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BAG 17.10.2017 - 10 AZB 24/15
BAG 17.10.2017 - 10 AZB 24/15
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht, 15. April 2015, Az: 4 Ta 265/14 (6), Beschluss
Tenor
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1. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers werden der Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 15. April 2015 - 4 Ta 265/14 (6) - und der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Zwickau vom 30. Oktober 2014 - 6 Ca 606/14 - aufgehoben.
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2. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Zwickau vom 13. Mai 2014 - 6 Ca 606/14 - abgeändert, soweit es eine Erstattung der Übersetzungskosten abgelehnt hat.
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Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe wird auf die vom Kläger verauslagten Kosten für die Übersetzung der Anlagen erstreckt, die für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag erforderlich waren.
Gründe
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A. Der anwaltlich vertretene Kläger des Ausgangsverfahrens hat seinen Wohnsitz in der Tschechischen Republik. Er hat beim Arbeitsgericht Zwickau mit Schriftsatz vom 14. April 2014 durch seine Prozessbevollmächtigte eine auf Zahlung rückständigen Arbeitslohns gerichtete Klage gegen die in Deutschland ansässige Beklagte erheben und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug und deren Erstreckung auf die Kosten für die notwendige Übersetzung der Unterlagen zum Nachweis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers beantragen lassen. Am 25. April 2014 gelangte die vom Kläger am 31. März 2014 unterschriebene, in deutscher Sprache ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts. Das Erklärungsformular war einschließlich der Erläuterungen und Anlagen von einem in Dresden ansässigen gewerblichen Übersetzungsbüro in die deutsche Sprache übersetzt worden. Der Kläger hat eine an ihn adressierte Rechnung des Übersetzungsbüros zur Gerichtsakte reichen lassen.
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Das Arbeitsgericht hat dem Kläger Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten bewilligt. Die Erstattung der Kosten für die Übersetzung der Anlagen zum Prozesskostenhilfegesuch hat es abgelehnt. Der sofortigen Beschwerde des Klägers hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.
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Mit Beschluss vom 5. November 2015 hat der Senat das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Gerichtshof) über das Vorabentscheidungsersuchen vom 5. November 2015 im Verfahren - 10 AZB 25/15 - ausgesetzt. In jenem Verfahren hat der Gerichtshof mit Urteil vom 26. Juli 2017 - C-670/15 - wie folgt entschieden:
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„Die Art. 3, 8 und 12 der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen sind in der Zusammenschau dahin auszulegen, dass die Prozesskostenhilfe, die der Mitgliedstaat des Gerichtsstands gewährt, in dem eine natürliche Person, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat hat, in einer Streitsache mit grenzüberschreitendem Bezug Prozesskostenhilfe beantragt hat, auch die von dieser Person verauslagten Kosten für die Übersetzung der Anlagen umfasst, die für die Entscheidung über diesen Antrag erforderlich sind.“
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B. Die aufgrund der Zulassung durch das Landesarbeitsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landesarbeitsgerichts, zur Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung und zur teilweisen Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts.
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I. Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass nach Maßgabe des deutschen Rechts die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Kosten, die dem Kläger für die Übersetzung der dem Prozesskostenhilfeantrag beizufügenden Erklärung und Anlagen in die deutsche Sprache entstanden sind, ausgeschlossen ist. Dem bei einem deutschen Prozessgericht gestellten Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe sind die Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO und die entsprechenden Belege gemäß § 184 Satz 1 GVG grundsätzlich in deutscher Sprache beizufügen (BGH 12. November 2014 - IV ZR 161/14 -). Für das Prozesskostenhilfeverfahren nach §§ 114 ff. ZPO sieht das Gesetz die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor (BGH 29. Juni 2010 - VI ZA 3/09 - Rn. 3). Dieses Verfahren stellt keine „Prozessführung“ iSd. § 114 ZPO dar, so dass hierfür keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Kosten, die für die Übersetzung der dem Prozesskostenhilfeantrag beizufügenden Erklärung und Belege in die Gerichtssprache entstehen, ist daher ausgeschlossen (BGH 12. November 2014 - IV ZR 161/14 - Rn. 2).
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II. Nicht zu beanstanden ist ebenso die Annahme des Landesarbeitsgerichts, wonach die Erstreckung der Prozesskostenhilfebewilligung auf die Kosten für die Übersetzung der erforderlichen Anlagen zum Prozesskostenhilfegesuch auch nicht nach §§ 1076 ff. ZPO in Betracht kommt. Diese durch das EG-Prozesskostenhilfegesetz vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3392) zur Umsetzung der RL 2003/8/EG in die Zivilprozessordnung eingefügten Vorschriften, die vor den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 13a ArbGG Anwendung finden, sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig. § 1078 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist auf die Behandlung von aus dem EU-Ausland in Deutschland eingehenden Ersuchen zugeschnitten und bestimmt - in Übereinstimmung mit § 117 ZPO - das (deutsche) Prozess- oder Vollstreckungsgericht als zuständige Empfangsbehörde iSd. Art. 14 Abs. 1 RL 2003/8/EG. Bei dieser Empfangsbehörde muss der Antrag in deutscher Sprache ausgefüllt eingehen und es müssen die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein (§ 1078 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Übernahme der Kosten für die Übersetzung des Antrags und der Anlagen in die deutsche Sprache durch die Bundesrepublik Deutschland sieht § 1078 ZPO nicht vor.
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III. Ebenfalls zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass der Kläger gemäß Art. 8 Buchst. b RL 2003/8/EG von den Übersetzungskosten für den Prozesskostenhilfeantrag und die Anlagen entlastet worden wäre, wenn er den Antrag bei der in seinem Heimatland zuständigen Behörde gestellt hätte.
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1. Der Anwendungsbereich der RL 2003/8/EG ist eröffnet. Der Prozesskostenhilfeantrag betrifft eine zivilrechtliche Streitsache mit grenzüberschreitendem Bezug iSv. Art. 2 Abs. 1 RL 2003/8/EG, weil der Kläger mit Wohnsitz in der Tschechischen Republik vor einem deutschen Gericht eine Zahlungsklage erhoben hat.
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2. Der Kläger hätte den Antrag auf Prozesskostenhilfe nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. a RL 2003/8/EG bei der zuständigen Behörde in der Tschechischen Republik einreichen können. In diesem Fall hätte ihm die Tschechische Republik nach Art. 8 Buchst. b RL 2003/8/EG die erforderliche Prozesskostenhilfe gemäß Art. 3 Abs. 2 RL 2003/8/EG zur Deckung der Kosten für die Übersetzung des Antrags und der erforderlichen Anlagen gewährt.
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3. Der Kläger hatte auch objektiv die Möglichkeit, in der Tschechischen Republik, dem Mitgliedstaat seines Wohnsitzes, Prozesskostenhilfe für den in Deutschland geführten Rechtsstreit zu beantragen. Der Einwand, bei einer Antragstellung in der Tschechischen Republik wäre er infolge des zu erwartenden Zeitverzugs um „mehrere Wochen bis Monate“ Gefahr gelaufen, dass seine Ansprüche verjähren oder aufgrund der in seinem Arbeitsvertrag vereinbarten Ausschlussfrist verfallen, ist unzutreffend, zumal der Kläger bereits mit Schriftsatz vom 14. April 2014 eine unbedingte Klage auf Zahlung des rückständigen Arbeitslohns beim sachlich und örtlich zuständigen Arbeitsgericht Zwickau erhoben hatte.
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IV. Soweit das Landesarbeitsgericht die Erstreckung der bewilligten Prozesskostenhilfe auf die Kosten für die Übersetzung der zur Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch erforderlichen Anlagen abgelehnt hat, weil der Kläger den Antrag nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/8/EG im Mitgliedstaat seines Wohnsitzes gestellt hat, hält seine Begründung einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
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1. Art. 8 Buchst. b RL 2003/8/EG, wonach der Mitgliedstaat des Wohnsitzes die Kosten für die Übersetzung des Antrags und der erforderlichen Anlagen übernimmt, wenn der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei den Behörden dieses Mitgliedstaats eingereicht wird, bringt keine Bedingung zum Ausdruck, die von der Prozesskostenhilfe beantragenden Person in jedem Fall zu erfüllen wäre, damit ihr eine Erstattung der Kosten für die Übersetzung des Antrags auf Prozesskostenhilfe und der Anlagen gewährt werden kann. Die Regelung beinhaltet in Bezug auf diese Kosten lediglich eine Ausnahme von der allgemeinen Regel, wonach der Mitgliedstaat des Gerichtsstands die mit dem grenzüberschreitenden Charakter einer Streitsache verbundenen Kosten zu tragen hat (EuGH 26. Juli 2017 - C-670/15 - Rn. 39 f.).
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2. Durch den Ausschluss der Kostenübernahme in den Fällen, in denen der Antrag - wie im Streitfall - gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/8/EG im Mitgliedstaat des Gerichtsstands gestellt wurde, würde die an einer Streitsache mit grenzüberschreitendem Bezug beteiligte Person, die nicht über ausreichende Mittel verfügt, um für die Prozesskosten aufzukommen, in der Wahrnehmung ihres Anspruchs auf einen effektiven Zugang zum Recht behindert. Dies widerspräche dem erklärten Ziel der Richtlinie (EuGH 26. Juli 2017 - C-670/15 - Rn. 41 ff.). Daher sind die Art. 3, 8 und 12 RL 2003/8/EG so auszulegen, dass die Prozesskostenhilfe, die der Mitgliedstaat des Gerichtsstands gewährt, in dem eine Person mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat Prozesskostenhilfe beantragt hat, auch die von dieser Person verauslagten Kosten für die Übersetzung der Anlagen umfasst, die für die Entscheidung über diesen Antrag erforderlich sind (EuGH 26. Juli 2017 - C-670/15 - Rn. 47).
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V. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Da das Arbeitsgericht im Streitfall die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bejaht hat, war unter Berücksichtigung der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26. Juli 2017 (- C-670/15 -) der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts vom 30. Oktober 2014 aufzuheben. Unter teilweiser Abänderung des Prozesskostenhilfebeschlusses vom 13. Mai 2014 war dem mit Schriftsatz vom 14. April 2014 gestellten Antrag des Klägers auf Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf die von ihm verauslagten erforderlichen Kosten für die Übersetzung der für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag erforderlichen Anlagen stattzugeben.
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