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BSG 07.07.2022 - B 7/14 AS 197/21 B
BSG 07.07.2022 - B 7/14 AS 197/21 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - fehlende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Wechsel der örtlichen Zuständigkeit nach erfolgter Leistungsbewilligung - bestandskräftiger Aufhebungsbescheid des bislang örtlich zuständigen Grundsicherungsträgers - fortbestehende Leistungspflicht - Auslegung von Erklärungen - Fortwirkung eines Leistungsantrags
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 40 Abs 1 S 1 SGB 2, § 2 Abs 3 S 1 SGB 10, § 36 SGB 2, § 37 SGB 2, § 16 Abs 2 S 1 SGB 1
Vorinstanz
vorgehend SG Frankfurt, 27. Mai 2020, Az: S 26 AS 969/19, Gerichtsbescheid
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 12. Mai 2021, Az: L 7 AS 322/20, Urteil
Tenor
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Der sinngemäß gestellte Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2021 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
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Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Der Kläger selbst hat mit am 14.6.2021 beim BSG eingegangenen Schreiben vom 4.6.2021 gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG Beschwerde eingelegt und durch die Übersendung einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sinngemäß die Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
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Dem PKH-Antrag ist nicht stattzugeben. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG erfolgreich zu begründen. Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
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Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakte nicht ersichtlich.
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Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht gegeben. Sie ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist nicht erkennbar, dass sich wegen der hier streitigen Frage, ob und ggf gegen welches der beiden beklagten Jobcenter der Kläger im Zusammenhang mit seinem Umzug für Oktober 2018 einen Anspruch auf Alg II hat, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen.
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Im Hinblick auf den Beklagten zu 1 folgt dies bereits aus dem Umstand, dass der die ursprüngliche Bewilligung von Leistungen ab Oktober 2018 aufhebende Bescheid nach den Feststellungen des LSG bestandskräftig geworden ist, weshalb es ua auf eine fortbestehende Leistungspflicht trotz Wechsel der Zuständigkeit (§ 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 2 Abs 3 Satz 1 SGB X, vgl hierzu nur Aubel in jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 36 RdNr 93) nicht ankommt. Soweit daneben zwischen den Beteiligten streitig ist, ob E-Mails aus Oktober 2018, auf die der Kläger Bezug genommen hat, vom Beklagten zu 1 als Antrag auf Leistungen nach dem SGB II zu werten gewesen seien und ggf an den Beklagten zu 2 hätten weitergeleitet werden müssen (vgl § 16 Abs 2 Satz 1 SGB I; hierzu Silbermann in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl 2021, § 37 RdNr 23), betrifft dies die Auslegung von Erklärungen im Einzelfall (vgl hierzu nur BSG vom 28.10.2009 - B 14 AS 56/08 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 1 RdNr 14 mwN), ohne dass dem Rechtsstreit hierdurch grundsätzliche Bedeutung zukommt.
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Soweit der Rechtsstreit zuletzt die - bislang im Verfahren nicht erörterte - Frage aufwirft, ob es nach dem Umzug des Klägers überhaupt eines (erneuten) Leistungsantrags beim nunmehr zuständig gewordenen Jobcenter bedurfte und ob der Beklagte deshalb zu Recht auf den bei ihm ausdrücklich gestellten Antrag vom 6.11.2018 unter Berufung auf § 37 Abs 2 SGB II Leistungen erst ab 1.11.2018 bewilligt hat, fehlt es an einer Klärungsbedürftigkeit. In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass ein die Zuständigkeit eines anderen Jobcenters begründender Umzug an der Fortwirkung eines gestellten Leistungsantrags nichts ändert (vgl BSG vom 17.10.2013 - B 14 AS 58/12 R - BSGE 114, 249 = SozR 4-4200 § 11 Nr 65, RdNr 12; Herbst in Estelmann, SGB II, § 37 RdNr 29, Stand November 2021; Hlava in Gagel, SGB II/SGB III, § 37 SGB II RdNr 21, Stand September 2019).
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Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl nur BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72). Dies ist nicht erfolgt.
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Schließlich ist nicht erkennbar, dass der Kläger einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Ein Verfahrensfehler ist insbesondere nicht ersichtlich, soweit das LSG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 SGG) allein durch den Berichterstatter (§ 155 Abs 3, 4 SGG) entschieden hat (vgl zum "konsentierten Einzelrichter" nur BSG vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2).
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Die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Formvorschriften und ist deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG). Die Verwerfung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
S. Knickrehm Neumann Harich
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