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BSG 18.01.2011 - B 4 AS 129/10 B
BSG 18.01.2011 - B 4 AS 129/10 B - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - keine Verletzung des rechtlichen Gehörs - Terminverlegungsantrag
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 202 SGG, § 227 Abs 1 ZPO, § 153 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Rostock, 12. Oktober 2007, Az: S 4 AS 52/06, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, 21. April 2010, Az: L 10 AS 85/07, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. April 2010 wird zurückgewiesen.
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Der Antrag des Klägers ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt K beizuordnen wird abgelehnt.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Im Streit steht die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Kläger im Zeitraum von Januar 2005 bis März 2006.
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Seit 2005 bezieht der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte legte der Berechnung die Regelleistung Ost für einen Alleinstehenden sowie Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe des Hausnebenkostenanteils für eine im Eigentum des Klägers stehende Wohnung, einem Abschlag für Erdgas und anteilige Darlehenszinsen bezogen auf seine Wohnung zu Grunde. Auf der Einnahmeseite berücksichtigte der Beklagte Mieteinnahmen aus der Vermietung der übrigen Wohnungen des Hauses, in dem auch die Wohnung des Klägers gelegen ist. Der Beklagte legte dabei die Nettokaltmieten zu Grunde, gemindert um den auf die Mietwohnungen entfallenden Schuldzinsenanteil und eine Versicherungspauschale von 30 Euro monatlich. Im Januar 2006 korrigierte der Beklagte diese Berechnung ab Februar 2006 mit der Begründung, die Mieteinnahmen seien nicht zutreffend berechnet worden. Insoweit sei der Bewilligungsbescheid vom 15.6.2005 von Anfang an rechtswidrig gewesen. Ua gegen diesen Änderungsbescheid sowie die seiner Ansicht nach unzutreffend berechnete Höhe der Leistungen für Unterkunft wendet sich der Kläger ebenso wie bereits zuvor gegen die Höhe der Regelleistung - Ost und die Nichtberücksichtigung einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Tochter.
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SG Rostock (Urteil vom 12.10.2007) und LSG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 21.4.2010) haben die Rechtsauffassung des Beklagten bestätigt. Das LSG hat ua ausgeführt, von den als Bruttoeinkommen zu Grunde zu legenden Mieteinnahmen seien Zinslasten und die Versicherungspauschale in Abzug zu bringen. Weitere Absetzungen seien nicht vorzunehmen gewesen. Insbesondere könne neben den Zinslasten nicht auch die Tilgungslast einkommensmindernd berücksichtigt werden. Sie mindere nicht die Mieteinnahmen, sondern stärke das Vermögen des Klägers. Auch Unterhaltszahlungen könnten nicht vom Einkommen abgesetzt werden, denn der Kläger sei seiner Verpflichtung insoweit seit 1998 nicht mehr nachgekommen. Der Beklagte habe zwar bei seiner Änderungsentscheidung nach § 45 SGB X kein Ermessen ausgeübt, die Entscheidung könne jedoch auch auf § 48 SGB X gestützt werden. Letztlich liege auf Grund der Tilgungsleistung ein monatliches Sinken der Zinslast vor, also insoweit eine wesentliche Änderung der Verhältnisse.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit der Beschwerde an das BSG. Er rügt ua Divergenz im Hinblick auf die "Tilgungsentscheidung" des 14. Senats und das Vorliegen eines Verfahrensfehlers in der Gestalt der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Er habe um Terminsverlegung für die mündliche Verhandlung gebeten und für den Fall der Ablehnung dessen zu verstehen gegeben, an der Verhandlung - gegen Fahrkostenerstattung - teilnehmen zu wollen. Das LSG habe den Termin trotz Kenntnis einer hinreichenden Entschuldigung jedoch nicht verschoben, sondern in seiner Abwesenheit verhandelt.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unbegründet. Weder ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art 103 GG, § 62 SGG iVm § 153 SGG), noch die gerügte Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) liegen vor.
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Die beanstandete Verhandlung durch das LSG trotz Verlegungs- bzw Vertagungsantrag bietet keinen Anhalt für eine Gehörsverletzung. Denn erhebliche Gründe für die beantragte Verlegung bzw Vertagung der mündlichen Verhandlung ( § 202 SGG iVm § 227 ZPO ) sind nicht ersichtlich. Wie das LSG in dem Schreiben vom 19.4.2010 dargelegt hat, bot die Teilnahmebescheinigung des Bildungsträgers vom 13.4.2010 keinen Hinweis darauf, dass der Kläger aus in der Teilnahme an der Maßnahme liegenden Gründen nicht zum geladenen Termin zur mündlichen Verhandlung erscheinen könne. Die Mitteilung der Unterrichtszeiten und das Ausstehen von zwei Prüfungen besagt nicht, dass ein Sitzungstermin nicht gleichwohl wahrgenommen werden kann. Dieses hat der Kläger in seinem Schreiben vom 7.4.2010 zwar behauptet, bestätigte sich nach dem Beleg jedoch nicht.
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Der Kläger konnte auch nicht darauf vertrauen, dass das LSG seinem erneuten Verlegungsantrag stattgeben würde. Zwar hat der Kläger das Schreiben des LSG vom 19.4.2010, mit dem dieses den Verlegungsantrag abgelehnt hat, nach seinem Vortrag erst am Sitzungstag erhalten. Unabhängig davon, ob das LSG davon ausgehen konnte, dass das Schreiben den Kläger noch rechtzeitig vor der Verhandlung erreichen werde, was grundsätzlich seiner prozessualen Fürsorgepflicht zur Wahrung des rechtlichen Gehörs entspricht (vgl hierzu BSG 16.12.1993 - 13 RJ 37/93 - für den Fall des nicht ausdrücklich gestellten Terminsverlegungsantrags), oblag es in der hier vorliegenden Fallkonstellation dem Kläger, sich kundig zu machen, ob seinem Antrag stattgegeben werde. Im Gegenzug zu den prozessualen Fürsorgepflichten des Gerichts ist es Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge, dass der Beschwerdeführer seinerseits alles ihm Obliegende getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl BSG vom 5.10.1998 - B 13 RJ 285/97 B; 1.3.2004 - B 9 V 58/03 B, unveröffentlicht; Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Aufl, § 62 RdNr 11c).
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Insoweit musste der Kläger hier berücksichtigen, dass es sich zum Einen bei dem Antrag vom 7.4.2010 bereits um seinen zweiten Verlegungsantrag innerhalb kurzer Zeit, mit im Wesentlichen identischer Begründung gehandelt hat. Zum Zweiten konnte er nach der Begründung des Befangenheitsbeschlusses nicht davon ausgehen, seinem erneuten Verlegungsantrag werde ohne Weiteres stattgegeben. Wesentlicher Gegenstand des Ablehnungsverfahrens war die Nichtanordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers sowie die Ablehnung des ersten Verlegungsgesuchs. Er hatte den Beschluss über den Befangenheitsantrag vom 15.4.2010 ausweislich der sich in der Akte befindlichen Zustellungsurkunde am 17.4.2010 erhalten. In dieser Situation oblag ihm - zur Wahrung seines rechtlichen Gehörs - sich vor dem Termin kundig zu machen, wie sein Antrag vom 7.4.2010 beschieden werde. Zudem ist er, wie es in seinem Schreiben vom 7.4.2010 zum Ausdruck kommt, wohl auch selbst davon ausgegangen, dass trotz des erneuten Verlegungsantrags die mündliche Verhandlung wie terminiert durchgeführt werden sollte. Denn in dem Schreiben stellt er die Vermutung an, dass das Gericht von seinem persönlichen Erscheinen deswegen Abstand genommen habe, weil es eine reibungslose Abfolge der geplanten Termine gewährleistet wissen wolle. Hieraus sowie auch aus den vorangegangenen Schreiben lässt sich entnehmen, dass es ihm, wie vom LSG angenommen, letztlich auf die Anordnung des persönlichen Erscheinens durch das Gericht ankam, um die Fahrtkosten erstattet zu bekommen. Eine wirkliche Verhinderung an der Teilnahme kommt hierin jedoch nicht zum Ausdruck.
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Auch der weitere vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) liegt nicht vor.
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Der Kläger behauptet zwar, das LSG habe den Rechtssatz aufgestellt, dass Aufwendungen der Schuldentilgung nicht als Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen seien, da diese der Vermögensbildung dienten. Diese Behauptung ist jedoch unzutreffend, denn das LSG behandelt die Tilgungslasten als nicht das Einkommen in Gestalt von Mieteinnahmen mindernden Posten. Es ordnet damit die Tilgungslasten nicht den Kosten der Unterkunft, sondern dem Einkommen zu.
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Ferner behauptet der Kläger, dass das LSG von dem abstrakten Rechtssatz ausgehe, Einkommen liege unabhängig davon vor, ob die Einnahme dem Leistungsempfänger zivilrechtlich und damit dauerhaft zustehe. Es sei allein auf das Zuflussprinzip abzustellen und darauf, ob der Betroffene zum Zeitpunkt des Zuflusses vollen und alleinigen Zugriff auf die Zuwendungen habe. Abgesehen davon, dass auch diese Behauptung unzutreffend ist, denn das LSG hat lediglich ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob die Einnahmen dem Kläger zivilrechtlich zuständen, es gelte das Zuflussprinzip, beruht die Entscheidung des LSG nicht hierauf. Zum Einen hat sich das LSG mit der Frage des dauerhaften Verbleibs der Einnahme beim Hilfebedürftigen und des alleinigen Zugriffs nicht abstrakt befasst. Lediglich im Rahmen der Beweiswürdigung stellt es fest, dass der Kläger über das Konto, auf das die Mieteinnahmen flössen, alleine verfügen könne. Entscheidend ist jedoch, dass es die Auffassung vertritt, wenn der Kläger einen Teil seiner Mieteinnahmen an die Ehefrau weiterleiten und eine Nutzungsentschädigung für seine eigene Wohnung zahlen würde, ihm dieser Teil der Mieteinnahmen nicht zuzurechnen wäre. Nach der vom Kläger nicht mit hinreichenden Rügen angegriffenen Beweiswürdigung des LSG ist das jedoch nicht der Fall.
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Schlussendlich bringt der Kläger vor, das LSG habe den Rechtssatz aufgestellt, dass nur solche Unterkunftsaufwendungen zu berücksichtigen seien, die an Dritte geleistet würden mit der Folge, dass der Leistende über den geleisteten Betrag nicht mehr verfügen könne. Diesem Rechtssatz, den das LSG auch nach dem Vortrag des Klägers nicht ausdrücklich formuliert hat, stellt er keinen Rechtssatz des BSG entgegen. Er führt zwar aus, dass es nach Auffassung des 14. Senats des BSG ausreiche, wenn der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt sei. Zu der Frage, ob es sich insoweit um die Mietzinsforderung eines Dritten handeln müsse, hat sich das BSG jedoch mit diesem Satz nicht verhalten. Gleichwohl kann der Kläger jedoch auch nicht im Sinne der Geltendmachung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) als der Rüge, die auch die Divergenzrüge umfasst, Erfolg haben.
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In der vom Kläger angeführten Entscheidung des erkennenden Senats vom 3.3.2009 (B 4 AS 37/08 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 15) hat dieser sich unmissverständlich wie vom Kläger vorgetragen geäußert. Hierzu hat das LSG jedoch - vom Kläger nicht wirksam angegriffen - festgestellt, dass er eben keiner wirksamen Mietzinsforderung ausgesetzt gewesen sei und auch nicht tatsächlich Miete gezahlt, sondern derartige Zahlungen nur von einem Konto des Klägers auf ein anders "verschoben" worden seien. Insoweit kommt es auf die Frage, ob es sich um eine Mietzinsforderung eines Dritten handeln müsse, hier nicht an.
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Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da die Beschwerde aus den zuvor dargelegten Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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