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BAG 20.06.2013 - 6 AZR 696/11
BAG 20.06.2013 - 6 AZR 696/11 - Bezahlter Freizeitausgleich für Arbeit an einem auf einen Samstag fallenden Feiertag - Tarifauslegung - MTV Uni-Klinikum Gießen und Marburg
Normen
Vorinstanz
vorgehend ArbG Gießen, 17. September 2010, Az: 4 Ca 192/10, Urteil
vorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht, 10. Mai 2011, Az: 4 Sa 1931/10, Urteil
Tenor
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1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. Mai 2011 - 4 Sa 1931/10 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über bezahlten Freizeitausgleich für Arbeit an einem Feiertag, der auf einen Samstag fiel.
- 2
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Die Beklagte betreibt ein Klinikum. Der Kläger ist für sie und ihre Rechtsvorgängerin seit 1995 als Krankenpfleger mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 28,875 Wochenstunden tätig. Er wird ständig im Schichtdienst an Wochenenden eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist aufgrund beiderseitiger originärer Tarifbindung der Manteltarifvertrag zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di vom 5. Dezember 2007 anzuwenden (MTV). Der MTV lautet auszugsweise:
-
„§ 9
Arbeitszeit
1.
Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich. Diese verteilt sich in der Regel auf 5 Tage, es sei denn, aus betrieblichen Gründen wird mit einer 5,5-Tage-Woche geplant. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist in der Regel ein Zeitraum von 6 Kalendermonaten zugrunde zu legen.
…
3.
Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich bezogen auf die 5-Tage-Woche für jeden gesetzlich anerkannten Wochenfeiertag, der auf einen Montag bis Freitag fällt, um 1/5 der persönlichen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit.
…
5.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit werden durch Dienstpläne geregelt. …
…
§ 11
Überstunden-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit
…
2.
Überstunden sind die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 9) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen.
3.
Überstunden müssen vom Geschäftsführer oder einer von diesem schriftlich bevollmächtigten Person ausdrücklich angeordnet oder genehmigt werden, davon abweichend können nicht planbare Überstunden auch unmittelbar mündlich angeordnet werden.
4.
Überstunden sind grundsätzlich durch entsprechend zusammenhängende bezahlte Freizeit ohne Zeitzuschlag in dem Dienstplanungszeitraum, max. ein Monat, auszugleichen, in dem sie entstanden sind. Die in der letzten Woche des Dienstplanungszeitraumes entstandenen Überstunden können ohne Zeitzuschlag in den darauf folgenden zwei Wochen ausgeglichen werden.
…
9.
Sonntagsarbeit ist die Arbeit von Sonntag 00:00 Uhr bis Sonntag 24:00 Uhr.
Feiertagsarbeit ist die Arbeit vom Feiertag 00:00 Uhr bis Feiertag 24:00 Uhr.
Die Woche ist der Zeitraum von Montag 00:00 Uhr bis zum folgenden Sonntag 24:00 Uhr.
10.
Arbeitnehmer, welche regelmäßig an Sonn- und Feiertagen arbeiten, erhalten innerhalb von zwei Wochen zwei zusammenhängende arbeitsfreie Tage, die auf ein Wochenende (Samstag/Sonntag) fallen sollen. Für geleistete Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen, soweit diese über die Verminderung der Arbeitszeiten nach § 9 Abs. 3 hinausgegangen ist, ist entsprechende bezahlte Arbeitsbefreiung innerhalb von drei Monaten zu gewähren. Ein Anspruch nach Absatz 4 besteht nicht zusätzlich.
Diese Regelung findet analoge Anwendung für Beschäftigte im Nachtdienst.
…
§ 12
Zeitzuschläge, Überstundenvergütung
1.
Die Arbeitnehmer erhalten neben ihrer Vergütung (§ 18) Zeitzuschläge.
Sie betragen je Stunde:
…
c)
bei Arbeiten an gesetzlichen Wochenfeiertagen, auch wenn sie auf einen Sonntag fallen, sowie am Ostersonntag und am Pfingstsonntag
35 %.
Zusätzlich wird Freizeitausgleich nach § 11 Abs. 10 gewährt, soweit dieser nicht bereits im Rahmen der 5-Tage-Woche bzw. § 9 Abs. 3 Berücksichtigung fand.
…
…
§ 34
Ausschlussfristen
1.
Die Ansprüche aus den zwischen den Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Tarifverträgen müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. …
…“
- 3
-
Die Beklagte verstand diese Regelungen in ständiger Praxis dahin, dass sie allen Arbeitnehmern für gesetzliche Feiertage von Montag bis Freitag Freizeitausgleich nach § 9 Abs. 3 MTV gewährte. So verfuhr sie selbst dann, wenn die Arbeitnehmer an den betreffenden Tagen auch ohne den Arbeitsausfall aufgrund des Feiertags nicht gearbeitet hätten, weil sie zB in Teilzeit arbeiteten oder Schichtdienst an Wochenenden leisteten. § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV wandte die Beklagte nur an, wenn sich die regelmäßige Arbeitszeit wegen eines Feiertags in der Zeit von Montag bis Freitag verringerte, der Arbeitnehmer jedoch arbeitete und an diesem Feiertag mehr als ein Fünftel der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit leistete.
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Der Kläger war am Samstag, 3. Oktober 2009, im Dienstplan eingeteilt. Er arbeitete an diesem Tag 7,5 Stunden, für die er Vergütung und Feiertagszuschlag von 35 %, aber keinen Freizeitausgleich erhielt. Für den 3. Oktober 2009 machte der Kläger mit Schreiben vom 14. November 2009 Freizeitausgleich geltend.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass nach dem MTV auch Arbeit durch bezahlte Freizeit auszugleichen sei, die an Feiertagen während eines Wochenendes geleistet werde.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, ihm bezahlten Freizeitausgleich für die am 3. Oktober 2009 erbrachten 7,5 Arbeitsstunden zu gewähren.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, Wochenfeiertage iSd. MTV seien die gesetzlichen Feiertage, die in die Zeit von Montag bis Freitag fielen. Schon der Wortlaut des § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV sei eindeutig. Danach sei keine Arbeitsbefreiung zu gewähren, wenn es zu keiner Verminderung der Arbeitszeit nach § 9 Abs. 3 MTV gekommen sei. § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV verlange geleistete Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen, „soweit diese über die Verminderung der Arbeitszeiten nach § 9 Abs. 3 hinausgegangen“ sei. § 9 Abs. 3 MTV bestimme, dass sich die Arbeitszeit nur für Wochenfeiertage verringere, die in die Zeit von Montag bis Freitag fielen. § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV diene dazu, einen Ausgleich dafür zu schaffen, wenn die regelmäßige Arbeitszeit wegen eines Feiertags in der Zeit von Montag bis Freitag eigentlich verringert gewesen sei, der Arbeitnehmer aber gearbeitet habe und an dem Feiertag sogar mehr als ein Fünftel der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit erbracht habe. § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV habe demnach klarstellenden Charakter und enthalte einen von der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 MTV abweichenden Ausgleichszeitraum von drei Monaten. Arbeite ein Arbeitnehmer an einem Feiertag von Montag bis Freitag länger als ein Fünftel der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit (7,7 Stunden), erhalte er Freizeitausgleich über die Arbeitszeitverringerung nach § 9 Abs. 3 MTV hinaus. Anderes ergebe sich nicht aus § 12 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 2 MTV, weil auch diese Vorschrift auf § 9 Abs. 3 MTV verweise. Eine solche Auslegung werde dem Tarifzweck und der Interessenlage gerecht. Alle Arbeitnehmer profitierten hinsichtlich des Freizeitausgleichs in gleichem Maß von Feiertagen „unter der Woche“. Soweit die Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 MTV bei Wochenendarbeit an einem Feiertag nicht erfüllt seien, bleibe es bei dem Anspruch auf Zeitzuschlag aus § 12 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 MTV.
- 8
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision will die Beklagte das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt wissen.
Entscheidungsgründe
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A. Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
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I. Die Klage ist nach gebotener Auslegung zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger versteht unter Freizeitausgleich bezahlte Arbeitsbefreiung iSv. § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV an einem Tag, an dem er nach dem Dienstplan arbeiten müsste, zum Ausgleich für die am 3. Oktober 2009 geleistete Feiertagsarbeit von 7,5 Arbeitsstunden. Die Formulierung des Antrags entspricht hinsichtlich der zu „gewährenden“ Arbeitsbefreiung dem Wortlaut des § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV. Ein solcher Leistungsantrag ist hinreichend bestimmt (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 849/06 - Rn. 6, 13; 23. März 2006 - 6 AZR 497/05 - Rn. 9, 12; 22. September 2005 - 6 AZR 579/04 - zu A I der Gründe, BAGE 116, 28). Der Tag, an dem die Feiertagsarbeit geleistet wurde, ist mit dem 3. Oktober 2009 konkretisiert (vgl. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 727/11 - Rn. 11).
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II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung zum Ausgleich für die am 3. Oktober 2009 geleisteten Arbeitsstunden. Es ist der Beklagten unmöglich, den Primäranspruch des Klägers aus § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV zu erfüllen.
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1. Der Kläger macht einen Sekundäranspruch aus § 280 Abs. 1, Abs. 3, § 283 Satz 1, § 275 Abs. 1, Abs. 4, § 249 Abs. 1 BGB iVm. § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV geltend. Die Beklagte kann die bezahlte Arbeitsbefreiung innerhalb des von § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV vorgegebenen Ausgleichszeitraums von drei Monaten nicht mehr bewirken. Der Ausgleichszeitraum gehört mit Blick auf den mit ihm verfolgten Arbeitsschutzzweck zu der Rechtsfolge der unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV zu bewirkenden Arbeitsbefreiung. Die Leistung wurde der Beklagten wegen des von § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV begründeten zeitgebundenen Anspruchs durch bloßen Zeitablauf unmöglich (vgl. Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 275 BGB Rn. 15, § 280 BGB Rn. 18). Die Beklagte kann daher nur Schadensersatz durch Naturalrestitution leisten, indem sie die Arbeitsbefreiung außerhalb des tariflichen Ausgleichszeitraums gewährt.
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2. Der Kläger hatte auf der Grundlage von § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung für die am 3. Oktober 2009 geleisteten 7,5 Arbeitsstunden innerhalb des Ausgleichszeitraums von drei Monaten. Dieser Anspruch bestand neben den von der Beklagten erfüllten Vergütungsansprüchen für den 3. Oktober 2009, die auf Grundentgelt aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. einem Tarifvertrag oder dem Arbeitsvertrag und auf Feiertagszuschlag aus § 12 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 MTV gerichtet waren. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Tatbestand der Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit des § 9 Abs. 3 MTV Wochenfeiertage in der Zeit von Montag bis Freitag betrifft. Für solche Wochenfeiertage verringert sich die regelmäßige Arbeitszeit in der Fünftagewoche um ein Fünftel (§ 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Alt. 1, Abs. 3 MTV). Der Ausgleich von Feiertagsarbeit, die an Wochenenden geleistet wird, richtet sich demgegenüber nach § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV. Das ergibt eine Auslegung des Tarifgefüges nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck.
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a) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Wortlaut des § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV nicht eindeutig. Er lässt ein anderes Verständnis zu als die Auslegung der Beklagten, die annimmt, gesetzliche Feiertage iSd. MTV seien nur gesetzliche Feiertage, die in die Zeit von Montag bis Freitag fielen.
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aa) Nach § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV ist für geleistete Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen, soweit diese über die Verminderung der Arbeitszeiten nach § 9 Abs. 3 MTV hinausgegangen ist, entsprechende bezahlte Arbeitsbefreiung innerhalb von drei Monaten zu gewähren.
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bb) Aus diesem Wortlaut lässt sich auch im Zusammenhang mit § 9 Abs. 3 MTV nicht ableiten, die Tarifvertragsparteien meinten nur geleistete Arbeit an gesetzlichen Feiertagen von Montag bis Freitag. Wortlaut, Systematik und Zweck deuten vielmehr darauf hin, dass die Tarifvertragsparteien den Begriff des Wochenfeiertags grundsätzlich im Sinn eines gesetzlichen Feiertags in der Zeit von Montag bis Sonntag verwenden. In einem zweiten Schritt beschränken sie ihn für den Anspruch auf Arbeitsbefreiung aus § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV mithilfe der Bezugnahme auf § 9 Abs. 3 MTV auf die Tage Samstag und Sonntag.
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(1) Gebrauchen die Tarifvertragsparteien einen Rechtsbegriff, ist anzunehmen, dass sie ihn in seiner rechtlichen Bedeutung verwenden wollen. Enthält eine Tarifnorm einen bestimmten Fachbegriff, ist im Zweifel davon auszugehen, dass er im Geltungsbereich des betreffenden Tarifvertrags in seiner allgemeinen fachlichen Bedeutung gelten soll (st. Rspr., vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 539/11 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 6 AZR 703/10 - Rn. 37).
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(2) Eine Verknüpfung von Werktag und Feiertag findet sich zB in § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG. Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie nach dieser Bestimmung einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist. Im Unterschied dazu sieht § 11 Abs. 3 Satz 1 ArbZG vor, dass Arbeitnehmer, die an einem Sonntag beschäftigt werden, einen Ersatzruhetag haben müssen, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von zwei Wochen zu gewähren ist. § 11 Abs. 3 ArbZG unterscheidet demnach zwischen Sonntagsarbeit und Arbeit an Feiertagen, die auf Werktage fallen. Auch § 193 BGB und § 222 Abs. 2 ZPO differenzieren zwischen Sonn- und Feiertagen.
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(3) Die ständige Rechtsprechung hat aus dem Gesetzesrecht unabhängig von tariflichen Definitionen den Begriff des (gesetzlichen) Wochenfeiertags in Abgrenzung zu einem Feiertag, der auf einen Sonntag fällt, entwickelt (vgl. nur BAG 19. September 2012 - 5 AZR 727/11 - Rn. 18, 21, 22; 8. Dezember 2010 - 5 AZR 667/09 - Rn. 14, BAGE 136, 290; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 813/07 - Rn. 5; 9. Juli 2008 - 5 AZR 902/07 - Rn. 13; 23. März 2006 - 6 AZR 497/05 - Rn. 18). Manche Tarifvertragsparteien haben diese Begrifflichkeit aufgenommen und ausdrücklich festgehalten, wenn - im Sinn einer Ausnahme - keine Arbeitszeitgutschrift oder Arbeitsbefreiung für einen auf einen Samstag oder einen anderen arbeitsfreien Tag fallenden Wochenfeiertag erfolgen soll (vgl. für § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b des Tarifvertrags zur Regelung der Jahresarbeitszeit für die Arbeitnehmer der DB AG vom 1. Januar 1998 BAG 23. März 2006 - 6 AZR 497/05 - Rn. 3; 22. September 2005 - 6 AZR 641/04 - Tatbestand). In die Allgemeinsprache ist der Begriff des Wochenfeiertags dagegen noch nicht eingegangen (vgl. Duden Das Große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „Feiertag“; Duden Das Bedeutungswörterbuch 4. Aufl. Stichwort: „Feiertag“; Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort: „Feiertag“). Die zitierten allgemeinsprachlichen Lexika weisen auch unter dem Stichwort „Wochenfeiertag“ keine Einträge auf.
- 20
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(4) Eine Beschränkung auf Wochenfeiertage von Montag bis Freitag, wie sie sich in manchen Tarifverträgen findet, enthält der MTV nicht. § 12 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 MTV belegt vielmehr, dass „Wochenfeiertage“ nach dem Verständnis der konkreten Tarifvertragsparteien über Samstage hinaus auch auf Sonntage fallen können. Umfasst sind sogar die starren Sonntagsfeiertage Ostersonntag und Pfingstsonntag. Hat ein Arbeitnehmer an einem gesetzlichen Feiertag, der auf Samstag oder Sonntag fällt, zu arbeiten, tritt neben den Anspruch auf Grundvergütung aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. einem Tarifvertrag oder dem Arbeitsvertrag, den Anspruch auf Feiertagszuschlag aus § 12 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 MTV iHv. 35 % der Anspruch auf Freizeitausgleich oder auch Arbeitsbefreiung aus § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV. Eine Einschränkung des Anspruchs auf Arbeitsbefreiung lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht aus der Verweisung in § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV auf § 9 Abs. 3 MTV herleiten. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Anwendungsbereiche von § 9 Abs. 3 MTV und § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV unterscheiden.
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(a) § 9 MTV regelt die Dauer und Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Das geht aus der Überschrift der Bestimmung („Arbeitszeit“) und vor allem aus § 9 Abs. 1 Satz 1 MTV hervor. Danach beträgt die regelmäßige Arbeitszeit 38,5 Wochenstunden, die in einer Fünf- oder 5,5-Tagewoche von Montag bis Freitag geleistet wird. Auch der Regelungsgehalt des § 9 Abs. 3 MTV beschränkt sich auf einen besonderen Tatbestand während der Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Bezogen auf die Fünftagewoche vermindert sich die regelmäßige Arbeitszeit für jeden gesetzlich anerkannten Wochenfeiertag, der in die Zeit von Montag bis Freitag fällt, um ein Fünftel der persönlichen durchschnittlichen Arbeitszeit. § 9 Abs. 3 MTV begrenzt diesen Verringerungstatbestand auf Wochenfeiertage in der Zeit von Montag bis Freitag, während der Begriff der Woche iSv. § 11 Abs. 9 Unterabs. 3 MTV die Zeit von Montag bis Sonntag erfasst.
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(b) Der mit „Überstunden-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit“ überschriebene § 11 MTV regelt Arbeitszeitformen, die von der regelmäßigen Arbeitszeit des § 9 MTV abweichen.
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(aa) Er unterscheidet in § 11 Abs. 9 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 MTV Sonn- und Feiertagsarbeit. Die Woche in diesem Sinn ist nicht die Fünf- oder 5,5-Tagewoche des § 9 Abs. 1 Satz 1 MTV, sondern nach § 11 Abs. 9 Unterabs. 3 MTV der Zeitraum von Montag bis Sonntag. § 9 Abs. 10 MTV regelt die Besonderheiten der Arbeitsbefreiung für im Schichtdienst tätige Arbeitnehmer, die regelmäßig an Sonn- und Feiertagen arbeiten. Sie erhalten nach § 11 Abs. 10 Satz 1 MTV innerhalb von zwei Wochen zwei zusammenhängende arbeitsfreie Tage. Darüber hinaus ist Arbeitnehmern, die an gesetzlichen Wochenfeiertagen Arbeit leisten, nach § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV entsprechende bezahlte Arbeitsbefreiung innerhalb von drei Monaten zu gewähren, soweit die an den gesetzlichen Wochenfeiertagen geleistete Arbeit über die Verminderung der Arbeitszeiten nach § 9 Abs. 3 MTV hinausgegangen ist.
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(bb) Diese Einschränkung ist nicht dahin zu verstehen, dass nur Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen in der Zeit von Montag bis Freitag durch Arbeitsbefreiung auszugleichen ist. Im Zusammenhang des ersten und zweiten Satzes von § 11 Abs. 10 MTV kommt vielmehr der Zweck der besonderen Arbeitsbefreiungen zum Ausdruck. Die Regelungen sollen die besonderen Belastungen ausgleichen, die mit Arbeit an Wochenenden und gesetzlichen Wochenfeiertagen verbunden sind. Die einschränkende Bezugnahme auf § 9 Abs. 3 MTV verlangt deswegen entgegen der Auffassung der Revision keine quantitativ über das Fünftel der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 7,7 Stunden nach § 9 Abs. 3 MTV hinausgehende tägliche Arbeitszeit an einem Wochenfeiertag von Montag bis Freitag. Für eine solche Mehrarbeit treffen die Überstundenvorschriften in § 11 Abs. 2 bis 4 MTV eine abschließende Regelung. § 11 Abs. 10 Satz 3 MTV will eine Kumulation von Ansprüchen auf bezahlte Freizeit aus § 11 Abs. 4 MTV und auf Arbeitsbefreiung aus § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV gerade verhindern. Die einschränkende Verweisung in § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV auf § 9 Abs. 3 MTV soll ausschließen, dass für Arbeit an Wochenfeiertagen in der Zeit von Montag bis Freitag ein weiterer freier Tag in Anspruch genommen wird. Durch die zusätzliche Arbeitsbefreiung nach § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV soll nur Arbeit an Wochenfeiertagen am Samstag oder Sonntag ausgeglichen werden.
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b) Vom Inhalt der Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien darf nicht auf den Inhalt des hier zu beurteilenden MTV geschlossen werden (vgl. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 813/07 - Rn. 21). Dennoch ist nicht zu verkennen, dass es sich bei einer Kombination von Vergütung für die während eines Wochenfeiertags geleistete Arbeit, Feiertagszuschlag und Arbeitsbefreiung um ein gebräuchliches tarifliches Regelungsmodell handelt (vgl. zu § 15 Abs. 6, § 26 BAT zB BAG 21. März 2002 - 6 AZR 194/01 - zu 2 der Gründe; zu den davon abweichenden Regelungen des TVöD 8. Dezember 2010 - 5 AZR 667/09 - Rn. 15, BAGE 136, 290). Anders als die Tarifvertragsparteien des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels vom 23. Juni 1997 haben sich die Tarifpartner des MTV nicht für einen erhöhten Feiertagszuschlag, sondern für bezahlte Arbeitsbefreiung entschieden (vgl. zu der bayerischen Tarifregelung BAG 19. September 2012 - 5 AZR 727/11 - Rn. 15). Der Senat hat nicht darüber zu befinden, ob die Beklagte zu Recht annimmt, dass sich auch die Arbeitszeit von Arbeitnehmern im Schichtdienst, die an einem Wochenfeiertag von Montag bis Freitag nicht im Dienstplan eingeteilt sind, nach § 9 Abs. 3 MTV vermindert.
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3. Der Kläger hat die dreimonatige Ausschlussfrist des § 34 Abs. 1 Satz 1 MTV gewahrt. Er hat den Anspruch auf Arbeitsbefreiung aus § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV unter dem 14. November 2009 schriftlich geltend gemacht.
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4. Die weiteren Erfordernisse eines Schadensersatzanspruchs aus § 280 Abs. 1, Abs. 3, § 283 Satz 1, § 275 Abs. 1, Abs. 4, § 249 Abs. 1 BGB sind gewahrt. Es ist der Beklagten unmöglich, die aus § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV geschuldete Leistung der Arbeitsbefreiung im tariflich vorgesehenen dreimonatigen Ausgleichszeitraum zu erfüllen (§ 283 Satz 1, § 275 Abs. 1 BGB). Den vom Landesarbeitsgericht bindend festgestellten Tatsachen sind keine Umstände zu entnehmen, die erkennen lassen, dass die Beklagte die Pflichtverletzung durch Nichterfüllung des Anspruchs aus § 11 Abs. 10 Satz 2 MTV nicht iSv. § 276 Abs. 1 BGB zu vertreten hat. Die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB ist damit nicht widerlegt (vgl. zB BAG 16. September 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 48, BAGE 127, 353; Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 280 BGB Rn. 40 mwN). Die Beklagte hat deshalb den Schaden, der dem Kläger durch die im dreimonatigen Ausgleichszeitraum unterbliebene Arbeitsbefreiung entstanden ist, durch spätere Arbeitsbefreiung während der Dauer von 7,5 Stunden zu ersetzen.
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B. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
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Fischermeier
Gallner
Spelge
Oye
Jerchel
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