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BSG 15.10.2012 - B 11 AL 64/12 B
BSG 15.10.2012 - B 11 AL 64/12 B - (Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung - Klärungsbedürftigkeit - Rechtswirkung der §§ 17ff KSchG - Verfassungsrecht - Massenentlassungsrichtlinie)
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 17 KSchG, §§ 17ff KSchG, Art 19 Abs 4 GG, Art 288 Abs 3 AEUV, EGRL 59/98
Vorinstanz
vorgehend SG München, 30. August 2011, Az: S 36 AL 1324/09, Gerichtsbescheid
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 11. Juni 2012, Az: L 9 AL 254/11, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juni 2012 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Die Beschwerde ist unzulässig. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargelegt.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Frage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfrage erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 6.7.2012 nicht.
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Die Klägerin wirft die Rechtsfrage auf,
"ob §§ 17 f. KSchG nicht nur im Interesse der Allgemeinheit oder im Fiskalinteresse der Bundesagentur für Arbeit erlassen oder ob (zumindest auch) diese Rechtsnormen zum Schutz der Individualinteressen Dritten zu dienen bestimmt sind".
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Der Senat lässt dahinstehen, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin damit eine Rechtsfrage mit Bedeutung über den Einzelfall hinaus formuliert hat. Jedenfalls hat die Klägerin die Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht hinreichend substanziiert. Sie behauptet lediglich, die Frage sei bislang "obergerichtlich ungeklärt". Sie legt indes nicht dar, dass die konkret aufgezeigte Frage nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, die sich mit der Rechtsqualität der §§ 17 f Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auseinandersetzt, geklärt ist. Hierzu hätte aber Veranlassung bestanden, weil das Bundessozialgericht (BSG) bereits in einem Urteil vom 14.8.1980 (7 RAr 68/79 - SozR 1500 § 54 Nr 44 zur fehlenden Klagebefugnis des Betriebsrats) unter Hinweis auf ältere Rechtsprechung (BSGE 9, 1, 5; BSGE 46, 99, 104 = SozR 7820 § 18 Nr 1; BAGE 25, 430 = AP Nr 1 zu § 17 KSchG 1969) ausgeführt hat, dass es in dem Verfahren nach §§ 17 ff KSchG nicht um Interessen der Arbeitnehmer gehe; sie würden davon nur mittelbar betroffen. Die §§ 17 ff KSchG verfolgten vielmehr einen arbeitsmarktpolitischen Zweck; die Bundesagentur (damals Bundesanstalt) für Arbeit solle die Möglichkeit erhalten, rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung oder Verzögerung umfangreicher Arbeitslosigkeit einzuleiten (BSG aaO S 27; vgl zuletzt auch BSG SozR 4-4300 § 175 Nr 1 RdNr 14, 15 - für die Zustimmung zur Kurzarbeit; ebenso Bundesarbeitsgericht <BAG>, Urteil vom 23.3.2006 - 2 AZR 343/05 - BAGE 117, 281 = NJW 2006, 3161). Mit dieser Rechtsprechung hätte sich die Klägerin zwecks Darlegung der weiterbestehenden oder erneuten Klärungsbedürftigkeit ihrer Frage auseinandersetzen müssen. Dies ist nicht geschehen.
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Auch die bloße Behauptung, der Ausschluss einer Anfechtungsmöglichkeit würde Verfassungsrecht (Art 19 Abs 4 Grundgesetz) und europarechtlichen Bestimmungen in Gestalt der Massenentlassungsrichtlinie widersprechen, genügt den Darlegungserfordernissen für die Zulassung einer Grundsatzrevision offensichtlich nicht. Letzteres gilt umso mehr, als nach Art 288 Abs 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Richtlinien sich an die Mitgliedsstaaten, nicht an den einzelnen Bürger wenden und nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs allenfalls einzelne Vorschriften einer Richtlinie unmittelbare Rechtswirkungen entfalten können (vgl hierzu ua BAG, Urteil vom 18.2.2003 - 1 ABR 2/02 - BAGE 105, 32 = NZA 2003, 742, 749).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
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