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BSG 30.06.2021 - B 4 AS 76/20 R
BSG 30.06.2021 - B 4 AS 76/20 R - Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Berücksichtigung von Beiträgen des Mieters zu einer Privathaftpflichtversicherung als Unterkunftsbedarf - mietvertragliche Verpflichtung - Überprüfung der Wirksamkeit des Mietvertrages - sozialgerichtliches Verfahren - Streitgegenstand - keine vollständige Erledigung des vorläufigen Bewilligungsbescheides durch einen endgültigen Bewilligungsbescheid
Normen
§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11b Abs 1 S 1 Nr 3 Halbs 1 SGB 2, § 117 BGB, § 134 BGB, § 138 Abs 1 BGB, § 307 BGB, §§ 307ff BGB, § 95 SGG, § 328 SGB 3, § 39 Abs 2 SGB 10
Vorinstanz
vorgehend SG Kassel, 26. September 2018, Az: S 7 AS 633/15, Urteil
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 5. August 2020, Az: L 6 AS 581/18, Urteil
Leitsatz
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Zum grundsicherungsrechtlichen Unterkunftsbedarf können auch solche Zahlungsverpflichtungen gehören, die ein Mieter aufgrund wirksamer mietvertraglicher Vereinbarung gegenüber Dritten einzugehen hat, soweit ein hinreichend enger sachlicher Zusammenhang zur Anmietung der Wohnung vorhanden ist und die Aufwendungen nicht dem Grunde nach bereits im Regelbedarf enthalten sind.
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 5. August 2020 wird zurückgewiesen.
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Der Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
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Das Revisionsverfahren betrifft die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für September 2015 bis Februar 2016, konkret die Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Haftpflichtversicherung für Mietschäden als Unterkunftsbedarf.
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Der Kläger schloss mit Wirkung zum 1.7.2014 eine Privathaftpflichtversicherung ab. Für die Versicherung hat er eine jährliche Prämie von 49,20 Euro in monatlichen Raten von jeweils 4,10 Euro zu zahlen. Nach den Versicherungsbedingungen ist in die Versicherung grundsätzlich eingeschlossen die gesetzliche Haftpflicht aus der Beschädigung von Wohnräumen und sonstigen zu privaten Zwecken gemieteten Räumen in Gebäuden und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden.
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Aus Anlass seines Umzuges in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten mietete der Kläger zum 1.8.2015 eine Wohnung an, für die er monatlich eine Kaltmiete von 280 Euro, eine Betriebskostenvorauszahlung von 60 Euro und eine Heizkostenvorauszahlung von 59 Euro zu zahlen hatte. In dem unter dem 14./16.7.2015 geschlossenen Wohnungsmietvertrag findet sich unter § 16 (Besondere Vereinbarungen) folgender Satz: "Der Mieter hat vor Einzug noch eine bestehende Privathaftpflichtversicherung nachzuweisen und danach jedes Jahr unaufgefordert erneut!!!!!"
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Der Beklagte bewilligte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.9.2015 bis 29.2.2016 in Höhe von 798 Euro monatlich, wobei er einen Regelbedarf von 399 Euro und Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von ebenfalls 399 Euro berücksichtigte (Bescheid vom 10.8.2015). Bezüglich der "Kosten der Unterkunft und Heizung (Übernahme der Haftpflichtversicherung)" handele es sich um eine vorläufige Entscheidung; eine endgültige Entscheidung könne erst nach Vorlage weiterer Unterlagen ergehen. Nach Vorlage weiterer Unterlagen lehnte der Beklagte die "Übernahme der Haftpflichtversicherung" ab, da das SGB II eine solche Leistung nicht vorsehe (Bescheid vom 25.8.2015). Das Widerspruchsverfahren blieb für den Kläger erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5.11.2015).
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Das SG hat den Bescheid vom 25.8.2015 und den Widerspruchsbescheid vom 5.11.2015 aufgehoben und den Beklagten unter Änderung des Bewilligungsbescheides vom 10.8.2015 verurteilt, dem Kläger weitere 4,10 Euro monatlich als Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1.9.2015 bis 29.2.2016 zu gewähren (Urteil vom 26.9.2018).
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Das LSG hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, dabei aber den Tenor "klarstellend" dahingehend gefasst, dass der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25.8.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.11.2015 verurteilt wird, dem Kläger höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter Berücksichtigung weiterer Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 4,10 Euro monatlich für September 2015 bis Februar 2016 zu gewähren (Urteil vom 5.8.2020). Der Beklagte habe die Aufwendungen für die Haftpflichtversicherung in monatlichen Raten von 4,10 Euro zu Unrecht nicht als Bedarf für Unterkunft und Heizung berücksichtigt. Der Kläger sei einer entsprechenden mietvertraglichen Verpflichtung ausgesetzt gewesen, die er nicht habe abwenden können.
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Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision des Beklagten. Er rügt eine Verletzung der §§ 7 ff iVm § 11b Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 19 Abs 1 Satz 1 und 3, § 22 Abs 1 SGB II. Die Kosten für die Haftpflichtversicherung gehörten nicht zu den Kosten für Unterkunft und Heizung. Der Abschluss oder der Bestand einer privaten Haftpflichtversicherung sei für den bestimmungsgemäßen und vom Vermieter zu gewährleistenden Gebrauch der Mietsache weder erforderlich noch zwingend mit diesem verbunden. Zudem seien Beiträge zu öffentlichen und privaten Versicherungen nur gemäß § 11b Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II vom Einkommen abzusetzen. Könnten die Kosten für die Haftpflichtversicherung daneben noch als Unterkunftsbedarf berücksichtigt werden, könnten Leistungsempfänger, die Einkommen erzielen, diese Kosten doppelt geltend machen. Hingegen müssten auf der Grundlage der Entscheidung des LSG Leistungsempfänger, die ohne mietvertragliche Verpflichtung über eine Haftpflichtversicherung, aber über kein Einkommen verfügten, die Versicherungskosten selbst tragen.
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 5. August 2020 und das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 26. September 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger hat sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat die Berufung des Beklagten ohne Verletzung von Bundesrecht (vgl § 162 SGG) zurückgewiesen.
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid vom 10.8.2015 in der Fassung des Bescheides vom 25.8.2015 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.11.2015. Da zwar - wie hier - der Bedarf für Unterkunft und Heizung ein eigenständiger Streitgegenstand sein kann (etwa BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 11 mwN; BSG vom 17.9.2020 - B 4 AS 22/20 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 111 RdNr 16 - zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen), die Entscheidung über einzelne Berechnungselemente des Bedarfs für Unterkunft und Heizung nach der Rechtsprechung des BSG aber keinen abtrennbaren Streitgegenstand bildet (etwa BSG vom 29.8.2019 - B 14 AS 43/18 R - BSGE 129, 72 = SozR 4-4200 § 22 Nr 103, RdNr 11), ist das LSG zu Recht davon ausgegangen, dass (konkludenter) Inhalt des Bescheides vom 25.8.2015 ist, die im Bescheid vom 10.8.2015 nur vorläufig bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung endgültig zu bewilligen. Entgegen der Auffassung des LSG hat sich allerdings der Bescheid vom 10.8.2015 durch den Bescheid vom 25.8.2015 nicht vollständig erledigt. Ein endgültiger Bewilligungsbescheid erledigt zwar grundsätzlich gemäß § 39 Abs 2 SGB X einen vorläufigen Bewilligungsbescheid (etwa BSG vom 19.3.2020 - B 4 AS 1/20 R - RdNr 10 mwN). Dies gilt aber nur, wenn der endgültige Bewilligungsbescheid auch hinsichtlich der Leistungshöhe eine Regelung enthält. Daran fehlt es hier. Die Regelung des Bescheides vom 25.8.2015 erschöpft sich darin, die Vorläufigkeitserklärung, die unmittelbarer Bestandteil des Verwaltungsaktes ist (vgl Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, § 32 RdNr 8b, Stand Februar 2019; Siewert in Diering/Timme/Stähler, SGB X, 5. Aufl 2019, § 32 RdNr 7; Störmer in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl 2021, § 36 VwVfG RdNr 60), zu beseitigen, und sie gestaltet den vorläufigen Bescheid in einen endgültigen um (vgl Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 328 SGB III RdNr 79, Stand Juni 2019), ersetzt und erledigt ihn aber nicht vollständig.
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2. Bei den Kosten für die Privathaftpflichtversicherung handelt es sich um einen Bedarf für Unterkunft und Heizung, da der Kläger, der nach den Feststellungen des LSG erwerbsfähiger Leistungsberechtigter iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II und nicht nach § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist und der rechtzeitig einen Antrag iS des § 37 Abs 1 Satz 1 SGB II gestellt hat, mit dem Abschluss dieser Versicherung oder ihrer Aufrechterhaltung eine mietvertragliche Verpflichtung erfüllt und ein hinreichend enger sachlicher Zusammenhang zur Gebrauchsüberlassung der Wohnung besteht.
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a) Gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Zu den Bedarfen für Unterkunft zählen die Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben, soweit sie Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung von Wohnraum sind oder damit im unmittelbaren Zusammenhang stehen (vgl etwa BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 19; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 15; BSG vom 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 53 RdNr 13; BSG vom 19.5.2021 - B 14 AS 39/20 R - RdNr 14 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Darüber hinaus hat der Senat bereits entschieden, dass neben dem Kaltmietzins nur die ihrer Art nach in § 2 BetrKV aufgeführten Betriebskosten zu den Bedarfen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gehören (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16; vgl auch BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 29). § 556 Abs 1 BGB iVm § 2 BetrKV legen abschließend fest, welche Nebenkosten aus dem Mietobjekt vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden dürfen (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16). Insofern ist nach den Feststellungen des LSG als Bedarf eine Kaltmiete in Höhe von monatlich 280 Euro, eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 60 Euro sowie eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 59 Euro zu berücksichtigen (insgesamt 399 Euro).
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Bei den Kosten für die Privathaftpflichtversicherung des Klägers handelt es sich nicht um Betriebskosten iS des § 2 BetrKV. Zwar sind nach § 2 Nr 13 BetrKV die Kosten einer "Haftpflichtversicherung für das Gebäude, den Öltank und den Aufzug" Betriebskosten. Dies betrifft allerdings schon nach dem Normwortlaut nur die vom Vermieter für das Gebäude, den Öltank und den Aufzug abgeschlossene Haftpflichtversicherung, also die Versicherung, die für Schäden eintritt, die Dritten (einschließlich des Mieters) durch das Gebäude oder die explizit genannten Einrichtungen entstehen (vgl Drager in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOKG, § 2 BetrKV RdNr 84, Stand 1.4.2021; Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl 2019, § 556 BGB RdNr 175). Die im vorliegenden Fall betroffene Versicherung ist hingegen eine Versicherung des Klägers für Ansprüche Dritter (einschließlich des Vermieters) gegen ihn selbst.
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Unter den Begriff des Unterkunftsbedarfs lassen sich allerdings auch solche Zahlungsverpflichtungen fassen, die ein Mieter aufgrund mietvertraglicher Vereinbarung gegenüber Dritten einzugehen hat, soweit ein hinreichend enger sachlicher Zusammenhang zur Anmietung der Wohnung vorhanden ist. Diese Voraussetzungen liegen hier noch vor: Bei der Verpflichtung des Klägers gegenüber seinem Vermieter zum Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung besteht ein solcher Bezug, soweit damit Schäden versichert werden, für deren Ersatz der Kläger gegenüber seinem Vermieter verpflichtet ist. Zwar sind die Kosten für Reparaturen an der Mietsache, die dadurch entstehen, dass der Mieter die Mietsache beschädigt, kein grundsicherungsrechtlicher Unterkunftsbedarf, weil hierzu nur Aufwendungen gehören, die bei ordnungsgemäßer Wohnnutzung entstehen (vgl BVerwG vom 3.6.1996 - 5 B 24/96 - juris RdNr 4; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 RdNr 21 aE, Stand Dezember 2020; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 56; Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 22 RdNr 69; Šušnjar in Hohm, Gemeinschaftskommentar zum SGB II, § 22 RdNr 53, Stand August 2019). Aus § 22 Abs 6 SGB II ergibt sich aber, dass auch eine Mietkaution, die ebenfalls unter anderem der Absicherung von Schadensersatzansprüchen des Vermieters dient, grundsätzlich als Bedarf anerkannt werden kann. Ob eine mietvertragliche Verpflichtung des Mieters, eine Privathaftpflichtversicherung abzuschließen, die Regeln über die Kautionsleistungen des bürgerlichen Rechts (§ 551 BGB) unterläuft (so LG Berlin vom 16.9.1992 - 26 O 179/92 - juris RdNr 38; Jendrek, NZM 2003, 697, 698), ist allein eine Frage der zivilrechtlichen Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung (dazu noch unten), aber keine der kategorialen Zuordnung zum Begriff des Unterkunftsbedarfs.
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Dem steht das Urteil des BSG vom 7.7.2011 (B 14 AS 51/10 R) nicht entgegen. Das BSG hat dort zwar ausgeführt, Kosten für eine private Haftpflichtversicherung könnten nicht im Rahmen der Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden, sondern lediglich gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II aF (jetzt § 11b Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II) von zu berücksichtigendem Einkommen abgesetzt werden (BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 51/10 R - juris RdNr 17). Das BSG hatte in jenem Verfahren - der Leistungsempfänger war Eigentümer des von ihm bewohnten Hauses - aber nicht die hier vorliegende Konstellation zu beurteilen, in der der Betroffene mietvertraglich zum Nachweis einer Privathaftpflichtversicherung verpflichtet ist.
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b) Nicht den Kosten für Unterkunft zuzuordnen wären die Aufwendungen für die Haftpflichtversicherung allerdings dann, wenn es sich um Aufwendungen handeln würde, die dem Grunde nach bereits bei der Berechnung des Regelbedarfs berücksichtigt worden wären. Ausgabepositionen, die bereits im Regelbedarf enthalten sind, können nicht zugleich als Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden (BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5, RdNr 20; BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 51/10 R - juris RdNr 13; vgl auch BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 18, 27; BSG vom 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 53 RdNr 13). Dies ist hier aber nicht der Fall. Die in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008, die der Berechnung der Regelbedarfe für die hier betroffene Zeit zugrunde lag (vgl zur Fortschreibung für die Zeit ab dem 1.1.2015 Schwabe, ZfF 2015, 1 ff), enthaltene Position für sonstige Versicherungen (lfd Nr 222, vgl Bundestag-Drucksache 17/3404 S 141), ist bei der Berechnung des Regelbedarfs für Erwachsene nicht berücksichtigt worden (vgl § 5 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453; Begründung des Gesetzentwurfes auf Bundestag-Drucksache 17/3404 S 53 ff).
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c) Der Zuordnung der Kosten der privaten Haftpflichtversicherung zu den Kosten für Unterkunft und Heizung steht im konkreten Fall nicht entgegen, dass Kosten für private Versicherungen gemäß § 11b Abs 1 Satz 1 Nr 3 Halbsatz 1 SGB II vom Einkommen abzusetzen sind. § 11b SGB II regelt die Absetzbeträge und enthält im Umkehrschluss in der Tat eine indizielle (aber keine definitive negative) Aussage darüber, was dem Grunde nach auf Bedarfsseite berücksichtigt werden kann. Hinzu kommt, dass die oben beschriebene Entscheidung des Gesetzgebers, bestimmte Aufwendungen nicht bei der Bemessung des Regelbedarfs zu berücksichtigen, nicht durch die Zuordnung solcher Aufwendungen zu anderen Anspruchsgrundlagen unterlaufen werden darf. Hieraus folgt für die hier streitige Frage, dass die Kosten für eine Haftpflichtversicherung als solche keine grundsicherungsrechtlich beachtlichen Aufwendungen sind (vgl BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 51/10 R - juris RdNr 17). Im konkreten Fall werden diese Gesichtspunkte aber dadurch überlagert, dass der Kläger zum Abschluss und Nachweis der Privathaftpflichtversicherung mietvertraglich verpflichtet war und diese Verpflichtung noch einen hinreichend engen sachlichen Bezug zur Anmietung der Wohnung aufweist.
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Soweit der Beklagte moniert, dass die Zuordnung der Versicherungskosten zum Unterkunftsbedarf dazu führen kann, dass diese Kosten doppelt - einmal als Unterkunftsbedarf und einmal als Absetzbetrag - berücksichtigt werden, ist dem dadurch Rechnung zu tragen, dass die Kosten nicht auf der Bedarfsseite geltend gemacht und berücksichtigt werden können, wenn sie bereits vom Einkommen - etwa im Rahmen der Pauschbeträge nach § 11b Abs 2 SGB II - abgesetzt worden sind. Dem Beklagten ist allerdings zuzugestehen, dass jemand, der ohne entsprechende mietvertragliche Verpflichtung über eine Privathaftpflichtversicherung, aber über kein Einkommen verfügt, die Versicherungskosten weder als Unterkunftsbedarf noch als Absetzbetrag geltend machen kann. Ersteres ist aber in der freiwilligen Entscheidung des Betroffenen, eine solche Versicherung zu unterhalten, begründet, während Letzteres auf der Überlegung des Gesetzgebers beruht, durch die Absetzbeträge nach § 11b Abs 1 SGB II einen Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Sinne der Zielrichtung des SGB II (vgl § 1 Abs 2 Satz 1 und 2, § 2 Abs 2 Satz 2 SGB II) zu schaffen (vgl Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 11b RdNr 17).
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d) Die mietvertragliche Verpflichtung des Klägers zum Nachweis einer Haftpflichtversicherung ist auch aus grundsicherungsrechtlicher Sicht beachtlich. Mietvertragliche Verpflichtungen müssen wirksam sein, um als Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigt werden zu können (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16; BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 37/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 15 RdNr 24 f; BSG vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 21 RdNr 16; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 46; vgl auch BSG vom 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 53 RdNr 14); bloß freiwillige Zahlungen des Mieters reichen nicht aus (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 19). Ein entsprechender Vertrag muss mithin zum einen wirksam geschlossen worden sein und darf zum anderen nicht etwa wegen Verstoßes gegen ein Gesetz nichtig sein (§ 134 BGB) oder einer Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307 ff BGB nicht standhalten. Das Vorliegen eines Vertragsschlusses - einschließlich etwa der Frage, ob ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) vorliegt - ist von den SGB II-Leistungsträgern und ggf den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in jedem Fall zu prüfen (vgl BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 37/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 15 RdNr 24 f; BSG vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 21 RdNr 17 f). Grundsicherungsrechtlich unbeachtlich ist auch ein wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs 1 BGB nichtiger Vertrag. Ein solcher kann etwa vorliegen, wenn die Vertragsparteien kollusiv zum Nachteil eines Dritten agiert haben (vgl BSG vom 14.4.2011 - B 8 SO 19/09 R - SozR 4-3500 § 29 Nr 2 RdNr 16; BGH vom 24.2.1993 - IV ZR 239/91 - BGHZ 121, 357 = juris RdNr 37; BGH vom 28.1.2014 - II ZR 371/12 - juris RdNr 10 mwN), hier also zu Lasten der öffentlichen Hand (vgl BSG vom 14.4.2011 - B 8 SO 19/09 R - SozR 4-3500 § 29 Nr 2 RdNr 16; BSG vom 17.2.2015 - B 14 KG 1/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 69 RdNr 26). Ein solcher Fall kann etwa dann gegeben sein, wenn eine bestimmte Regelung auf Veranlassung des Leistungsberechtigten in den Mietvertrag aufgenommen wird. Das LSG hat daher zu Recht geprüft, ob die zusätzlich in den Formularmietvertrag unter § 16 aufgenommene Klausel, wonach der Kläger vor Einzug in die Wohnung noch eine bestehende Privathaftpflichtversicherung und danach jedes Jahr unaufgefordert erneut nachzuweisen hat, auf Betreiben des Klägers oder aufgrund kollusiven Verhaltens der Mietvertragsparteien in den Vertrag aufgenommen wurde. An die Feststellung des LSG, dass dies nicht der Fall gewesen sei und dass der Kläger die mietvertragliche Verpflichtung auch nicht hätte abwenden können, ist der Senat gebunden, da insofern keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht worden sind (§ 163 SGG).
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Hingegen obliegt es den SGB II-Leistungsträgern und im Streitfall den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht, ggf umstrittene zivilrechtliche Fragen zu klären. Aus grundsicherungsrechtlicher Perspektive stets unbeachtlich sind privatrechtliche Vereinbarungen insofern nur, wenn entweder im konkreten Fall rechtskräftig ihre Unwirksamkeit festgestellt ist oder wenn die zivilrechtliche Rechtslage offensichtlich ist (vgl BSG vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 16; BSG vom 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 53 RdNr 15; BSG vom 23.3.2021 - B 4 AS 8/21 BH - juris RdNr 3). Letzteres ist nur dann der Fall, wenn sich die Rechtsfrage unmittelbar aus dem Gesetz beantworten lässt, durch höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt ist oder in der zivilrechtlichen Rechtsprechung der Berufungsgerichte wiederholt entschieden und dabei einheitlich beurteilt worden ist.
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Nach diesen Maßstäben ist die vom LSG festgestellte mietvertragliche Verpflichtung des Klägers zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung grundsicherungsrechtlich beachtlich. Ob ein Mieter zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung verpflichtet werden kann, ist vom BGH bislang nicht entschieden. Auch wiederholte einschlägige landgerichtliche Rechtsprechung hierzu ist nicht ersichtlich (vgl aber LG Berlin vom 16.9.1992 - 26 O 179/92 - juris RdNr 38; ferner AG Düsseldorf vom 13.7.1990 - 43 C 6447/90 - NJW-RR 1990, 1429 zur Hausratsversicherung). In der zivilrechtlichen Literatur finden sich zwar Stimmen, die eine formularvertragliche Vereinbarung einer Versicherungspflicht für unwirksam erachten (Jendrek, NZM 2003, 697, 698; Kinne, ZMR 2000, 793, 794; Pamp in Wolf/ Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 7. Aufl 2020, Klauseln RdNr M 49; kritisch auch Häublein in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl 2020, § 535 RdNr 87; vgl auch Schmid, ZMR 2001, 587, 588). Eine bloße, ggf vorherrschende Literaturauffassung allein reicht aber für das Verdikt grundsicherungsrechtlicher Unbeachtlichkeit nicht aus. Will der Grundsicherungsträger gleichwohl, also obwohl schwierige Rechtsfragen zu klären sind, die Unwirksamkeit der zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Leistungsempfänger geltend machen, muss er nach der Rechtsprechung des BSG den Hilfebedürftigen in die Lage versetzen, seine Rechte gegenüber dem Vermieter wahrzunehmen (BSG vom 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 53 RdNr 17, 19 ff), also mit einem Informationsschreiben seinen Rechtsstandpunkt und das befürwortete Vorgehen gegenüber dem Vermieter mitteilen (BSG vom 23.8.2012 - B 4 AS 32/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 61 RdNr 21), ohne dass dem Leistungsträger dadurch aber eine Rechtsberatungsaufgabe für das rein privatrechtliche Mietverhältnis des Leistungsempfängers zukäme.
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e) Auf die Frage, ob die vom Kläger geltend gemachten Bedarfe für Unterkunft und Heizung (einschließlich der Kosten für die Haftpflichtversicherung) angemessen sind, kommt es nicht an. Die Berücksichtigung nur der angemessenen Unterkunftskosten setzt grundsätzlich eine wirksame Kostensenkungsaufforderung voraus (vgl etwa BSG vom 17.9.2020 - B 4 AS 22/20 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 111 RdNr 20 mwN - zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen), an der es hier fehlt.
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f) Die mietvertragliche Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung und der enge sachliche Bezug zur Unterkunft bilden zwar nicht nur den Grund, sondern auch die Grenze der Berücksichtigungsfähigkeit der Aufwendungen für die Privathaftpflichtversicherung. Und die vom Kläger abgeschlossene Privathaftpflichtversicherung umfasst nicht nur vom Kläger an der Mietsache verursachte Schäden, sondern geht darüber hinaus. Der Senat entnimmt den Ausführungen des LSG allerdings die Feststellung, dass es dem Kläger nicht möglich war, eine andere oder kostengünstigere Versicherung, insbesondere eine solche, die nur Mietschäden abdeckt, abzuschließen, so dass die Kosten für die Privathaftpflichtversicherung für den Kläger insgesamt unabweisbar waren.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1 SGG.
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