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BSG 20.09.2023 - B 8 SO 19/22 R
BSG 20.09.2023 - B 8 SO 19/22 R
Vorinstanz
vorgehend SG Berlin, 30. September 2020, Az: S 184 SO 102/20, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 21. September 2022, Az: L 15 SO 243/20+Urt
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. September 2022 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beiträge zu einer noch abzuschließenden Sterbegeldversicherung bei der Berechnung der ihr gewährten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.
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Die 1960 geborene Klägerin leidet ua an den Folgen eines Guillain-Barré-Syndroms mit Defektheilung der Akuterkrankung einer immunvermittelten Neuritis und den Symptomen einer verbleibenden chronischen Polyneuropathie mit schweren Paresen und einer schweren Gangstörung sowie einer Anpassungsstörung. Ein GdB von 70 und das Merkzeichen G und B sowie Pflegegrad 1 sind festgestellt. Die Klägerin lebt allein in einer Mietwohnung (monatliche Nettokaltmiete in Höhe von 617,60 Euro zuzüglich 80 Euro Heizkostenvorauszahlung). Sie zahlt Beiträge zu einer Haftpflichtversicherung (zuletzt 2022 mit einem Jahresbeitrag in Höhe von 81,16 Euro) und zu einer Hausratversicherung (zuletzt 2021 mit einem Jahresbeitrag in Höhe von 104,77 Euro). Sie bezieht seit dem 1.2.2018 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zuletzt seit dem 1. Juli 2022 in Höhe von 262,69 Euro. Ergänzend hierzu bewilligte der Beklagte Grundsicherungsleistungen (zuletzt im Juni 2022 in Höhe von 973,59 Euro). Die Klägerin hat zwei Töchter (geboren 1994 und 1997). Während die ältere Tochter erwerbstätig ist, befand sich die jüngere im September 2022 noch in der Ausbildung.
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Die Klägerin stellte bei dem Beklagten am 2.1.2019 einen ersten Antrag auf Übernahme der Kosten für eine (noch abzuschließende) Sterbegeldversicherung, der erfolglos blieb (Bescheid vom 8.1.2019; Widerspruchsbescheid vom 18.6.2019). Am 6.7.2019 beantragte sie erneut die Berücksichtigung der Kosten für eine noch abzuschließende Sterbegeldversicherung unter Beifügung eines neuen Angebots, das sich - ohne die Voraussetzung einer Gesundheitsprüfung vor Vertragsabschluss und bei einer Versicherungssumme von 5000 Euro und einem Eintrittsalter von 59 Jahren - auf monatliche Beiträge in Höhe von 24,63 Euro (27,32 Euro brutto) bis zum Erreichen des 85. Lebensjahres belief. Der Beklagte lehnte die Berücksichtigung ab, da nur Aufwendungen für Sterbegeldversicherungen anerkannt werden könnten, die vor Beginn der Leistungsberechtigung abgeschlossen worden seien (Bescheid vom 9.7.2019; Widerspruchsbescheid vom 17.12.2019).
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Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.9.2020). Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG Berlin vom 30.9.2020 sowie den Bescheid vom 9.7.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.12.2019 aufgehoben und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, für den Fall des Abschlusses einer Sterbegeldversicherung durch die Klägerin die Beiträge für eine der beiden günstigsten Versicherungen, die keine Gesundheitsprüfung, eine Wartezeit von nur einem Jahr und eine Versicherungssumme von 5000 Euro vorsehen, bei der Berechnung der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom Einkommen abzusetzen (Urteil vom 21.9.2022). Die Feststellungsklage sei als Elementenfeststellungsklage ausnahmsweise zulässig, weil zu erwarten sei, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung einer endgültigen Klärung zugeführt werden könne. Ein Feststellungsinteresse bestehe, weil die Klägerin jetzt wirtschaftliche Dispositionen treffen müsse, jedoch nicht mit dem Risiko belastet werden könne, die Zahlungen vorzunehmen, ohne vorher zu wissen, ob eine Berücksichtigung möglich sei. Beiträge zu einer Sterbegeldversicherung seien stets als angemessen anzuerkennen, ohne dass eine Einzelfallprüfung erforderlich sei. Dies habe der Gesetzgeber mit der Umformulierung von § 33 Abs 2 SGB XII zum Ausdruck gebracht. Eine Auslegung, nach der § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII die Prüfung der Angemessenheit erforderlich mache, würde hierzu in Wertungswiderspruch stehen. Bei der Berücksichtigung von Versicherungsbeiträgen sei zudem grundsätzlich unbeachtlich, ob diese vor oder nach Beginn des Leistungsbezugs abgeschlossen würden. Die Beiträge für die von der Klägerin angestrebten Versicherung seien im Übrigen bezogen auf die Versicherungssumme sowie die weiteren Bedingungen des Vertrages angemessen.
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Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision. Er rügt eine Verletzung von § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII. Es seien nur solche Verträge anzuerkennen, die bereits vor Beginn des Leistungsbezugs wirksam gewesen seien. Es sei zumindest aber eine Einzelfallprüfung vorzunehmen.
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. September 2022 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. September 2020 zurückzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Es fehlen für eine abschließende Entscheidung ausreichende tatsächliche Feststellungen des LSG, um beurteilen zu können, ob ein Anspruch auf die begehrte Feststellung besteht.
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Zu Recht hat das LSG das Begehren der Klägerin als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ausgelegt; gegenüber dem erstinstanzlichen Vorbringen liegt keine Klageänderung vor (vgl § 99 Abs 3 Nr 2 SGG). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 9.7.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.12.2019 (§ 95 SGG). Mit diesem Bescheid hat der Beklagte die künftige Berücksichtigung der Kosten einer Sterbegeldversicherung abgelehnt. Streitgegenstand der gegen diesen Bescheid gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (vgl § 54 Abs 1, § 55 Abs 1 Nr 1 iVm § 56 SGG) ist die Feststellung, dass der Klägerin höhere Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Vierten Kapitel des SGB XII unter Absetzung von gezahlten Beiträgen für eine Sterbegeldversicherung vom Einkommen zu gewähren sind.
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Diese Klage ist als sog Elementenfeststellungsklage zulässig. Nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG kann mit der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als sogenannte vorbeugende Feststellungsklage kann sich die begehrte Feststellung darauf beziehen, künftiges Verwaltungshandeln aus einem bestehenden Rechtsverhältnis zu unterbinden, wenn ein solches in Form belastender Maßnahmen bevorsteht. Zwar kann ein Berechnungselement der Grundsicherungsleistungen grundsätzlich nicht gesondert zum Gegenstand einer Klage gemacht werden (vgl BSG vom 18.3.2008 - B 8/9b SO 11/06 R - BSGE 100, 139 = SozR 4-3500 § 82 Nr 4, SozR 4-3500 § 90 Nr 2, RdNr 13 mwN). Die Feststellung einzelner Elemente eines Rechtsverhältnisses ist aber ausnahmsweise zulässig, wenn sicher anzunehmen ist, dass dadurch der Streit der Beteiligten insgesamt bereinigt wird (vgl BSG vom 17.12.2019 - B 8 SO 8/19 B - RdNr 8; BSG vom 5.7.2018 - B 8 SO 21/16 R - SozR 4-3500 § 94 Nr 1, RdNr 17; BSG vom 15.6.2016 - B 4 AS 36/15 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 90, RdNr 18 mwN). So liegt der Fall hier. Es steht eine belastende Verwaltungsmaßnahme bevor, denn der Beklagte hat durch den Ablehnungsbescheid zum Ausdruck gebracht, dass er mögliche Beiträge der Klägerin zur Sterbegeldversicherung bei der Leistungsberechnung nicht berücksichtigen würde. Soweit die Klägerin einen ihrem Begehren entsprechenden Vertrag mit einer Versicherung abschließen würde und die Frage der Berücksichtigung ungeklärt wäre, müsste sie den Betrag aus ihren zur Existenzsicherung zur Verfügung stehenden Mitteln bestreiten und wäre dem Risiko ausgesetzt, dass die ggf verauslagten Kosten nicht erstattet würden. Dies kann ihr nicht zugemutet werden (vgl BSG vom 8.3.2017 - B 8 SO 2/16 R - SozR 4-1500 § 55 Nr 20 RdNr 13; BSG vom 10.11.2005 - B 3 P 10/04 R - SozR 4-3300 § 40 Nr 2 RdNr 12; BSG vom 24.3.2015 - B 8 SO 22/13 R - RdNr 11; anders bei ausdrücklicher Beschränkung der Feststellung auf einen vergangenen Zeitraum: BSG vom 24.3.2015 - B 8 SO 22/13 R - RdNr 12). Zu Recht ist das LSG zudem davon ausgegangen, dass sich durch eine Feststellung zur Berücksichtigungsfähigkeit der Beiträge zur Sterbegeldversicherung der Streit der Beteiligten (voraussichtlich) insgesamt bereinigt. Ein dem Grunde nach bestehender Anspruch auf Grundsicherungsleistungen ist angesichts der Höhe der an die Klägerin gezahlten Rente ebenso wenig umstritten wie seine Höhe im Übrigen.
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Ob die Feststellungsklage begründet ist, vermag der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen jedoch nicht zu beurteilen. Ob der Klägerin bei Abschluss einer entsprechenden Sterbegeldversicherung zukünftig ein Anspruch auf höhere Leistungen wegen der Absetzung der Beiträge zu dieser Versicherung vom Einkommen nach § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII zusteht, kann nicht beurteilt werden, weil das LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen zur Angemessenheit der Sterbegeldversicherung im konkreten Einzelfall getroffen hat.
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Für die alleinstehende Klägerin besteht gegen den örtlich und sachlich zuständigen Beklagten (§ 46b SGB XII, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 1 Abs 1 und Abs 3 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und zur Änderung weiterer Gesetze <AG-SGB XII> des Landes Berlin vom 7.9.2005, GVBl 2005, 467) ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen dem Grunde nach. Grundsicherung bei Erwerbsminderung ist nach § 19 Abs 2 SGB XII (idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453) iVm § 41 Abs 3 SGB XII (idF des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften vom 21.12.2015, BGBl I 2557) auf Antrag Personen zu leisten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen (§§ 82 bis 84 SGB XII) und Vermögen (§ 90 SGB XII) bestreiten können. Die alleinstehende Klägerin hat das 18. Lebensjahr vollendet und war nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG unabhängig von der Arbeitsmarktlage und ohne Aussicht auf Besserung des Leistungsvermögens dauerhaft voll erwerbsgemindert und damit bei Bedürftigkeit leistungsberechtigt nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Die an sie gezahlten Rentenleistungen decken nach den Feststellungen des LSG schon den Bedarf für den Regelsatz (vgl § 42 Nr 1 SGB XII) nicht; über anderes Einkommen und Vermögen verfügt sie nicht. Neben den Bedarfen für Unterkunft und Heizung (§ 42 Nr 4 iVm § 42a SGB XII) scheidet ein weiterer Vorsorgebedarf für eine Sterbegeldversicherung (vgl § 42 Nr 2 SGB XII iVm § 33 Abs 2 SGB XII) aus, weil die Klägerin über Einkommen verfügt, von dem die geltend gemachten Beiträge für die Sterbegeldversicherung vollständig beglichen werden könnten, sodass nach dem Wortlaut des § 33 Abs 2 SGB XII eine Absetzung von bei der Klägerin vorhandenem Einkommen gemäß § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII vorgeht (vgl BT-Drucks 18/9984 zu § 33 Abs 2, S 91).
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Vom festgestellten Renteneinkommen, das zur Ermittlung des Anspruchs der Höhe nach diesen Bedarfen gegenüberzustellen ist, sind nach § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII ua die Beiträge zu privaten Versicherungen abzusetzen, die - soweit sie gesetzlich nicht vorgeschrieben sind - nach Grund und Höhe angemessen sind.
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Zutreffend ist das LSG bei der Anwendung der Norm davon ausgegangen, dass das Tatbestandsmerkmal "angemessen" einen unbestimmten Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum darstellt (vgl Giere in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII; 7. Aufl 2020, SGB XII § 82 RdNr 94; Geiger in LPK-SGB XII, 12. Aufl 2020, SGB XII § 82 RdNr 83; zu § 76 Abs 2 Nr 3 Bundessozialhilfegesetz <BSHG>: BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 13/08 R - BSGE 104, 207 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1, RdNr 20; zu § 87 SGB XII: BSG vom 4.4.2019 - B 8 SO 10/18 R - SozR 4-3500 § 74 Nr 3 RdNr 26; BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 8/12 R - BSGE 113, 221 = SozR 4-3500 § 87 Nr 1, RdNr 27). Von einer Angemessenheit ist im Grundsatz auszugehen, wenn mit der Zahlung sozialhilferechtlich anerkannte Zwecke verfolgt werden (BSG vom 4.4.2019 - B 8 SO 10/18 R - SozR 4-3500 § 74 Nr 3 RdNr 24; vgl. Bundesverwaltungsgericht <BVerwG> vom 27.6.2002 - 5 C 43/01 - BVerwGE 116, 342 = Buchholz 436.0 § 14 BSHG Nr 2, RdNr 13). Die Vorschrift des § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII stellte eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Übertragung des § 76 Abs 2 BSHG dar (vgl BT-Drucks 15/1514, 65 - Zu § 77), sodass die hierzu entwickelte Auslegung übernommen werden kann (vgl BSG vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R - RdNr 23 unter Bezugnahme auf BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 13/08 R - BSGE 104, 207 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1, RdNr 20). Nach der Rechtsprechung des Senats beurteilt sich die Angemessenheit von privaten Versicherungen sowohl danach, für welche Lebensrisiken (Grund) und in welchem Umfang (Höhe) Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze solche Aufwendungen zu tätigen pflegen, als auch nach der individuellen Lebenssituation des Hilfesuchenden (BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 13/08 R - BSGE 104, 207 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1, RdNr 21). An diesen Grundsätzen hält der Senat auch für Sterbegeldversicherungen fest; insoweit sind jedoch Modifikationen zu beachten, die sich im Wesentlichen aus der besonderen Stellung von Sterbegeldversicherungen in § 33 Abs 2 SGB XII ergeben.
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Bei den von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen handelt es sich um solche für ein Sterbegeld im Sinne des § 33 Abs 2 SGB XII. Unter Sterbegeldversicherungen sind kapitalbildende Versicherungen auf den Todesfall zusammengefasst, die ua von sog. Sterbekassen iS des § 218 Versicherungsaufsichtsgesetzes (<VAG> idF vom 1.4.2015, BGBl I 434) oder über allgemeine Versicherungsunternehmen angeboten werden. Versichert werden danach die Todesfallleistungen mit einer Versicherungssumme, die üblicherweise den Durchschnittswert der Bestattungskosten nicht übersteigt bzw diese Leistung in Sachwerten (zB in Verbindung mit Bestattungsvorsorgeverträgen).
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Der Gesetzgeber hat mit der Privilegierung von Sterbegeldversicherungen in § 33 Abs 2 SGB XII klargestellt, dass das Bedürfnis, den eigenen Bestattungsfall abzusichern, als sozialhilferechtlicher anerkannter Grund anzusehen ist (vgl bereits BT-Drucks 3/2673 S 4 zu § 14 BSHG). Obgleich die Sozialhilfe grundsätzlich nur zum Bestreiten des aktuellen Lebensunterhalts (vgl nur BSG vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 8/06 R - BSGE 99, 137 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11, RdNr 19; BSG vom 26.10.2017 - B 8 SO 11/16 R - SozR 4-3500 § 24 Nr 2 RdNr 18) und nicht zum Aufbau eines Vermögens eingesetzt werden soll (vgl BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 8/12 R - BSGE 113, 221 = SozR 4-3500 § 87 Nr 1, RdNr 25; zu § 76 Abs 2 Nr 3 BSHG: BVerwG vom 14.10.1988 - 5 C 48/85 - Buchholz 436.51 § 82 JWG Nr 4 RdNr 18; BSG vom 3.12.2015 - B 4 AS 49/14 R - RdNr 20; BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 67/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 13 RdNr 27; Schmidt in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl 2020, § 82 RdNr 95), sind Aufwendungen für Sterbegeldversicherungen, die dem Aufbau eines Vermögens dienen ("faktische Sparverträge" vgl BT-Drucks 18/9984 S 91 zu § 33 Abs 2), nach der Intention des Gesetzgebers gegenüber solchen für andere private (kapitalbildende) Versicherungen privilegiert (vgl Rein, ZFSH SGB 2017, 371; zu §§ 14, 76 Abs 2 Nr 3 BSHG bereits BVerwG vom 11.12.2003 - 5 C 84/02 - Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr 41 RdNr 22). Denn nach § 33 Abs 2 SGB XII werden Aufwendungen für ein angemessenes Sterbegeld in angemessener Höhe als Bedarf anerkannt, wenn Leistungsberechtigte diese vor Beginn der Leistungsberechtigung nachweisen, soweit die Aufwendungen nicht nach § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII vom Einkommen abgesetzt werden. Beiträge für eine Sterbegeldversicherung können daher im Gegensatz zu sonstigen privaten Versicherungen auch bei fehlendem Einkommen bedarfserhöhend berücksichtigt werden. Diese Privilegierung ist Ausfluss des nach Art 1 Abs 1 iVm Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das das Recht umfasst, über die eigene Bestattung zu bestimmen (vgl Wapler in Dreier, Grundgesetz, 4. Aufl 2023, Art 1 Abs 1 RdNr 77; Gotzen, Die Sozialbestattung, 3. Aufl 2020, S 117). Dazu gehört auch die Dispositionsfreiheit, bereits zu Lebzeiten in angemessenem Umfang für die Durchführung und Bezahlung der eigenen Bestattung Sorge zu tragen (BSG vom 18.3.2008 - B 8/9b SO 9/06 R - BSGE 100, 131 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3, RdNr 24; Bundesgerichtshof <BGH> vom 30.4.2014 - XII ZB 632/13 - NJW 2014, 2115, RdNr 14 mwN; BVerwG vom 11.12.2003 - 5 C 84/02 - Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr 41 RdNr 22). § 33 SGB XII stellte in seiner ursprünglichen Fassung vom 27.12.2003 eine inhaltsgleiche Übertragung des bisherigen § 14 BSHG dar (vgl BT-Drucks 15/1514 S 60 zu § 34). Nach dem Willen des historischen Gesetzgebers sollten mit dieser Vorschrift besondere Härten für Menschen vermieden werden, denen eine finanzielle Sicherstellung der eigenen Bestattung besonders am Herzen liegt und die eine begonnene Sterbegeldversicherung aus eigenen Mitteln nicht fortführen konnten (vgl BT-Drucks 3/2673 S 4 zu § 13 BSHG).
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Aus der dargelegten Privilegierung von Aufwendungen für ein angemessenes Sterbegeld kann hingegen nicht geschlossen werden, dass solche Aufwendungen immer zu übernehmen sind. Auch nach der Neufassung des § 33 Abs 2 SGB XII zum 1.7.2017 finden Beiträge zu einer Sterbegeldversicherung nur Berücksichtigung, wenn sie dem Grunde und der Höhe nach angemessenen ist, was sich nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt. Entsprechend ist auch eine Absetzung von Beiträgen zu einer Sterbegeldversicherung nach § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII nur möglich, wenn diese Voraussetzungen - unter Berücksichtigung der individuellen Lebenssituation des Hilfebedürftigen - vorliegen (im Einzelnen BSG vom 20.9.2023 - B 8 SO 22/22 R).
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Im Grundsatz gilt dies erst recht für Sterbegeldversicherungen, die erst nach Beginn des Leistungsbezugs abgeschlossen werden. Für die Absetzung von Versicherungsbeiträgen nach § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII ist zwar unbeachtlich, ob die Versicherungen bereits vor dem Leistungsbezug bestanden oder erstmalig während des Leistungsbezugs abgeschlossen werden (vgl Giere in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Aufl 2020, § 82 RdNr 94; Geiger in LPK-SGB XII, 12. Aufl 2020, § 82 RdNr 83; Schlette in Hauck/Noftz SGB XII, K § 82 RdNr 90b, Stand August 2022). Sterbegeldversicherungen sind hiervon nicht ausgenommen. Dem Privilegierungstatbestand des § 33 Abs 2 SGB XII, der Aufwendungen für ein angemessenes Sterbegeld in angemessener Höhe als Bedarf anerkennt, wenn Leistungsberechtigte diese vor Beginn der Leistungsberechtigung nachweisen, lässt sich indes die gesetzgeberische Wertung entnehmen, dass (nur) Beiträge für bereits abgeschlossene Sterbegeldversicherungen - soweit diese auch im Übrigen angemessen sind (dazu im Einzelnen BSG vom 20.9.2023 - B 8 SO 22/22 R) - ohne Prüfung eines besonderen Grundes als Bedarf anzuerkennen sind, weil sich der besondere Grund mit dem Abschluss der Versicherung manifestiert hat. Obwohl nach der Systematik des SGB XII der Anspruch auf Leistungen zur Existenzsicherung im Sozialhilferecht stets bedarfsbezogen ist (vgl § 9 Abs 1 SGB XII; vgl nur BSG vom 24.2.2016 - B 8 SO 11/14 R - BSGE 121, 12 = SozR 4-3500 § 71 Nr 1, RdNr 13) wird der Vermögensaufbau mit Mitteln der Sozialhilfe ("faktische Sparverträge" vgl BT-Drucks 18/9984 S 91 zu § 33 Abs 2) in dieser Konstellation ausdrücklich ohne weitere Prüfung der Lebensumstände hingenommen.
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Weder aus der Vorschrift des § 82 SGB XII noch aus der sonstigen Systematik lässt sich indes der Umkehrschluss herleiten, dass Sterbegeldversicherungen, die erst nach Beginn der Leistungsberechtigung abgeschlossen wurden, im Rahmen von § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII keine Berücksichtigung finden (so aber Siebel-Huffmann in BeckOK, SGB XII, Stand 1.12.2021, § 82 RdNr 23). Eine dem § 33 Abs 2 SGB XII vergleichbare ausdrückliche Beschränkung findet sich hier jedenfalls nicht.
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Eine Sterbegeldversicherung, die nach Beginn der Leistungsberechtigung abgeschlossen wird, ist aber nur dann iS des § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII angemessen, wenn bei ihrem Abschluss ein in der Person des Leistungsempfängers liegender individueller Grund für die Notwendigkeit der Bestattungsabsicherung vorliegt (vgl auch BT-Drucks 3/2673, S 4 zu § 13 BSHG). Denn Leistungen der Grundsicherung dürfen im Regelfall nicht zum Aufbau eines Vermögens eingesetzt werden (im Ansatz: BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 8/12 R - BSGE 113, 221 = SozR 4-3500 § 87 Nr 1, RdNr 25; zu § 76 Abs 2 Nr 3 BSHG: BVerwG vom 14.10.1988 - 5 C 48/85 - RdNr 18; zum SGB II: BSG vom 3.12.2015 - B 4 AS 49/14 R - RdNr 20; BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 67/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 13 RdNr 27; Schmidt in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl 2020, § 82 RdNr 95).
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Ein solcher Grund kann zum einen im Alter der leistungsberechtigten Person liegen. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob bereits das Erreichen der Altersgrenze nach § 41 Abs 2 SGB XII ausreicht (vgl zur Altenhilfe BSG vom 24.2.2016 - B 8 SO 11/14 R - BSGE 121, 12 = SozR 4-3500 § 71 Nr 1, RdNr 12) oder eine darüberhinausgehende zeitliche Nähe zum Vorsorgefall erforderlich ist (etwa in Abhängigkeit zur durchschnittlichen Lebenserwartung ermittelt anhand von sogenannten Sterbetafeln). Jedenfalls vor Erreichen der Regelaltersgrenze sieht der Senat allein im Alter der leistungsberechtigten Person keinen Grund für die Notwendigkeit einer Bestattungsabsicherung; die Klägerin hat die Altersgrenze aber noch nicht erreicht.
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Zum anderen kann ein solcher Grund in der individuellen gesundheitlichen Situation des Leistungsberechtigten liegen. Auch hier genügt allein das Vorliegen einer vollständigen Erwerbsminderung nicht (im Ergebnis ebenso BVerwG vom 27.6.2002 - 5 C 43/01 - BVerwGE 116, 342). Vielmehr ist erforderlich, dass der oder die Leistungsberechtigte an einer schwerwiegenden Erkrankung leidet, die im konkreten Fall prognostisch zu einer deutlich verkürzten Lebenserwartung führt und die nachvollziehbar Anlass dazu gibt, Vorsorge für die Sicherstellung der Beerdigungskosten zu treffen. Maßgebend sind dabei nicht allein die festgestellten Diagnosen, sondern die gesundheitsbedingten Auswirkungen der Erkrankung. Erforderlich ist insoweit, dass der oder die Leistungsberechtigte an einer schwerwiegenden Erkrankung leidet, die wegen des damit im konkreten Fall einhergehenden Risikos einer reduzierten Überlebenswahrscheinlichkeit - bezogen auf einen Zeitraum von ca zehn Jahren - Anlass dazu gibt, Vorsorge für die Sicherstellung der Beerdigungskosten zu treffen. Diesen Zeitraum erachtet der Senat für angemessen, weil der Gesetzgeber in erster Linie das besondere Bedürfnis alter Menschen zur Bestattungsvorsorge anerkannt hat, die sich in einer gewissen zeitlichen Nähe zum Lebensende befinden.
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Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob in der gesundheitlichen Situation der Klägerin nach den oben dargelegten Grundsätzen ein hinreichender Grund für den beabsichtigten Abschluss der Sterbegeldversicherung zu sehen ist.
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Es wird bei der Prüfung zudem - wie auch bei vor Leistungsbeginn abgeschlossenen Verträgen - zu berücksichtigen haben, dass die Sterbegeldversicherung, deren Berücksichtigung begehrt wird, auch im Übrigen angemessen ist, dh eine hinreichende objektive Zweckbestimmung enthält und sowohl der Höhe der Versicherungssumme als auch der Höhe der insgesamt aufzuwendenden Beiträge nach angemessen ist (vgl hierzu ausführlich BSG vom 20.9.2023 - B 8 SO 22/22 R).
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Bieresborn
Richter am BSG
Prof. Dr. Luik ist
an der Signatur
gehindert
gez. BieresbornScholz
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