrenzt, dass nach § 3.2.1. MTV Stunden, die über die regelmäßige Arbeitszeit im Monat hinaus abgerechnet werden, auf ein Arbeitszeitkonto zu übertragen sind. Zuschlagspflichtige Mehrarbeit führt zu einem deutlichen Anstieg des Saldos auf dem Arbeitszeitkonto, weil die regelmäßige monatliche Arbeitszeit im Durchschnitt um mehr als eine Stunde je Arbeitstag überschritten werden muss. Sofern häufiger zuschlagspflichtige Mehrarbeit anfällt, erreicht das Arbeitszeitkonto regelmäßig schnell die Obergrenze von höchstens 150 Plusstunden nach § 3.2.2. MTV.
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c) Der Anteil der durch Urlaub „bedrohten“ Mehrarbeitszuschläge am gesamten Bruttomonatsentgelt ist in den typischen Konstellationen vergleichsweise gering. Er beträgt im Fall des Klägers für den Monat August 2017 etwa 2,7 %.
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3. Die Frage, ob Art. 31 Abs. 2 der Charta und Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG dahin auszulegen sind, dass sie einer tarifvertraglichen Regelung wie der in § 4.1.2. MTV entgegenstehen, ist entscheidungserheblich. Das Unionsrecht kann auch Regelungen in Tarifverträgen entgegenstehen (für die ständige Rechtsprechung EuGH 23. April 2020 - C-710/18 - [Land Niedersachsen (Périodes antérieures d’activité pertinente)] Rn. 22 ff.). Für die Entscheidung des vorlegenden Senats kommt es darauf an, ob für die Berechnung der Mehrarbeitszuschläge auch die Stunden, in denen der Arbeitnehmer seinen bezahlten Mindestjahresurlaub in Anspruch nimmt, berücksichtigt werden müssen. Sofern § 4.1.2. MTV mit dem durch Auslegung gefundenen Inhalt nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wären die von der Beklagten abgerechneten 84,7 Urlaubsstunden für August 2017 nicht in die Berechnung einzubeziehen. Der Kläger hätte keinen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge. Die Revision wäre zurückzuweisen. Sollten dagegen die auf bezahlten Mindestjahresurlaub entfallenden Stunden bei der Berechnung der Mehrarbeitszuschläge einzubeziehen sein, hätte der Kläger Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge. Die Revision hätte Erfolg.
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II. Erläuterung der Vorlagefrage
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1. Nach § 4.1.2. MTV sind für die Berechnung, ob und für wie viele Stunden einem Arbeitnehmer Mehrarbeitszuschläge zustehen, die Stunden nicht zu berücksichtigen, in denen der Arbeitnehmer seinen bezahlten Mindestjahresurlaub in Anspruch nimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können bestimmte Anreize, auf Urlaub zu verzichten, gegen § 1 BUrlG verstoßen. Arbeitnehmer dürfen nicht aus wirtschaftlichen Erwägungen davon abgehalten werden, ihren Anspruch auf Erholungsurlaub geltend zu machen. Ein mit § 1 BUrlG nicht zu vereinbarender Anreiz, auf Urlaub zu verzichten, kann nach nationalem Recht auch in Tarifverträgen nicht wirksam vereinbart werden. Die Öffnungsklausel in § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG, nach der in Tarifverträgen grundsätzlich von den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes abgewichen werden kann, gilt nicht für § 1 BUrlG (vgl. BAG 13. Juni 2019 - 6 AZR 576/17 - Rn. 27; 22. Januar 2019 - 9 AZR 10/17 - Rn. 33). Die innerdeutsche höchstrichterliche Rechtsprechung hat bisher nicht darüber entschieden, ob nachteilige Auswirkungen auf Mehrarbeitszuschläge durch Urlaub gegen § 1 BUrlG verstoßen können.
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2. § 1 BUrlG ist unionsrechtskonform nach Art. 31 Abs. 2 der Charta und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG auszulegen. Die Bestimmung des § 1 BUrlG, wonach jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub hat, entspricht den Regelungen in Art. 31 Abs. 2 der Charta und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (vgl. BAG 20. August 2019 - 9 AZR 468/18 - Rn. 13; 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 21, BAGE 150, 355).
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3. Aus Sicht des vorlegenden Senats ist offen, ob eine Regelung wie § 4.1.2. MTV Anreize schafft, auf Urlaub zu verzichten, die mit Art. 31 Abs. 2 der Charta und Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG nicht zu vereinbaren sind. Die Rechtslage erscheint weder von vornherein eindeutig - „acte clair“ - noch durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs in einer Weise geklärt, die keinen vernünftigen Zweifel zulässt - „acte éclairé“ - (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-72/14 ua. - [van Dijk] Rn. 52 ff.; 9. September 2015 - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 38 ff.; BVerfG 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14 ua. - Rn. 315, BVerfGE 151, 202; BAG 23. Januar 2019 - 4 AZR 445/17 - Rn. 36, BAGE 165, 100).
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a) Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergeben sich einerseits Anhaltspunkte dafür, dass ein Verstoß gegen Art. 31 Abs. 2 der Charta und Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG gegeben sein könnte.
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aa) Der Gerichtshof hat die besondere Bedeutung des Mindestjahresurlaubs in einer Vielzahl von Entscheidungen hervorgehoben.
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(1) Das Recht jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ist ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union, von dem nicht abgewichen werden darf und den die zuständigen nationalen Stellen nur in den Grenzen umsetzen dürfen, die in der Richtlinie 2003/88/EG selbst ausdrücklich gezogen werden (EuGH 12. Juni 2014 - C-118/13 - [Bollacke] Rn. 15; 20. Januar 2009 - C-350/06 ua. - [Schultz-Hoff ua.] Rn. 22 mwN). Er ist in Art. 31 Abs. 2 der Charta, der nach Art. 6 Abs. 1 EUV der gleiche rechtliche Rang wie den Verträgen zukommt, ausdrücklich verbürgt (EuGH 30. Juni 2016 - C-178/15 - [Sobczyszyn] Rn. 20; 8. November 2012 - C-229/11 ua. - [Heimann und Toltschin] Rn. 22).
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(2) Der doppelte Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub liegt darin, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (für die ständige Rechtsprechung EuGH 20. Juli 2016 - C-341/15 - [Maschek] Rn. 34 mwN; 30. Juni 2016 - C-178/15 - [Sobczyszyn] Rn. 25). Deshalb darf der Arbeitnehmer während seines Jahresurlaubs nicht mit Umständen konfrontiert sein, die Unsicherheit in Bezug auf das ihm geschuldete Entgelt auslösen könnten (EuGH 29. November 2017 - C-214/16 - [King] Rn. 37 ff. mwN).
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(3) Schließlich hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG die Regelung des Art. 31 Abs. 2 der Charta konkretisiert. In Art. 31 Abs. 2 der Charta ist das im Unionsrecht verankerte Grundrecht auf bezahlten Jahresurlaub ausgedrückt (EuGH 6. November 2018 - C-569/16 ua. - [Bauer] Rn. 38, 85; 6. November 2018 - C-684/16 - [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften] Rn. 31, 74 f.). Kann eine nationale Regelung nicht im Einklang mit Art. 31 Abs. 2 der Charta und Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG ausgelegt werden, muss das innerstaatliche Gericht die nationale Regelung unangewendet lassen. Diese Verpflichtung ergibt sich für das nationale Gericht aus Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta, wenn an dem Rechtsstreit ein staatlicher Arbeitgeber beteiligt ist. Sie folgt aus Art. 31 Abs. 2 der Charta, wenn an dem Rechtsstreit ein privater Arbeitgeber beteiligt ist (EuGH 6. November 2018 - C-569/16 ua. - [Bauer] Rn. 64 ff.; 6. November 2018 - C-684/16 - [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften] Rn. 62 ff.; kritisch dazu Schlachter ZESAR 2019, 53, 55 ff.; Wank RdA 2020, 1 ff.).
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bb) Aufgrund der besonderen Bedeutung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub bestehen Zweifel, ob Nachteile bei der Höhe von Mehrarbeitszuschlägen aufgrund des in Anspruch genommenen Mindesturlaubs mit Art. 31 Abs. 2 der Charta und Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG zu vereinbaren sind. Das Zeitbudget der Urlaubstage würde aus der Berechnung der Mehrarbeitszuschläge gewissermaßen „herausgeschnitten“. Diese Folge stünde in einem Spannungsverhältnis zu dem Umstand, dass Urlaubsrecht - unionsrechtlich betrachtet - Arbeitsschutzrecht ist, das der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer dient (EuGH 26. Juni 2001 - C-173/99 - [BECTU] Rn. 38; Kothe ZBVR online 2019, 38, 39 f.; derselbe FS Schwerdtner 2003 S. 99, 114 f.; EuArbRK/Gallner 3. Aufl. RL 2003/88/EG Art. 1 Rn. 1a, Art. 7 Rn. 1).
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cc) Der Gerichtshof hat entschieden, dass keine Anreize geschaffen werden dürfen, auf den Mindestjahresurlaub zu verzichten. Arbeitnehmer dürfen dazu auch nicht angehalten werden. Das wäre mit den Zielen unvereinbar, die mit dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub verfolgt werden und die ua. darin bestehen zu gewährleisten, dass Arbeitnehmer zum wirksamen Schutz ihrer Sicherheit und ihrer Gesundheit über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen ( EuGH 6. November 2018 - C-684/16 - [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften] Rn. 42 ; 6. November 2018 - C-619/16 - [Kreuziger] Rn. 49; 6. April 2006 - C-124/05 - [Federatie Nederlandse Vakbeweging] Rn. 32).
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dd) Eine diesem Fall vergleichsweise ähnliche Konstellation liegt der Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache Lock zugrunde (EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 -).
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(1) Der Arbeitnehmer erhielt neben seinem Grundgehalt Provisionen für abgeschlossene Kaufverträge, die mehrere Wochen oder Monate nach dem jeweiligen Vertragsschluss ausgezahlt wurden. Während des Urlaubs erhielt er sein Grundgehalt. Provisionen für in der Vergangenheit geschlossene Verträge wurden weiter geleistet. Der Arbeitnehmer war während des Urlaubs jedoch nicht in der Lage, durch Vertragsschlüsse neue Provisionen zu verdienen. Deswegen verringerte sich sein Arbeitsentgelt in einem Zeitraum nach dem jeweiligen Urlaub.
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(2) Der Gerichtshof hat entschieden, dass einer solchen Regelung Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG entgegensteht. Der Arbeitnehmer sehe trotz des Entgelts für den Zeitraum des Jahresurlaubs möglicherweise aufgrund des hinausgeschobenen finanziellen Nachteils davon ab, sein Recht auf Urlaub auszuüben. Das sei umso wahrscheinlicher, als die Provisionen im Durchschnitt mehr als 60 % des Arbeitsentgelts ausmachten. Eine solche Verringerung des Arbeitsentgelts wegen des bezahlten Jahresurlaubs verstoße gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG. Unerheblich sei, dass die Verringerung des Arbeitsentgelts in der Zeit nach dem Urlaub eintrete (EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 21 ff.). Die Fallgestaltungen in der Sache Lock und dem Rechtsstreit, über den der Senat zu entscheiden hat, sind insoweit vergleichbar, als der finanzielle Nachteil in beiden Fällen nicht das eigentliche Urlaubsentgelt betrifft, sondern in einem dem Urlaub vor- oder nachgelagerten Zeitraum eintritt. Zwischen den Konstellationen besteht allerdings ein gradueller Unterschied, weil die Nachteile für Vergütungsansprüche in der Fallgestaltung der Rechtssache Lock regelmäßiger und in größerem Umfang eintraten, als das bei den hier gegebenen Nachteilen für die Entstehung und Höhe von Mehrarbeitszuschlägen zutrifft. Allein aufgrund der geringeren Höhe der möglichen Nachteile für das Entgelt kann ein Verstoß gegen Unionsrecht jedoch aus Sicht des vorlegenden Senats nicht ausgeschlossen werden. Der Gerichtshof hat entschieden, dass eine finanzielle Vergütung den unionsrechtlichen Vorgaben nicht genügt, wenn sie gerade noch so bemessen ist, dass keine ernsthafte Gefahr dafür besteht, der Arbeitnehmer werde seinen Jahresurlaub nicht antreten (EuGH 15. September 2011 - C-155/10 - [Williams ua.] Rn. 21). Auch das vor dem Gerichtshof anhängige Vorabentscheidungsersuchen der Rechtbank Overijssel (Niederlande) vom 20. Mai 2020 behandelt in der Rechtssache Staatssecretaris van Financiën die Frage, ob Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG dahin auszulegen ist, dass der Arbeitnehmer seine Vergütung oder einen ihrer Teile nicht verlieren darf, weil er sein Recht auf Jahresurlaub ausübt (- C-217/20 -).
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b) Andererseits ergeben sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch Anhaltspunkte dafür, dass die negative Anreizwirkung des § 4.1.2. MTV nicht genügen könnte, um eine Verletzung von Art. 31 Abs. 2 der Charta und Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG zu begründen. Solche Anhaltspunkte finden sich in den Entscheidungen des Gerichtshofs zu dem gewöhnlichen Arbeitsentgelt, das Arbeitnehmern fortzuzahlen ist, während sie Urlaub in Anspruch nehmen (EuGH 13. Dezember 2018 - C-385/17 - [Hein] Rn. 32 ff.; 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 16 ff.; 15. September 2011 - C-155/10 - [Williams ua.] Rn. 19 ff.).
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aa) Durch das Erfordernis der Zahlung des Urlaubsentgelts soll der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (EuGH 29. November 2017 - C-214/16 - [King] Rn. 35; 16. März 2006 - C-131/04 ua. - [Robinson-Steele ua.] Rn. 58). Ist das Urlaubsentgelt geringer als das gewöhnliche Entgelt, das der Arbeitnehmer in Zeiträumen tatsächlicher Arbeitsleistung erhält, könnte er veranlasst sein, seinen bezahlten Jahresurlaub nicht zu nehmen oder zumindest nicht in Arbeitszeiträumen zu nehmen, in denen dies zur Verringerung seines Entgelts führte (EuGH 13. Dezember 2018 - C-385/17 - [Hein] Rn. 44). Möglicherweise können die Maßstäbe für die Bemessung des Urlaubsentgelts auf die Frage übertragen werden, welche Nachteile infolge Urlaubs in Bezug auf Vergütung für andere Zeiten hinzunehmen sind. Dafür spricht, dass der Gerichtshof in der Rechtssache Lock ausgeführt hat, es komme nicht darauf an, ob eine Verringerung des Arbeitsentgelts hinsichtlich des bezahlten Jahresurlaubs erst in der Zeit nach dem Jahresurlaub eintrete ( EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 23).
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bb) Das Urlaubsentgelt für den Mindesturlaub muss grundsätzlich so bemessen sein, dass es mit dem gewöhnlichen Entgelt des Arbeitnehmers übereinstimmt. Besteht das vom Arbeitnehmer bezogene Entgelt aus mehreren Bestandteilen, erfordert die Bestimmung dieses gewöhnlichen Entgelts und des Betrags, auf den der Arbeitnehmer während seines Jahresurlaubs Anspruch hat, eine spezifische Prüfung (EuGH 15. September 2011 - C-155/10 - [Williams ua.] Rn. 21 f.). Jede Unannehmlichkeit, die untrennbar mit der Erfüllung der dem Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben verbunden ist und durch einen in die Berechnung des Gesamtentgelts des Arbeitnehmers eingehenden Geldbetrag abgegolten wird, muss zwingend Teil des Betrags sein, auf den der Arbeitnehmer während seines Jahresurlaubs Anspruch hat (EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 29; 15. September 2011 - C-155/10 - [Williams ua.] Rn. 24; vgl. auch BAG 15. Dezember 2015 - 9 AZR 611/14 - Rn. 33). Bestandteile des Gesamtentgelts, die ausschließlich gelegentlich anfallende Kosten oder Nebenkosten decken sollen, müssen bei der Berechnung des Urlaubsentgelts nicht berücksichtigt werden (EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 31; 15. September 2011 - C-155/10 - [Williams ua.] Rn. 25).
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cc) In der Rechtssache Hein hat sich der Gerichtshof mit der Frage befasst, ob von dem Arbeitnehmer geleistete Überstunden bei der Berechnung des Urlaubsentgelts berücksichtigt werden müssen. Er hat dazu festgestellt, dass die Überstundenvergütung aufgrund ihres Ausnahmecharakters und ihrer Unvorhersehbarkeit grundsätzlich nicht Teil des gewöhnlichen Arbeitsentgelts ist, das der Arbeitnehmer für den in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vorgesehenen bezahlten Urlaub beanspruchen kann. Ist der Arbeitnehmer jedoch arbeitsvertraglich verpflichtet, Überstunden zu leisten, die weitgehend vorhersehbar und gewöhnlich sind und deren Vergütung einen wesentlichen Teil des gesamten Arbeitsentgelts ausmacht, sollte die Vergütung für diese Überstunden in das gewöhnliche Arbeitsentgelt einbezogen werden. Der Gerichtshof überlässt es den nationalen Gerichten zu prüfen, ob das im Ausgangsrechtsstreit der Fall ist (EuGH 13. Dezember 2018 - C-385/17 - [Hein] Rn. 46 f.).
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dd) Noch nicht vollständig geklärt ist, ob weitgehend vorhersehbare und gewöhnliche Überstunden, deren Vergütung einen wesentlichen Teil des gesamten Arbeitsentgelts ausmacht, zwingend in die Berechnung des gewöhnlichen Arbeitsentgelts einfließen müssen. Die Formulierung, dass die Vergütung für diese Überstunden in die Berechnung des Urlaubsentgelts einfließen sollte, spricht gegen eine verbindliche Pflicht, die Überstunden einzubeziehen (vgl. EuGH 13. Dezember 2018 - C-385/17 - [Hein] Rn. 47). Die Gegenüberstellung zwischen unvorhersehbarer Überstundenvergütung mit Ausnahmecharakter und weitgehend vorhersehbaren und gewöhnlichen Überstunden, deren Vergütung einen wesentlichen Entgeltanteil ausmacht, legt jedoch das gegenteilige Verständnis nahe.
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ee) Im Ausgangsfall spricht viel dafür, dass es sich um ausnahmsweise und unvorhersehbar anfallende Mehrarbeitsstunden handelt. Anhaltspunkte dafür, dass die Mehrarbeitsstunden weitgehend vorhersehbar und gewöhnlich sind und ihre Vergütung einen wesentlichen Teil des gesamten Arbeitsentgelts ausmacht, ergeben sich weder aus dem Tarifvertrag noch aus den Besonderheiten des Ausgangsrechtsstreits. Wenn eine solche Mehrarbeitsvergütung nicht zwingend in die Berechnung des Urlaubsentgelts einfließen muss, liegt es nahe, dass auch ein vergleichbarer finanzieller Nachteil durch in Anspruch genommenen Urlaub für die Berechnung der Mehrarbeitszuschläge nicht gegen Art. 31 Abs. 2 der Charta und Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG verstößt.
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ff) Die Entscheidung, ob die Maßstäbe, die für das während des Mindesturlaubs fortzuzahlende gewöhnliche Arbeitsentgelt gelten, auf die Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen übertragen werden können, obliegt aus Sicht des vorlegenden Senats dem Gerichtshof. Der finanzielle Nachteil einer aufgrund in Anspruch genommenen Urlaubs geringeren Vergütung ist unabhängig davon, ob er während des Urlaubs zu einem geringeren Urlaubsentgelt führt oder ob sich der Nachteil im Hinblick auf Mehrarbeitsvergütung für Zeiten vor oder nach dem Urlaub auswirkt. Der finanzielle Anreiz, auf Urlaub zu verzichten, ist in beiden Fällen vergleichbar.
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III. Vorlagepflicht des Bundesarbeitsgerichts nach Art. 267 Abs. 3 AEUV
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1. Der Senat muss nicht darüber befinden, ob er als letztinstanzliches Gericht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV dazu verpflichtet ist, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen.
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a) Nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist ein einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet, wenn sich eine Frage iSv. Art. 267 Abs. 1 und Abs. 2 AEUV stellt. Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts können nach bisherigem Verständnis nicht mit Rechtsmitteln in diesem Sinn angefochten werden. Der außerordentliche Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde gehört grundsätzlich nicht zu den Rechtsmitteln iSv. Art. 267 Abs. 3 AEUV (EuGH 15. Januar 2013 - C-416/10 - [Križan ua.] Rn. 72; BVerfG 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 - [Recht auf Vergessen II] Rn. 73, BVerfGE 152, 216; ErfK/Wißmann/Schlachter 20. Aufl. AEUV Art. 267 Rn. 29).
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b) Das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt jedoch offengelassen, ob die Vorlagepflicht der Fachgerichte entfällt, soweit das Bundesverfassungsgericht selbst als letztentscheidende Instanz iSv. Art. 267 Abs. 3 AEUV vorlagepflichtig ist (BVerfG 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 - [Recht auf Vergessen II] Rn. 72, BVerfGE 152, 216). Würde an einer Vorlagepflicht der im fachgerichtlichen Instanzenzug letztinstanzlich entscheidenden Gerichte festgehalten, könnten zwei Gerichte nebeneinander und gleichzeitig als letztinstanzliches Gericht anzusehen sein. Das liege für das Nebeneinander von Verfassungsgerichtsbarkeit und Fachgerichtsbarkeit nicht nahe (BVerfG 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 - [Recht auf Vergessen II] Rn. 73, aaO).
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aa) In zwei Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass es in bestimmten Bereichen selbst eine Prüfung am Maßstab der Grundrechte der Europäischen Union vornimmt (BVerfG 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 - [Recht auf Vergessen I] Rn. 63 ff., BVerfGE 152, 152; 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 - [Recht auf Vergessen II] Rn. 42 ff., BVerfGE 152, 216). Soweit das Bundesverfassungsgericht die Charta als Prüfungsmaßstab anlegt, übt es seine Kontrolle in enger Kooperation mit dem Gerichtshof aus. Das Bundesverfassungsgericht legt dem Gerichtshof ungeklärte Fragen hinsichtlich der Auslegung der Charta selbst nach Art. 267 Abs. 3 AEUV vor (BVerfG 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 - [Recht auf Vergessen I] Rn. 72, aaO; 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 - [Recht auf Vergessen II] Rn. 68 ff., aaO; zustimmend Kühling NJW 2020, 275, 277).
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bb) Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass die hier fragliche Berücksichtigung von Urlaubszeiten bei der Berechnung zuschlagspflichtiger Mehrarbeitszeiten zu den Bereichen gehören könnte, für die das Bundesverfassungsgericht eine eigene Kontrolle an Unionsgrundrechten durchführt. In diesem Fall könnte eine Vorlagepflicht des Senats nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht gegeben sein.
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(1) Eine eigene Prüfungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts dürfte sich allerdings nicht aus dem Gesichtspunkt vollharmonisierten Rechts ergeben.
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(a) Das Bundesverfassungsgericht kontrolliert die Anwendung unionsrechtlich vollständig vereinheitlichter Regelungen am Maßstab der Unionsgrundrechte. Insoweit sind grundsätzlich nicht die deutschen Grundrechte, sondern allein die Unionsgrundrechte anwendbar. Ob eine Regelung unionsrechtlich vollständig vereinheitlicht ist, richtet sich nach einer Auslegung des jeweils anzuwendenden unionsrechtlichen Fachrechts. Das Bundesverfassungsgericht hat im konkreten Fall darauf abgestellt, dass die dort einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts im Bereich des Datenschutzes nicht lediglich auf eine Mindestharmonisierung, sondern auf eine umfassende Vereinheitlichung der nationalen Rechtsvorschriften gerichtet waren (BVerfG 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 - [Recht auf Vergessen II] Rn. 32 ff., BVerfGE 152, 216).
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(b) Fragen der Berechnung von Mehrarbeitsvergütung im Zusammenhang mit Urlaub dürften nicht als unionsrechtlich vollständig harmonisiert im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anzusehen sein. Weder in Art. 31 Abs. 2 der Charta noch in der Richtlinie 2003/88/EG finden sich hierzu konkrete Vorschriften oder Vorgaben. Aus dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a, Art. 7 Abs. 1 und Art. 15 der Richtlinie 2003/88/EG geht ausdrücklich hervor, dass sich die Richtlinie darauf beschränkt, Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung aufzustellen, und die Befugnis der Mitgliedstaaten unberührt lässt, für den Schutz der Arbeitnehmer günstigere nationale Vorschriften anzuwenden (EuGH 20. Juli 2016 - C-341/15 - [Maschek] Rn. 38 f.; 3. Mai 2012 - C-337/10 - [Neidel] Rn. 35). Nach Art. 153 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b iVm. Abs. 1 Buchst. a und Buchst. b AEUV besteht nur eine Kompetenz der Union, zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit von Arbeitnehmern Richtlinien mit sogenannten Mindestvorschriften zu erlassen (vgl. auch die Mitteilung der Europäischen Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vom 24. Mai 2017 C 165 S. 14).
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(2) Eine eigene Kontrolle des Bundesverfassungsgerichts am Maßstab der Unionsgrundrechte außerhalb des vollharmonisierten Bereichs kommt hier jedoch unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass durch eine Überprüfung allein an deutschen Grundrechten das grundrechtliche Schutzniveau des Unionsrechts möglicherweise nicht gewahrt sein könnte.
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(a) Eine Prüfung allein am Maßstab der deutschen Grundrechte reicht außerhalb des vollharmonisierten Bereichs dann nicht von vornherein aus, wenn konkrete und hinreichende Anhaltspunkte bestehen, dass dadurch das grundrechtliche Schutzniveau des Unionsrechts nicht gewahrt sein könnte. Anhaltspunkte für ein höheres Schutzniveau können sich insbesondere aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergeben. Ist konkret erkennbar, dass er spezifische Schutzstandards zugrunde legt, die von den deutschen Grundrechten nicht gewährleistet werden, ist das in die Prüfung einzubeziehen (BVerfG 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 - [Recht auf Vergessen I] Rn. 67 ff., BVerfGE 152, 152; Kühling NJW 2020, 275, 276).
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(b) Aus der umfangreichen Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Mindestjahresurlaub iSv. Art. 31 Abs. 2 der Charta und Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG ergeben sich Anhaltspunkte für ein höheres grundrechtliches Schutzniveau des Unionsrechts. Unionsrechtlich sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch die Urlaubsdauer, die Übertragbarkeit des Urlaubsanspruchs in Folgejahre und seine Vererblichkeit vom Grundrechtsschutz erfasst. Dagegen ist der Urlaubsanspruch aus nationaler Sicht in Rechtsprechung und Schrifttum bisher nicht in vergleichbarer Weise grundrechtlich ausgeformt. Zwar wäre es möglich, das Recht auf Urlaub auch mit den Grundrechten des Grundgesetzes zu unterlegen. So hat das Bundesverfassungsgericht etwa für den Bereich der Nachtarbeit erkannt, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, den Schutz der Arbeitnehmer vor den schädlichen Folgen der Nachtarbeit zu regeln. Eine solche Regelung ist notwendig, um dem objektiven Gehalt der Grundrechte, insbesondere des Rechts auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, zu genügen (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 ua. - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Ebenso wie Beschränkungen der Nachtarbeit dient auch der Urlaubsanspruch der Gesundheit der betroffenen Arbeitnehmer (vgl. EuGH 6. November 2018 - C-684/16 - [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften] Rn. 42; BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 423/16 - Rn. 25, BAGE 165, 376). Es läge daher nahe, aus der Schutzpflicht für die körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG einen Auftrag an den Gesetzgeber abzuleiten, durch Regelungen des Urlaubsanspruchs - wie im Bundesurlaubsgesetz geschehen - die Gesundheit der betroffenen Arbeitnehmer zu schützen. Selbst wenn solche verfassungsrechtlichen Ableitungen aus deutschen Grundrechten jedenfalls denkbar sind, dürfte der unionsrechtliche Grundrechtsschutz für den Urlaub ein höheres Niveau erreicht haben.
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2. Unabhängig von der Frage, ob das Bundesarbeitsgericht hier als letztinstanzliches Gericht iSv. Art. 267 Abs. 3 AEUV zu einer Vorlage verpflichtet ist, sind die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 1 und Abs. 2 AEUV erfüllt. Der Senat ist jedenfalls dazu berechtigt, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen.
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