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BSG 12.03.2021 - B 4 AS 378/20 B
BSG 12.03.2021 - B 4 AS 378/20 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler - Verletzung rechtlichen Gehörs - Überraschungsentscheidung - keine allgemeine Hinweispflicht des Gerichts
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Düsseldorf, 12. Dezember 2017, Az: S 40 AS 884/14, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 20. August 2020, Az: L 19 AS 94/18, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. August 2020 wird als unzulässig verworfen.
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Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Dr. C., D., beizuordnen, wird abgelehnt.
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Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil weder der geltend gemachte Zulassungs-grund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch ein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG).
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1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Daran fehlt es schon deswegen, weil der Kläger nicht darlegt, warum sich die von ihm formulierten Fragen nicht schon auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG beantworten lassen.
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2. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 20. Aufl 2020, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
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a) Soweit der Kläger eine Verletzung des § 48 SGB X rügt, rügt er keine Verletzung einer Regelung über das gerichtliche Verfahren, sondern über das Verwaltungsverfahren, sodass schon deswegen ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht bezeichnet ist. Verfahrensmangel in diesem Sinne ist nur ein Mangel des gerichtlichen Verfahrens vor dem LSG oder ausnahmsweise vor dem SG, der in die nächste Instanz fortwirkt (BSG vom 30.10.2020 - B 4 AS 267/20 B - juris RdNr 8 mwN).
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b) Auch einen Verfahrensmangel durch die Ablehnung von PKH für das Berufungsverfahren hat der Kläger - unabhängig davon, ob sich dies als Frage des rechtlichen Gehörs darstellt - nicht hinreichend bezeichnet. Gemäß § 202 Satz 1 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO unterliegen diejenigen Entscheidungen des Berufungsgerichts, die dem Endurteil vorausgegangen sind, der Beurteilung des Revisionsgerichts nicht, wenn sie unanfechtbar sind (vgl nur BSG vom 5.8.2003 - B 3 P 8/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 1 RdNr 7). Da PKH-Beschlüsse des LSG gemäß § 177 SGG unanfechtbar sind, kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf die Rüge angeblich fehlerhafter PKH-Ablehnung gestützt werden (BSG vom 9.6.2010 - B 7 AL 202/09 B - juris RdNr 6; aA in einem Obiter Dictum BSG vom 9.10.2012 - B 5 R 168/12 B - SozR 4-1500 § 73a Nr 9 RdNr 5 ff). Ob etwas anderes gilt, wenn die Ablehnung von PKH auf Willkür beruht (so etwa BSG vom 17.7.2020 - B 1 KR 3/20 BH - juris RdNr 19), kann dahinstehen, denn eine willkürliche Entscheidung behauptet der Kläger nicht einmal.
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c) Auch eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 Halbsatz 1 SGG) durch eine Überraschungsentscheidung hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet. Er macht insofern sinngemäß geltend, dass das LSG nicht darauf hingewiesen habe, dass es auf die Wohnfläche des Hausgrundstücks ankomme und dass es sich bei dem Hausgrundstück um verwertbares Vermögen handeln könnte. Eine Überraschungsentscheidung liegt nur vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr; siehe nur BVerfG vom 7.10.2003 - 1 BvR 10/99 - BVerfGE 108, 341 [345 f] = juris RdNr 14 mwN; BSG vom 4.7.2018 - B 11 AL 22/18 B - juris RdNr 4 mwN; BSG vom 14.12.2020 - B 11 AL 11/20 BH - juris RdNr 5). Jenseits dessen besteht keine allgemeine Hinweispflicht des Gerichts (BVerfG vom 14.7.1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 [263] = juris RdNr 162; weitere Nachweise bei Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 105 RdNr 44). Der Verfahrensmangel einer Überraschungsentscheidung ist deshalb nur dann schlüssig bezeichnet, wenn im Einzelnen vorgetragen wird, aus welchen Gründen auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter aufgrund des bisherigen Prozessverlaufs nicht damit rechnen musste, dass das Gericht seine Entscheidung auf einen bestimmten Gesichtspunkt stützt (BSG vom 7.6.2016 - B 13 R 40/16 B - juris RdNr 9; BSG vom 4.7.2018 - B 11 AL 22/18 B - juris RdNr 4).
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Dass nach diesen Maßstäben eine Überraschungsentscheidung vorliegt, lässt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Er trägt selbst vor, dass das Hausgrundstück zumindest im Rahmen des PKH-Verfahrens als Vermögensgegenstand thematisiert worden sei. Auch lässt sich seinem Vortrag entnehmen, dass das LSG in einem früheren Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (L 19 AS 82/15 B ER) es für möglich erachtet habe, dass es sich bei dem Hausgrundstück um verwertbares Vermögen handele. Jedenfalls vor diesem Hintergrund musste ein gewissenhafter Prozessbeteiligter damit rechnen, dass das LSG seine Entscheidung möglicherweise auf diesen Gesichtspunkt stützt.
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3. Weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO), ist dem Kläger auch keine PKH zu bewilligen. Damit entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
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