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BSG 24.06.2021 - B 7 AY 3/20 R
BSG 24.06.2021 - B 7 AY 3/20 R - Asylbewerberleistungen - Analogleistungen - Nichterfüllung der Vorbezugszeit - Ausnahme bei Ausübung der elterlichen Sorge über ein Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit - Leistungszeiträume vor dem 1.1.2011
Normen
§ 1 Abs 1 Nr 1 AsylbLG, § 1 Abs 1 Nr 3 AsylbLG vom 14.03.2005, § 2 Abs 1 AsylbLG vom 30.07.2004, § 2 Abs 1 AsylbLG vom 19.08.2007, § 3 AsylbLG, § 25 Abs 5 AufenthG 2004, Art 6 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Dresden, 25. Februar 2014, Az: S 54 AY 18/12, Urteil
vorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 7. Mai 2020, Az: L 8 AY 4/14, Urteil
Leitsatz
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Für Zeiträume vor dem 1.1.2011 kommt ein Absehen von der Vorbezugszeit als Voraussetzung für die Bewilligung von Analogleistungen im Wege einer telelogischen Reduktion nicht in Betracht.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Mai 2020 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung höherer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit von Januar 2007 bis März 2007 sowie für Oktober 2007 und November 2007 im Streit.
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Die 1980 geborene Klägerin ist serbische Staatsangehörige. Sie reiste 2004 mit ihrer 2003 geborenen Tochter in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Die Klägerin erhielt eine Aufenthaltsgestattung bis zum 17.4.2007 und bezog ab November 2004 von der Beklagten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. Über Einkommen und Vermögen verfügte sie zunächst nicht. Den Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit Bescheid vom 14.1.2005 ab. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs 2 bis 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) wurden nicht festgestellt. Die dagegen am 31.1.2005 vor dem Verwaltungsgericht (VG) Dresden erhobene Klage nahm die Klägerin zurück. Der Ablehnungsbescheid erlangte am 16.3.2007 Bestandskraft.
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2006 brachte die Klägerin ihren Sohn zur Welt. Das Kind hat nach seinem Vater die deutsche Staatsbürgerschaft inne, der getrennt von der Klägerin wohnte und zur damaligen Zeit Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bezog. Der Sohn erhielt von der Beklagten Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII), da er bei seiner Mutter lebte. Am 21.6.2007 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG.
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Durch Bescheid vom 21.12.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Grundleistungen nach dem AsylbLG ab Januar 2007, der Widerspruch gerichtet auf höhere Leistungen auf Grundlage von § 2 AsylbLG (sog Analogleistungen) blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23.7.2007). In den Monaten Januar 2007 bis März 2007 wurden der Klägerin Leistungen iHv jeweils 322,11 Euro ausgezahlt, wovon 201,96 Euro auf sie und 120,15 Euro auf ihre Tochter entfielen. Nach Aufnahme einer Beschäftigung als Reinigungskraft bewilligte die Beklagte der Klägerin und ihrer Tochter erneut Grundleistungen nach dem AsylbLG für Oktober 2007 (Bescheid vom 19.9.2007) sowie für November 2007 iHv 224,97 Euro (Bescheid vom 12.10.2007) und einem Unterkunftskostenanteil iHv 122,31 Euro unter ratenweiser Einbehaltung einer Restschuld von 50 Euro und Anrechnung eines Erwerbseinkommens iHv 450 Euro bzw 480 Euro, wobei zur Auszahlung unter Berücksichtigung des Unterkunftskostenanteils 9,78 Euro bzw 0 Euro kamen. Die hiergegen erhobenen Widersprüche blieben erfolglos (Widerspruchsbescheide vom 7.1.2008 und vom 18.2.2008). Analogleistungen nach § 2 AsylbLG bewilligte die Beklagte der Klägerin ab November 2008 (Bescheid vom 12.11.2008).
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Die Klagen gegen die drei Grundleistungsbescheide für den Zeitraum Januar 2007 bis März 2007 sowie Oktober 2007 und November 2007 hat das Sozialgericht (SG) Dresden nach Verbindung abgewiesen (Urteil vom 25.2.2014). Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 7.5.2020). Zwar stehe im Falle der Klägerin fest, dass sie die Vorbezugszeit von (zuletzt) 48 Monaten während der streitgegenständlichen Zeiträume Januar 2007 bis März 2007 sowie Oktober 2007 und November 2007 noch nicht erfüllt habe. Gegen dieses Ergebnis bestünden allerdings verfassungsrechtliche Bedenken; denn aufgrund der Geburt ihres Sohnes sei der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG erteilt worden und sie sei bis zum Eintritt der Volljährigkeit des deutschen Kindes berechtigt und verpflichtet, die elterliche Sorge im Inland auszuüben. Ihr Aufenthalt sei unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände prognostisch als längerfristig anzusehen. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass Hilfebedürftige für Leistungszeiträume vor 2011 nicht deshalb höhere Leistungen erhielten, weil die gesetzlichen Vorschriften über die Höhe der Grundleistungen mit dem Grundgesetz (GG) unvereinbar gewesen seien, jedoch begehre die Klägerin Leistungen nach § 2 AsylbLG, sodass die vom BVerfG angesprochene Fallgestaltung von dem Ausschluss nicht erfasst werde. Ein Anspruch auf Grundlage von § 2 AsylbLG scheide im Ergebnis aber aus, weil die Klägerin ihre Bedürftigkeit nicht ununterbrochen bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz nachgewiesen habe.
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Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie vertritt die Auffassung, § 2 AsylbLG sei verfassungskonform dahin auszulegen, dass die Vorbezugszeit von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG von 36 Monaten bzw 48 Monaten nicht heranzuziehen sei, sofern der Leistungsbezieher allein sorgeberechtigt für ein deutsches minderjähriges Kind sei. Bei anderer Auslegung liege ein Verstoß gegen Art 6 Abs 4 GG vor. Für die Auffassung des LSG, eine Verurteilung scheitere daran, dass keine durchgehende Hilfebedürftigkeit bestanden habe, finde sich keine Grundlage.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Mai 2020 sowie das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25. Februar 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 21. Dezember 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2007, des Bescheids vom 19. September 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7. Januar 2008 und des Bescheids vom 12. Oktober 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2008 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen für die Zeit von Januar 2007 bis März 2007, Oktober 2007 und November 2007 zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Zwar hat das LSG im Ergebnis zu Recht einen Anspruch auf Analogleistungen für die streitgegenständlichen Zeiträume abgelehnt, es fehlen jedoch ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung darüber, ob der Klägerin höhere Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zustehen.
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Gegenstand des Verfahrens sind der Bescheid vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.7.2007, der Bescheid vom 19.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.1.2008 sowie der Bescheid vom 12.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.2.2008 (§ 95 SGG), die die Höhe der der Klägerin gewährten Leistungen für den Zeitraum Januar 2007 bis März 2007 sowie Oktober 2007 und November 2007 regeln. Dagegen wendet sich die Klägerin zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG), gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils auf höhere Leistungen (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). Es ist nicht erkennbar, dass für die streitgegenständlichen Zeiträume der behauptete Anspruch wenigstens in einer Mindesthöhe unwahrscheinlich sein könnte (BSG vom 28.6.1961 - 8 RV 997/60 - juris RdNr 20). Die Klage umfasst dabei nach dem sog Meistbegünstigungsprinzip (vgl nur BSG vom 10.3.1994 - 7 RAr 38/93 - BSGE 74, 77, 81 ff = SozR 3-4100 § 104 Nr 11 S 49 ff; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 92 RdNr 12 und Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 123 RdNr 3, jeweils mwN) die Höhe der Leistungen unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt (zum Höhenstreit im Rahmen des § 3 AsylbLG vgl BSG vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2) ohne Bindung an die Anträge (§ 123 SGG). Deshalb ist aufgrund des Klageantrags der Klägerin nicht allein darüber zu entscheiden, ob ihr höhere Leistungen in Form sog Analogleistungen nach § 2 AsylbLG zustehen, sondern auch, ob die bewilligten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG in zutreffender Höhe festgesetzt wurden (vgl bereits BSG vom 26.6.2013 - B 7 AY 6/11 R - BSGE 114, 11 = SozR 4-3520 § 7 Nr 2, RdNr 11).
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Auch die Berufung war zulässig. Die auf eine Geldleistung gerichtete Klage hat den Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro überstiegen (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes iS von § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG richtet sich danach, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was er davon mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt. Bei einer Geldleistung ist daher der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird (vgl etwa BSG vom 23.7.2015 - B 8 SO 58/14 B - juris RdNr 6). Zur Differenz zwischen den ausgezahlten Grundleistungen und dem Regelsatz, den die Klägerin nach entsprechender Anwendung des SGB XII erhalten würde (345 Euro bis 30.6.2007; 347 Euro ab 1.7.2007 gemäß Erste Verordnung zur Änderung der Regelsatzverordnung 1. RSVÄndV> vom 20.11.2006, BGBl I 2657), ist der Mehrbedarf wegen Alleinerziehung iHv 36 Prozent des Regelbedarfs hinzuzurechnen (§ 30 Abs 3 SGB XII in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006, BGBl I 2670), auf den die Klägerin als Analogleistungsberechtigte einen Anspruch gehabt hätte, womit die Berufungssumme bezogen auf die vier streitgegenständlichen Monate jedenfalls überschritten wird.
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Die Beklagte ist sachlich zuständig (§ 10 AsylbLG iVm § 2 Abs 2 Gesetz zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen im Freistaat Sachsen <Sächsisches Flüchtlingsaufnahmegesetz - SächsFlüAG> in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.2.2003, SächsGVBl 29 bzw vom 25.6.2007, SächsGVBl 190). Den Feststellungen des LSG lässt sich hingegen nicht entnehmen, ob die Beklagte auch örtlich zuständig ist, was voraussetzen würde, dass sich die Klägerin im Dezember 2006 bis November 2007 tatsächlich in Dresden aufhielt (§ 10a Abs 1 Satz 2 AsylbLG) oder dass eine Verteilung oder Zuweisung iS von § 10a Abs 1 Satz 1 AsylbLG dorthin erfolgt ist (BSG vom 26.6.2013 - B 7 AY 6/11 R - BSGE 114, 11 = SozR 4-3520 § 7 Nr 2, RdNr 12). Dies mag das LSG bei seiner erneuten Entscheidung prüfen.
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Die Klägerin hat in den streitgegenständlichen Zeiträumen keinen Anspruch auf Analogleistungen nach § 2 AsylbLG (hier zunächst in der Fassung des AsylbLG des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern <Zuwanderungsgesetz> vom 30.7.2004, BGBl I 1950, bzw ab dem 23.8.2007 in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.8.2007, BGBl I 1970). Zwar war sie dem Grunde nach leistungsberechtigt gemäß § 1 Abs 1 Nr 3 AsylbLG (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze vom 14.3.2005, BGBl I 721). Ab dem 21.6.2007 war sie nach den Feststellungen des LSG im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG (hier in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes). Für den streitgegenständlichen Zeitraum zuvor war sie im Besitz einer Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) und dementsprechend nach § 1 Abs 1 Nr 1 AsylbLG leistungsberechtigt.
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Nach § 2 Abs 1 AsylbLG in den hier noch zur Anwendung kommenden Fassungen ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII jedoch nur auf diejenigen Leistungsberechtigten (des § 1 AsylbLG) entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten bzw ab 28.8.2007 von 48 Monaten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ergibt sich zwar nichts dafür, dass die Klägerin die Dauer des Aufenthalts rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben könnte, nach seinen bindenden Feststellungen erhielt sie jedoch Grundleistungen erst ab November 2004, nachdem sie 2004 in das Bundesgebiet eingereist ist. Damit kann rechnerisch die gesetzliche Vorbezugszeit für die streitgegenständlichen Zeiträume noch nicht erfüllt gewesen sein. Die Klägerin hat mit den vom LSG bindend festgestellten Bezugszeiten von Leistungen nach § 3 AsylbLG in der Zeit ihres Aufenthalts in Deutschland die Voraussetzungen erst ab November 2008 erfüllt. Die Änderung der Vorbezugszeiten in § 2 Abs 1 AsylbLG mit Wirkung vom 28.8.2007, die auf den hier ebenfalls streitgegenständlichen Zeitraum Oktober 2007 und November 2007 Anwendung findet, stellt zwar eine unechte Rückwirkung dar; beachtlicher Vertrauensschutz, der eine solche Regelung verfassungsrechtlich unzulässig machen würde, besteht aber nicht (vgl ausführlich BSG vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2, RdNr 28), wovon auch die Klägerin ausgeht.
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Der durch das Berufungsgericht erkennbar vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung des § 2 Abs 1 AsylbLG im Wege der teleologischen Reduktion (Restriktion) dergestalt, dass bei bestehendem Sorgerecht für im Inland befindliche Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit vom Erfordernis eines Vorbezugs abzusehen sei, vermag der Senat nicht zu folgen (zum Verhältnis von ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalen und teleologischer Reduktion vgl Busse, SGb 2016, 650, 652; Reimer, Juristische Methodenlehre, 2. Aufl 2020, RdNr 622; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl 2012, § 11 II b). Unter Anwendung der anerkannten Methoden der Gesetzesinterpretation nach dem Wortlaut der Norm, dem systematischen Zusammenhang, der Entstehungsgeschichte sowie ihrem Sinn und Zweck, mit denen der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers zu ermitteln ist, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (stRspr; vgl nur BVerfG vom 19.3.2013 - 2 BvR 2628/10 ua - BVerfGE 133, 168 RdNr 66; BVerfG vom 26.8.2014 - 2 BvR 2400/13 - NJW 2014, 3504 RdNr 15; BSG vom 15.12.2016 - B 5 RE 2/16 R - SozR 4-2600 § 3 Nr 7 RdNr 29; BSG vom 23.5.2017 - B 1 KR 24/16 R - SozR 4-2500 § 301 Nr 8 RdNr 14; BSG vom 7.5.2019 - B 2 U 27/17 R - BSGE 128, 92 = SozR 4-2700 § 67 Nr 1, RdNr 11), lässt sich eine Ausnahme von der Erfüllung der Vorbezugszeit nicht rechtfertigen. Systematisch stellt § 2 AsylbLG im Gesamtgefüge des Normkontextes eine abschließende Sonderregelung zum Bezug von Analogleistungen dar. Das BVerfG hat zwar bereits entschieden, dass nur bei einem kurzfristigen, nicht auf Dauer angelegten Aufenthalt von Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG die existenznotwendigen Bedarfe ggf abweichend von denen anderer Hilfebedürftiger bemessen werden dürfen, weshalb der Vorbezug von vier Jahren erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne (BVerfG vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10 ua - BVerfGE 132, 134 RdNr 93 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 119). Es hat jedoch einerseits gerade vor dem Hintergrund des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums lediglich im Hinblick auf die unzureichende Höhe der Grundleistungen von seiner ihm ausschließlich zustehenden Verwerfungskompetenz (vgl BVerfG vom 21.4.2015 - 2 BvR 1322/12 ua - BVerfGE 139, 19 RdNr 93) Gebrauch gemacht, hingegen nicht zur Zahlung von Analogleistungen verpflichtet. Andererseits hat es für Zeiträume vor dem 1.1.2011 die gesetzliche Konstruktion für hinnehmbar erklärt (BVerfG vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10 ua - BVerfGE 132, 134 RdNr 113 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 139-140). Das Gesetz wurde inzwischen vollständig durch den Gesetzgeber reformiert und die Vorbezugszeit in eine reine Wartefrist geändert und auf zunächst 15 Monate (§ 2 Abs 1 Satz 1 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des AsylbLG und des SGG vom 10.12.2014, BGBl I 2187), seit dem 21.8.2019 auf 18 Monate (§ 2 Abs 1 Satz 1 AsylblG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15.8.2019, BGBl I 1294) verkürzt. Damit wurde der Kreis der auf Leistungen nach § 3 AsylbLG verwiesenen Personen substantiell verkleinert (vgl auch BVerfG vom 5.3.2018 - 1 BvR 2926/14 - juris RdNr 21). Eine Auslegung gegen den Wortlaut des § 2 Abs 1 AsylbLG aF ist damit für Bezugszeiten vor dem 1.1.2011 nicht angezeigt und wäre unvereinbar mit dem Prinzip der Rechtssicherheit (Art 20 Abs 3 GG; vgl BSG vom 30.1.2020 - B 2 U 20/18 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 74 RdNr 29).
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Dementsprechend hat auch der erkennende Senat unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung, wonach allein Zeiten des Bezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG zur Erfüllung der Vorbezugszeit dienen konnten (vgl BSG vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2), § 2 AsylbLG lediglich verfassungskonform dahin ausgelegt, dass für die Erfüllung der dort verlangten Vorbezugszeit auch der Bezug anderer Leistungen als von Grundleistungen ausreicht (BSG vom 28.5.2015 - B 7 AY 4/12 R - BSGE 119, 99 = SozR 4-3520 § 2 Nr 5, RdNr 24). Zugleich hat er aber - damals im Zusammenhang mit minderjährigen Kindern - deutlich gemacht, dass er keine Veranlassung sieht, vom grundsätzlichen, ausdrücklich normierten Erfordernis der Vorbezugszeit gegen den Wortlaut der Norm zumindest für Zeiträume vor dem 1.1.2011 abzusehen (BSG vom 28.5.2015 - B 7 AY 4/12 R - BSGE 119, 99 = SozR 4-3520 § 2 Nr 5, RdNr 24).
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Hierin ist entgegen der Auffassung der Revision kein Verstoß gegen Art 6 GG zu sehen, der dem Staat eine Schutzpflicht hinsichtlich der Rechtsposition des Kindes sowie dessen Anspruch auf Ermöglichung bzw Aufrechterhaltung eines familiären Bezugs zu beiden Elternteilen von Geburt an verleiht (vgl BVerfG vom 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 - FamRZ 2006, 187; BVerfG vom 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - NVwZ 2006, 682, 683 zum Familienschutz; BVerfG vom 18.4.1989 - 2 BvR 1169/84 - BVerfGE 80, 81, 90 = juris RdNr 32; BSG vom 30.1.2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60 = SozR 4-4200 § 7 Nr 34, RdNr 35). Art 6 GG räumt dem Gesetzgeber jedoch einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Förderung der Familie ein. Der Gesetzgeber bestimmt im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz der Ehe und der Familie verwirklichen will (BVerfG vom 30.11.1982 - 1 BvR 818/81 - BVerfGE 62, 323, 332 f; BVerfG vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 ua - BVerfGE 87, 1, 36 = SozR 3-5761 Nr 1 S 7). Konkrete Ansprüche auf bestimmte Rechte oder Leistungen lassen sich aus dem Fördergebot des Art 6 Abs 1 GG nicht herleiten (BVerfG vom 29.5.1990 - 1 BvL 20/84 ua - BVerfGE 82, 60, 81 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1 S 6; BVerfG vom 12.2.2003 - 1 BvR 624/01 - BVerfGE 107, 205, 213 = SozR 4-2500 § 10 Nr 1 RdNr 28; BSG vom 30.1.2020 - B 2 U 19/18 R - BSGE 130, 25 = SozR 4-1300 § 105 Nr 8, RdNr 35), weshalb in der Nichtgewährung von Analogleistungen gegenüber Grundleistungen keine Verletzung dieses Grundrechts gesehen werden kann. Der Schutz durch Art 6 GG geht wegen der Höhe von existenzsichernden Leistungen nicht weiter als der Schutz aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG.
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Der Senat kann aber auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht entscheiden, ob der Klägerin höhere Leistungen nach § 3 AsylbLG (in der Fassung der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407) zustehen. Es fehlen tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) zur Höhe des seitens der Klägerin erzielten Einkommens. Bei dieser Prüfung wird das LSG zu beachten haben, dass entgegen seiner Auffassung die Bewilligung nachträglich höherer Leistungen nicht vom Nachweis ununterbrochen bestehender Bedürftigkeit während des Gerichtsverfahrens abhängt. Unabhängig davon, dass der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Erfordernis des Fortbestehens von Bedürftigkeit im Sinne des AsylbLG oder des SGB XII bei Überprüfungskonstellationen nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) nicht festhält (vgl dazu im Einzelnen BSG vom 24.6.2021 - B 7 AY 2/20 R; Coseriu in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl, § 18 SGB XII RdNr 59, Stand Februar 2020), ist in der Rechtsprechung von Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und BSG seit jeher anerkannt, dass die erst im Rechtsbehelfsverfahren erstrittene Sozialhilfe auch für die Vergangenheit zu bewilligen ist (vgl Art 19 Abs 4 GG; vgl bereits BVerwG vom 14.9.1972 - V C 62.72 ua - BVerwGE 40, 343, 346). Dies gilt erst recht, wenn das Gerichtsverfahren - wie hier - in der ersten Instanz mehr als sechs Jahre und in der Berufungsinstanz ebenso lange gedauert hat.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
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