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BSG 29.06.2015 - B 13 R 117/15 B
BSG 29.06.2015 - B 13 R 117/15 B - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Gesamtwürdigung der Ergebnisse mehrerer Gutachten verschiedener medizinischer Fachrichtungen durch einen medizinischen Sachverständigen
Normen
§ 103 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 43 SGB 6
Vorinstanz
vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 30. Juni 2011, Az: S 11 R 4959/09, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 11. Februar 2015, Az: L 5 R 3710/11, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Februar 2015 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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Das LSG Baden-Württemberg hat im Urteil vom 11.2.2015 einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.
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Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten LSG-Urteil ausschließlich Verfahrensmängel geltend.
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Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 21.5.2015 genügt nicht der vorgeschriebenen Form, denn er hat einen Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).
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1. Hierzu müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und schlüssig dargetan und darüber hinaus muss dargestellt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4, Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 202 ff). Dabei ist zu beachten, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG).
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2. Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Dieser rügt eine Verletzung der gerichtlichen Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG), weil das LSG seine ausweislich des Sitzungsprotokolls in der mündlichen Verhandlung vom 11.2.2015 aufrechterhaltenen Beweisanträge auf Einholung eines arbeitsmedizinisch/sozialmedizinischen Gutachtens unter Gesamtwürdigung aller eingeholten Fachgutachten zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, regelmäßig einer Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts von mindestens 6 Stunden werktäglich nachzugehen, und auf Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger nicht in der Lage sei, aus psychischer Sicht eine Arbeitstätigkeit unter Berücksichtigung einer Einarbeitungsphase von 6 Monaten aufzunehmen, ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei.
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Der Kläger hat jedoch eine unzureichende Sachaufklärung durch das LSG nicht in der gebotenen Weise aufgezeigt. Eine solche Rüge muss folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigen Ergebnis hätte gelangen können (stRspr, vgl zB Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5; Senatsbeschluss vom 3.12.2012 - B 13 R 351/12 B - Juris RdNr 6 mwN).
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Der Senat kann offenlassen, in welchem Umfang die Beschwerdebegründung des Klägers die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt. Für einen schlüssigen Vortrag zum Vorliegen einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht fehlt es jedenfalls bereits an der erforderlichen Darlegung der Voraussetzungen von § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 412 Abs 1 ZPO. Hiernach erfordert eine neue Begutachtung, dass das (bzw die) bereits vorhandene(n) Gutachten "ungenügend" ist (sind); weshalb dies der Fall sein soll, ist in der Beschwerdebegründung im Einzelnen darzustellen (Senatsbeschluss vom 20.12.2012 - B 13 R 333/12 B - Juris RdNr 7 mwN).
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a) Hinsichtlich der beantragten Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens "über seine Eingliederungsfähigkeit … in eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes" legt der Kläger schon nicht schlüssig dar, dass sich das LSG - von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend - zu einer Beweiserhebung durch Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens hätte gedrängt fühlen müssen. Zwar trägt er vor, dass der als Sachverständige gehörte Arzt für Neurologie und Psychiatrie und Diplom-Psychologe Dr. S. in seinem Gutachten vom 31.12.2010 festgestellt habe, dass die Hustenattacken möglicherweise auch psychogen bedingt sein könnten und deshalb eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich sei. Er räumt aber zugleich ein, dass der Sachverständige eine Angststörung oder eine andere psychische Erkrankung nicht diagnostiziert habe. Auch behauptet der Kläger nicht, aus dem Gutachten des Dr. S. oder anderen aktenkundigen medizinischen Unterlagen ergäben sich substanzielle Hinweise auf eine eingeschränkte Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit des Klägers. Schließlich trägt er in der Beschwerdebegründung auch nicht vor, dass er sich zB im Zeitraum zwischen Gutachtenerstattung im Dezember 2010 und der mündlichen Verhandlung vor dem LSG im Februar 2015 in die von Dr. S. empfohlene psychotherapeutische Behandlung (und mit welchem Ergebnis) begeben habe.
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b) Soweit der Kläger geltend macht, das LSG hätte seinem Beweisantrag, einen Sachverständigen mit der "Gesamtwürdigung" zu beauftragen, nachkommen müssen, hat er ebenfalls einen entsprechenden Verfahrensmangel nicht hinreichend dargelegt. Eine Pflicht des Tatsachengerichts, bei der Einholung mehrerer Gutachten von Seiten verschiedener medizinischer Fachrichtungen einen (weiteren) Sachverständigen mit der Gesamtbeurteilung aller bereits vorliegenden Gutachtenergebnisse zu beauftragen, besteht dann, wenn sich die aus der Sicht der Fachgebiete jeweils festgestellten Defizite überschneiden und ggf potenzieren können (stRspr, zB Senatsbeschlüsse vom 5.2.2015 - B 13 R 372/14 B - Juris RdNr 13; vom 5.9.2013 - B 13 R 203/13 B - Juris RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 3 RdNr 22; BSG Beschluss vom 12.2.2009 - B 5 R 48/08 B - Juris RdNr 9). Dies hat der Kläger nicht im notwendigen Maße aufgezeigt.
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Er trägt zwar vor, dass vorliegend Sachverständigengutachten unterschiedlicher Fachgebiete (internistisch, orthopädisch, nervenärztlich und HNO-ärztlich) eingeholt worden seien. Aus seinem Beschwerdevortrag erschließt sich jedoch nicht hinreichend, dass hier ein derartiger Grenzfall vorliegt, in dem eine Gesamtbeurteilung der in den vier gehörten Fachdisziplinen festgestellten Leistungseinschränkungen durch einen (weiteren) Sachverständigen geboten sei. Denn zum einem ergibt sich aus der Beschwerdebegründung, dass sämtliche - auch die auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG - gehörten Sachverständigen festgestellt haben, dass der Kläger zumindest noch leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts für mindestens sechs Stunden täglich mit weiteren qualitativen Einschränkungen verrichten könne. Zum anderen legt der Kläger nicht in der gebotenen Weise dar, dass sich die vom LSG unter Berücksichtigung aller vorliegenden Fachgutachten festgestellten Gesundheits- und Funktionsstörungen gegenseitig nachhaltig so beeinflussen könnten, dass ihm eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht mehr zuzumuten sei. Allein die Auflistung der vom Berufungsgericht festgestellten Gesundheitsstörungen und die Darstellung des daraus abgeleiteten (quantitativen und qualitativen) Leistungsvermögens sowie die schlichte Behauptung, dass bei einer "integrativen Gesamtbetrachtung sämtlicher Leiden" ein (weiterer) Gutachter "wahrscheinlich" festgestellt hätte, dass sein Restleistungsvermögen nicht ausreiche, um werktäglich 6 Stunden leichte körperliche Arbeit zu verrichten, reicht hierfür nicht aus. Vielmehr hätte der Kläger substantiiert und im Einzelnen unter Auswertung der (Einzel-)Ergebnisse der vorliegenden Gutachten vortragen müssen, dass sich die von den gehörten Sachverständigen der verschiedenen Fachgebiete unabhängig voneinander festgestellten Erkrankungen und die daraus folgenden Funktionsstörungen im Sinne einer Auswirkung auf das quantitative Leistungsvermögen überschneiden oder ggf sogar potenzieren. Der Kläger behauptet auch nicht etwa, dass einer der gehörten Sachverständigen im Rahmen der Leistungsbeurteilung der bei ihm festgestellten Gesundheits- und Funktionsstörungen eine (mögliche) wechselseitige (ggf ergänzend zu begutachtende) Verstärkungswirkung im vorgenannten Sinne beschrieben habe. Soweit der Kläger mit der vom LSG vorgenommenen Auseinandersetzung mit den einzelnen Gutachtenergebnissen und dem daraus im Rahmen seiner Gesamtwürdigung festgestellten (quantitativen und qualitativen) Leistungsvermögen nicht einverstanden ist, wendet er sich gegen das Ergebnis der Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) des Berufungsgerichts. Hierauf kann aber - wie oben bereits erwähnt - nach der ausdrücklichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG eine Verfahrensrüge nicht gestützt werden.
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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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4. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
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