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BAG 16.06.2010 - 4 AZR 944/08
BAG 16.06.2010 - 4 AZR 944/08 - Auslegung einer tarifvertraglichen Verweisungsklausel
Normen
Vorinstanz
vorgehend ArbG Neumünster, 23. Mai 2008, Az: 1 Ca 1092b/07, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, 8. Oktober 2008, Az: 3 Sa 254/08, Urteil
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 8. Oktober 2008 - 3 Sa 254/08 - teilweise aufgehoben.
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Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 23. Mai 2008 - 1 Ca 1092b/07 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und im Hauptausspruch zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 889,35 Euro brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. September 2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
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2. Die Parteien haben die Kosten erster und zweiter Instanz je zur Hälfte zu tragen. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten zuletzt noch über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger einen Stundenlohn in Höhe von 15,04 Euro brutto nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin vom 20. August 2007 (TV Lohn/West) statt der von ihnen einzelvertraglich vereinbarten 13,54 Euro brutto zu zahlen.
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Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 6. Juni 2006 bis zum 18. Juli 2007 als Fliesenleger beschäftigt. Er ist Mitglied der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), vormals Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden (IG BSE). Die Beklagte ist Mitglied der Innung des Baugewerbes Neumünster. Diese ist seit Ende der 1980er Jahre nicht mehr Mitglied im Baugewerbeverband Schleswig-Holstein. Sie schloss aber unter dem 23. Mai 1990 mit der IG BSE, Landesverband Nordmark, den Tarifvertrag über die Anwendung der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes (Anwendungs-TV). Der darin ua. in Bezug genommene „Bezirkslohntarifvertrag … für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein“ wurde zuletzt am 19. April 2000 als Bezirkslohntarifvertrag (Lohntabellen) für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein gültig vom 1. April 2000 bis 31. März 2002 (Bezirkslohn-TV) zwischen dem Bauindustrieverband Schleswig-Holstein e.V., dem Baugewerbeverband Schleswig-Holstein und der IG BAU, Landesverband Nord, abgeschlossen. Kraft ausdrücklicher Regelung galt dieser Bezirkslohn-TV mit der Kündigung des zentralen Lohntarifvertrages, der ebenfalls am 19. April 2000 abgeschlossen worden war, als gleichzeitig gekündigt. Dieser zentrale Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin - TV Lohn/West 2000 - wurde zum 31. März 2002 gekündigt.
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Der Kläger beansprucht für den Klagezeitraum einen tariflichen Stundenlohn von 15,04 Euro brutto statt der arbeitsvertraglich vereinbarten 13,54 Euro brutto und daraus sich ergebend ein Differenzentgelt von 864,00 Euro brutto. Mit dem Anwendungs-TV werde die Gleichbehandlung mit den Beschäftigungsverhältnissen bei Arbeitgebern, die unmittelbar an die Tarifverträge im Bauhauptgewerbe gebunden seien, bezweckt. Da seit dem 1. April 2002 kein Bezirkslohntarifvertrag mehr abgeschlossen worden sei, fänden nunmehr aufgrund der Verweisung in § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV die Lohnsätze des bezirksübergreifenden TV Lohn/West vom 20. August 2007 - abgeschlossen mit Wirkung zum 1. April 2007 zwischen dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V., dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. und der IG BAU - Anwendung auf sein Arbeitsverhältnis. Die Bezirkslohntarifverträge seien über viele Jahre als zusätzliche regionale Regelungen zum TV Lohn/West vereinbart worden. Sie stellten lediglich dessen Ausformungen dar, den sie nicht veränderten, sondern nur ergänzten. Mit Schreiben vom 28. Juni 2007 hat der Kläger die Differenzbeträge für die Monate April und Mai 2007 (240,00 Euro und 252,00 Euro) geltend gemacht. Die Beklagte kam dem nicht nach, woraufhin der Kläger unter dem 30. August 2007 Klage erhob, mit der er zugleich seine Ansprüche für die Monate Juni und Juli 2007 (252,00 Euro und 120,00 Euro) geltend gemacht hat.
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Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 864,00 Euro brutto zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. August 2007 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung nach den Lohnsätzen des TV Lohn/West vom 20. August 2007. Der Anwendungs-TV sei nach seinem eindeutigen Wortlaut lediglich auf den Bezirkslohn-TV bezogen. Bei dessen Wegfall ergebe sich keine automatische Bezugnahme auf der TV Lohn/West. Vielmehr sei in einem solchen Fall gemäß § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV zwischen den Tarifvertragsparteien neu zu verhandeln.
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Beide Vorinstanzen haben der Klage, die unter Einschluss einer Forderung auf Zahlung des tariflichen 13. Monatseinkommens ursprünglich auf einen Gesamtbetrag von 1.753,35 Euro gerichtet war, insgesamt stattgegeben. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision ihren Klageabweisungsantrag nur noch weiter, soweit sie zur Zahlung von 864,00 Euro verurteilt worden ist. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten, soweit sie in der Revisionsinstanz angefallen ist, zu Unrecht zurückgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der beanspruchten Entgeltdifferenz von 864,00 Euro brutto. Der TV Lohn/West vom 20. August 2007 ist nicht lückenfüllend nach § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV an die Stelle des nicht mehr neu abgeschlossenen, nur noch nachwirkenden Bezirkslohn-TV getreten. Zudem besteht auch kein Anspruch auf den Tariflohn in der Höhe des letzten Bezirkslohn-TV, da dieser nach seiner Kündigung einzelvertraglich durch eine andere Abmachung iSd. § 4 Abs. 5 TVG ersetzt werden konnte und ersetzt wurde.
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I. Im Anwendungs-TV heißt es auszugsweise:
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„§ 1
Geltungsbereich
Fachlich und räumlich:
Alle Betriebe und selbständigen Betriebsabteilungen der Innung des Baugewerbes Neumünster, die unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes fallen.
Persönlich:
Alle gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende, die unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes fallen.
§ 2
Leistungen
Es gelten alle allgemeinverbindlichen Tarifverträge des Bauhauptgewerbes sowie alle nachfolgend aufgeführten Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe in der jeweils geltenden Fassung:
Gewerbliche Arbeitnehmer
1.
Bezirkslohntarifvertrag und Ausbildungsvergütungen für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein
2. - 4.
…
Angestellte
5. - 13.
…
§ 3
Inkrafttreten und Laufdauer
Dieser Tarifvertrag tritt am 01. April 1990 in Kraft und ist mit einer Kündigungsfrist von zwei Monaten - erstmalig zum 31. März 1991 - kündbar.
Die Parteien sind sich einig, daß, wenn sich die Zugehörigkeit der Tarifvertragsparteien dieses Vertrages zu den Tarifvertragsparteien des Baugewerbes verändert, dieser Tarifvertrag ohne Kündigung endet.
Werden für das Bauhauptgewerbe andere als die in diesem Vertrag aufgeführten Verträge abgeschlossen, so verpflichten sich die Tarifvertragsparteien dieses Tarifvertrages, unverzüglich in Verhandlungen hierüber einzutreten.“
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II. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts verweist § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV nicht mangels Fortschreibung der Bezirkslohntarifverträge über den Wortlaut hinaus auf den jeweils aktuellen, bundesweit geltenden Entgelttarifvertrag TV Lohn/West.
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1. Der Anwendungs-TV findet normativ auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung.
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a) Zweifel an der Tarifzuständigkeit der Innung des Baugewerbes Neumünster zum Abschluss des Anwendungs-TV bestehen nicht. Ihr ist nach § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO Tarifsetzungsbefugnis verliehen, der auch nicht die vom Innungsverband - hier Baugewerbeverband Schleswig-Holstein - geschlossenen Tarifverträge entgegenstehen, weil die Innung vor Abschluss des Anwendungs-TV aus dem Innungsverband ausgetreten ist.
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b) Der ungekündigte, zwischen der Innung des Baugewerbes Neumünster und der IG BSE, Landesverband Nordmark, geschlossene Anwendungs-TV gilt zwischen dem Kläger und der Beklagten gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend.
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aa) Die Beklagte führt als Mitglied der Innung des Baugewerbes Neumünster einen Betrieb, der unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes iSd. § 1 Abs. 2 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV) fällt.
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bb) Die Tarifgebundenheit des Klägers, der gewerblicher Arbeitnehmer im Sinne des persönlichen Geltungsbereichs nach § 1 Anwendungs-TV ist, folgt gemäß § 3 Abs. 1 TVG aus seiner Mitgliedschaft in der IG BAU, die Rechtsnachfolgerin der tarifschließenden Gewerkschaft IG BSE ist. Die normative Geltung des Anwendungs-TV wurde durch die Fusion und Umbenennung der IG BSE in die IG BAU zum 1. Januar 1996 nicht berührt (vgl. im Einzelnen BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 996/06 - BAGE 125, 169).
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2. Es bestehen keine Zweifel an der Zulässigkeit der Verweisung in § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV als Delegation tariflicher Rechtssetzungsbefugnis (zu den Kriterien ua. BAG 29. August 2007 - 4 AZR 561/06 - Rn. 28, AP TVG § 4 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 41). Der betriebliche, fachliche und persönliche Geltungsbereich des Bezirkslohn-TV und des Anwendungs-TV stimmen überein und die Bezugnahme ist hinreichend bestimmt. Die in Bezug genommenen Tarifverträge werden genau bezeichnet.
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3. § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV enthält eine zeitdynamische Bezugnahme, die den TV Lohn/West nicht erfasst.
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a) Die Anwendbarkeit des TV Lohn/West ergibt sich nicht aus einer am Wortlaut und dem im Tarifvertrag zum Ausdruck gekommenen Sinn des Anwendungs-TV orientierten Auslegung.
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aa) Die Auslegung eines Tarifvertrages durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 30, BAGE 124, 110). Dabei folgt die Auslegung des normativen Teiles eines Tarifvertrages nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Somit ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., etwa 23. September 2009 - 4 AZR 382/08 - Rn. 14, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 3 und 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - mwN, BAGE 113, 291, 299).
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bb) § 2 Anwendungs-TV ist eine zeitdynamische Verweisungsbestimmung, weil in ihm die betreffenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung in Bezug genommen werden.
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cc) Die Bezugnahme in § 2 Anwendungs-TV erfasst nach ihrem Wortlaut nicht den TV Lohn/West. § 2 Anwendungs-TV enthält eine genaue Bezeichnung der Tarifverträge, die im Geltungsbereich des Anwendungs-TV maßgebend sein sollen. Der TV Lohn/West gehört nicht dazu.
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(1) Verwiesen wird einerseits auf „alle allgemeinverbindlichen Tarifverträge des Bauhauptgewerbes“. Dies löst keine über einen Hinweis auf die Rechtslage hinausgehenden Wirkungen aus, weil diese Tarifverträge auch ohne den Anwendungs-TV bereits aufgrund ihrer Allgemeinverbindlichkeit nach § 5 Abs. 4 TVG die nicht durch Mitgliedschaft tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihres Geltungsbereichs erfassen.
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(2) Verwiesen wird auf der anderen Seite auf „alle nachfolgend aufgeführten Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe in der jeweils geltenden Fassung“. Damit wird aus der Gesamtzahl der Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe durch „nachfolgend aufgeführt“ eine konkret bezeichnete und abschließende Auswahl vorgenommen. Hierzu gehören unter der Rubrik „Gewerbliche Arbeitnehmer“ der „Bezirkslohntarifvertrag und Ausbildungsvergütungen für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein“, womit der Bezirkslohn-TV gemeint ist. Der TV Lohn/West ist nicht aufgeführt und von der Verweisung nicht erfasst.
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(a) Die Verweisung auf „Bezirkslohntarifvertrag und Ausbildungsvergütungen für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein“ ordnet die Anwendung des Bezirkslohn-TV an, auch wenn dessen Überschrift nicht die „Ausbildungsvergütungen“ enthält. Diese sind jedoch im Bezirkslohn-TV geregelt. Mit der Verweisung wird nur zusätzlich klargestellt, dass sich im Geltungsbereich des Anwendungs-TV nicht nur die Löhne, sondern auch die Ausbildungsvergütungen nach den bezirkstariflichen Festlegungen richten sollen.
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(b) Die Liste der „nachfolgend aufgeführten Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe“ in § 2 Anwendungs-TV bezeichnet unter dreizehn Ordnungsziffern dreizehn konkrete Tarifverträge, die für gewerbliche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie für Angestellte im Bereich der Innung des Baugewerbes Neumünster gelten sollen. Diese Aufzählung ist abschließend. Der Tarifvertragstext enthält keinen Hinweis darauf, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien weitere oder andere Tarifverträge wie der TV Lohn/West ebenfalls übernommen werden sollen.
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dd) Diese Auslegung des insoweit eindeutigen Tarifwortlauts entspricht dem erkennbaren Sinn der Erklärung der Tarifvertragsparteien des Anwendungs-TV, so wie er sich auch im tariflichen Gesamtzusammenhang widerspiegelt. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, dass vom Sinn und Zweck des Anwendungs-TV abgewichen würde, wenn bei Nichtabschluss von Bezirkslohntarifverträgen im Land Schleswig-Holstein die Mitglieder der Innung des Baugewerbes Neumünster in der Folge auch von dem den Bezirkslohntarifverträgen zugrunde liegenden bundesweit geltenden TV Lohn/West abgekoppelt würden, findet nicht nur keinen Niederschlag im Anwendungs-TV. Dessen Tarifvertragsparteien haben vielmehr sogar in § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV einen dem entgegenstehenden Regelungswillen zum Ausdruck gebracht.
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(1) Bezüglich der Höhe der Arbeitsentgelte haben die Tarifvertragsparteien auf den regionalen Tarif Bezug genommen, der auch gegolten hätte, wenn die Innung des Baugewerbes Neumünster Mitglied im Baugewerbeverband Schleswig-Holstein geblieben wäre. Dazu hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass es Sinn und Zweck des Anwendungs-TV vom 23. Mai 1990 war zu verhindern, dass der nur auf innerorganisatorische Streitigkeiten zurückzuführende Austritt der Innung des Baugewerbes Neumünster aus dem Baugewerbeverband Schleswig-Holstein dazu führt, die Tarifbindung der Mitglieder dieser Innung im Hinblick auf die Vergütungsansprüche der beschäftigten tarifgebundenen Arbeitnehmer entfallen zu lassen.
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(2) Dieser Regelungshintergrund könnte zunächst dafür sprechen, den TV Lohn/West als in der Sache von § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV mitumfasst anzusehen. Denn nach der Beendigung der Fortführung der Bezirkslohntarifverträge im Land Schleswig-Holstein läuft bei Wortlaut getreuer Umsetzung des Anwendungs-TV das Entgeltgefüge der Innungen des Baugewerbes des Landes auseinander, weil für die Mitglieder der Innung des Baugewerbes Neumünster anders als für die Mitglieder anderer Innungen, die nach wie vor Mitglied im Baugewerbeverband des Landes sind, der TV Lohn/West nicht zur Anwendung kommt.
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(3) Davon abgesehen, dass dieser Regelungshintergrund und ein daraus gefolgerter Gleichstellungswille in den materiell-rechtlichen Bestimmungen des Anwendungs-TV nicht zum Ausdruck kommt, steht der vom Landesarbeitsgericht vertretenen Auslegung durchgreifend § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV entgegen. In dieser auf das Zustandekommen anderer als der aufgelisteten Tarifverträge im Bauhauptgewerbe bezogenen Bestimmung kommt der Wille der Tarifvertragsparteien zum Ausdruck, nur die in § 2 Anwendungs-TV ausdrücklich genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung ohne weiteres zur Geltung zu bringen. Neue Tarifentwicklungen im Bauhauptgewerbe außerhalb der aufgeführten Tarifwerke sollen erst auf der Grundlage einer Einigung in Neuverhandlungen zwischen der Innung des Baugewerbes Neumünster und der IG BSE/IG BAU, zu deren unverzüglicher Aufnahme sich beide Tarifvertragsparteien verpflichten, für das Baugewerbe Neumünster übernommen - oder auch nicht übernommen - werden.
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(a) Die Tarifautonomie als Möglichkeit und Aufgabe der Tarifvertragsparteien, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen eigenverantwortlich zu regeln, schließt es zwar nicht aus, die Rechtssetzungsbefugnis zu delegieren oder auf jeweils andere Tarifnormen zu verweisen. Mit einer insoweit zulässigen Verweisung geht jedoch die jederzeit bestehende Möglichkeit der Tarifvertragsparteien einher, die Delegation oder Verweisung wieder aufheben (vgl. BAG 10. November 1982 - 4 AZR 1203/79 - BAGE 40, 327, 335), modifizieren oder ersetzen zu können und nicht durch die Ausgestaltung der Kündigungsregelungen eine zeitlich zu lange Bindung einzugehen (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 561/06 - Rn. 28 mwN, AP TVG § 4 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 41). Diese grundsätzliche Wertung ist auch bei der Auslegung einer tarifvertraglichen Verweisung zu berücksichtigen. Sie spricht dafür, eine Verweisung im Zweifel eng auszulegen.
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(b) Der Verhandlungsvorrang des § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV erfasst auch den Fall der Ersetzung des nicht fortgeführten Bezirkslohn-TV durch einen anderen nicht bezirklichen Tarifvertrag.
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(aa) Die Tarifvertragsparteien haben in § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV vereinbart, dass sie sich zum unverzüglichen Eintritt in Verhandlungen verpflichten, wenn für das Bauhauptgewerbe andere als die im Anwendungs-TV aufgeführten Verträge abgeschlossen werden.
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(bb) Damit haben sie für den Fall, dass anstelle eines der in § 2 Einleitungssatz und Nr. 1 bis 13 aufgeführten Verträge ein anderer Tarifvertrag abgeschlossen oder in den bezirklichen Arbeitsverhältnissen des Bauhauptgewerbes außerhalb von Neumünster heranzuziehen ist, eine in sich abgeschlossene Auffangregelung vereinbart. Der Tatbestand von § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV ist nicht, wie das Landesarbeitsgericht annimmt, auf „andere Tarifverträge“ iSv. thematisch „zusätzlichen“ Tarifverträgen beschränkt. „Andere“ Tarifverträge idS sind nach dem Tarifwortlaut sämtliche Tarifverträge des Bauhauptgewerbes, die weder allgemeinverbindlich noch in § 2 Nr. 1 bis 13 Anwendungs-TV aufgeführt sind. Dieses Auslegungsergebnis steht auch in Übereinstimmung mit dem vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Regelungshintergrund. Bei verbliebener Mitgliedschaft der Innung des Baugewerbes Neumünster im Baugewerbeverband Schleswig-Holstein hätte die Innung bei jedem Neuabschluss von Tarifverträgen die Möglichkeit der Einflussnahme auf den innerverbandlichen Willen gehabt, ob der betreffende Tarifvertrag abgeschlossen oder übernommen werden soll. Die nach dem Austritt fehlende Einflussnahmemöglichkeit gleicht § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV aus. Damit ist eine Erstreckung der Geltungsanordnung auf andere Tarifverträge, auch wenn diese noch so sehr mit einem der in § 2 Nr. 1 bis 13 Anwendungs-TV aufgeführten Tarifverträge verbunden sein sollten, angesichts des tariflichen Regelungsziels des Anwendungs-TV ausgeschlossen. Daran ändert auch eine gemeinsame Kündigungsregelung für die Bezirkslohntarifverträge und den TV Lohn/West wie in § 10 Abs. 2 TV Lohn/West nichts. Sie dokumentiert die Verbundenheit der beiden Regelungen, die ohne Mitwirkung der Baugewerbeinnung Neumünster zustande gekommen sind, ändert aber an dem Rechtssetzungsvorbehalt der Parteien des Anwendungs-TV in § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV nichts.
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b) Die Anwendbarkeit der Regelungen des vom Kläger angeführten TV Lohn/West vom 20. August 2007 ergibt sich auch nicht aufgrund einer ergänzenden Auslegung von § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV nach Nichtfortschreibung des Bezirkslohn-TV.
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aa) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (statt aller BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 31, AP BetrAVG § 2 Nr. 60).
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bb) Die Kündigung des Bezirkslohn-TV 2000 und die unterbliebene Fortschreibung der Bezirkslohntarifverträge für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein lässt innerhalb des Anwendungs-TV keine Regelungslücke entstehen. Die Verweisung auf den Bezirkslohn-TV im Anwendungs-TV bezieht sich seit dessen Kündigung auf den nachwirkenden Bezirkslohn-TV 2000.
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(1) Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die Tarifvertragsparteien in Anerkennungstarifverträgen die Übernahme fremder Tarifregelungen im jeweiligen Geltungszustand vereinbaren können. Dies ist Inhalt ihrer allgemeinen Rechtssetzungsbefugnis (29. August 2007 - 4 AZR 561/06 - Rn. 28, AP TVG § 4 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 41; 18. Februar 2003 - 1 AZR 142/02 - zu D II der Gründe, BAGE 105, 5; 13. August 1986 - 4 ABR 2/86 - AP MTV Ang-DFVLR § 2 Nr. 1 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 15; 3. Dezember 1985 - 4 ABR 7/85 - BAGE 50, 277, 285, 287; vgl. auch 24. November 1999 - 4 AZR 666/98 - zu I 1 e bb der Gründe, BAGE 93, 34; anders noch 30. Januar 1990 - 1 ABR 98/88 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 64, 94, 98). Darin eingeschlossen ist auch der Geltungszustand der Nachwirkung iSv. § 4 Abs. 5 TVG.
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(2) Die Einbeziehung des Bezirkslohn-TV in den Anwendungs-TV „in der jeweils geltenden Fassung“ führt zu dessen Einbeziehung mit seinem jeweiligen Inhalt und in seinem jeweiligen Geltungszustand. Dies ergibt sich bereits aus dem Wort „geltend“ in der Verweisungsnorm in § 2 Einleitungssatz Anwendungs-TV. Für eine Übereinstimmung im Geltungszustand spricht zudem, dass die Tarifvertragsparteien des Anwendungs-TV im Wesentlichen den Zustand herzustellen beabsichtigten, welcher bei unmittelbarer Tarifgeltung der in Bezug genommenen Tarifverträge bestünde.
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(3) Auch der Wegfall der Dynamik des Bezirkslohn-TV und deren Ersetzung innerhalb des Bauhauptgewerbes im Übrigen durch die Entwicklung des TV Lohn/West hat nicht zu einer lückenhaften Regelung im Anwendungs-TV geführt. Dessen Tarifvertragsparteien haben für eine derartige Tarifentwicklung eine Verhandlungspflicht zur Prüfung der Übernahme festgelegt. Wenn es auf dieser Grundlage nicht zu der Übernahme einer anderweitigen, zwingend wirkenden Entgeltdynamik kommt, entspricht dies einer der von den Tarifvertragsparteien des Anwendungs-TV von vornherein mit einbezogenen Möglichkeit.
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III. Die angegriffene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Ein höherer als der vereinbarte Stundenlohn von 13,54 Euro brutto ergibt sich nicht aus § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV iVm. Lohntabelle Abschnitt A Nr. 3 III 2 (Fliesenleger) des nachwirkenden Bezirkslohn-TV 2000.
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Es kann dahinstehen, ob auf der Grundlage des Klagebegehrens durch die Gerichte für Arbeitssachen auch der nachwirkende Bezirkslohn-TV 2000 zur - teilweisen - Rechtfertigung der Klageforderung herangezogen werden könnte. Die Parteien des Rechtsstreits haben für ihr am 6. Juni 2006 begründetes Arbeitsverhältnis eine arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung über 13,54 Euro brutto je Stunde als andere Abmachung iSv. § 4 Abs. 5 TVG getroffen. Diese geht dem nach § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV im Arbeitsverhältnis der Parteien nur noch nachwirkend geltenden Bezirkslohn-TV 2000 vor.
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IV. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in dem Umfang zu tragen, in dem er unterlegen ist (§ 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO).
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Bepler
Creutzfeldt
Winter
Zugleich für den ehrenamtlichen Richter
Jürgens, der wegen Endes seiner Amtszeit
an einer Unterzeichnung verhindert ist.
BeplerGrimm
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