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BSG 26.10.2012 - B 6 KA 3/12 C
BSG 26.10.2012 - B 6 KA 3/12 C - Sozialgerichtliches Verfahren - Anhörungsrüge - Vertragsarzt - Nichtbeachtung der Existenz des Risikostrukturausgleichs bei Beurteilung über Geeignetheit des statistischen Fallkostenvergleichs - keine Verletzung des rechtlichen Gehörs
Normen
§ 178a Abs 1 S 1 Nr 1 SGG, § 178a Abs 2 S 1 SGG, § 178a Abs 2 S 5 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Dortmund, 25. Februar 2010, Az: S 52 (16,9) KA 60/07, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 13. Juli 2011, Az: L 11 KA 46/10, Urteil
Tenor
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Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 15.8.2012 - B 6 KA 100/11 B - wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt auch die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.
Gründe
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I. Der bis 2010 als praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger wendet sich gegen Regresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise von Arzneimitteln in den Quartalen I/1998 bis IV/2001 mit Ausnahme des Quartals II/2000. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13.7.2011 hat der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sowie Verfahrensmängel (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend gemacht. Der Senat hat die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch Beschluss vom 15.8.2012 - den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30.8.2012 zugestellt - zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 13.9.2012 erhobene Anhörungsrüge.
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II. Die Anhörungsrüge des Klägers, über die der Senat ohne mündliche Verhandlung und dementsprechend ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter entscheiden kann (§ 12 Abs 1 Satz 2 iVm § 124 Abs 3 SGG; s dazu BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 5 RdNr 16 f; BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 6 RdNr 7 f), hat keinen Erfolg; denn sie ist - ihre Zulässigkeit unterstellt - jedenfalls unbegründet.
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Für die Zulässigkeit einer Anhörungsrüge ist erforderlich, dass ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die angegriffene Entscheidung nicht gegeben ist (§ 178a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG), dass die Rüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis einer Verletzung des rechtlichen Gehörs erhoben (§ 178a Abs 2 Satz 1 SGG) und dass eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung dargelegt wird (§ 178a Abs 2 Satz 5 SGG). Die ersten beiden Voraussetzungen sind erfüllt. Anders verhält es sich mit der dritten Voraussetzung. Es ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger mit seinem Vorbringen die Möglichkeit einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) durch den Beschluss des Senats vom 15.8.2012 hinreichend dargetan hat. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Der Senat hat sich in dem angegriffenen Beschluss mit allen vom Kläger vorgetragenen entscheidungserheblichen Umständen auseinandergesetzt.
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Art 103 Abs 1 GG verpflichtet ebenso wie § 62 SGG die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Fehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben. Dieses Gebot verpflichtet die Gerichte allerdings nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl BVerfG <Kammer>, BVerfGK 14, 238, 241 f = WM 2008, 2084 f, unter Hinweis auf BVerfGE 64, 1, 12 und BVerfGE 87, 1, 33 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 4). Die Gerichte sind auch nicht verpflichtet, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden; es muss nur das Wesentliche der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienende Vorbringen in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (stRspr des BVerfG, s zB BVerfG <Kammer>, BVerfGK 13, 303, 304 f = juris RdNr 9 ff mwN; vgl auch zB BVerfGK 7, 485, 488). Die für die Zulässigkeit des außerordentlichen Rechtsbehelfs einer Anhörungsrüge erforderliche Darlegung des Vorliegens der Voraussetzungen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör muss diesen Gehalt des Gebots berücksichtigen; es bedarf mithin einer in sich schlüssigen Darstellung, dass trotz der genannten Grenzen des Prozessgrundrechts eine Verletzung des rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise vorliege.
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Soweit der Kläger rügt, der Senat sei nicht auf seinen Vortrag zur Geeignetheit des statistischen Fallkostenvergleichs unter dem Aspekt des Risikostrukturausgleichs eingegangen, fehlt es bereits an einer Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Senats zu den Verordnungskosten der Vergleichsgruppe für die Knappschaftsversicherten und zu den vom Kläger geltend gemachten Unterschieden in der Morbiditätsstruktur. Wenn der Kläger insofern meint, der Existenz des Risikostrukturausgleichs sei in diesem Zusammenhang keine Beachtung geschenkt worden, begründet dies keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil dieser den Senat nicht verpflichtet, nicht entscheidungsrelevanten Vortrag ausdrücklich zu behandeln. Die vom Kläger auf S 7 seiner Beschwerdebegründung formulierte Rechtsfrage zielte ganz explizit auf den Umstand, dass er nach eigenen Angaben in größerem Umfang Knappschaftsversicherte behandelt hat. Nur hiermit hat der Kläger die Entscheidungserheblichkeit der von ihm formulierten Frage zur Eignung des statistischen Fallkostenvergleichs begründet (S 7, 8 der Beschwerdebegründung). Mit diesem Aspekt hat sich der Senat in seinem Beschluss vom 15.8.2012 auseinandergesetzt. Ein Anlass, näher auf die Bedeutung des kassenartenübergreifenden Risikostrukturausgleichs (RSA) im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung einzugehen, hat nicht bestanden. Dass von diesem Ausgleichsinstrument Auswirkungen auf die schon immer kassenübergreifend angelegte vertragsärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgehen könnten, ist seit der Einführung des RSA zum 1.1.1994 (vgl dazu BSGE 90, 231, 235 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 16) in Rechtsprechung und Schrifttum nicht erwogen worden. Auch in der Beschwerdebegründung wird ein solcher Zusammenhang nicht generell hergestellt; auf S 8 und 9 werden lediglich die Einführung des RSA als Beleg für unterschiedliche Patientenstrukturen in den verschiedenen Krankenkassen und der späte Eintritt der Knappschaft in den Wettbewerb der Krankenkassen als Beleg für eine ungünstige Morbiditätsstruktur angeführt. Aus beiden Umständen schließt der Kläger auf die von ihm behauptete Inhomogenität der Vergleichsgruppe wegen der unterschiedlichen Quote von Knappschaftsversicherten. Damit hat der Senat sich befasst; nähere generelle Ausführungen zum RSA waren nicht veranlasst.
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Auch soweit der Kläger geltend macht, der Senat habe seine Ausführungen zur Patientenstruktur nicht zur Kenntnis genommen, ist eine Gehörsverletzung nicht erkennbar. Der Kläger verweist lediglich auf die aus seiner Sicht unzureichenden allgemeinen Ausführungen des Senats, legt aber nicht dar, warum trotz der folgenden - von ihm nicht in Bezug genommenen - fallbezogenen Begründung, in der auf die vom Kläger geltend gemachte besondere Patientenstruktur eingegangen worden ist, eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch ein Übergehen seines Vortrags vorliegen sollte.
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Auch den Vortrag des Klägers zur "Rentnergewichtung" hat der Senat nicht übergangen. Er hat nicht nur auf seine Rechtsprechung zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Behandlungsaufwands bei älteren und jüngeren Patienten hingewiesen, sondern ist auch auf die Ausführungen des Klägers zu einer weitergehenden Differenzierung eingegangen. Der Kläger hat nicht dargelegt, aus welchen Gründen ihm trotz der Äußerungen des Senats zu den Besonderheiten der Verordnungen für ältere Patienten in seiner Praxis nicht in ausreichendem Maße rechtliches Gehör gewährt worden sein soll. Wenn er im Übrigen vorträgt, dass es auf die Frage der konkreten Gestaltung seiner Praxis gar nicht angekommen sei, bestätigt er die Beurteilung des Senats, dass die von ihm aufgeworfene Frage zur Rentnergewichtung in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre.
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Die Ausführungen des Klägers zur Begründung einer Gehörsverletzung zielen letztlich ausschließlich darauf ab, die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung zu beanstanden. Er begründet erneut, warum aus seiner Sicht die Revision hätte zugelassen werden müssen, und wendet sich damit unter Hinweis auf angebliche Gehörsverstöße gegen die Rechtsanwendung durch den Senat. Das Recht auf rechtliches Gehör bietet aber keinen Anspruch darauf, dass Anträgen eines Beteiligten gefolgt wird (vgl BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 10 RdNr 13).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos eingelegten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Die Festsetzung eines gesonderten Streitwerts für das Anhörungsverfahren ist entbehrlich, da als Gerichtsgebühr ein fester Betrag anfällt, der nicht nach dem Streitwert bemessen wird (Nr 7400 des Kostenverzeichnisses - Anlage 1 - zum GKG).
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