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BAG 22.11.2012 - 2 AZR 570/11
BAG 22.11.2012 - 2 AZR 570/11 - Restitutionsklage - festgestellter Konventionsverstoß
Normen
§ 35 ZPOEG, § 19 ZPOEG, § 580 Nr 8 ZPO, § 705 ZPO, Art 13 MRK, Art 41 MRK, Art 44 MRK, Art 46 MRK, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 2 EUVtr 2008, Art 6 Abs 3 EUVtr 2008
Vorinstanz
vorgehend ArbG Essen, 9. Dezember 1997, Az: 6 Ca 2708/97, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 4. Mai 2011, Az: 7 Sa 1427/10, Urteil
nachgehend BVerfG, 20. April 2016, Az: 2 BvR 1488/14, Nichtannahmebeschluss
Leitsatz
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Die in § 35 EGZPO (juris: ZPOEG) getroffene Stichtagsregelung knüpft an den rechtskräftigen Abschluss des Ausgangsverfahrens vor den nationalen Gerichten und nicht an den Zeitpunkt an, in dem ein endgültiges, eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle feststellendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vorliegt.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 4. Mai 2011 - 7 Sa 1427/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil beendeten Verfahrens. In diesem Zusammenhang streiten die Parteien vorab über die Zulässigkeit der Restitutionsklage.
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Der 1957 geborene Kläger war seit 1983 bei der beklagten katholischen Kirchengemeinde als Organist und Chorleiter tätig. Im Jahr 1994 trennte er sich einvernehmlich von seiner damaligen Ehefrau, mit der er zwei gemeinsame Kinder hat. Die Trennung teilte er der Beklagten im Januar 1995 mit.
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Mit Schreiben vom 15. Juli 1997 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1998. Zur Begründung gab sie an, der Kläger lebe - obwohl verheiratet - in eheähnlicher Gemeinschaft mit einer anderen Frau, die zudem ein Kind von ihm erwarte. Damit habe er gegen den Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe verstoßen und seine Loyalitätsobliegenheiten ihr - der Beklagten - gegenüber grob verletzt. Das aus der neuen Partnerschaft des Klägers hervorgegangene Kind wurde Ende 1997 geboren. Im August 1998 wurde seine Ehe geschieden.
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Mit Urteil vom 9. Dezember 1997 gab das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage des Klägers statt, weil diesem vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung habe erteilt werden müssen. Die Berufung der Beklagten wies das Landesarbeitsgericht mit der Begründung zurück, es sei nicht erwiesen, dass diese - wie nach Art. 5 Abs. 1 der maßgebenden Grundordnung geboten - vor der Kündigung versucht habe, den Kläger zur Beendigung seines außerehelichen Verhältnisses zu bewegen. Nachdem das zweitinstanzliche Urteil auf die Revision der Beklagten durch das Bundesarbeitsgericht wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben worden war, wies das Landesarbeitsgericht die Klage nach neuer Verhandlung und Entscheidung mit Urteil vom 3. Februar 2000 ab. Zur Begründung führte es aus, nach Vernehmung des Vorsitzenden der Beklagten stehe fest, dass diese das Verfahren nach Art. 5 der Grundordnung eingehalten habe. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wurde am 29. Mai 2000 durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts als unzulässig verworfen. Am 8. Juli 2002 beschloss das Bundesverfassungsgericht, die Verfassungsbeschwerde des Klägers nicht zur Entscheidung anzunehmen.
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Bereits am 22. Dezember 1997 hatte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut ordentlich zum 30. Juni 1998 gekündigt. Gegen diese Kündigung setzt sich der Kläger in einem anderen Verfahren zur Wehr. Der Rechtsstreit wurde nach Abweisung der Klage in erster Instanz durch das Landesarbeitsgericht ausgesetzt.
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Am 11. Januar 2003 erhob der Kläger mit Blick auf die Entscheidungen über die Kündigung vom 15. Juli 1997 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Individualbeschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland. Mit Urteil vom 23. September 2010 stellte der Gerichtshof (Kammer der 5. Sektion) einen Verstoß gegen Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) fest (- 1620/03 - EUGRZ 2010, 560 = NZA 2011, 279). Die Interessenabwägung der deutschen Arbeitsgerichte stehe nicht in Einklang mit der Konvention; die Gerichte hätten nicht hinreichend dargelegt, warum die Belange des kirchlichen Arbeitgebers das Recht des Klägers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK bei weitem übertroffen hätten. Mit Urteil vom 28. Juni 2012 erkannte der Gerichtshof dem Kläger gemäß Art. 41 EMRK eine Entschädigung iHv. 40.000,00 Euro zu.
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Im Oktober 2010 hat der Kläger beim Landesarbeitsgericht die vorliegende Restitutionsklage erhoben. Er hat geltend gemacht, das rechtskräftige Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 3. Februar 2000 beruhe auf einer festgestellten Konventionsverletzung. Damit liege ein Restitutionsgrund iSd. § 580 Nr. 8 ZPO vor. § 35 EGZPO stehe dem nicht entgegen. Soweit danach der bezeichnete Wiederaufnahmegrund nur auf Verfahren anwendbar sei, die seit dem 31. Dezember 2006 rechtskräftig abgeschlossen worden seien, sei diese Voraussetzung erfüllt. Abzustellen sei insoweit nicht auf den rechtskräftigen Abschluss des Ausgangsverfahrens, sondern auf die Entscheidung im Beschwerdeverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das gebiete die konventions- und verfassungskonforme Auslegung der Übergangsvorschrift. Auch der Grundsatz der Effektivität des Unionsrechts verlange eine wirksame Umsetzung der Entscheidung des Gerichtshofs. Im Streitfall sei diese nur durch eine Wiederaufnahme des Kündigungsrechtsstreits zu erreichen. Die Restitutionsklage sei auch nicht mit Blick auf die fünfjährige Ausschlussfrist des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO unzulässig. Diese Bestimmung sei - falls sie überhaupt auf den Restitutionsgrund der Konventionsverletzung Anwendung finde - so auszulegen, dass die Frist erst mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu laufen beginne.
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Der Kläger hat beantragt,
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das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 3. Februar 2000 - 7 Sa 425/98 - aufzuheben und seiner Kündigungsschutzklage mit dem dort gestellten Antrag stattzugeben;
hilfsweise,
das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Arbeitsvertrags von 1983 in seiner zuletzt bestehenden Fassung einschließlich des Dekanatskantorenvertrags mit einem Beschäftigungsumfang von 100 vH im Wege der Wiedereinstellung ab dem 23. September 2010 fortzusetzen.
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Die Beklagte hat - sinngemäß - beantragt, die Klage als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Restitutionsklage sei sowohl mit Blick auf § 35 EGZPO als auch nach § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO aF unzulässig. Beide Regelungen knüpften an die Rechtskraft des Urteils im Ausgangsverfahren an. Ein anderes Normverständnis sei ausgeschlossen.
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Das Landesarbeitsgericht hat die abgesonderte Verhandlung und Entscheidung über die Zulässigkeit des Wiederaufnahmebegehrens angeordnet. Sodann hat es die Restitutionsklage durch Endurteil als unzulässig verworfen. Den Hilfsantrag hat es für diesen Fall als nicht gestellt angesehen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger, die Restitutionsklage für zulässig zu erklären.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Restitutionsklage des Klägers zu Recht als unzulässig verworfen. Nach § 35 EGZPO ist der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 8 ZPO auf Verfahren, die vor dem 31. Dezember 2006 rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nicht anzuwenden. Um ein solches Verfahren handelt es sich hier. Ob der Kläger - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - außerdem die Ausschlussfrist des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO versäumt hat und ob seine Restitutionsklage deshalb noch aus einem anderen Grund unzulässig ist, bedarf keiner Entscheidung.
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I. Parteien des Revisionsverfahrens sind ausschließlich der Kläger und die beklagte Kirchengemeinde. Das Landesarbeitsgericht hat keine Tatsachen festgestellt, aus denen sich ergäbe, dass sich das Bistum E, dem der Kläger im Ausgangsverfahren den Streit verkündet hatte, am Restitutionsverfahren beteiligt und hierauf bezogen Prozesshandlungen vorgenommen hat.
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II. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Zwischenstreit der Parteien über die Zulässigkeit der Restitutionsklage. Das Landesarbeitsgericht hat hierüber gemäß § 590 Abs. 2 iVm. § 280 Abs. 1 ZPO abgesondert verhandelt und entschieden. Soweit es sich dabei mit dem Hilfsantrag befasst und angenommen hat, über diesen sei im Fall der Unzulässigkeit der Restitutionsklage nicht zu befinden, greift der Kläger das Urteil nicht an. Er will mit der Revision lediglich erreichen, dass die Restitutionsklage für zulässig erklärt wird. In diesem Fall wäre das Verfahren über die angekündigten Sachanträge vor dem Landesarbeitsgericht fortzusetzen.
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III. Die Revision ist zulässig. Der Kläger hat das Rechtsmittel, anders als die Beklagte meint, iSd. § 74 Abs. 2 Satz 2 iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO ordnungsgemäß begründet (zu den Anforderungen an die Revisionsbegründung im Einzelnen vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 963/08 - Rn. 16, NZA-RR 2012, 269; 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - Rn. 13, NZA 2010, 1446).
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1. In seiner Revisionsbegründung stellt der Kläger den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Auslegung und Anwendung von § 35 EGZPO und § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO sein eigenes Normverständnis entgegen. Er führt aus, beide Vorschriften hätten „im Lichte des Lissabonvertrags und der dazu ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts“ nicht „zur formellen Unzulässigkeit seines Wiederaufnahmeantrags führen dürfen“. Die Regelungen seien, soweit sie einer wirksamen Umsetzung der Urteile des Gerichtshofs im innerstaatlichen Recht entgegenstünden, unanwendbar. Im Ergebnis sei deshalb an den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung über seine Menschenrechtsbeschwerde und nicht an den der letzten inländischen Entscheidung anzuknüpfen.
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2. Mit dieser Begründung hat der Kläger eine auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnittene Sachrüge erhoben, die erkennen lässt, in welchen Punkten und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sein soll. Der Angriff erfasst sämtliche das Berufungsurteil tragenden Begründungen (zu dieser Voraussetzung vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 963/08 - Rn. 18, NZA-RR 2012, 269). Soweit der Kläger auf Schriftsätze verweist, die er beim Landesarbeitsgericht eingereicht habe, haben diese Bezugnahmen nur ergänzenden Charakter und stehen der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen.
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IV. Die Revision ist unbegründet. Der Wiederaufnahmeantrag ist unzulässig. Der Kläger hat einen Restitutionsgrund iSv. § 580 ZPO nicht aufgezeigt.
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1. Die Zulässigkeit des Wiederaufnahmebegehrens scheitert nicht daran, dass der Gerichtshof dem Kläger im Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren gemäß Art. 41 EMRK eine „gerechte Entschädigung“ zugesprochen hat. Entschädigung und Restitution in natura schließen einander nicht aus (vgl. EGMR 30. Juni 2009 - 32772/02 - [Verein gegen Tierfabriken Schweiz/Schweiz Nr. 2] Rn. 85, NJW 2010, 3699; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 580 Rn. 31; Braun NJW 2007, 1620).
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2. Zur Zulässigkeit der Restitutionsklage gehört die Darlegung eines gesetzlichen Restitutionsgrundes (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 674/10 - Rn. 18, EzA ZPO 2002 § 580 Nr. 2; 20. Juni 1958 - 2 AZR 231/55 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 6, 95). Der Restitutionskläger muss, um dieser Anforderung zu genügen, einen Anfechtungsgrund iSv. § 580 ZPO nachvollziehbar behaupten. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Der Kläger beruft sich ausschließlich auf eine durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte festgestellte Konventionsverletzung, auf der die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 3. Februar 2000 beruhe. Der damit angesprochene Restitutionsgrund des § 580 Nr. 8 ZPO wurde durch Art. 10 Nr. 6 des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz mit Wirkung vom 31. Dezember 2006 in die Zivilprozessordnung eingefügt. Gemäß § 35 EGZPO ist die Vorschrift „[auf Verfahren], die vor dem 31. Dezember 2006 rechtskräftig abgeschlossen worden sind, […] nicht anzuwenden“. Die Überleitungsvorschrift knüpft an die formelle Rechtskraft des (Ausgangs-)Verfahrens und nicht an den Zeitpunkt an, in dem ein endgültiges, eine Konventionsverletzung feststellendes Urteil des Gerichtshofs vorliegt. Eine andere Auslegung ist methodengerecht nicht möglich. Mit diesem Inhalt ist § 35 EGZPO weder konventions- noch verfassungswidrig. Auch der Grundsatz der Effektivität des Unionsrechts ist nicht verletzt. Insbesondere steht das in Art. 6 Abs. 2, Abs. 3 EUV zum Ausdruck gebrachte Ziel der wirksamen Umsetzung der EMRK der Nichtanwendung von § 580 Nr. 8 ZPO in Fällen wie dem vorliegenden nicht entgegen.
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a) § 35 EGZPO stellt für die Anwendbarkeit des § 580 Nr. 8 ZPO auf den Zeitpunkt ab, zu dem die Entscheidung im Ausgangsverfahren iSd. § 19 EGZPO, § 705 ZPO formelle Rechtskraft erlangt hat. Das ergibt die Auslegung der Vorschrift (im Ergebnis - zumeist ohne Begründung - ebenso: BVerwG 22. Oktober 2009 - 1 C 26/08 - Rn. 17, BVerwGE 135, 137; BLAH ZPO 71. Aufl. § 580 Rn. 27; HK-ZPO/Kemper 5. Aufl. § 580 Rn. 16; MünchKomm/Gruber 3. Aufl. EGZPO § 35 Rn. 1; Prütting/Meller-Hannich 3. Aufl. ZPO § 580 Rn. 16; Thomas/Putzo/Reichold 33. Aufl. ZPO § 580 Rn. 23; Thomas/Putzo/Hüßtege 33. Aufl. EGZPO § 35 Rn. 1; Zöller/Heßler 29. Aufl. EGZPO § 35 Rn. 2; aA offenbar Musielak 9. Aufl. ZPO § 580 Rn. 24).
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aa) Für das dargelegte Normverständnis spricht bereits der Wortlaut der Überleitungsvorschrift. Zwar ist der Begriff „Verfahren“ - isoliert betrachtet - neutral; er kann sich sowohl auf den Ausgangsrechtsstreit als auch auf das Verfahren der Individualbeschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beziehen. Dem Kontext nach geht es in § 35 EGZPO aber um solche „Verfahren“, auf die § 580 Nr. 8 ZPO anzuwenden ist. Damit ist zweifelsfrei der zivilrechtliche Ausgangsrechtsstreit angesprochen.
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bb) Sprachlich wird der Bezug zum Ausgangsverfahren ferner dadurch hergestellt, dass die in § 35 EGZPO enthaltene Stichtagsregelung auf den Zeitpunkt abstellt, zu dem das Verfahren „rechtskräftig“ abgeschlossen ist. Mangels entgegenstehender Hinweise für eine unterschiedliche Bedeutung ist davon auszugehen, dass der Begriff der „Rechtskraft“ im Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung einheitlich gebraucht wird. Es gilt somit § 19 EGZPO. Nach Abs. 1 der Vorschrift sind Endurteile rechtskräftig, welche mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht mehr angefochten werden können. Gemäß Abs. 2 der Bestimmung sind ordentliche Rechtsmittel diejenigen, welche an eine von dem Tage der Verkündung oder Zustellung des Urteils laufende Notfrist gebunden sind. In diesem Sinne „ordentliche Rechtsmittel“ stellen weder die Verfassungsbeschwerde (BVerfG 18. Januar 1996 - 1 BvR 2116/94 - zu B der Gründe, BVerfGE 93, 381) noch die Individualbeschwerde iSd. Art. 34 EMRK dar. Durch diese besonderen Rechtsbehelfe zum Schutz individueller Menschenrechte und sonstiger Grundrechte wird die Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung nicht gehemmt, der rechtskräftige Abschluss des Verfahrens also nicht verzögert. Die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung ist vielmehr in der Regel gerade Zulässigkeitsvoraussetzung der Verfassungsbeschwerde (BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 735/00 - zu B I 2 a bb (1) der Gründe, AP ZPO § 322 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 166) und der Individualbeschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Auch diese kommt nach Art. 35 Abs. 1 EMRK erst nach Erschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe in Betracht. Das Verfahren vor dem Gerichtshof stellt sich zudem inhaltlich nicht als Fortsetzung des innerstaatlichen Verfahrens dar. Die Individualbeschwerde richtet sich nicht gegen die im Zivilprozess obsiegende Partei, sondern gegen die Bundesrepublik Deutschland. Stellt der Gerichtshof eine Konventionsverletzung fest, kommt der Entscheidung dementsprechend keine die zivilprozessuale Rechtslage unmittelbar gestaltende Wirkung zu (BVerfG 11. Oktober 1985 - 2 BvR 336/85 - zu 1 der Gründe, NJW 1986, 1425). Hinzu kommt, dass die EMRK nicht den Terminus der „Rechtskraft“ verwendet, wenn es um den Abschluss des Verfahrens vor dem Gerichtshof geht, sondern von der „endgültigen“ (engl./franz. Sprachfassung: „final“/„définitif“) Entscheidung spricht (vgl. Art. 44, Art. 46 EMRK).
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cc) Für die Anknüpfung an die formelle Rechtskraft des Ausgangsrechtsstreits iSd. § 19 EGZPO, § 705 ZPO sprechen überdies systematische Erwägungen sowie Sinn und Zweck der Übergangsregelung. Der Begriff „Verfahren“ wird sowohl in der Überschrift des Vierten Buchs der ZPO als auch in der Grundnorm des § 578 Abs. 1 ZPO verwandt, nach der die Wiederaufnahme eines durch „rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen“ kann. Beide Klagen sind auf die Überwindung der Rechtskraft des Ausgangsverfahrens gerichtet. Darauf nimmt § 35 EGZPO Bezug. Die Regelung soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 16/3038 S. 36) sicherstellen, „dass eine Anwendung des neuen Restitutionsgrundes (…) erst für diejenigen Entscheidungen in Betracht kommt, die nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung rechtskräftig abgeschlossen werden (vgl. § 578 Abs. 1 ZPO)“. Die Nennung der zivilprozessualen Grundnorm in der Gesetzesbegründung bringt erkennbar den Willen zum Ausdruck, mit der Stichtagsregelung an die Rechtskraft des Ausgangsrechtsstreits und nicht an die Beendigung des Beschwerdeverfahrens vor dem Gerichtshof anzuknüpfen. Mit ihr soll, wie es in der Gesetzesbegründung heißt, Belastungen Rechnung getragen werden, die mit der Statuierung eines neuen Wiederaufnahmegrundes für die betroffene gegnerische Partei verbunden sind, und soll eine aus Sicht des Gesetzgebers unzulässige rückwirkende Anwendung der Regelung des § 580 Nr. 8 ZPO vermieden werden.
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dd) Eine von diesen Vorgaben abweichende Auslegung der Übergangsregelung in dem Sinne, dass es für die Anwendbarkeit des § 580 Nr. 8 ZPO auf den Zeitpunkt ankäme, zu dem ein iSd. Art. 44, Art. 46 EMRK endgültiges Urteil des Gerichtshofs vorliegt, scheidet aus. Sie stünde in Widerspruch zum zeitlich klar eingegrenzten Anwendungsbereich des in Rede stehenden Restitutionsgrundes. Sie wäre auch mit dem in § 35 EGZPO zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Willen unvereinbar, der betroffenen gegnerischen Partei trotz der festgestellten Konventionsverletzung Vertrauensschutz in die zu ihren Gunsten ergangene Ausgangsentscheidung zu gewähren, sofern diese bei Inkrafttreten des Reformgesetzes bereits in Rechtskraft erwachsen war. Für das vom Kläger favorisierte Verständnis ist deshalb selbst dann kein Raum, wenn es den Vorgaben der Konvention besser entspräche oder gar geboten wäre, um ihnen gerecht zu werden. Die Möglichkeiten einer konventionsfreundlichen Auslegung enden dort, wo diese nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung nicht mehr vertretbar erscheint (BVerfG 4. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08 ua. - [Sicherungsverwahrung] Rn. 93 f. mwN, BVerfGE 128, 326; zu den Grenzen der Gesetzesauslegung siehe auch BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - Rn. 50 f. mwN, BVerfGE 128, 193). Selbst um einer effektiveren Durchsetzung der einen Konventionsverstoß feststellenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte willen können sich deutsche Gerichte im Wege der Auslegung nicht von der rechtsstaatlichen Kompetenzordnung und der Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) lösen (BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - Rn. 50, aaO).
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ee) Ein anderer Nichtigkeits- bzw. Restitutionsgrund iSd. § 580 ZPO greift nicht ein. Der Kläger beruft sich auf einen solchen auch nicht. Soweit einige Stimmen im Schrifttum dafür eintreten, bei erfolgreicher Individualbeschwerde der im Zivilprozess rechtskräftig unterlegenen Partei zu deren Gunsten einen der in § 580 Nr. 1 bis Nr. 7 Buchst. b ZPO normierten Wiederaufnahmegründe - insbesondere den Restitutionsgrund des nachträglichen Auffindens einer Urkunde (§ 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO) - im Wege der Analogie heranzuziehen (zum Meinungsstand vgl. GMP/Prütting 7. Aufl. Einl. Rn. 90 ff.; Schlosser ZZP 79 (1966), 164, 186 ff.; Selbmann ZRP 2006, 126), ist derartigen Überlegungen spätestens seit Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz und der Einfügung von § 580 Nr. 8 ZPO iVm. § 35 EGZPO die Grundlage entzogen.
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b) Mit dem aufgezeigten Inhalt ist § 35 EGZPO mit dem Grundgesetz, insbesondere mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (zum Gewährleistungsgehalt des allgemeinen Gleichheitssatzes bei der Einführung von Stichtagsregelungen vgl. BVerfG 20. April 2011 - 1 BvR 1811/08 - Rn. 6, ZFSH/SGB 2011, 337; 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 117, 272). Das gilt auch unter Berücksichtigung der Garantien der EMRK und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfe dienen (vgl. dazu BVerfG 4. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08 ua. - [Sicherungsverwahrung] Rn. 90 ff. mwN, BVerfGE 128, 326).
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aa) Durch die in § 35 EGZPO enthaltene Stichtagsregelung werden Parteien hinsichtlich der Möglichkeit, aufgrund einer festgestellten Konventionsverletzung die Wiederaufnahme ihres rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens zu erreichen, unterschiedlich behandelt. Die Vorschrift differenziert danach, in welcher Prozesslage sich der Ausgangsrechtsstreit bei Inkrafttreten des § 580 Nr. 8 ZPO befand, ob er nämlich seinerzeit bereits rechtskräftig abgeschlossen war oder nicht.
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bb) Zwischen den beiden Gruppen besteht der wesentliche Unterschied, dass die im Ausgangsverfahren obsiegende Partei vor Inkrafttreten des § 580 Nr. 8 ZPO am 31. Dezember 2006 mit einer Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Rechtsstreits wegen festgestellter Konventionsverletzung nicht zu rechnen brauchte. Eine nachträgliche Änderung der Rechtslage geriete in Konflikt mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit. Das Prinzip der Rechtssicherheit wiederum ist ein zentrales Element der Rechtsstaatlichkeit. Auf ihm beruht die grundsätzliche Rechtsbeständigkeit rechtskräftiger Entscheidungen.
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cc) Gerät im Einzelfall der Grundsatz der Rechtssicherheit mit dem Gebot der materiellen Gerechtigkeit in Widerstreit, so ist es Sache des Gesetzgebers, ggf. der Rechtsprechung, das jeweilige Gewicht, das diesen Prinzipien in der zu regelnden Konstellation zukommt, zu bemessen und darüber zu befinden, welchem der Vorzug gegeben werden muss. Bei überwiegendem Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens darf die Rechtsordnung in Kauf nehmen, dass eine materiell unrichtige Entscheidung für den fraglichen Einzelfall endgültig Bestand hat (BVerfG 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - zu C I 2 b der Gründe, BVerfGE 107, 395; 8. Oktober 1992 - 1 BvR 1262/92 - zu 1 der Gründe mwN, NJW 1993, 1125).
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dd) Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, der Rechtssicherheit in Fällen, in denen das zivile Ausgangsverfahren bei Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz bereits rechtskräftig abgeschlossen war, Vorrang vor der Möglichkeit einer Wiederaufnahme dieses Verfahrens einzuräumen, hält sich im Rahmen des daraus resultierenden Gestaltungsspielraums.
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(1) Das rechtsstaatliche Erfordernis der Messbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns als Grundlage des Rechtsfriedens erfordert es, die Voraussetzungen, unter denen gerichtliche Entscheidungen einer Überprüfung unterliegen, hinreichend klar zu bestimmen (BVerfG 10. Juni 2005 - 1 BvR 2790/04 - zu II 2 a aa (2) (a) (aa) der Gründe, NJW 2005, 2685). Die Partei, die im Zivilprozess eine formell rechtskräftige Entscheidung zu ihren Gunsten erwirkt hat, darf auf deren Bestand vertrauen und mit Blick hierauf ggf. weitere Dispositionen treffen. Mit einer Beseitigung der Rechtskraft durch andere als klar vorgegebene Mittel - eine entsprechende verfassungsgerichtliche Entscheidung (§ 95 Abs. 2 iVm. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) oder das Eingreifen eines in der Zivilprozessordnung enumerativ aufgeführten Wiederaufnahmegrundes - muss sie nicht rechnen. Die Überleitungsvorschrift des § 35 EGZPO nimmt auf diesen Unterschied Bezug. Zugleich lehnt sie sich an den allgemeinen Grundsatz des intertemporalen Verfahrensrechts an, nach dem eine Änderung des Prozessrechts grundsätzlich (nur) anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst (vgl. dazu BVerfG 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631/90 und 1728/90 - zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 87, 48; BAG 28. Mai 2009 - 2 AZR 732/08 - Rn. 12, BAGE 131, 105; 14. April 2005 - 1 AZN 840/04 - zu 2 b aa der Gründe, BAGE 114, 200).
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(2) Der deutsche Gesetzgeber war bei der Einführung des § 580 Nr. 8 ZPO nicht mit Blick auf die Bindung der Vertragsstaaten an die Vorgaben der EMRK gehalten, gleichwohl dem Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit Vorrang vor dem der Rechtssicherheit einzuräumen. Die EMRK verpflichtet die Vertragsstaaten nicht, im Fall der Konventionsverletzung die Möglichkeit der Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Ausgangsverfahren vorzusehen. Bei einem festgestellten Konventionsverstoß durch eine nationale Gerichtsentscheidung zwingt die EMRK deshalb nicht dazu, dem entsprechenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eine die Rechtskraft der konventionswidrigen Entscheidung beseitigende Wirkung beizumessen (BVerfG 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - zu C I 3 b bb der Gründe, BVerfGE 111, 307; 11. Oktober 1985 - 2 BvR 336/85 - zu 1 der Gründe, NJW 1986, 1425).
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(a) Die Konvention selbst trägt in Art. 41 EMRK der Möglichkeit Rechnung, dass die innerstaatlichen Gesetze der Vertragspartner eine „vollkommene Wiedergutmachung“ der eingetretenen Völkerrechtsverletzung nicht gewährleisten. In einem solchen Fall hat der Gerichtshof dem von der Konventionsverletzung Betroffenen ggf. eine „gerechte Entschädigung“ zuzubilligen. Damit gestattet es Art. 41 EMRK den Vertragsstaaten gerade, rechtskräftige Entscheidungen, von denen festgestellt worden ist, dass sie unter Verstoß gegen das Völkerrecht zustande gekommen sind, als solche unangetastet zu lassen (BVerfG 11. Oktober 1985 - 2 BvR 336/85 - zu 2 bb der Gründe, NJW 1986, 1425). Das gilt umso mehr, als auch der Grundsatz der Rechtssicherheit Bestandteil des Konventionsrechts ist und eine Begrenzung der Verpflichtungen der Konventionsstaaten aus einem Urteil des Gerichtshofs rechtfertigt (Pache EuR 2004, 393, 404). Ob dies auch dann gilt, wenn die (weitere) tatsächliche Vollstreckung einer konventionswidrigen innerstaatlichen Gerichtsentscheidung in Frage steht (vgl. dazu BVerfG 11. Oktober 1985 - 2 BvR 336/85 - zu 1 der Gründe, aaO), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Um einen solchen Sachverhalt handelt es sich hier nicht.
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(b) Die Einräumung der Möglichkeit einer Wiederaufnahme ist, anders als der Kläger meint, nicht nach Art. 13 EMRK geboten. Die Regelung gewährleistet demjenigen, der geltend macht, er sei in einem durch die Konvention garantierten Recht verletzt worden, eine „wirksame Beschwerde bei einer innerstaatlichen Instanz“. Dies war dem Kläger unbenommen. Er hatte die Möglichkeit, vor den nationalen Gerichten bis hin zum Bundesverfassungsgericht geltend zu machen, dass sein Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens im Rahmen der Abwägung nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Einen Anspruch auf die Erweiterung der innerstaatlichen Gründe für die Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Zivilverfahren enthält Art. 13 EMRK nicht (BVerfG 11. Oktober 1985 - 2 BvR 336/85 - zu 2 bb der Gründe, NJW 1986, 1425).
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(c) Der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen.
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(aa) Danach hat die wirksame Durchführung von Urteilen des Gerichtshofs nach Art. 46 EMRK im System der EMRK allerdings große Bedeutung (vgl. EGMR 30. Juni 2009 - 32772/02 - [Verein gegen Tierfabriken Schweiz/Schweiz Nr. 2] Rn. 83, NJW 2010, 3699). Die Vertragsstaaten haben sich verpflichtet, endgültige Entscheidungen iSv. Art. 44 EMRK, in denen eine Konventionsverletzung festgestellt worden ist, zu befolgen (Art. 19, Art. 46 Abs. 1 EMRK). Dabei erschöpft sich die Befolgung regelmäßig nicht in der Zahlung von Geldbeträgen, die dem Beschwerdeführer vom Gerichtshof als gerechte Entschädigung zugesprochen wurden. Erforderlich sind vielmehr individuelle und ggf. allgemeine Maßnahmen in der jeweiligen Rechtsordnung, die es ermöglichen, die vom Gerichtshof festgestellte Konventionsverletzung zu beenden und ihre Folgen im Rahmen einer Naturalrestitution wiedergutzumachen (EGMR 30. Juni 2009 - 32772/02 - [Verein gegen Tierfabriken Schweiz/Schweiz Nr. 2] Rn. 85 mwN, aaO; siehe auch 8. April 2004 - 71503/01 - [Assanidzé/Georgien] Rn. 146 ff. mwN, NJW 2005, 2207).
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(bb) Gleichwohl kann es auch aus Sicht des Gerichtshofs Umstände geben, unter denen ein Staat von der Wiederherstellung des früheren Zustands ganz oder teilweise absehen darf. Außerdem ist der beteiligte Staat frei in den Mitteln, mit denen er seine Verpflichtung nach Art. 46 Abs. 1 EMRK erfüllen will, solange sie mit den Schlussfolgerungen im betreffenden Urteil des Gerichtshofs vereinbar sind (EGMR 30. Juni 2009 - 32772/02 - [Verein gegen Tierfabriken Schweiz/Schweiz Nr. 2] Rn. 88 mwN, NJW 2010, 3699). Der Gerichtshof kann infolgedessen eine Wiederaufnahme des Ausgangsverfahrens nicht anordnen. Er kann lediglich aussprechen, dass die Wiederaufnahme auf Antrag des Betroffenen ein angemessenes Mittel wäre, die festgestellte Konventionsverletzung zu beseitigen. Dies entspricht den Hinweisen des Ministerkomitees des Europarats, das in seiner Empfehlung R (2000) 2 die Vertragsstaaten aufgefordert hat, im staatlichen Recht Mechanismen zur Wiederaufnahme des Ausgangsverfahrens zu schaffen (EGMR 30. Juni 2009 - 32772/02 - [Verein gegen Tierfabriken Schweiz/Schweiz Nr. 2] Rn. 89, aaO). Derartige Erklärungen sind nicht bindend. Sie zwingen deshalb nicht zu der Annahme, dass die EMRK in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof die Möglichkeit einer Wiederaufnahme notwendig verlange (Meyer-Ladewig/Petzold NJW 2005, 15, 18 f.).
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(d) Auch die den Kläger betreffenden Entscheidungen des Gerichtshofs vom 23. September 2010 und vom 28. Juni 2012 (jeweils zum Aktenzeichen 1620/03 - [Schüth ./. Deutschland]) enthalten keine Anordnungen, aus denen sich eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland ergäbe, zumindest im Fall der Kündigung die Wiederaufnahme eines zu Lasten des Arbeitnehmers rechtskräftig beendeten Kündigungsschutzverfahrens ohne Rücksicht auf schutzwürdige Belange des Arbeitgebers zu eröffnen. Zwar hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 28. Juni 2012, mit dem er dem Kläger eine Entschädigung zuerkannt hat, ausgesprochen (Rn. 17), eine Wiederaufnahme des arbeitsrechtlichen Verfahrens und eine Prüfung des Falls im Licht seiner Entscheidung stellten grundsätzlich ein angemessenes Mittel dar, um die festgestellte Konventionsverletzung zu beheben. In seiner weiteren Begründung verweist er aber darauf (Rn. 18), dass angesichts der Fristen - ua. derjenigen in der EGZPO - eine Wiederaufnahme nicht mehr möglich sein dürfte. Das lässt nicht erkennen, dass er die Überleitungsvorschrift des § 35 EGZPO, soweit sie in Fällen wie dem vorliegenden zur Unzulässigkeit der Restitutionsklage führt, für konventionswidrig erachtet. Der Ausschluss der Wiederaufnahmemöglichkeit aus Rechtsgründen mag zur Folge haben, dass der Arbeitnehmer sein originäres, auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung gerichtetes Prozessziel trotz der festgestellten Konventionsverletzung nicht mehr wird verwirklichen können. Auch wenn ihm auf diese Weise - unterstellt, eine die Erwägungen des Gerichtshofs einbeziehende Interessenabwägung hätte zu seinen Gunsten ausgehen müssen - eine vollkommene Wiedergutmachung dauerhaft versagt bliebe, führte dies mit Blick auf Art. 41 EMRK und in Ansehung der Bedeutung der Rechtskraft sowie der sich daraus ergebenden schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers nicht zu einem für die Rechtsordnung schlechthin unerträglichen Ergebnis. Das gilt umso mehr als die Achtung der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen nicht nur ein zentraler Bestandteil der deutschen Rechtsordnung ist (vgl. BVerfG 8. Oktober 1992 - 1 BvR 1262/92 - zu 1 der Gründe, NJW 1993, 1125), sondern auch den Schutz der Konvention genießt (vgl. EGMR 18. September 2007 - 52336/99 - zu B 4 der Gründe, KirchE 50, 160).
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(3) Der in § 35 EGZPO vom deutschen Gesetzgeber gewählte Stichtag trägt überdies dem Umstand Rechnung, dass das Individualbeschwerdeverfahren insbesondere bei zivilrechtlichen Ausgangsverfahren die Rechtspositionen und Interessen der Beteiligten möglicherweise nicht vollständig abdeckt (zu diesem Aspekt siehe auch BVerfG 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - zu C I 3 c der Gründe, BVerfGE 111, 307). Notwendiger Verfahrensbeteiligter vor dem Gerichtshof ist neben dem Beschwerdeführer nur der jeweilige Vertragsstaat, nicht auch der Prozessgegner im Ausgangsverfahren. Die bloße Möglichkeit, als Dritter an dem Beschwerdeverfahren beteiligt zu werden (vgl. Art. 36 Abs. 2 EMRK), ist kein institutionelles Äquivalent für dessen Position als Partei oder weiterer Beteiligter im nationalen Ausgangsverfahren (BVerfG 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - zu C I 3 c der Gründe, aaO). Darauf durfte der Gesetzgeber bei der Einführung des Wiederaufnahmegrundes der festgestellten Konventionsverletzung und seiner Beschränkung auf seinerzeit noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Verfahren Bedacht nehmen. Er durfte berücksichtigen, dass die Prozessgegner an dem Verfahren vor dem Gerichtshof in der Vergangenheit regelmäßig nicht beteiligt wurden und erst die Eröffnung einer Wiederaufnahmemöglichkeit ihnen sehr viel mehr Anlass gäbe, auf die Möglichkeit einer Drittbeteiligung im Beschwerdeverfahren vor dem Gerichtshof zu drängen und ihre Interessen dort deutlicher zu vertreten als bisher (zu diesem Aspekt vgl. BT-Drucks. 16/3038 S. 40). Soweit der Kläger gemeint hat, die im Ausgangsverfahren obsiegende Partei sei in ihrem Vertrauen auf den rechtskräftigen Bestand einer mit einer Konventionsverletzung behafteten Entscheidung von vorneherein nicht schutzwürdig, übersieht er, dass es die Verpflichtung zur Schaffung einer Wiederaufnahmemöglichkeit bei festgestelltem Konventionsverstoß - wie dargelegt - nicht gibt.
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(4) Im Übrigen folgt aus der Stichtagsregelung des § 35 EGZPO und der Nichtgeltung von § 580 Nr. 8 ZPO für vor dem 31. Dezember 2006 rechtskräftig abgeschlossene Ausgangsverfahren nicht, dass die festgestellte Konventionsverletzung für die Rechtsbeziehung der an einem solchen Ausgangsverfahren beteiligten Parteien in jeder Hinsicht folgenlos bleiben müsste. So kann das vom Gerichtshof angenommene Abwägungsdefizit in Fällen wie dem vorliegenden unter Umständen im Rahmen eines Wiedereinstellungsbegehrens des Arbeitnehmers Bedeutung gewinnen. Einem solchen Antrag stünde die materielle Rechtskraft der im Kündigungsschutzprozess ergangenen klageabweisenden Entscheidung nicht entgegen. Zwar steht ihretwegen mit Bindungswirkung zwischen den Parteien fest, dass über den in der Kündigung mitgeteilten Termin hinaus kein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen bestanden hat (BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 131/07 - Rn. 18 mwN, AP KSchG 1969 § 23 Nr. 43 = EzA KSchG § 23 Nr. 33). Das schließt eine Verurteilung des Arbeitgebers zu einer Wiedereinstellung aber nicht aus. Ob es sich dabei um eine Sachlage handelt, bei der die deutschen Gerichte, wenn nicht über die res iudicata, so doch über einen Gegenstand zu entscheiden haben, zu dem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einen Konventionsverstoß festgestellt hat (vgl. BVerfG 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - zu C I 3 b bb der Gründe, BVerfGE 111, 307), kann nicht für alle denkbaren Fallgestaltungen im Vorhinein beantwortet werden. Es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, im Rahmen eines beim dafür zuständigen Gericht angebrachten Wiedereinstellungsantrags dem Bestreben, der festgestellten Konventionsverletzung auch in natura abzuhelfen, angemessen Rechnung tragen zu können.
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c) Das Unionsrecht verlangt mit Blick auf Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 EUV keine andere Bewertung. Die Nichtanwendbarkeit von § 580 Nr. 8 ZPO auf Sachverhalte wie den vorliegenden widerspricht nicht dem in Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 EUV zum Ausdruck gebrachten Ziel einer wirksamen Umsetzung der EMRK auf dem Gebiet des Unionsrechts.
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aa) Unabhängig von der Frage, ob der Sachverhalt in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, ergibt sich aus dem Vertrag von Lissabon entgegen der Auffassung des Klägers keine neue Qualität des Vorrangs von Unionsrecht gegenüber nationalem Recht (BVerfG 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 - Rn. 331, BVerfGE 123, 267). Insbesondere lässt der in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 EUV vorgesehene - noch nicht vollzogene - Beitritt der Union zur EMRK nicht den Schluss zu, die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Ausgangsverfahrens sei zur Umsetzung eines eine Konventionsverletzung feststellenden Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zwingend geboten. Dagegen spricht schon die Regelung in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 EUV. Ihr zufolge ändert der Beitritt nicht die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union.
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bb) Eine andere Bewertung ist nicht deshalb geboten, weil die Grund- und Menschenrechte der EMRK nach Art. 6 Abs. 3 EUV schon jetzt als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts sind und weil nach Art. 52 Abs. 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union die in dieser enthaltenen Rechte, soweit sie den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, die gleiche Bedeutung und Tragweite haben wie gemäß der Konvention. Zum einen ergibt sich aus Art. 46 EMRK, wie ausgeführt, keine Verpflichtung zur Wiederaufnahme des Verfahrens. Zum anderen stellt die EMRK, solange die Union ihr nicht beigetreten ist, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kein „Rechtsinstrument“ dar, das formell in die Unionsrechtsordnung übernommen worden ist. Die in Art. 6 EUV enthaltene Verweisung auf die EMRK gebietet es einem nationalen Gericht nicht, im Fall eines Widerspruchs zwischen einer Regelung des nationalen Rechts und der Konvention die Bestimmungen der Konvention unmittelbar anzuwenden und eine mit dieser unvereinbare nationale Regelung unangewendet zu lassen (EuGH 24. April 2012 - C-571/10 - [Kamberaj] Rn. 63, NVWZ 2012, 950). Klärungsbedarf iSv. Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht in diesem Zusammenhang nicht.
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d) Der Kläger kann sich demnach auf den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 8 ZPO nicht berufen. Die Vorschrift findet wegen § 35 EGZPO im Streitfall keine Anwendung. Das Ausgangsverfahren war weit vor dem 31. Dezember 2006 rechtskräftig abgeschlossen. Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 29. Mai 2000, durch den die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 3. Februar 2000 zurückgewiesen wurde, ist dem Kläger im Juni 2000 zugestellt worden. Damit hat das Berufungsurteil, dessen Aufhebung der Kläger im Wege der Restitutionsklage begehrt, formelle Rechtskraft erlangt.
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V. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
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