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BSG 08.07.2020 - B 12 R 26/18 R
BSG 08.07.2020 - B 12 R 26/18 R - Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Geschäftsführer einer GmbH ohne Beteiligung am Stammkapital der GmbH - Beteiligung des GmbH-Geschäftsführers am Stammkapital einer über eine Kapitalbeteiligung an der GmbH verfügenden Gesellschaft - Rechtsmacht - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit - Abgrenzung
Normen
§ 25 Abs 1 S 1 SGB 3, § 7 Abs 1 SGB 4, § 1 S 1 Nr 1 SGB 6, § 6 Abs 3 GmbHG, § 37 Abs 1 GmbHG, § 38 Abs 1 GmbHG, § 46 Nr 5 GmbHG, § 46 Nr 6 GmbHG, § 47 Abs 4 GmbHG, § 164 S 1 HGB
Vorinstanz
vorgehend SG Dortmund, 17. Juni 2016, Az: S 34 R 1834/13, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 20. Juni 2018, Az: L 8 R 725/16, Urteil
Leitsatz
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Ist der Geschäftsführer einer GmbH nicht an deren Stammkapital beteiligt, aber am Stammkapital einer anderen Gesellschaft (Muttergesellschaft), die eine Kapitalbeteiligung an der GmbH hält, kann ihm eine seine abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht zukommen, wenn er kraft dieser Beteiligung - gegebenenfalls im Wege einer umfassenden Sperrminorität - maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschafterbeschlüsse der GmbH ausüben kann.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. Juni 2018 und des Sozialgerichts Dortmund vom 17. Juni 2016 aufgehoben sowie der Bescheid der Beklagten vom 23. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2013 abgeändert.
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Es wird festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der T. GmbH in der Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
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Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
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Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 5000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1. (im Folgenden: Beigeladener) in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der T. GmbH in der Zeit vom 1.7.2011 bis zum 30.6.2012 aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
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Die klagende GmbH ist die Rechtsnachfolgerin der T. GmbH (im Folgenden einheitlich als Klägerin bezeichnet), deren einzelvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführer im streitigen Zeitraum der Beigeladene und zwei weitere Personen waren. Nach dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 19.11.2010 (GV-GmbH) bedurften die Geschäftsführer für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft hinausgingen und nicht abschließend aufgezählt waren, der ausdrücklichen vorhergehenden Einwilligung der Gesellschafterversammlung (Nr 5.3 GV-GmbH). Diese fasste ihre Beschlüsse grundsätzlich mit einfacher Mehrheit; bestimmte Maßnahmen konnten nur einstimmig beschlossen werden (Nr 7.5 GV-GmbH).
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Alleinige Gesellschafterin der Klägerin war die C. I. Holding GmbH & Co KG (im Folgenden: H GmbH & Co KG). Deren Kommanditisten waren zu je 1/3 die Geschäftsführer der Klägerin. Nach dem Gesellschaftsvertrag dieser GmbH & Co KG (GV-KG) bedurften Gesellschafterbeschlüsse grundsätzlich der einfachen Mehrheit; bestimmte, ausdrücklich genannte Beschlüsse, ua über die Stimmabgabe in Beteiligungsgesellschaften, waren einstimmig zu fassen (Nr 9.6 GV-KG). Zur Geschäftsführung der H GmbH & Co KG war allein ihre Komplementär-GmbH, die C. I. Verwaltungs-GmbH (im Folgenden: V GmbH), vertreten durch ihre Geschäftsführer, wiederum die Geschäftsführer der Klägerin, berechtigt und verpflichtet (Nr 6.1 GV-KG). Für diese Geschäftsführung stand nach dem Gesellschaftsvertrag der V GmbH (GV-V GmbH) ihren Gesellschaftern kein Weisungsrecht zu, sondern waren ausschließlich die Bestimmungen des GV-KG maßgebend (Nr 6.2 GV-V GmbH). Gesellschafter der Komplementär-GmbH mit Anteilen von je 1/3 am Stammkapital waren ebenfalls der Beigeladene sowie die beiden weiteren Geschäftsführer der Klägerin. Ihre Beschlüsse waren grundsätzlich mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu fassen (Nr 8.5 Satz 1 GV-V GmbH).
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Die Klägerin und der Beigeladene schlossen am 30.6.2011 einen Geschäftsführervertrag (GF-V). Danach erhielt der Beigeladene ein monatliches Gehalt in Höhe von 4200 Euro brutto sowie ein 13. Monatsgehalt. Außerdem hatte er Anspruch auf Spesen, Aufwendungsersatz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von sechs Wochen sowie Urlaub von 30 Arbeitstagen im Geschäftsjahr.
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Auf den Statusfeststellungsantrag des Beigeladenen stellte die Beklagte fest, dass er seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin vom 1.7.2011 bis zum 30.6.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt und Versicherungspflicht in der GRV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe (Bescheid vom 23.4.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2013). Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG Dortmund vom 17.6.2016; Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 20.6.2018). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, bei dem Beigeladenen scheide eine selbstständige Tätigkeit bereits deshalb aus, weil er Fremdgeschäftsführer der Klägerin gewesen sei. Zudem habe er an der H GmbH & Co KG und deren Komplementär-GmbH nur über eine Minderheitsbeteiligung von jeweils 1/3 verfügt. Die ihm eingeräumte Sperrminorität schließe die abhängige Beschäftigung wegen zahlreicher Bindungen und Einschränkungen bei Ausübung der Geschäftsführung, ua durch die Aufteilung der Tätigkeitsbereiche der Geschäftsführer und diverse Zustimmungserfordernisse, nicht aus. Bei Beschlüssen der Gesellschafter über Weisungen an ihn oder über seine Abberufung habe er einem Stimmverbot unterlegen. Auch weise der GF-V maßgebliche Gesichtspunkte einer abhängigen Beschäftigung auf.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 7 Abs 1 SGB IV. Der Beigeladene sei als ihr mittelbarer Gesellschafter zugleich deren Mitinhaber und kein Fremdgeschäftsführer gewesen. Maßgebend seien die Beteiligungsverhältnisse in der H GmbH & Co KG. Für deren Beschlüsse als Alleingesellschafterin der Klägerin habe er sowohl nach dem GV-KG als auch dem GV-GmbH eine Sperrminorität gehabt. Er habe verhindern können, dass er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH oder der Klägerin abberufen werde. Ein Stimmverbot wäre insoweit nur bei einer Abberufung aus wichtigem Grund in Betracht gekommen, was aber bei jeder Sperrminorität der Fall sei. Die Ressortaufteilung zwischen den Geschäftsführern habe ihn nicht an rechtswirksamen Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich eines anderen Geschäftsführers gehindert.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. Juni 2018 und des Sozialgerichts Dortmund vom 17. Juni 2016 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 23. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2013 abzuändern und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der T GmbH in der Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
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Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Das LSG hat zu Unrecht ihre Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 23.4.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beigeladene unterlag in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin im streitigen Zeitraum vom 1.7.2011 bis zum 30.6.2012 nicht der Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dies ergibt sich noch nicht allein aus den für die Statusbeurteilung von Geschäftsführern einer GmbH bisher angelegten Maßstäben (dazu 1.). Die eine abhängige Beschäftigung ausschließende ausreichende Rechtsmacht in der GmbH ergab sich hier aber ausnahmsweise aus seiner Stellung als Kommanditist der H GmbH & Co KG (dazu 2.). Dem stehen weder ein Stimmverbot nach § 47 Abs 4 GmbHG (dazu 3.) noch die interne Ressortaufteilung unter den Geschäftsführern der Klägerin oder die im GV-GmbH geregelten Zustimmungserfordernisse für bestimmte Handlungen des Beigeladenen (dazu 4.) entgegen.
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1. Der Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlagen im streitigen Zeitraum Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI in der Fassung <idF> des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006, BGBl I 926; § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III). Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710) die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die abhängige Beschäftigung steht als rechtlicher Typus der selbstständigen Tätigkeit gegenüber, die vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet ist. Diese für die Statusbeurteilung vom Senat entwickelten Abgrenzungsmaßstäbe (vgl BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 14 f <Honorararzt>) gelten grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer GmbH. Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei dem Geschäftsführer einer GmbH aber in erster Linie danach, ob er nach der ihm zukommenden, sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (vgl BSG Urteil vom 19.9.2019 - B 12 R 25/18 R - BSGE 129, 95 = SozR 4-2400 § 7 Nr 43, RdNr 14 f mwN; BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, RdNr 18 ff).
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Der Geschäftsführer einer GmbH kann seine Tätigkeit nach ständiger Rechtsprechung allerdings nur dann selbstständig ausüben, wenn er am Gesellschaftskapital beteiligt ist (sog Gesellschafter-Geschäftsführer), während bei einem Fremdgeschäftsführer eine selbstständige Tätigkeit grundsätzlich ausscheidet (zur Ausnahme vgl 3.). Geschäftsführer einer GmbH unterliegen nach § 6 Abs 3 (hier idF des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften vom 4.7.1980 <BGBl I 836>), § 37 Abs 1, § 38 Abs 1 sowie § 46 Nr 5 und 6 GmbHG grundsätzlich zu jeder Geschäftsführungsangelegenheit der nur durch entsprechende Satzungsregelungen einschränkbaren Weisungsbefugnis der Gesellschafterversammlung der GmbH (vgl zum Weisungsrecht BGH Urteil vom 18.3.2019 - AnwZ (Brfg) 22/17 - juris RdNr 18 f; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl 2019, § 37 RdNr 3, 14; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl 2020, § 37 RdNr 1; Stephan/Tieves in MüKo GmbHG, 3. Aufl 2019, § 37 RdNr 107). Selbst ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist aber nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig beschäftigt angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mindestens 50 vH der Anteile am Stammkapital hält oder bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag über eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität verfügt (vgl zuletzt BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, RdNr 21; BSG Urteil vom 19.9.2019 - B 12 R 25/18 R - BSGE 129, 95 = SozR 4-2400 § 7 Nr 43, RdNr 14; jeweils mwN).
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Der Beigeladene war am Stammkapital der Klägerin aber nicht beteiligt und daher nicht selbst deren Gesellschafter. Alleinige Gesellschafterin war die H GmbH & Co KG, deren Weisungsrecht der Beigeladene als geschäftsführendes Organ der Klägerin unterlag. Einzelweisungen an ihn durch Gesellschafterbeschluss waren durch den GV-GmbH nicht untersagt (vgl hierzu BGH Urteil vom 18.3.2019 - AnwZ (Brfg) 22/17 - juris RdNr 18). Eine umfassende Sperrminorität war ihm im GV-GmbH nicht eingeräumt.
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2. Der Beigeladene verfügte dennoch über einen die abhängige Beschäftigung ausschließenden beherrschenden Einfluss auf die klagende GmbH. Die hierfür erforderliche Rechtsmacht wurde ihm durch seine Kommanditbeteiligung an der H GmbH & Co KG vermittelt. Auch die Beteiligung des GmbH-Geschäftsführers an einer anderen Gesellschaft, die ihn in die Lage versetzt, die Geschicke der GmbH maßgeblich zu bestimmen, ist ausnahmsweise zu berücksichtigen.
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Der erkennende Senat hat mit mehreren Urteilen vom 8.7.2020 (B 12 R 1/19 R, B 12 R 2/19 R und B 12 R 4/19 R, jeweils zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, sowie B 12 R 6/19 R) seine Rechtsprechung zur Statusbeurteilung von Geschäftsführern einer GmbH fortentwickelt. Über eine die abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht verfügen danach nicht nur Gesellschafter mit einer Kapitalbeteiligung von zumindest 50 vH oder - bei geringerer Kapitalbeteiligung - einer umfassenden Sperrminorität. Sie kann auch daraus resultieren, dass der (Fremd-)Geschäftsführer (auch einer GmbH & Co KG) kraft seiner Stellung als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen der von ihm geführten Gesellschaft zu nehmen. Damit ist nicht allein auf das Rechtsverhältnis zwischen (Fremd-)Geschäftsführer und der von ihm geführten GmbH (& Co KG) abzustellen, sondern auch dessen Rechtsstellung innerhalb einer anderen Gesellschaft zu berücksichtigen, die wiederum in Rechtsbeziehungen zu der Gesellschaft steht, deren (Fremd-)Geschäftsführung Gegenstand der Statusbeurteilung ist. Denn ein Geschäftsführer ist nach bisheriger Rechtsprechung selbstständig tätig, weil er die Rechtsmacht hat, auf Beschlüsse der von ihm geführten Gesellschaft Einfluss zu nehmen. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob er diese Rechtsmacht allein aus seiner Gesellschafterstellung in der von ihm geführten Gesellschaft oder aus seiner Beteiligung an einer anderen Gesellschaft ableitet. Für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist aber auch eine solche von dieser Beteiligung abgeleitete Rechtsmacht nur beachtlich, wenn sie ihrerseits im Gesellschaftsrecht wurzelt, also durch Gesellschaftsvertrag eindeutig geregelt ist und unmittelbar auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis durchschlägt. Entscheidend bleibt, dass der Geschäftsführer selbst und unmittelbar eine ausschlaggebende Einflussnahmemöglichkeit auf Gesellschafterbeschlüsse der von ihm geführten Gesellschaft hat oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern kann. Denn ein Geschäftsführer übt seine Tätigkeit nur dann selbstständig aus, wenn er zugleich kraft seiner Gesellschaftsanteile (und sei es über eine ihm eingeräumte umfassende Sperrminorität) über die Rechtsmacht verfügt, hinreichenden Einfluss auf die Beschlüsse der Gesellschaft auszuüben, für die er die Geschäftsführung übernommen hat. Eine solche Rechtsmacht in der GmbH war dem Beigeladenen als Kommanditist der H GmbH & Co KG zwar nicht schon wegen eines Weisungsrechts gegenüber der V GmbH (dazu a), aber aufgrund des Einstimmigkeitserfordernisses bei deren Stimmgabe in der klagenden GmbH (dazu b) eingeräumt.
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a) Kommanditisten sind nach § 164 Satz 1 HGB von der Führung der Geschäfte einer GmbH & Co KG ausgeschlossen und können einer Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, dass die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht. Lediglich solche außergewöhnlichen Handlungen bedürfen ihrer Zustimmung. Die Verwaltung bestehender Beteiligungen an anderen Gesellschaften einschließlich der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung einer Tochtergesellschaft gehört regelmäßig zu den Maßnahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der geschäftsführenden Komplementär-GmbH (Hoffmann/Bartlitz in Heymann, HGB, 3. Aufl 2020, § 116 RdNr 7; Jickeli in MüKo HGB, 4. Aufl 2016, § 116 RdNr 21). Ohne abweichendes Satzungsrecht steht den Kommanditisten einer GmbH & Co KG damit - anders als den Gesellschaftern einer GmbH - im Bereich der allein der Komplementär-GmbH obliegenden gewöhnlichen Geschäftsführung grundsätzlich kein Weisungsrecht zu (vgl BGH Urteil vom 11.2.1980 - II ZR 41/79 - BGHZ 76, 160, 168, juris RdNr 18; Binz/Sorg, Die GmbH & Co KG, 12. Aufl 2018, § 4 RdNr 2; Borges in Heymann, HGB, 3. Aufl 2020, § 164 RdNr 3 ff; Breitfeld in Reichert, GmbH & Co KG, 7. Aufl 2015, § 16 RdNr 15; einschränkend Schmidt in Scholz, GmbHG, 12. Aufl 2018, Anh § 45 RdNr 17; ders, JZ 2008, 425, 432). Der auf seiner Kommanditeinlage beruhende gesellschaftsrechtliche Einfluss eines Kommanditisten ist grundsätzlich auf die GmbH & Co KG beschränkt. Zwar war der Beigeladene mit einer Beteiligung von 1/3 am Stammkapital auch Gesellschafter der V GmbH. Beschlüsse deren Gesellschafter waren aber mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu fassen (Nr 8.5 Satz 1 GV-V GmbH). Ungeachtet dessen sah Nr 6.2 GV-V GmbH ausdrücklich vor, dass den Gesellschaftern für die Geschäftsführung der H GmbH & Co KG kein Weisungsrecht zustehe, sondern ausschließlich die Bestimmungen des GV-KG maßgebend seien.
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b) Eine die abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht des Beigeladenen in der klagenden GmbH ergab sich indes im Sinne einer umfassenden Sperrminorität aus dem Einwilligungserfordernis der Gesellschafterversammlung der H GmbH & Co KG bei der Stimmabgabe in Beteiligungsgesellschaften.
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Ist der Geschäftsführer einer GmbH nicht selbst deren Gesellschafter, aber an einer anderen Gesellschaft beteiligt, die ihrerseits Gesellschafterin (Muttergesellschaft) der GmbH ist, kann ihm aufgrund dieser Beteiligung die eine abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht zukommen, maßgeblichen Einfluss auf die Beschlüsse der GmbH-Gesellschafterversammlung zu nehmen. Das ist ua der Fall, wenn die Muttergesellschaft mindestens 50 vH der Anteile an der GmbH (Tochtergesellschaft) hält und dem an der Muttergesellschaft beteiligten Geschäftsführer durch deren Gesellschaftsvertrag - zumindest im Sinne einer umfassenden Sperrminorität - die Möglichkeit eingeräumt ist, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der GmbH unmittelbar zu beeinflussen und damit zugleich ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern (ähnlich bereits BSG Urteil vom 20.3.1984 - 7 RAr 70/82 - SozR 4100 § 168 Nr 16 S 37, juris RdNr 25; vgl auch Fabritius/Markgraf, NZS 2016, 808, 811; Lau, NZS 2019, 452; Legde, SGb 2017, 25, 30; Zieglmeier in Kasseler Komm, § 7 SGB IV RdNr 163, Stand: Mai 2020).
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Eine derartige beherrschende Einflussnahme auf das Abstimmungsverhalten in der Gesellschafterversammlung der klagenden Tochter-GmbH war dem Beigeladenen möglich. Nr 6.4 Satz 1 und 2 Buchst (c) GV-KG legte für die Stimmabgabe in Beteiligungsgesellschaften die vorhergehende Einwilligung der Gesellschafterversammlung fest. Die geschäftsführende V GmbH durfte danach das Stimmrecht für die H GmbH & Co KG in der Gesellschafterversammlung der Klägerin nur mit Zustimmung der Kommanditisten ausüben. Ein solcher Beschluss über die Stimmabgabe in Beteiligungsgesellschaften war nach Nr 9.6 Satz 3 Buchst (j) GV-KG einstimmig zu fassen. Der mit einem Kommanditanteil von 1/3 an der H GmbH & Co KG beteiligte Beigeladene konnte damit zwar keine Beschlüsse über deren Abstimmungsverhalten in der Gesellschafterversammlung der Klägerin herbeiführen. Er verfügte aufgrund der bezeichneten gesellschaftsvertraglichen Regelungen und seiner Kommanditanteile aber über eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte") Sperrminorität in Bezug auf das Stimmverhalten der H GmbH & Co KG als Alleingesellschafterin der Klägerin. Durch das Erfordernis der Einstimmigkeit war es dem Beigeladenen möglich, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Klägerin zu verhindern und sich damit gegen ihm nicht genehme Weisungen in seiner Tätigkeit als deren Geschäftsführer im Bedarfsfall jederzeit zu wehren. Unerheblich ist, dass sich diese Sperrminorität nicht umfassend auf die gesamte Unternehmenstätigkeit der H GmbH & Co KG erstreckte. Maßgebend sind allein die Rechtsmachtverhältnisse zwischen dem Beigeladenen und der Klägerin.
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3. Der Beigeladene war an der Ausübung der Sperrminorität nicht durch ein Stimmverbot gehindert. Stimmverbote zur Verhinderung von "Insichgeschäften" oder dem "Richten in eigener Sache" enthält § 47 Abs 4 GmbHG, der zwar möglicherweise auf die Beschlussfassung in einer GmbH & Co KG analog anwendbar ist (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl 2019, § 47 RdNr 155; Liebscher in Reichert, GmbH & Co KG, 7. Aufl 2015, § 17 RdNr 180; Schmidt in Scholz, GmbHG, 12. Aufl 2018, § 47 RdNr 184). Die Vorschrift erfasst jedoch lediglich die hier nicht einschlägigen Tatbestände der Entlastung eines Gesellschafters und seiner Befreiung von einer Verbindlichkeit (Satz 1) sowie die - hier allein in Betracht kommende - Vornahme eines Rechtsgeschäfts und die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter (Satz 2). Weisungen der Gesellschafterversammlung an einen Gesellschafter-Geschäftsführer sind - sofern sie nicht ein Rechtsgeschäft mit ihm zum Inhalt haben - jedoch lediglich interne Willensbildung und keine Rechtsgeschäfte mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl 2019, § 47 RdNr 97 ff, 101).
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Auch die ordentliche Abberufung eines Geschäftsführers sowie die Änderung oder Auflösung des Dienstvertrags mit dem Geschäftsführer fallen nicht unter § 47 Abs 4 GmbHG. Denn wie die Bestellung von Organmitgliedern ist auch deren Abberufung ein innergesellschaftsrechtliches, dh typischerweise zur Mitgliedschaft gehörendes Rechtsgeschäft, das zur Unterscheidung von sonstigen Rechtsgeschäften auch als "körperschaftlicher Sozialakt" bezeichnet wird( BGH Urteil vom 31.5.2011 - II ZR 109/10 - BGHZ 190, 45, 48, juris RdNr 15, mwN; vgl auch Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl 2019, § 38 RdNr 21, § 47 RdNr 101). Bei solchen, die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft betreffenden Beschlüssen ist dem Gesellschafter die Mitwirkung nicht schon zu versagen, wenn die beschlossene Maßnahme zugleich auf seinen persönlichen Rechtskreis einwirkt. Den Mitverwaltungsrechten der Gesellschafter gebührt bei mitgliedschaftlichen Rechtsgeschäften grundsätzlich Vorrang. Einer Kollision der vermögensrelevanten Interessen eines einzelnen Gesellschafters mit denen der Gesamtheit der Gesellschafter kann im Falle eines Stimmrechtsmissbrauchs durch eine Beschlussanfechtung begegnet werden. Zudem findet der Vorrang des Partizipationsinteresses dann seine Grenze, wenn sich ein Gesellschafter im Zusammenhang mit der Billigung oder Missbilligung seines Verhaltens gerade als "Richter in eigener Sache" an dem Gesellschafterbeschluss beteiligen würde. Deshalb unterliegt ein Gesellschafter-Geschäftsführer (lediglich) bei der Abstimmung über einen Beschluss betreffend seine Abberufung aus wichtigem Grund einem Stimmverbot (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl 2019, § 47 RdNr 104; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl 2020, § 47 RdNr 45, 50; Drescher in MüKo GmbHG, 3. Aufl 2019, § 47 RdNr 162, 165; Schmidt in Scholz, GmbHG, 12. Aufl 2018, § 47 RdNr 118). Wegen der engen tatsächlichen Verknüpfung von Organstellung und Anstellungsvertrag gilt dies gleichermaßen für die Kündigung des Geschäftsführervertrags (BGH Urteil vom 31.5.2011 - II ZR 109/10 - BGHZ 190, 45, 48, juris RdNr 15, mwN; Drescher in MüKo GmbHG, 3. Aufl 2019, § 47 RdNr 165 f).
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Auch ein solcher Stimmrechtsausschluss aus wichtigem Grund steht einer die abhängige Beschäftigung ausschließenden umfassenden ("echten" oder "qualifizierten") Sperrminorität nicht entgegen. Denn wenn gegen einen Gesellschafter gesellschaftsrechtlich bedeutsame Maßnahmen ergriffen werden sollen, ist der Betroffene selbst zur Vermeidung eines "Richtens in eigener Sache" grundsätzlich vom Stimmrecht ausgeschlossen (BGH Urteil vom 21.4.1969 - II ZR 200/67 - juris RdNr 25; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl 2020, § 47 RdNr 45). Dies betrifft auch Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer (vgl Altmeppen, NJW 2016, 2833 ff, auch zu den Rechtsfolgen), denen jedenfalls die für ihre Selbstständigkeit hinreichende Weisungsfreiheit dennoch erhalten bleibt. Eine hiervon abweichende Bewertung ist auch bezüglich einer (ansonsten) umfassenden Sperrminorität nicht gerechtfertigt.
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4. Die Geschäftsführertätigkeit des Beigeladenen unterlag auch darüber hinaus keinen, eine abhängige Beschäftigung begründenden Beschränkungen.
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Zwar hatten die drei Geschäftsführer die Geschäftsführung in verschiedene Ressorts aufgeteilt und bei einer wirksamen Ressortaufteilung ist die Verantwortlichkeit des einzelnen Geschäftsführers auf eine entsprechende Überwachung der anderen Geschäftsführer reduziert. Die unentziehbare und unverzichtbare Verantwortung jedes einzelnen Geschäftsführers für die Führung der Geschäfte im Ganzen bleibt gleichwohl unberührt (Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl 2020, § 37 RdNr 29).
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Auch die in Nr 5.3 GV-GmbH geregelte ausdrückliche vorhergehende Einwilligung der Gesellschafterversammlung für über den gewöhnlichen Betrieb der Klägerin hinausgehende Geschäfte der Geschäftsführer schließen die Selbstständigkeit des Beigeladenen nicht aus. Trotz dieser gesellschaftsvertraglichen Beschränkungen unter Aufzählung beispielhaft aufgeführter Geschäfte verblieb dem Beigeladenen ein weisungsfreier und nicht zustimmungspflichtiger Aufgabenbereich.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1, § 162 Abs 3 VwGO.
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6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.
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