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BSG 14.06.2018 - B 9 SB 92/17 B
BSG 14.06.2018 - B 9 SB 92/17 B - Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler - rechtliches Gehör - Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung - vorherige Anhörung - Stellungnahme eines Beteiligten - keine weitere Rückmeldung des Gerichts erforderlich
Normen
§ 160a SGG, § 153 Abs 4 S 2 SGG, § 153 Abs 4 S 1 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, § 547 Nr 1 ZPO
Vorinstanz
vorgehend SG Koblenz, 4. April 2012, Az: S 9 SB 20/08, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, 17. Mai 2017, Az: L 4 SB 100/15, Beschluss
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Mai 2017 wird zurückgewiesen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 40 sowie die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "RF" rückwirkend ab 1989.
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Das LSG hat mit Beschluss vom 17.5.2017 die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 4.4.2012 zurückgewiesen. Sofern die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren einen höheren GdB auch für die Zeit von Januar 2007 bis einschließlich Januar 2003 und hilfsweise für die Zeit vor Januar 2007 bis einschließlich Februar 1989 begehre, sei die Klage unzulässig, da es insoweit an einer gerichtlich überprüfbaren Verwaltungsentscheidung fehle. Der Beklagte habe im angefochtenen Bescheid vom 18.6.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2007 gestützt auf § 48 SGB X für die Zeit ab Antragstellung am 26.2.2007 den GdB neu festgestellt, eine Entscheidung für die Zeit vor Februar 2007 sei nicht getroffen worden. Eine solche Entscheidung sei von dem Beklagten nachzuholen. Ein besonderes Interesse für eine rückwirkende GdB-Feststellung durch die Klägerin sei nicht glaubhaft gemacht. Auch das Begehren der Klägerin für die Zeit ab Januar 2007 einen GdB von nicht unter 40 festzustellen, sei mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig, denn der Beklagte habe mit bestandskräftigem Ausführungsbescheid vom 9.5.2012 für die Zeit von Februar 2007 bis Februar 2009 den GdB auf 40 festgesetzt. Soweit die Klägerin für die Zeit ab März 2009 einen höheren GdB als 50 und die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "RF" begehre, sei die Berufung unbegründet, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Der Senat nehme insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die eingehenden und zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung des SG nach § 153 Abs 2 SGG Bezug. Auch im Berufungsverfahren habe die Klägerin keinerlei medizinische Befunde vorgelegt, die Veranlassung für eine abweichende Bewertung gäben. Für weitere Ermittlungen von Amts wegen bestehe keine Veranlassung.
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Der Senat hat der Klägerin antragsgemäß mit am 5.12.2017 zugestelltem Beschluss vom 22.11.2017 Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwalt K. aus K. beigeordnet (B 9 SB 3/17 BH). Dieser hat mit Schreiben vom 27.12.2017 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese nach Akteneinsicht und Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 5.3.2018 am 2.3.2018 begründet. Danach rügt die Klägerin die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs nach § 62 SGG iVm Art 103 Abs 1 GG. Das LSG habe die Berufung mit Beschluss vom 17.5.2017 nach § 153 Abs 4 S 1 SGG ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen, ohne die Beteiligten iS von Satz 2 der Vorschrift zuvor hierüber anzuhören. Im Terminprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.4.2017 habe das LSG die Klägerin lediglich darauf hingewiesen, dass der Sachverhalt ausermittelt sei und der Rechtsstreit nach dem bisherigen Sach- und Rechtsstand keine Aussicht auf Erfolg habe. Des Weiteren werde der Senat beraten, ob eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG ergehe. Hierüber sollten die Beteiligten unverzüglich eine Mitteilung erhalten. Dem habe die Klägerin mit Schriftsätzen vom 13. und 15.5.2017 widersprochen und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt. Eine Mitteilung darüber, dass der Senat beabsichtige, gemäß § 153 Abs 4 SGG zu entscheiden, sei ausweislich der Gerichtsakte nicht erfolgt. Erst nach der Gewährung rechtlichen Gehörs hätte ggf die Entscheidung gemäß § 153 Abs 4 SGG ergehen dürfen, sodass das LSG erneut Termin zur mündlichen Verhandlung unter Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten hätte bestimmen müssen.
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II. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig. Der von der Klägerin ausschließlich gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung des § 153 Abs 4 SGG durch das LSG ist iS des § 160a Abs 2 S 3 SGG hinreichend bezeichnet. Sie legt die Tatsachen dergestalt dar, dass sich danach der Verfahrensmangel einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ergibt. Die Beschwerdebegründung enthält hinreichende Ausführungen dazu, dass das LSG die Klägerin vor der Beschlussfassung am 17.5.2017 über die Berufung nicht in der gesetzlich gebotenen Weise angehört hat. Insoweit bedarf es keinen Darlegungen dazu, ob die Entscheidung des LSG auf diesem Verfahrensfehler beruhen kann, da die Verletzung von § 153 Abs 4 SGG zu einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts ohne ehrenamtliche Richter führt und es sich um einen absoluten Revisionsgrund gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO handelt (vgl BSG Beschluss vom 14.11.2013 - B 9 SB 9/13 B - Juris RdNr 7 mwN).
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2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Der gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Das LSG hat unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles ausweislich der Gerichtsakte von der sich aus § 153 Abs 4 SGG ergebenden Befugnis, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, in verfahrensrechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.
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Nach § 153 Abs 4 S 1 SGG kann das LSG, außer in den Fällen, in denen das SG durch Gerichtsbescheid (§ 105 Abs 2 S 1 SGG) entschieden hat, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nach § 153 Abs 4 S 2 SGG sind die Beteiligten vorher zu hören. Ändert sich nach einer solchen Anhörung die Prozesslage wesentlich, etwa durch eine entsprechende Äußerung des betroffenen Beteiligten, so hat eine erneute Anhörung zu erfolgen (BSG Beschluss vom 14.11.2013 - B 9 SB 9/13 B - Juris RdNr 4 mwN). Diese Grundsätze hat das LSG hier hinreichend beachtet.
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Ausweislich der Gerichtsakte des LSG (dort Seite 751), die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Einsicht vorgelegen hat, hat das LSG nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 26.4.2017 mit Schreiben vom 27.4.2017 die Beteiligten darüber in Kenntnis gesetzt, dass der "Senat beabsichtigt eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gemäß § 153 Abs. 4 S. 1 Sozialgerichtsgesetz" zu treffen und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.5.2017 gegeben. Dieses Schreiben ist der Klägerin laut Postzustellungsurkunde am 3.5.2017 zugestellt worden, sodass entgegen der Darstellung in der Beschwerdebegründung eine ordnungsgemäße Anhörung iS von § 153 Abs 4 S 2 SGG vorgelegen hat. Darüber hinaus ist von der Beschwerde weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass durch die Schreiben der Klägerin vom 13. und 15.5.2017 eine neue prozessuale Lage eingetreten wäre, die eine erneute Anhörung erforderlich machen würde. Das Berufungsgericht ist nicht in jedem Fall zu einer weiteren Anhörungsmitteilung verpflichtet, wenn ein Beteiligter von der Gelegenheit zur Äußerung Gebrauch macht (vgl BSG Beschluss vom 10.10.2017 - B 12 KR 37/17 B - Juris RdNr 9). Vorliegend hat sich durch die Mitteilungen der Klägerin in den Schreiben vom 13. und 15.5.2017 die Prozesssituation nicht entscheidungserheblich verändert. Dies wird von ihr auch nicht behauptet.
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Die nach § 153 Abs 4 S 2 SGG durchgeführte Anhörung, verbunden mit dem Hinweis, dass der Senat beabsichtige durch Beschluss zu entscheiden, war folglich weder zu wiederholen noch zu ergänzen. Der weitere Vortrag der Klägerin nach dem ihr gegebenen Hinweis ist kein Grund, dieser etwa mitzuteilen, dass dieser Vortrag das Gericht nicht veranlasst habe, die Absicht aufzugeben, durch Beschluss zu entscheiden. Das Gericht musste den Vortrag zur Kenntnis nehmen, woran kein Zweifel besteht; es musste aber vor dem angekündigten Beschluss nicht mitteilen, wie es den Vortrag gewürdigt hat.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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