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BSG 27.01.2021 - B 13 R 119/19 B
BSG 27.01.2021 - B 13 R 119/19 B - (Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Anspruch auf Anhörung mehrerer Ärzte nach § 109 SGG - Verfahrensfehler - weiteres Gutachten)
Normen
§ 103 S 1 Halbs 1 SGG, § 109 Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Chemnitz, 18. März 2015, Az: S 17 R 1961/13, Gerichtsbescheid
vorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 19. März 2019, Az: L 4 R 314/15, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. März 2019 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Mit Urteil vom 19.3.2019 hat das Sächsische LSG einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verneint.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 4.7.2019 begründet hat.
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II. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form. Der Kläger hat weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch den geltend gemachten Verfahrensmangel (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet.
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a) Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG geltend gemacht, muss der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). In der Beschwerdebegründung ist deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und der Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (stRspr; vgl zuletzt etwa BSG Beschluss vom 22.9.2020 - B 13 R 229/19 B - juris RdNr 3 mwN; vgl auch BVerfG <Kammer> Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 RdNr 8; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 14 ff mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung vom 4.7.2019 nicht gerecht.
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Der Kläger formuliert darin die Frage,
"ob § 109 SGG als zahlenmäßige Beschränkung zu verstehen ist oder ob § 109 SGG so zu verstehen ist, das die zahlenmäßige Beschränkung sich nur auf ein medizinisches Fachgebiet beschränkt".
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Der Kläger legt aber jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht in der gebotenen Weise dar, sodass der Senat dahinstehen lässt, ob der entscheidungserhebliche Sachverhalt genügend dargestellt wird (zu dieser Anforderung zuletzt etwa BSG Beschluss vom 8.4.2020 - B 13 R 3/20 B - juris RdNr 6 mwN). Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; BSG Beschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - juris RdNr 4; vgl auch BSG Urteil vom 22.6.2977 - 10 RV 67/76 - SozR 1500 § 109 Nr 1 S 3 f). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung vorliege oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei (Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN). Das BSG hat bereits in einer Vielzahl von Fällen zu Inhalt und Grenzen des Antragsrechts nach § 109 Abs 1 Satz 1 SGG entschieden und zB befunden, dass das Wort "ein" in der Vorschrift kein Zahlwort, sondern ein unbestimmter Artikel sei; gleichwohl bestehe ein Anspruch auf Anhörung mehrerer Ärzte nur, wenn für ein solches Verlangen besondere Umstände vorliegen würden (BSG Beschluss vom 29.11.1957 - 2 RU 241/56 - SozR Nr 14 zu § 109 SGG; vgl auch BSG Urteil vom 22.6.1977 - 10 RV 67/76 - SozR 1500 § 109 Nr 1 - juris RdNr 23). Dem Kläger hätte es daher oblegen näher darzulegen, dass und warum sich die aufgeworfene Rechtsfrage nach seinem Dafürhalten nicht anhand der vorliegenden höchstrichterlichen Entscheidungen zu § 109 Abs 1 Satz 1 SGG beantworten lasse. Dem wird sein pauschales Vorbringen, die aufgeworfene Rechtsfrage sei vom BSG noch nicht entschieden, nicht gerecht.
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Indem er vorbringt, das LSG sei seinem Antrag auf Anhörung dreier Ärzte aus unterschiedlichen Fachgebieten zu Unrecht nicht gefolgt, erhebt der Kläger letztlich den Vorwurf, das LSG habe mit der Ablehnung seines Antrags § 109 SGG verletzt, ohne dies allerdings ausdrücklich als Verfahrensmangel geltend zu machen. Auf eine Verletzung des § 109 SGG kann die Nichtzulassungsbeschwerde aber ohnehin nicht gestützt werden (vgl § 160 Abs 2 Halbsatz 2 SGG).
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b) Der vom Kläger geltend gemachte Verfahrensmangel wird nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet.
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Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des Berufungsgerichts ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.10.2010 - B 12 KR 2/10 B - juris RdNr 5; aus jüngerer Zeit BSG Beschluss vom 9.12.2019 - B 13 R 259/19 B - juris RdNr 4). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Berufungsgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Der Kläger rügt, das LSG habe gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 103 Abs 1 Halbsatz 1 SGG) verstoßen, indem es einem in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens auf orthopädischem Fachgebiet nicht gefolgt sei. Seines Erachtens ist dies zur Ermittlung der durch seine orthopädischen Erkrankungen, insbesondere der Bandscheibenvorfälle bedingten Funktionseinschränkungen angezeigt gewesen. Der klägerische Vortrag genügt indes nicht unter allen Aspekten den Anforderungen an die Darlegung einer unzureichenden Sachaufklärung durch das Berufungsgericht.
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Eine solche Rüge muss folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das Berufungsgericht nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des Berufungsgerichts auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das Berufungsgericht mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigen Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5; BSG Beschluss vom 3.12.2012 - B 13 R 351/12 B - juris RdNr 6 mwN; jüngst BSG Beschluss vom 28.11.2019 - B 13 R 169/18 B - juris RdNr 4). Der Kläger hat jedenfalls nicht dargetan, dass das LSG seinem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens durch einen Orthopäden ohne hinreichende Begründung iS des § 160 Abs 2 Halbsatz 2 SGG nicht gefolgt sei. Auch aus seinem Gesamtvorbringen ergeben sich keine Tatsachen, die, als wahr unterstellt, einen Verstoß gegen § 103 Abs 1 Halbsatz 1 SGG zu begründen in der Lage wären. Der Senat lässt daher auch an dieser Stelle dahinstehen, ob der Kläger den relevanten Sachverhalt ausreichend dargestellt hat (zu dieser Anforderung an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels zuletzt etwa BSG Beschluss vom 15.7.2020 - B 13 R 64/20 B - juris RdNr 4 mwN).
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Nach dem Vorbringen des Klägers sind im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen zwei Sachverständigengutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sowie ein Sachverständigengutachten durch einen Pneumologen eingeholt worden. Das zeitlich letzte Gutachten ist offensichtlich dasjenige vom 25.8.2018 durch den Sachverständigen F., einen Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Dieser hat nach der Mitteilung des Klägers ua die Diagnosen "Lumbago: Schmerzhaftigkeit im Bereich der Lendenwirbelsäule, durch Abnutzungserscheinungen bedingt" sowie "Zervikobrachialgie: Schmerzhaftigkeit im Bereich der Halswirbelsäule, durch Abnutzungserscheinungen bedingt" gestellt. Das Gesamtvorbringen des Klägers legt zudem nahe, dass der Sachverständige F. das Leistungsvermögen des Klägers für leidensgerechte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in zeitlicher Hinsicht nicht relevant eingeschränkt hält und dass das LSG dieser Einschätzung gefolgt ist. Der Kläger hat indes nicht substantiiert dargelegt, warum sich das LSG angesichts der geschilderten Sachlage zur weiteren Ermittlung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens auf orthopädischem Fachgebiet hätte gedrängt fühlen müssen. Liegen wie hier bereits mehrere Gutachten vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (BSG Urteil vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9 mwN; BSG Beschluss vom 20.2.2018 - B 10 LW 3/17 B - juris RdNr 9 mwN). Derartige Umstände hat der Kläger nicht substantiiert dargetan. Er hat insbesondere nicht aufgezeigt, dass die vorliegenden Gutachten von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen seien, weil sich sein Gesundheitszustand nach letztmaliger Begutachtung und vor dem Ende der mündlichen Verhandlung vor dem LSG in relevanter Weise verändert habe. Er nimmt zwar auf verschiedene Arztbriefe und medizinische Unterlagen Bezug, die im Zusammenhang mit der Diagnose und teilweise auch operativen Behandlung seiner Bandscheibenvorfälle erstellt worden sind, und betont, er habe auch insoweit sämtliche Behandler gegenüber dem LSG angegeben. Die zeitlich letzte der angeführten Unterlagen datiert indes vom 24.6.2016 (Bericht der Tagesklinik M.). Der Kläger deutet nicht einmal an, dass eine Beiziehung dieser Unterlagen im gerichtlichen Verfahren unterblieben sei und diese daher insbesondere dem Sachverständigen F. bei seiner zwei Jahre später vorgenommenen gutachterlichen Würdigung der Befunde nicht vorgelegen haben könnten. Ebenso wenig hat der Kläger Umstände schlüssig dargetan, die Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen F. begründen könnten. Sein pauschales Vorbringen, diesem habe als Neurologen die erforderliche Sachkunde zur angemessenen Würdigung der aufgrund der Bandscheibenvorfälle verbliebenen Funktionseinschränkungen gefehlt, reicht vorliegend nicht aus.
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Soweit der Kläger offensichtlich nicht mit der Auswertung und Würdigung der vorliegenden Sachverständigengutachten und medizinischen Unterlagen einverstanden ist, wendet er sich letztlich gegen die Beweiswürdigung des LSG. Auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG kann eine Verfahrensrüge indes nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG).
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2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG). Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
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