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BSG 25.01.2017 - B 6 KA 7/16 R
BSG 25.01.2017 - B 6 KA 7/16 R - Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung - Prüfzuständigkeit der Prüfgremien für die Überprüfung der Verordnung von Impfstoffen
Normen
§ 20d Abs 1 S 1 SGB 5, § 20d Abs 1 S 3 SGB 5, § 73 Abs 2 S 1 Nr 4 SGB 5, § 73 Abs 3 SGB 5, § 82 Abs 1 SGB 5, § 92 SGB 5, § 106 Abs 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 106 Abs 2 S 4 SGB 5 vom 26.03.2007, § 132e Abs 1 SGB 5, § 48 BMV-Ä, § 2 Abs 1 AMG 1976, § 4 Abs 4 AMG 1976
Vorinstanz
vorgehend SG München, 1. September 2014, Az: S 39 KA 1160/13, Gerichtsbescheid
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 16. Dezember 2015, Az: L 12 KA 160/14, Urteil
Leitsatz
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Die Prüfgremien sind für die Überprüfung der Zulässigkeit einer vertragsärztlichen Verordnung von Impfstoffen als Arzneimittel zuständig.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Dezember 2015 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 1. September 2014 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über einen Regress wegen unzulässig verordneter Impfstoffe durch den Beigeladenen zu 2. für das Quartal III/2010.
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Der Beigeladene zu 2. nimmt als Facharzt für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die zu 1. beigeladene Krankenkasse (KK) stellte mit Schreiben vom 29.6.2011 zunächst einen Antrag auf Prüfung seiner Verordnungsweise und Feststellung eines sonstigen Schadens für die Quartale III/2010 und IV/2010 in Höhe von insgesamt 329,76 Euro. Der Beigeladene zu 2. habe die Impfstoffe NeisVac-C (Impfstoff mit der Indikation der aktiven Immunisierung von Kindern ab dem vollendeten 2. Lebensmonat, Jugendlichen und Erwachsenen zur Prävention invasiver Erkrankungen, die durch Neisseria meningitidis der Serogruppe C verursacht werden), Engerix-B Kinder und Engerix-B Erwachsene (Impfstoff zur aktiven Immunisierung gegen Hepatitis B) als Arzneimittel und nicht, wie dies in Bayern vorgesehen sei, als Sprechstundenbedarf verordnet. Ihren Antrag bezüglich der Verordnung von Engerix-B Erwachsene nahm die Beigeladene zu 1. im August 2011 zurück.
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Die Prüfungsstelle Ärzte Bayern setzte mit Bescheid vom 3.12.2012 dem Antrag der Beigeladenen zu 1. entsprechend einen Regress in Höhe von 214,36 Euro fest. Den Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Feststellung eines sonstigen Schadens deutete sie in einen Antrag auf Feststellung eines Regresses wegen unzulässig verordneter Arzneimittel um. In der PC-Vereinbarung (PC = pro communitate; im Folgenden: Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung - <SSB-Vereinbarung>) sei eindeutig festgelegt, dass der Meningokokken-C-Impfstoff und der Hepatitis-B-Kinderimpfstoff über Sprechstundenbedarf zu beziehen seien. Dies gelte auch für Einzeldosen.
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Der Beklagte wies mit Bescheid vom 2.12.2013 den Widerspruch des Klägers zurück. Die Prüfungskompetenz der Prüfgremien ergebe sich aus § 132e Abs 1 Satz 1 SGB V iVm § 20d Abs 1 und 2 SGB V iVm § 5 Abs 1 und 2 des Rahmenvertrages über Schutzimpfungen und Prophylaxe iVm § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V iVm § 18 Prüfungsvereinbarung (PV). Die Impfstoffe NeisVac-C Injektionssuspension und Engerix-B Kinder hätten über den Sprechstundenbedarf bezogen werden müssen. Einzelverordnungen und Verordnungen über den Sprechstundenbedarf könnten nicht beliebig ausgetauscht werden. Die Kosten des Sprechstundenbedarfs, den alle Vertragsärzte im Bezirk einer KÄV zu Lasten einer einzigen, gesamtvertraglich bestimmten KK ohne Bezug zu den einzelnen Patienten (in Bayern: AOK Bayern) verordnen würden, trügen nach einem bestimmten Schlüssel alle KKn. Die patientenbezogenen Verordnungskosten fielen dagegen bei derjenigen KK an, bei der der jeweilige Patient versichert sei.
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Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 1.9.2014 den Bescheid des Beklagten aufgehoben. Für die von dem Beklagten durchgeführte Wirtschaftlichkeitsprüfung gebe es keine Rechtsgrundlage. Dabei könne dahinstehen, ob bezüglich der Verordnung von Impfstoffen von dem Beklagten bereits deshalb keine Wirtschaftlichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden dürfen, weil der Sicherstellungsauftrag für Schutzimpfungen bei den KKn angesiedelt sei und daher auch nicht die gemeinsame Prüfungszuständigkeit der Klägerin und der KKn gemäß § 106 SGB V gegeben sei. Jedenfalls ergebe sich eine Prüfkompetenz weder aus dem Rahmenvertrag über Schutzimpfungen und Prophylaxe noch aus der PV. Nach dem klaren Wortlaut von § 18 PV regele dieser zum einen die Geltendmachung von Regressansprüchen wegen unzulässig bezogenem Sprechstundenbedarf und zum anderen die Geltendmachung von Regressansprüchen wegen der Verordnung von Arzneimitteln, die von der Verordnung ausgeschlossen seien. Beide Alternativen seien hier nicht gegeben.
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Das LSG hat mit Urteil vom 16.12.2015 die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Den Prüfgremien komme keine Prüfungskompetenz für die Frage der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Impfstoffen zu. Die gemeinsame Prüfzuständigkeit der KÄV(en) und der KKn beziehe sich gemäß § 106 Abs 1 SGB V auf die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung. Dazu zählten aber die Durchführung von Schutzimpfungen und die Verordnung der Impfstoffe nicht. Zwar fielen unter den Begriff des Arzneimittels nach § 4 Abs 4 Arzneimittelgesetz (AMG) auch Impfstoffe. Die Vorschriften des SGB V enthielten für die Frage der Durchführung von Schutzimpfungen und der Verordnung von Impfstoffen aber eigenständige Regelungen. Das Leistungsrecht treffe im 3. Kapitel des SGB V gesonderte Regelungen für Schutzimpfungen einerseits (§ 20d SGB V) und Arzneimittel andererseits (§ 31 SGB V). Auch das Leistungserbringungsrecht enthalte gesonderte Vertragsabschlusskompetenzen/Vertragspartner für Impfungen gemäß § 132e SGB V einerseits und für Arzneimittel in § 84 SGB V andererseits. Nach § 132e SGB V hätten die KKn oder ihre Verbände mit den KÄVen, geeigneten Ärzten usw Verträge über die Durchführung von Schutzimpfungen nach § 20d Abs 1 und 2 (ab 1.8.2015 § 20i) SGB V zu schließen und dabei sicherzustellen, dass insbesondere die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte berechtigt seien, Schutzimpfungen zu Lasten der KKn vorzunehmen. Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages habe zur Einfügung des § 132e sowie des § 20d SGB V durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) ausgeführt, dass in § 132e SGB V der Sicherstellungsauftrag der KKn für die Versorgung mit Schutzimpfungen geregelt sei und Impfleistungen nach § 20d Abs 1 und 2 SGB V außerhalb des Bereichs der vertragsärztlichen Versorgung organisiert würden. Die Arzneimittelkosten und die Kosten für die ärztliche Behandlung unterfielen daher nicht dem Arzneimittelbudget und der vertragsärztlichen Gesamtvergütung. Auch im Zusammenhang mit der Ergänzung des § 132e SGB V durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) habe der Ausschuss ausgeführt, dass die KKn nach § 132e SGB V den Sicherstellungsauftrag für Impfungen hätten, was die Versorgung mit Impfstoffen einschließe.
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Eine Zuständigkeit der Prüfgremien gemäß § 106 SGB V sei danach nur dann gegeben, wenn ihnen eine solche Zuständigkeit durch gesonderte Regelungen zugewiesen sei. Das sei nicht der Fall. Aus § 48 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) ergebe sich auch bei weiter Auslegung keine Kompetenzzuweisung dergestalt, dass sämtliche Leistungen und Verordnungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung pauschal der Zuständigkeit der Prüfgremien übertragen würden. Unabhängig davon erforderten Ansprüche wegen sonstigen Schadens gemäß § 48 Abs 1 BMV-Ä die Feststellung eines Verschuldens, woran es hier fehle. Weitere Zuweisungsnormen an die Prüfungseinrichtungen ergäben sich auch nicht aus der Schutzimpfungs-Richtlinie, der SSB-Vereinbarung und dem Rahmenvertrag über Schutzimpfungen und Prophylaxe.
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Zur Begründung seiner Revision trägt der Beklagte vor, die vertragsärztliche Versorgung umfasse die Verordnung von Arzneimitteln und damit auch von Impfstoffen. Das SGB V enthalte insofern auch keine speziellen Regelungen. Sowohl Impfungen (§ 20d) als auch Arzneimittel (§ 31) fänden sich im Dritten Kapitel, "Leistungen der Krankenversicherung". Die Neuregelung des § 132e Abs 2 SGB V habe nichts mit der Kompetenz der Prüfgremien zu tun. Der Sicherstellungsauftrag der KKn in diesem Bereich fordere den Abschluss von Verträgen, wonach die Impfungen Teil der vertragsärztlichen Versorgung blieben. Die PV unterscheide nicht zwischen unzulässigen Verordnungen von Impfstoffen und anderen Arzneimitteln. In der Anlage 4 zur PV werde ausdrücklich auf Impfungen Bezug genommen. Auch die SSB-Vereinbarung weise ihm eine Prüfungskompetenz zu.
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 16.12.2015 und den Gerichtsbescheid des SG München vom 1.9.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Eine Zuweisung der Prüfungskompetenz für Impfstoffverordnungen durch Vertrag gebe es nicht. In der PV werde nur die Wirtschaftlichkeitsprüfung der vertragsärztlichen Versorgung geregelt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des beklagten Beschwerdeausschusses ist begründet. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht den angefochtenen Bescheid vom 2.12.2013 aufgehoben. Der Beklagte war für die Durchführung der Prüfung zuständig. Der Bescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
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1. Rechtsgrundlage für die vom Beklagten durchgeführte Prüfung ist § 106 SGB V. Nach § 106 Abs 1 SGB V (idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Modernisierungsgesetz - GMG> vom 14.11.2003, BGBl I 2190) überwachen die KKn und die KÄVen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Nach § 106 Abs 2 SGB V (hier zugrunde zu legen idF des GKV-WSG vom 26.3.2007 <BGBl I 378, 404>, die im Quartal III/2010 galt) wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der KKn mit den KÄVen gemäß § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren; diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen (s zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 - 14 mwN).
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a) Die vom Beklagten durchgeführte Prüfung betraf die vertragsärztliche Versorgung. Der Senat lässt offen, ob Impfleistungen nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehören (so Luthe in Hauck/Noftz, SGB V, Stand November 2016, K § 132e RdNr 5; Schneider in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 132e SGB V RdNr 4). Im Katalog der Leistungen, die die vertragsärztliche Versorgung umfasst, § 73 Abs 2 SGB V, sind sie jedenfalls nicht aufgeführt. Während aus dem 3. Abschnitt: "Leistungen zur Verhütung von Krankheiten, betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren, Förderung der Selbsthilfe sowie Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft" die ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft in § 73 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB V ausdrücklich genannt ist, werden die Impfleistungen nicht erwähnt. Auch die Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung durch Gesamtvertrag, wie § 73 Abs 3 SGB V dies für Maßnahmen der Vorsorge und Rehabilitation vorsieht, ist für Impfleistungen nicht eröffnet. Die Vorinstanzen haben auch zutreffend gesehen, dass der Sicherstellungsauftrag für die Versorgung mit Schutzimpfungen dementsprechend nicht die KÄVen, sondern die KKn trifft. Im Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des AMNOG ist ausdrücklich ausgeführt, dass die KKn den Sicherstellungsauftrag für Impfungen haben und dies die Versorgung mit Impfstoffen einschließt (BT-Drucks 17/3698 S 56). Nach dem durch das GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 378) eingefügten § 132e Abs 1 SGB V schließen die KKn oder ihre Verbände mit KÄVen, geeigneten Ärzten einschließlich Betriebsärzten, deren Gemeinschaften, Einrichtungen mit geeignetem ärztlichen Personal oder dem öffentlichen Gesundheitsdienst Verträge über die Durchführung von Schutzimpfungen nach § 20d Abs 1 und 2 SGB V. § 20d Abs 1 Satz 1 SGB V gibt Versicherten einen Anspruch auf Leistungen für Schutzimpfungen iS des § 2 Nr 9 des Infektionsschutzgesetzes. Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 SGB V (§ 20d Abs 1 Satz 3 SGB V). Danach haben die KKn ihren Sicherstellungsauftrag dadurch zu erfüllen, dass sie ua mit den KÄVen vertragliche Vereinbarungen über die Durchführung von Schutzimpfungen schließen.
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Es kann ebenso offenbleiben, ob, wie das LSG meint, dem von der Klägerin abgeschlossenen Rahmenvertrag über die Schutzimpfungen nicht zu entnehmen ist, wer die Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Impfleistungen durchführt (vgl Urteile des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 17.11.2009 - L 4 KA 24/08 - MedR 2012, 66: Prüfgremien bei unzulässiger Verordnung eines Arzneimittels als Impfstoff sowie vom 8.12.2015 - L 4 KA 44/13 - GesR 2016, 762: Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Menge der angeforderten Impfstoffe anhand der abgerechneten EBM-Ziffern). Nach § 5 Abs 2 Satz 5 des Rahmenvertrages sind die KKn im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung berechtigt, einen Abgleich der über Sprechstundenbedarf bezogenen Impfstoffe mit den abgerechneten Impfungen durchzuführen. Spricht dies zunächst für eine ausschließliche Zuständigkeit der KKn, werden allerdings die Impfleistungen der Vertragsärzte nach § 4 Abs 3 des Rahmenvertrages mit der KÄV abgerechnet, die ihrerseits mit der zuständigen KK abrechnet, wobei sie die Zahl der Leistungen und die dafür angefallenen Kosten ausweist, § 4 Abs 4 des Rahmenvertrages. Auch sind in der PV, Anlage 2 zu § 12 Abs 1 PV, Impfungen als eigene Leistungsgruppe für die Durchführung der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise genannt.
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Gegenstand der Prüfung der Prüfgremien war hier jedenfalls nicht die Wirtschaftlichkeit der Impfleistungen oder der Verordnung von Impfstoffen, sondern die Zulässigkeit einer vertragsärztlichen (Arzneimittel)Verordnung. Der Beklagte hat keine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Impfstoffen vorgenommen, sondern die Zulässigkeit von Arzneimittelverordnungen geprüft. Die Verordnung der Impfstoffe NeisVac-C und Engerix-B Kinder erfolgte im Wege der personenbezogenen Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung. Genau dies wurde von der KK beanstandet. Damit ist die Zuständigkeit der Prüfgremien begründet. Dass die beanstandeten Arzneimittelverordnungen bestimmte Impfstoffe betrafen, ist der Grund für ihre inhaltliche Unzulässigkeit, stellt aber die Zuständigkeit der Prüfgremien für die Überprüfung von Arzneimittelverordnungen auf ihre Zulässigkeit nicht in Frage.
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b) In der hier einschlägigen PV vom 1.7.2010 war in § 18 Abs 1 vorgesehen, dass ein Prüfungsverfahren durchzuführen ist, wenn eine KK Regressansprüche gegen einen Vertragsarzt wegen der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln geltend macht, die von der Verordnung ausgeschlossen sind (vgl zu dieser Konstellation allgemein BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 30 RdNr 10 f mwN). Ein solcher Fall liegt hier vor.
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Die zu 1. beigeladene KK hat bei der Prüfungsstelle geltend gemacht, der zu 2. beigeladene Vertragsarzt habe Impfstoffe zu Unrecht als Arzneimittel für namentlich benannte Patienten zu ihren Lasten verordnet. Die Prüfgremien haben dieses Begehren zu Recht dahin ausgelegt, dass eine Prüfung nach § 18 PV durchgeführt werden sollte. Die Beigeladene zu 1. hat sich ausdrücklich darauf gestützt, dass Impfstoffe über ein "Arzneimittelrezept" und nicht über Sprechstundenbedarf abgerechnet wurden. Damit hat sie geltend gemacht, der Vertragsarzt habe nicht verordnungsfähige Arzneimittel personenbezogen verordnet. Nicht verordnungsfähig sind Arzneimittel nicht nur dann, wenn für sie keine Leistungspflicht im System der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, sondern auch dann, wenn für den Versicherten zwar ein Anspruch besteht, der Vertragsarzt die Verordnung aber nicht versichertenbezogen und zu Lasten der für den Versicherten zuständigen KK vornehmen durfte (vgl zur hier vorliegenden Konstellation auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 25.9.2015 - L 24 KA 1/14 - Juris RdNr 15). So liegt der Fall hier.
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Dass die Beigeladene zu 1. meinte, einen "sonstigen Schaden" geltend zu machen, ist eine unzutreffende rechtliche Wertung, die keine Auswirkung auf den Bedeutungsgehalt des Antrags hat. Die Verordnung eines Arzneimittels, das nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung für einen einzelnen Versicherten, sondern nur als Sprechstundenbedarf verordnet werden darf, stellt keinen sonstigen Schaden iS des § 48 BMV-Ä dar, weil der der Verordnung anhaftende Fehler nicht die Art und Weise der konkreten Ausstellung, sondern die inhaltliche Ausrichtung der Verordnung betrifft (vgl zur Abgrenzung BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 17 ff). Es tritt auch nicht etwa ein dem Mangelfolgeschaden nach bürgerlichem Recht vergleichbarer Schaden ein, indem Folgekosten für die KK in anderen Bereichen ausgelöst werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 17 mwN). Der zu ersetzende Schaden besteht vielmehr darin, dass die KK an Apotheken Geld für Arzneimittel bezahlt hat, die dem Versicherten gegen Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung ausgehändigt wurden, und diese Kosten nicht angefallen wären, wenn der Vertragsarzt den normativen Vorgaben entsprochen hätte (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 23). Hätte der Beigeladene zu 2. hier den Impfstoff als Sprechstundenbedarf verordnet, wäre die beigeladene KK nicht in Anspruch genommen worden. Der Sprechstundenbedarf wäre vielmehr nach Ziffer II Nr 1 der SSB-Vereinbarung zu Lasten der für den Vertragsarzt-Sitz zuständigen AOK als "Umlagekasse" verordnet worden (vgl auch insofern LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 25.9.2015 - L 24 KA 1/14 - Juris RdNr 15). Sprechstundenbedarfsverordnungen und Einzelverordnungen sind wegen der zwischen ihnen bestehenden Unterschiede nicht austauschbar (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 51). Insofern besteht die Fehlerhaftigkeit der Verordnung nicht lediglich, wie die Klägerin meint, in der Verwendung eines falschen Formulars, sondern in der damit verbundenen Wahl der konkreten rechtlichen Form der Verordnung.
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c) Die Verordnung der Impfstoffe ist unzulässigerweise als personenbezogene Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung erfolgt. Zwar handelt es sich bei Impfstoffen um Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt und damit Arzneimittel iS des § 2 AMG sind. Das stellt auch die Klägerin nicht in Frage. § 4 Abs 4 AMG definiert Impfstoffe als Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 AMG, die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, bei Mensch oder Tier zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind. Nach dem in den streitbefangenen Quartalen geltenden Rahmenvertrag zwischen der Klägerin und den KKn über Schutzimpfungen und Prophylaxe (vom 26.6.2001, Nachtragsvereinbarungen vom 10.5.2004, 29.12.2006, 2.4.2008 und 12.1.2009) erfolgt der Bezug von Impfstoffen gesondert auf einem Arzneiverordnungsblatt zu Lasten der zuständigen KK auf Namen des Patienten, § 5 Abs 1. § 5 Abs 2 des Rahmenvertrages nennt aber Impfarten, bei denen abweichend hiervon der Bezug der Impfstoffe gesondert im Rahmen des Sprechstundenbedarfs zu erfolgen hat. In der Auflistung findet sich auch die Impfung gegen Hepatitis B bei Kindern. Durch den 2. Nachtrag zum Rahmenvertrag vom 29.12.2006 wurde die Auflistung ergänzt durch: "Meningokokken Serogruppe C". Dementsprechend bestimmt auch die SSB-Vereinbarung (vom 1.4.1999, Nachtrag vom 21.1.2008) unter III.5.1 sowie der Anlage III.1. Buchstabe g, dass Impfstoffe ua gegen Hepatitis B bei Kindern, ab 1.10.2006 auch Impfstoffe gegen Meningokokken als Sprechstundenbedarf zu verordnen sind. Die Verordnung dieser Impfstoffe im Wege der patientenbezogenen Einzelverordnung ist rechtlich nicht mit der durch den Rahmenvertrag vorgegebenen Sprechstundenbedarfsverordnung austauschbar (so RdNr 19).
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Die Verordnungen sind erst recht rechtswidrig, wenn man, wie die Klägerin und die Vorinstanzen, davon ausgeht, dass die Versorgung mit Impfleistungen nicht der vertragsärztlichen Versorgung zuzurechnen ist. Gerade dann ist es Aufgabe der Prüfgremien, in den Fällen einen Regress auszusprechen, in denen diese Leistungen als vertragsärztliche erbracht wurden.
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2. Ob der Beigeladenen zu 1. konkret ein Schaden entstanden ist, ist im Hinblick auf den im Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung geltenden normativen Schadensbegriff unerheblich (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 51 betr Verordnung von Sprechstundenbedarf). Soweit der Beigeladene zu 2. geltend gemacht hat, er müsse bei einem Bezug der Impfstoffe über Sprechstundenbedarf unter Umständen größere Mengen wegwerfen, ist dies bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil die SSB-Vereinbarung den Bezug kleinerer Mengen von Impfstoff nicht ausschließt (II.2.: "möglichst 30 Dosen zu verordnen").
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten von Beigeladenen ist nicht veranlasst; sie haben im Verfahren keine Anträge gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).
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