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BSG 19.10.2017 - B 14 AS 108/17 B
BSG 19.10.2017 - B 14 AS 108/17 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - Klärungsbedürftigkeit - Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung
Normen
§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Altenburg, 26. August 2013, Az: S 20 AS 2535/10, Urteil
vorgehend Thüringer Landessozialgericht, 26. Oktober 2016, Az: L 7 AS 1632/13, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 26. Oktober 2016 wird als unzulässig verworfen.
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Der Beklagte hat den Klägern die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
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Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist als unzulässig zu verwerfen, weil die zu ihrer Begründung angeführten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sowie eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der gebotenen Weise schlüssig dargelegt oder bezeichnet sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG entscheiden.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60), sowie die Darlegung, dass zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 65 f). Weiterhin ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16).
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Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Beklagte hat folgende Rechtsfragen formuliert:
"1.
Wann ist eine konkrete Verfügbarkeit von angemessenem Wohnraum im Vergleichsraum gegeben? Ist es ausreichend, wenn nur wenige angemessene Wohnungen oder gar nur eine Wohnung verfügbar ist?
2.
Ist die Frage des verfügbaren Wohnraumes dogmatisch bereits im Rahmen der abstrakten Angemessenheit oder erst im Rahmen der konkreten Angemessenheit der Kosten der Unterkunft zu prüfen, wenn Angebotsmieten erhoben wurden und bei der Bestimmung der Referenzmiete eingeflossen sind?
3.
Können erhobene Neuvertragsmieten in Bezug auf die Verfügbarkeit von angemessenen Wohnraum die Angebotsmieten ergänzen?"
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Die erste Frage stellt bereits keine abstrakte Rechtsfrage im eigentlichen Sinne dar, denn sie zielt darauf ab, der Senat möge aufgrund von beispielhaft gegriffenen Alternativen zu einem Einzelpunkt innerhalb des von dem Beklagten verwendeten Konzepts zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung eine konkrete Antwort zur Subsumtion im Hinblick auf die vorliegende Fallgestaltung geben. Auf eine solche Frage kann eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht gestützt werden.
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Auch bei der zweiten Frage handelt es sich nicht um eine abstrakte Rechtsfrage, sondern der Beklagte begehrt eine Klärung in einem dogmatischen Streit hinsichtlich der Prüfungsreihenfolge in Bezug auf die Merkmale der abstrakten und der konkreten Angemessenheit von Bedarfen für Unterkunft. Zudem legt der Beklagte nicht dar, warum sich aus den von ihm zitierten Urteilen des BSG vom 18.11.2014 (B 4 AS 9/14 R) und vom 16.6.2015 (B 4 AS 44/14 R) keine Maßstäbe zur Beantwortung seiner Frage herleiten lassen. Für eine Auseinandersetzung mit bereits bestehender Rechtsprechung des BSG reicht es nicht aus darauf hinzuweisen, dass die Frage in Literatur und Praxis umstritten sei, sodann die eigene Rechtsauffassung darzustellen und den Schluss zu ziehen, die Frage sei durch die genannten Entscheidungen nicht beantwortet. Es fehlt letztlich die Darlegung, welche darüber hinausgehenden weiteren Rechtssätze zur Klärung im Allgemeininteresse zusätzlich herausgearbeitet werden müssten.
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Dieser Mangel beruht darauf, dass - wie die Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerdebegründung zeigt - es vorliegend nur vordergründig um eine allgemeine Rechtsfrage geht und tatsächlich die auftretenden Probleme darin begründet sind, dass für eine aus fünf Mitgliedern bestehende Bedarfsgemeinschaft und für eine maßgebliche Wohnungsgröße von 105 qm die im Konzept des Beklagten niedergelegten allgemeinen Grundsätze nicht passen. Letztlich geht es also um einen Einzelfall, bezogen auf den hier maßgeblichen Vergleichsraum, weshalb die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf diese aufgeworfene Frage gestützt werden kann.
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Auch die dritte Frage bezieht sich ausweislich der Begründung auf den vorliegenden Einzelfall, denn es wird insoweit konkret mit Seiten- bzw Blattzahl auf die vorliegenden Verfahrensakten verwiesen und mit konkreten Quadratmeterpreisen ausdrücklich auf den vorliegenden speziellen Fall Bezug genommen. Die Auffassung des Beklagten, seine Frage sei von überregionaler grundsätzlicher Bedeutung, ist jedenfalls aus der vorgelegten Begründung nicht nachvollziehbar.
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Auch ein Verfahrensmangel, auf dem iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Soweit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) gerügt wird, weil das Urteil des LSG "wohl" auf einem unvollständigen Aktenbestand beruhe, lässt dies schon eine schlüssige Darlegung von Tatsachen vermissen, die zu einem Gehörsverstoß führen könnten. Die Annahme, es sei "zwingend" davon auszugehen, dass Umstände in das Urteil eingeflossen seien, die nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien, wird nicht durch Tatsachen oder die Kennzeichnung bestimmter Urteilspassagen belegt. Da eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im sozialgerichtlichen Verfahren kein absoluter Revisionsgrund ist (vgl § 202 Satz 1 SGG, § 547 ZPO; siehe auch § 138 Nr 3 VwGO), müssen auch die sonstigen Voraussetzungen wie das "Beruhen-Können" und die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung dargelegt werden (siehe BSG SozR 1500 § 160 Nr 31; BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). Im Übrigen bedarf es des Vorbringens, dass und warum das LSG ohne den gerügten Verfahrensmangel zu einer für den Beklagten günstigeren Entscheidung hätte gelangen können (vgl BSG vom 5.4.2017 - B 14 AS 376/16 B - juris, RdNr 3; Leitherer in Meyer-Ladewig ua, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 23, § 160a RdNr 16c).
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
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