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BVerfG 03.08.2023 - 2 BvR 1838/22
BVerfG 03.08.2023 - 2 BvR 1838/22 - Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung der Rechtsschutzgarantie (Art 19 Abs 4 S 1 GG) durch Zulässigerklärung einer Auslieferung in die Türkei - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 19 Abs 4 S 1 GG, Art 25 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 12 IRG, § 32 IRG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 21. April 2023, Az: 2 BvR 1838/22, Einstweilige Anordnung
vorgehend BVerfG, 31. Oktober 2022, Az: 2 BvR 1838/22, Einstweilige Anordnung
vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 19. Oktober 2022, Az: 1 AR 112/22, Beschluss
vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 16. August 2022, Az: 1 AR 112/22, Beschluss
Tenor
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1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 16. August 2022 - 1 AR 112/22 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes, soweit dessen Auslieferung in die Republik Türkei für zulässig erklärt wurde; er wird in diesem Umfang aufgehoben.
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2. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 19. Oktober 2022 - 1 AR 112/22 - wird insoweit gegenstandslos.
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3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung an das Oberlandesgericht Naumburg zurückverwiesen.
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4. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
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5. Das Land Sachsen-Anhalt hat dem Beschwerdeführer zwei Drittel der notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren sowie die notwendigen Auslagen für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.
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6. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 15.000 (in Worten: fünfzehntausend) Euro und für das einstweilige Anordnungsverfahren auf 7.500 (in Worten: siebentausendfünfhundert) Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Auslieferung eines türkischen Staatsangehörigen zum Zwecke der Strafvollstreckung an die Republik Türkei.
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I.
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1. Die Republik Türkei ersuchte mit Antrag vom 14. Februar 2011 um Auslieferung des Beschwerdeführers zum Zwecke der Vollstreckung der mit Urteil des Schwurgerichts Isparta vom 12. Dezember 2006, rechtskräftig seit dem 5. Februar 2009, verhängten Freiheitsstrafe von 36 Jahren. Gegen ihn besteht ein nationaler Haftbefehl des Schwurgerichts Isparta vom 16. Februar 2011. Er soll am 21. Juni 1997 in Hacihalil (Regierungsbezirk Adiyaman, Türkei) gemeinschaftlich handelnd mit langrohrigen Waffen vom Typ Kalaschnikow sowie mit Jagdgewehren und Pistolen auf Mitglieder einer verfeindeten Familie geschossen und hierbei bewusst drei Geschädigte getötet und mindestens sechs weitere zum Teil schwer verletzt haben. Der Beschwerdeführer befand sich in dem Verfahren vom 26. Juni 1997 bis zum 31. Dezember 1997 in der Türkei in Untersuchungshaft und wurde nach sechs Monaten während der laufenden Hauptverhandlung entlassen. Die deutschen Behörden gingen davon aus, dass das dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegende Urteil in Abwesenheit des Angeklagten ergangen sei.
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Das Schwurgericht Isparta sicherte auf Nachfragen der deutschen Behörden mit Zusatzurteil vom 28. Juni 2011 zu, dass gegen den Beschwerdeführer wieder verhandelt werden könne, wenn er im Fall seiner Auslieferung gegen das Urteil - in der amtlichen Übersetzung ist von einem "Versäumnisurteil" die Rede -, das ihm dann zugestellt werde, innerhalb von sieben Tagen Einspruch einlege.
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2. Das Auslieferungsverfahren wurde bereits in den Jahren 2011 und 2012 betrieben. Aufgrund eines Auslieferungshaftbefehls des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. November 2011 befand sich der Beschwerdeführer vom 5. Dezember 2011 bis zum 29. Februar 2012 in Auslieferungshaft.
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a) Anlässlich seiner Anhörung durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Merseburg am 5. Dezember 2011 erklärte sich der Beschwerdeführer mit der Auslieferung nicht einverstanden und wandte ein, dass das Verfahren in der Türkei über mehrere Jahre verhandelt worden sei, er in dieser Zeit dreimal mit seinem eigenen Pass in die Türkei gereist und im Übrigen stets in Deutschland offiziell gemeldet gewesen sei.
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b) Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2012 wies der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers auf neue Erkenntnisse hin. Das Verfahren in der Türkei sei nach Auskunft seines türkischen Verteidigers aus Sicherheitsgründen vom Schwurgericht Adiyaman (nahe des ehemaligen Wohnorts des Beschwerdeführers) an das circa 1.000 Kilometer entfernte Schwurgericht Isparta verlegt worden. Dort habe der Beschwerdeführer nicht am Verfahren teilnehmen und sein Verteidiger ihn aus finanziellen Gründen nur an drei Verhandlungstagen vertreten können. Seit 1999 habe dieser keinerlei Kontakt mehr zu dem Beschwerdeführer gehabt. Dieses erste Verfahren vor dem Schwurgericht Isparta sei mit Urteil vom 4. November 2003 beendet und der Beschwerdeführer für schuldig befunden worden. Der Verteidiger habe aus seiner beruflichen Pflicht heraus gegen das Urteil Revision eingelegt. Das Kassationsgericht habe es aufgehoben und die Sache an das Schwurgericht Isparta zurückverwiesen. An dem gesamten zweiten Verfahren vor dem Schwurgericht Isparta, in dem der Beschwerdeführer mit Urteil vom 12. Dezember 2006 erneut für schuldig befunden wurde, hätten weder dieser selbst noch der Verteidiger teilgenommen. Aufgrund seines Bildungsstandes - der Beschwerdeführer ist Analphabet - habe er nach seiner Entlassung aus der Haft in Adiyaman die tatsächliche Verfahrenslage nicht richtig einschätzen können. Vielmehr habe er die Haftentlassung als ein Zeichen verstanden, dass ihm keine größere Sanktion mehr drohe. Er habe sich dem Verfahren nicht durch Flucht entzogen, sondern habe seinen Wohnort in der Türkei verlassen, um sich vor Verfolgung im Rahmen einer Blutfehde in Sicherheit zu bringen. Eine Auslieferung sei daher sowohl nach § 73 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) alte Fassung als auch nach § 83 Nr. 3 IRG alte Fassung unzulässig. Ferner liege ein Verstoß gegen § 10 IRG vor, da die Urteilsgründe den das Ersuchen stützenden strafrechtlich relevanten Sachverhalt nicht enthalten würden.
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c) Mit Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft vom 18. Januar 2012 wurde die Einholung einer zusätzlichen Zusicherung der türkischen Behörden angeregt mit dem Inhalt, dem Beschwerdeführer das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren einzuräumen. In der Verfügung finden sich auch Ausführungen zu lückenhaften Urteilsgründen und einer überlangen Verfahrensdauer.
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d) Mit Verbalnote vom 10. Februar 2012 verwiesen die türkischen Behörden auf das Zusatzurteil des Schwurgerichts Isparta vom 28. Juni 2011. Damit sei eine Zusicherung über eine erneute Verhandlung des Strafverfahrens gemäß Art. 3 des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen bereits abgegeben worden. Die Forderung nach einer zusätzlichen Zusicherung gleichen Inhalts sei daher "nicht verständlich". Nach türkischem Recht sei zudem die Bestellung eines Pflichtverteidigers vorgesehen. Die Generalstaatsanwaltschaft, die dies inhaltlich als nicht belastbare Zusicherung und damit als nicht ausreichend ansah, beantragte mit Schreiben vom 29. Februar 2012, "die Unzulässigkeit des Auslieferungsersuchens […] festzustellen".
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e) Das Oberlandesgericht hob mit Beschluss vom 29. Februar 2012 den Auslieferungshaftbefehl auf und hielt in einem Aktenvermerk vom 12. März 2012 fest, der Senat vertrete die Auffassung, dass wegen des Antrags der Generalstaatsanwaltschaft "kein Raum für eine Entscheidung des Senats über die Zulässigkeit einer Auslieferung des Beschwerdeführers besteht, nachdem von dort aus [gemeint ist die Generalstaatsanwaltschaft] die Zulässigkeit der Auslieferung verneint wird". Gleichwohl sehe der Senat nach Beratung Anlass, darauf hinzuweisen, dass er die Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft, eine Auslieferung des Beschwerdeführers sei unzulässig, teile. Insbesondere sei im bisherigen Verfahren gegen die Mindestrechte des Beschwerdeführers, sich wirksam zu verteidigen, verstoßen worden. Nach der Verlegung des Gerichtsortes sei es ihm infolge seiner beschränkten finanziellen Verhältnisse weder möglich gewesen, persönlich an wesentlichen Teilen der Hauptverhandlung teilzunehmen, noch sei ihm, nachdem er einen Wahlverteidiger nicht mehr habe finanzieren können, von Seiten der Justizbehörden ein Verteidiger gestellt worden. In dem Urteil des Schwurgerichts Isparta vom 12. Dezember 2006, durch das der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von 36 Jahren verurteilt worden sei, sei ein Rechtsanwalt als Vertreter des Beschwerdeführers aufgeführt worden. Dieser habe indes mitgeteilt, er habe nur teilweise an einem ersten Verfahren in den Jahren 1998/1999 teilgenommen. Das in jenem Verfahren ergangene Urteil sei nach den Informationen des Senats aufgehoben worden. An dem zweiten Verfahren, das mit einer Verurteilung endete, habe der Verteidiger überhaupt nicht teilgenommen. Damit könne das Abwesenheitsurteil des Schwurgerichts Isparta nicht Anlass für eine Auslieferung des Beschwerdeführers sein, weil in jenem Verfahren dem Anspruch auf wirksame Verteidigung (Art. 6 Abs. 3c EMRK) nicht Genüge getan worden sei. Eine Auslieferung sei auch nicht etwa deswegen zulässig, weil dem Beschwerdeführer durch das Zusatzurteil des Schwurgerichts Isparta vom 28. Juni 2011 für den Fall seiner Auslieferung die Möglichkeit zugesichert worden sei, er könne durch einen Einspruch gegen das Urteil vom 12. Dezember 2006 eine neue Verhandlung erreichen. Daraus sei nämlich nicht ersichtlich, dass in einem solchen Verfahren das Recht des Beschwerdeführers auf wirksame Verteidigung hinreichend Beachtung finden werde. Der allgemeine Hinweis auf die Gesetzeslage mit der Verbalnote vom 10. Februar 2012 reiche insoweit nicht aus, weil die Gesetzeslage auch im ersten Verfahren nicht verhindert habe, dass er keine Gelegenheit gehabt habe, sich wirksam zu verteidigen beziehungsweise verteidigen zu lassen.
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f) Darüber mit Verbalnote vom 26. September 2012 informiert, wies die Botschaft der Republik Türkei mit Verbalnote vom 21. November 2012 nochmals darauf hin, dass die als Bedingung für die Auslieferung geforderte Zusicherung im türkischen Recht enthalten sei und dass daher die Abgabe einer gesonderten Zusicherung für nicht erforderlich erachtet werde. Seitdem ruhte das Auslieferungsverfahren.
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3. Mit Verbalnote vom 25. Februar 2021 teilte das Justizministerium der Republik Türkei mit, dass das Auslieferungsersuchen aufrechterhalten werde, und bat um Informationen hinsichtlich der benötigten Unterlagen für die Fortsetzung des Auslieferungsverfahrens.
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4. Das Bundesamt für Justiz (BfJ) hatte bereits in einer E-Mail vom 1. März 2012 mitgeteilt, dass die von den türkischen Behörden abgegebene Zusicherung schon mehrfach abgegeben und von den zuständigen Oberlandesgerichten bisher als ausreichend angesehen worden sei. In diesen Fällen seien keine Probleme mit den Zusicherungen bekannt geworden. Nach der Fortsetzung des Verfahrens sah das Bundesamt auf Anfrage der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg unter Verweis auf eine am 6. Dezember 2021 weitergeleitete Stellungnahme des Auswärtigen Amtes keine formellen beziehungsweise außenpolitischen Aspekte, die für sich genommen einer Bewilligung der Auslieferung entgegenstünden. Es handele sich nicht um eine politische Straftat, sondern um eine Auslieferung zur Strafvollstreckung von gut 35 Jahren wegen Totschlags. Es bestünden keine Bedenken, die in Anbetracht des Abwesenheitsurteils in der Vergangenheit fehlenden Zusagen der türkischen Seite erneut zu erbitten. Ob dies den gewünschten Erfolg habe, bleibe abzuwarten.
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5. Mit Schreiben vom 12. Mai 2022 beantragte die Generalstaatsanwaltschaft, die Auslieferung zur Strafvollstreckung für zulässig zu erklären und Auslieferungshaft anzuordnen. Die türkischen Behörden hätten bereits mit dem Auslieferungsersuchen und dem Zusatzurteil des Schwurgerichts Isparta vom 28. Juni 2011 die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Wunsch des Beschwerdeführers zugesichert. Die Verbalnote vom 10. Februar 2012 beinhalte die Garantie der Einhaltung des Forderungskatalogs der deutschen Behörden. Die türkischen Behörden hätten mit Recht darauf hingewiesen, es sei selbstverständlich, dass das Gericht sich in dem Wiederaufnahmeverfahren an das in der Türkei geltende Prozessrecht einschließlich der Bestimmungen der Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte halten werde. Weitere Garantien seien nicht erforderlich und auch nicht denkbar, würde doch auch die deutsche Regierung eine Zusicherung des Inhalts, dass ein deutsches Gericht sich an Recht und Gesetz halte, nicht abgeben. Mit Blick auf die beiden Schreiben des Bundesamts für Justiz sei daher davon auszugehen, dass eine verbindliche, gerade auf den Beschwerdeführer bezogene Zusicherung der türkischen Behörden vorliege.
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Abgesehen davon handele es sich bei dem Urteil des Schwurgerichts Isparta vom 12. Dezember 2006 nicht um ein "Abwesenheitsurteil" im eigentlichen Sinne; auch dürften bei dem zugrundeliegenden Strafverfahren keine Menschenrechte und fundamentalen Prozessrechte missachtet worden sein. Denn sowohl der Beschwerdeführer selbst als auch sein Verteidiger hätten Gelegenheit gehabt, an der Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht Adiyaman und später vor dem Schwurgericht Isparta teilzunehmen. Dies genüge, wie die - nur hinsichtlich der Mitgliedstaaten der EU anwendbare - Regelung des § 83 Abs. 2 IRG zeige. In sogenannten Fluchtfällen sei die Zulässigkeit der Auslieferung zur Vollstreckung von Abwesenheitsurteilen anerkannt. Um einen derartigen "Fluchtfall" handele es sich hier.
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Weitere Auslieferungshindernisse seien nicht ersichtlich. Insbesondere werde im Auslieferungsverfahren weder die Beweiswürdigung des erkennenden ausländischen Gerichts überprüft noch das Urteil auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit untersucht. Angesichts der "Fluchtumstände" dürfte schon keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegen. Eine Zusicherung zu konventionskonformen Haftbedingungen sei zeitnah zu erwarten und nach allen Erkenntnissen belastbar.
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6. Das Justizministerium der Republik Türkei sicherte mit Verbalnote vom 8. Juli 2022 ausdrücklich zu, dass der Beschwerdeführer nach seiner Auslieferung für die Dauer seiner Inhaftierung in einer Strafvollzugsanstalt untergebracht werde, die den Anforderungen nach Art. 3 EMRK und den in den europäischen Strafvollzugsgrundsätzen des Ministerkomitees des Europarats festgelegten Mindeststandards entspreche, und er keiner Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK unterworfen werde. Ferner werde zugesichert, dass er im Falle seiner Auslieferung in der Strafvollzugsanstalt des geschlossenen Vollzugs Typ T in Yalvaç inhaftiert und der zuständigen deutschen Auslandsvertretung die Möglichkeit eingeräumt werde, ihn zu besuchen und sich vor Ort über die bestehenden Verhältnisse zu informieren.
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7. Mit angegriffenem Beschluss vom 16. August 2022, dem Beschwerdeführer nach seiner erneuten Festnahme am 20. September 2022 bekannt gemacht, ordnete das Oberlandesgericht die Auslieferungshaft an und erklärte die Auslieferung für zulässig.
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Die Auslieferungshaft gegen den Beschwerdeführer sei anzuordnen. Die Auslieferung an die Republik Türkei erscheine nicht von vornherein unzulässig. Es bestehe auch kein Auslieferungshindernis auf der Grundlage des § 73 IRG; ein solches folge insbesondere nicht aus der Tatsache, dass das Verfahren in Abwesenheit des Beschwerdeführers geführt worden sei (§ 83 Abs. 1 Nr. 3 IRG). Das Schwurgericht Isparta habe in dem Zusatzurteil vom 28. Juni 2011 zugesichert, dass der Beschwerdeführer für den Fall seiner Auslieferung das Recht erhalte, innerhalb von sieben Tagen nach förmlicher Zustellung des Urteils vom 12. Dezember 2006 Einspruch einzulegen, woraufhin eine erneute Verhandlung des Schwurgerichts in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines Verteidigers stattfinden würde. Im Übrigen habe er in Kenntnis des gegen ihn gerichteten Verfahrens nach Teilnahme an der ersten Gerichtsverhandlung nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft eine persönliche Ladung zur Verhandlung vor dem Schwurgericht Isparta durch Flucht verhindert. Darüber hinaus sei in einer Verbalnote der türkischen Behörden vom 10. Februar 2012 zugesichert worden, dass auf Antrag eine erneute Verhandlung des Schwurgerichts in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines Verteidigers stattfinden würde. Diese sehe der Senat nunmehr als ausreichend belastbar an. Auch die Länge der zu verbüßenden Freiheitsstrafe stehe einer Auslieferung nicht entgegen. Es bestehe der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 IRG). Der Beschwerdeführer habe sich nach Deutschland abgesetzt, um sich dem gegen ihn beim Schwurgericht Isparta laufenden Verfahren und der danach zu erwartenden Strafverbüßung zu entziehen. Es sei zu erwarten, dass er sich auch von seinem jetzigen Aufenthaltsort mit unbekanntem Ziel absetze, sobald er von dem erneuten Auslieferungsersuchen erfahre.
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Zudem sei eine Entscheidung des Senats über die Zulässigkeit der Auslieferung veranlasst, § 29 Abs. 1 IRG. Die Straftat sei auslieferungsfähig; die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat sei sowohl nach türkischem als auch nach deutschem Recht, jedenfalls als Totschlag, strafbar. Strafverfolgungsverjährung sei weder nach deutschem noch nach türkischem Recht eingetreten.
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Ein Auslieferungshindernis gemäß § 73 IRG sei auch nicht im Hinblick auf die den Beschwerdeführer erwartenden Haftbedingungen gegeben. Aufgrund des Berichts der Europäischen Kommission vom 29. Mai 2019 zur Lage in der Türkei und der Berichte des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Türkei vom 14. Juni 2019 und 24. August 2020 hätten sich Hinweise auf zum Teil problematische und möglicherweise mit Art. 3 EMRK nicht durchweg in Einklang stehende Haftbedingungen in der Türkei ergeben. So seien die türkischen Gefängnisse in den Jahren nach dem Putschversuch im Juli 2016 regelmäßig überfüllt gewesen. Die Haftbedingungen seien problematisch gewesen. Ausweislich des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 3. Juni 2021 habe sich die Situation in den türkischen Haftanstalten allerdings verbessert. Nach dem jüngsten Lagebericht würden in türkischen Haftanstalten die EMRK-Standards grundsätzlich eingehalten. Vorbehalte gebe es nur bei einigen Gefängnissen mit Überbelegung.
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Das Justizministerium der Republik Türkei habe in der Verbalnote vom 8. Juli 2022 zugesichert, dass der Beschwerdeführer nach seiner Auslieferung für die Dauer seiner Inhaftierung in einer Strafvollzugsanstalt untergebracht werde, die den Anforderungen nach Art. 3 EMRK und den in den europäischen Strafvollzugsgrundsätzen des Ministerkomitees des Europarates festgelegten Mindeststandards entspreche, und er keiner Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK unterworfen werde. Ferner sei zugesichert worden, dass er in der Strafvollzugsanstalt des geschlossenen Vollzugs Typ T in Yalvaç inhaftiert und der zuständigen deutschen Auslandsvertretung die Möglichkeit eingeräumt werde, ihn zu besuchen und sich vor Ort über die bestehenden Verhältnisse zu informieren.
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Auch die persönliche und familiäre Situation des Beschwerdeführers begründe kein Auslieferungshindernis gemäß § 73 IRG, Art. 6 GG, Art. 8 EMRK. Dass der Beschwerdeführer vier minderjährige Kinder habe, die bei ihm und seiner Frau lebten, genüge hierfür nicht; auch bei einer Strafvollstreckung in Deutschland käme es zu einer Trennung von seiner Familie. Der Senat habe dabei berücksichtigt, dass die Beeinträchtigungen des Familienlebens bei der Vollstreckung der langjährigen Freiheitsstrafe in der Türkei gegenüber der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe in Deutschland gesteigert seien. Dennoch überwiege das Strafverfolgungsinteresse des ersuchenden Staates gegenüber dem Anspruch des Beschwerdeführers auf Schutz seines Familienlebens.
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8. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2022 beantragte der Beschwerdeführer, ihm gemäß § 77 IRG in Verbindung mit § 33a Strafprozessordnung (StPO) rechtliches Gehör zu gewähren, gemäß § 33 IRG erneut über die Zulässigkeit der Auslieferung zu entscheiden und einen Aufschub der Auslieferung anzuordnen. Mit dem angegriffenen Beschluss übergehe das Gericht seine eigene Entscheidung vom 29. Februar 2012, ohne dass sich die der Entscheidung zugrundeliegenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse geändert hätten. Der Beschwerdeführer sei auch nicht vor den türkischen Behörden, sondern vor verfehdeten Familien in der Türkei geflohen. Er selbst sei unbeteiligter Feldarbeiter gewesen. Die angebliche "Flucht" sei zudem für das Abwesenheitsurteil nicht ursächlich gewesen, zumal gegen den Bruder des Beschwerdeführers, der dieselbe Verteidigung durch denselben Rechtsanwalt erhalten habe, ebenfalls ein Abwesenheitsurteil ergangen sei, obwohl er bis 2010 in dem Dorf der vorgeworfenen Tat gewohnt habe. In Übereinstimmung mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 29. Februar 2012 habe deshalb das Landesgericht Innsbruck eine Auslieferung des dort lebenden Bruders des Beschwerdeführers an die Türkei ebenfalls abgelehnt. Auch in Österreich sei das der Auslieferung zugrundeliegende Urteil des Schwurgerichts Isparta als rechtsstaatswidrig angesehen worden.
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Gegen den Beschwerdeführer bestünden zudem keine Haftgründe. Er habe zu keinem Zeitpunkt versucht, sich dem Verfahren in der Türkei zu entziehen, und sei familiär stark an seinen Wohnort gebunden. Sollte das Gericht dennoch mögliche Fluchtansätze oder -anreize erkennen, könne diesen durch geeignete Auflagen entgegengewirkt werden.
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9. Am 13. Oktober 2022 beantragte die Generalstaatsanwaltschaft, den Antrag auf erneute Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung nach § 33 IRG als unzulässig zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer erhebe weitere tatsächliche und rechtliche Einwendungen, ohne dass diese unter den Wortlaut des Gesetzes fielen. Davon unabhängig habe der Beschwerdeführer zweimal rechtliches Gehör erhalten, jeweils vertreten durch einen Rechtsanwalt.
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10. Mit angegriffenem Beschluss vom 19. Oktober 2022, dem Beschwerdeführer zugegangen am 27. Oktober 2022, wies das Oberlandesgericht die Einwände des Beschwerdeführers gegen die Erklärung der Zulässigkeit der Auslieferung zurück. Der Senat habe den Sachverhalt erneut geprüft und sehe keine Veranlassung, seine Entscheidung vom 16. August 2022 zu ändern. Soweit der Beschwerdeführer gerügt habe, vor der erneuten Entscheidung des Senats kein rechtliches Gehör erhalten zu haben, habe nunmehr die Gelegenheit zur Stellungnahme bestanden. Auch greife der Einwand nicht durch, die Sach- und Rechtslage habe sich im Vergleich zu der bereits im Jahr 2012 ergangenen Entscheidung nicht geändert, in der der Senat einen zuvor erlassenen Auslieferungshaftbefehl aufgehoben und in einem Vermerk seine Auffassung zur Unzulässigkeit der Auslieferung zum damaligen Zeitpunkt geäußert hatte. Entgegen seiner damaligen Auffassung sehe der Senat nunmehr "aufgrund der erneuten Zusicherung der Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens seitens der türkischen Behörden und Einschätzung des BfJ, dass entsprechende Zusicherungen belastbar seien, keine der Auslieferung entgegenstehenden Bewilligungshindernisse mehr". Erkenntnisse dahingehend, dass sich die Türkei an entsprechende Zusicherungen nicht halte, lägen dem Senat jedenfalls nicht vor. Da es sich bei der der Auslieferung zugrundeliegenden Straftat um keine politische Straftat, sondern um eine Verurteilung wegen Totschlags im privaten Umfeld handele, gehe der Senat davon aus, dass dem Beschwerdeführer in der Türkei im Fall der Wiederaufnahme ein rechtsstaatliches Verfahren zuteil werde.
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11. Mit Schreiben vom 7. November 2022 beantragte der Beschwerdeführer erneut, den Auslieferungshaftbefehl vom 16. August 2022 aufzuheben, ihm gemäß § 77 IRG in Verbindung mit § 33a StPO rechtliches Gehör zu gewähren sowie gemäß § 33 IRG erneut über die Zulässigkeit der Auslieferung zu entscheiden.
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12. Mit Beschluss vom 7. Dezember 2022 wies das Oberlandesgericht diese Anträge zurück und ordnete die Fortdauer der Auslieferungshaft an, setzte den Haftbefehl jedoch unter Auflagen außer Vollzug. Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer aus der Haft entlassen.
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II.
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1. Mit der am 16. Oktober 2022 fristgemäß eingegangenen Verfassungsbeschwerde, die er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden hat, rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2, Art. 19 Abs. 4 sowie Art. 103 Abs. 1 GG.
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Der angegriffene Beschluss vom 16. August 2022 sei ergangen, ohne ihm rechtliches Gehör zu gewähren. Er sei seit seiner Haftentlassung im Februar 2012 an dem Auslieferungsverfahren nicht mehr beteiligt worden, weder von der Generalstaatsanwaltschaft noch vom Oberlandesgericht. Eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG scheide auch nicht deshalb aus, weil er sich vor Jahren in einem früheren Stadium des Verfahrens habe äußern können und geäußert habe.
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Eine Auslieferung aufgrund des Abwesenheitsurteils sei mit dem nach Art. 25 GG verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard und mit den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen der öffentlichen Ordnung nicht vereinbar. Der Beschwerdeführer habe dargelegt, seine Abwesenheit habe darauf beruht, dass das Verfahren seinerzeit aufgrund von Sicherheitsproblemen vom Schwurgericht Adiyaman an das circa 1.000 Kilometer entfernte Schwurgericht Isparta verlegt worden sei. Diese Entfernung stelle in der Türkei eine gute Tagesreise dar. Er habe zudem dargetan, dass das gesamte zweite Verfahren vor dem Schwurgericht Isparta ohne jegliche anwaltliche Verteidigung durchgeführt worden sei. Überdies habe er sich dem Verfahren nicht durch Flucht entzogen, sondern habe seinen Wohnort verlassen, um sich vor Verfolgung im Rahmen einer Blutfehde in Sicherheit zu bringen. Dies hätten das Oberlandesgericht und die Generalstaatsanwaltschaft im Jahr 2012 auch für glaubhaft befunden. Der angegriffene Beschluss enthalte zu dem Thema "Abwesenheitsurteil" keine Feststellungen oder Erklärungen, so dass im Auslieferungsverfahren weiterhin zugrunde zu legen gewesen sei, dass im bisherigen Verfahren in der Türkei gegen die Mindestrechte des Beschwerdeführers, sich wirksam zu verteidigen, verstoßen worden sei und dass in einem neuen Verfahren das Recht auf wirksame Verteidigung nicht hinreichend Beachtung finde.
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Die türkische Strafjustiz habe im konkreten Einzelfall nicht belastbar zugesichert, dass der Beschwerdeführer nach seiner Auslieferung eine Wiederaufnahme des Verfahrens durchsetzen und er dann die ihm zustehenden Verfahrensrechte wahrnehmen könne. Die Generalstaatsanwaltschaft habe Anfang 2012 im Auslieferungsverfahren Anforderungen an eine belastbare Zusicherung formuliert, die nicht erfüllt worden seien, ohne dass das Oberlandesgericht sich damit in der Zulässigkeitsentscheidung befasst habe. Es habe nicht aufgeklärt, welches Verfahren im Hinblick auf die Wiederaufnahme auf den Beschwerdeführer in der Türkei zukomme. Zwar seien vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebene völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen grundsätzlich geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen. Das Gericht habe aber die vorher von der Generalstaatsanwaltschaft eingeforderte Zusicherung nicht mehr eingeholt.
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Der Beschwerdeführer macht zudem geltend, dass das Oberlandesgericht die ihn im türkischen Strafvollzug konkret erwartenden Haftbedingungen nicht hinreichend aufgeklärt habe und wegen der Besorgnis menschenrechtswidriger Haftbedingungen in der Türkei ein Auslieferungshindernis bestehe. Es habe insbesondere nicht aufgeklärt, wo und zu welchen Haftbedingungen der Beschwerdeführer untergebracht werden würde, wenn er nach einer Auslieferung die Wiederaufnahme des Verfahrens durchsetzen könne. Das Justizministerium der Republik Türkei nenne in allen in Deutschland eingehenden türkischen Auslieferungsersuchen das "Mustergefängnis Typ T in Yalvaç". Die Zusicherung lasse aber offen und unbeantwortet, an welchem Gerichtsort ein neues Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer stattfinden würde, ob das Gericht von dem Modellgefängnis überhaupt erreichbar sei oder ob und gegebenenfalls wohin der Beschwerdeführer verlegt werden müsste.
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Er wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde auch gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 16. August 2022, soweit die Auslieferungshaft angeordnet wurde, und rügt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 und 2 GG. Tatsächliche Anhaltspunkte für die Gefahr, dass er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde, führe das Oberlandesgericht nicht an und setze sich auch nicht damit auseinander, ob eine Außervollzugsetzung des Auslieferungshaftbefehls in Betracht komme, weil weniger einschneidende Maßnahmen (Meldeauflage, das Einbehalten des Passes und eine Sicherheitsleistung) die Gewähr böten, dass der Zweck der Auslieferungshaft auch durch sie erreicht werde. Den verfassungsrechtlichen Maßstäben an die Begründungstiefe von Haftentscheidungen in Auslieferungsverfahren genüge der angegriffene Beschluss nicht.
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Die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht lägen vor. Erweise sich die Verfassungsbeschwerde im Hauptsacheverfahren als begründet, ohne dass zuvor eine einstweilige Anordnung erginge, sei die Auslieferung bereits vollzogen und könnte nicht mehr zurückgenommen werden.
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2. Zur Verfahrenssicherung hat die 1. Kammer des Zweiten Senats mit Beschluss vom 31. Oktober 2022 die Übergabe des Beschwerdeführers an die Behörden der Republik Türkei bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Monaten, einstweilen untersagt. Die einstweilige Anordnung ist mit Beschluss vom 21. April 2023 wiederholt worden.
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3. Mit am 2. November 2022 beim Bundesverfassungsgericht eingegangenem Schreiben hat der Beschwerdeführer den Beschluss vom 19. Oktober 2022 übersandt und seine Verfassungsbeschwerde mit am Montag, dem 28. November 2022, eingegangenem Schreiben fristgerecht gegen diesen Beschluss erweitert.
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4. Dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
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5. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen.
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III.
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1. Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung im Sinne des § 93c Abs. 1 BVerfGG liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich gegen die Zulässigkeitserklärung der Auslieferung in dem Beschluss vom 16. August 2022 richtet, zulässig und in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.
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2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Hinsichtlich der Fortdauer der Auslieferungshaft genügt das Vorbringen des Beschwerdeführers mangels hinreichend differenzierter und verfassungsrechtlich erheblicher Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung nicht dem gesetzlichen Begründungserfordernis gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG (vgl. BVerfGE 85, 36 52 f.>; 88, 40 45>; 89, 1 4 f.>; 101, 331 345 f.>; 105, 252 264>). Zudem wäre der Beschwerdeführer gehalten gewesen, angesichts einer Veränderung der Sach- oder Rechtslage - hier der Entlassung aus der Auslieferungshaft unter Auflagen - seine Beschwerdeschrift entsprechend anzupassen. Von einer weiteren Begründung wird diesbezüglich gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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3. Hinsichtlich der Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 16. August 2022 über die Zulässigkeit der Auslieferung ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und begründet. Der angegriffene Beschluss verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.
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a) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 58>). Dabei gewährleistet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern verleiht dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, oder der im Auslieferungsverfahren im Vorgriff auf eine belastende hoheitliche Maßnahme geltend macht, diese würde in unzulässiger Weise in seine Rechte eingreifen, einen substantiellen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 101, 106 122 f.>; 103, 142 156>; 113, 273 310>; 129, 1 20>).
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Die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen kann die Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten Interessen nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (vgl. BVerfGE 101, 275 294 f.>; BVerfGK 9, 390 395>; 9, 460 463>; 13, 472 476>; 13, 487 493>; 17, 429 430 f.>; 19, 157 164>; 20, 107 112>). Im Rahmen des gerichtlichen Zulässigkeitsverfahrens im Vorgriff auf eine Auslieferung sind die zuständigen Gerichte verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären und etwaige Auslieferungshindernisse in hinreichender Weise, also in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig, zu prüfen. Zweck der gerichtlichen Zulässigkeitsprüfung im förmlichen Auslieferungsverfahren ist der präventive Rechtsschutz der betroffenen Person (vgl. BVerfGE 113, 273 312>). Das gerichtliche Zulässigkeitsverfahren dient der Abwehr staatlicher Eingriffe in grundrechtlich geschützte Interessen des Auszuliefernden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2021 - 2 BvR 1282/21 -, Rn. 17 m.w.N.).
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b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegen die deutschen Gerichte bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Auslieferung der verfassungsrechtlichen Pflicht, zu prüfen, ob die erbetene Auslieferung die gemäß Art. 79 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 1 und Art. 20 GG unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze beziehungsweise das unabdingbare Maß an Grundrechtsschutz verletzt (vgl. BVerfGE 59, 280 282 f.>; 63, 332 337>; 108, 129 136>; 140, 317 355 Rn. 83 f.>). Sie sind zudem − insbesondere im Auslieferungsverkehr mit Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind − verpflichtet, zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zugrundeliegenden Akte den nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard wahren (vgl. BVerfGE 59, 280 282 f.>; 63, 332 337 f.>; 75, 1 19>; 108, 129 136>; 113, 154 162>).
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Gemäß Art. 25 GG sind bei der Auslegung und Anwendung von Vorschriften des innerstaatlichen Rechts durch Verwaltungsbehörden und Gerichte die allgemeinen Regeln des Völkerrechts zu beachten. Hieraus folgt insbesondere, dass die Behörden und Gerichte grundsätzlich daran gehindert sind, innerstaatliches Recht in einer Weise auszulegen und anzuwenden, welche die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verletzt. Sie sind auch verpflichtet, alles zu unterlassen, was einer unter Verstoß gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts vorgenommenen Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger im Geltungsbereich des Grundgesetzes Wirksamkeit verschafft, und gehindert, an einer gegen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verstoßenden Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger bestimmend mitzuwirken (vgl. BVerfGE 75, 1 18 f.>).
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Nicht nur im Rechtshilfeverkehr unter Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern auch im allgemeinen völkerrechtlichen Auslieferungsverkehr gilt der Grundsatz, dass dem ersuchenden Staat im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtshilfe in Strafsachen sowie des Völkerrechts Vertrauen entgegenzubringen ist (vgl. BVerfGE 109, 13 35 f.>; 109, 38 61>; 140, 317 349 Rn. 68>). Auch im allgemeinen Auslieferungsverkehr hat der ersuchende Staat ein erhebliches Interesse an der Aufrechterhaltung und Funktionsfähigkeit der gegenseitigen Rechtshilfe. Von der Begehung von Rechtsverletzungen, die die zukünftige Funktionsfähigkeit des Auslieferungsverkehrs zwangsläufig beeinträchtigen würden, wird ein ersuchender Staat schon deshalb regelmäßig Abstand nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2021 - 2 BvR 1282/21 -, Rn. 18 m.w.N.).
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Dieser Grundsatz kann so lange Geltung beanspruchen, wie er nicht durch entgegenstehende Tatsachen, etwa systemische Defizite im Zielstaat, erschüttert wird (vgl. BVerfGE 109, 13 35 f.>; 109, 38 61>). Das ist der Fall, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass im Fall einer Auslieferung die unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grund-sätze beziehungsweise das unabdingbare Maß an Grundrechtsschutz oder der verbindliche völkerrechtliche Mindeststandard gemäß Art. 25 GG nicht eingehalten werden. Dafür müssen stichhaltige Gründe gegeben sein, nach denen gerade im konkreten Fall eine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass in dem ersuchenden Staat die Mindeststandards nicht beachtet werden (vgl. BVerfGE 140, 317 350 Rn. 71>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2021 - 2 BvR 1282/21 -, Rn. 19 m.w.N.).
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c) Die vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebenen völkerrechtlich verbindlichen Zusicherungen sind grundsätzlich geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfGE 63, 215 224>; 109, 38 62>; BVerfGK 2, 165 172 f.>; 3, 159 165>; 6, 13 19>; 6, 334 343>; 13, 128 136>; 13, 557 561>; 14, 372 377 f.>; stRspr). Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht jedoch nicht von der Pflicht, zunächst eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, um die Situation im Zielstaat und so die Belastbarkeit einer Zusicherung einschätzen zu können (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2021 - 2 BvR 1282/21 -, Rn. 20 m.w.N.). Stellt sich im Rahmen dieser Prüfung etwa heraus, dass die tatsächlichen Gegebenheiten im Zielstaat erheblich von dem zugesicherten Verhalten abweichen, ist dies geeignet, die Frage aufzuwerfen, ob das zugesicherte Verhalten überhaupt geleistet werden kann und die abgegebene Zusicherung belastbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2021 - 2 BvR 1282/21 -, Rn. 24 m.w.N.).
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d) Nach diesen Maßstäben hält die angegriffene Entscheidung einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand. Das Oberlandesgericht hat unzureichend aufgeklärt, ob bei der Durchführung des strafrechtlichen Abwesenheitsverfahrens in der Türkei gegen die Mindestrechte des Beschwerdeführers, sich wirksam zu verteidigen, verstoßen wurde, und wenn ja, ob ihm nachträglich die tatsächlich wirksame Möglichkeit eingeräumt wird, sich in einem neuen Verfahren unter Beachtung rechtsstaatlicher Mindestanforderungen zu verteidigen.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben die deutschen Gerichte bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Auslieferung grundsätzlich die Rechtmäßigkeit des Zustandekommens eines ausländischen Strafurteils, zu dessen Vollstreckung der Betroffene ausgeliefert werden soll, nicht nachzuprüfen. Sie sind indessen nicht an der Prüfung gehindert - und unter Umständen von Verfassungs wegen dazu verpflichtet -, ob die Auslieferung und die ihr zugrundeliegenden Akte mit dem nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard und mit der öffentlichen Ordnung (ordre public) vereinbar sind. Hierzu besteht insbesondere Anlass, wenn ein ausländisches Strafurteil, zu dessen Vollstreckung ausgeliefert werden soll, in Abwesenheit des Beschwerdeführers ergangen ist (vgl. BVerfGE 59, 280 282 ff.>; 63, 332 337> m.w.N.; BVerfGK 6, 13 17>).
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Nach deutschem Verfassungsrecht gehört es zu den elementaren Anforderungen des Rechtsstaats, die vor allem im Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht (Art. 103 Abs. 1 GG) eine Ausprägung gefunden haben, dass niemand zum bloßen Gegenstand eines ihn betreffenden staatlichen Verfahrens gemacht werden darf; auch die Menschenwürde des Einzelnen (Art. 1 Abs. 1 GG) wäre durch ein solches staatliches Handeln verletzt (vgl. BVerfGE 7, 53 57 f.>; 7, 275 279>; 9, 89 95>; 39, 156 168>; 46, 202 210>; 55, 1 5 f.>; 63, 332 337>). Daraus ergibt sich insbesondere für das Strafverfahren, das zu den schwersten in allen Rechtsordnungen überhaupt vorgesehenen Eingriffen in die persönliche Freiheit des Einzelnen führen kann, das zwingende Gebot, dass der Beschuldigte im Rahmen der von der Verfahrensordnung aufgestellten angemessenen Regeln die Möglichkeit haben und auch tatsächlich ausüben können muss, auf das Verfahren einzuwirken, sich persönlich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern, entlastende Umstände vorzutragen und deren umfassende und erschöpfende Nachprüfung und gegebenenfalls auch Berücksichtigung zu erreichen (vgl. BVerfGE 41, 246 249>; 46, 202 210>; 54, 100 116>; 63, 332 337 f.>).
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Der wesentliche Kern dieser Gewährleistungen gehört von Verfassungs wegen zum unverzichtbaren Bestand der deutschen öffentlichen Ordnung, wie auch zum völkerrechtlichen Mindeststandard, der über Art. 25 GG einen Bestandteil des in der Bundesrepublik Deutschland innerstaatlich geltenden Rechts bildet (vgl. BVerfGE 63, 332 338>; BVerfGK 6, 13 18>).
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Der einschlägigen völkerrechtlichen Praxis ist indessen nicht zu entnehmen, dass die Durchführung strafrechtlicher Abwesenheitsverfahren auch in Fällen gegen den völkerrechtlichen Mindeststandard verstieße, in denen der Betroffene von dem gegen ihn anhängigen Verfahren in Kenntnis gesetzt worden ist, sich ihm durch Flucht entzogen hat und im Verfahren von einem ordnungsgemäß bestellten Pflichtverteidiger unter Beachtung rechtsstaatlicher Mindestanforderungen verteidigt werden konnte (BVerfGK 3, 314 317 f.>). Die Auslieferung zur Vollstreckung eines ausländischen, in Abwesenheit des Beschwerdeführers ergangenen Strafurteils ist bei Anlegung dieser Maßstäbe von Verfassungs wegen unzulässig, wenn der Betroffene weder über die Tatsache der Durchführung und des Abschlusses des betreffenden Verfahrens in irgendeiner Weise unterrichtet war noch ihm eine tatsächlich wirksame Möglichkeit eröffnet ist, sich nach Erlangung dieser Kenntnis nachträglich rechtliches Gehör zu verschaffen und sich wirksam zu verteidigen (vgl. BVerfGE 63, 332 338>; BVerfGK 6, 13 18>).
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bb) Dass sich der Beschwerdeführer dem Verfahren durch Flucht entzogen habe, wurde von diesem mit Schriftsatz vom 11. Januar 2012 im fachgerichtlichen Verfahren unter Verweis darauf, dass er sich vor einer Blutfehde habe in Sicherheit bringen wollen, bestritten. Der angegriffene Beschluss geht auf diese Frage nicht ein. Das Oberlandesgericht folgt ohne Weiteres der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft, dass sich der Beschwerdeführer dem Verfahren vor dem Schwurgericht Isparta durch Flucht entzogen habe. Es hätte aber einer näheren Aufklärung und Beweiswürdigung bedurft, zumal nach übereinstimmender Rechtsauffassung der Generalstaatsanwaltschaft und des Oberlandesgerichts im Jahr 2012 - bei, soweit ersichtlich, identischer Sachlage - der Umstand, dass das Urteil vom 12. Dezember 2006 in Abwesenheit des Beschwerdeführers und seines Verteidigers ergangen war, einer Auslieferung entgegenstand.
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Ferner hat das Oberlandesgericht es unterlassen, aufzuklären, ob dem Beschwerdeführer im Falle der Auslieferung die tatsächlich wirksame Möglichkeit eingeräumt würde, sich in einem neuen Verfahren unter Beachtung rechtsstaatlicher Mindestanforderungen zu verteidigen. Eine ausreichende Zusicherung liegt nur dann vor, wenn ersichtlich ist, dass der ersuchende Staat sich die Gewährleistung eines neuen, rechtsstaatlichen Verfahrens bei Abwesenheitsurteilen im zwischenstaatlichen Verhältnis völkerrechtlich zurechnen lassen will (vgl. BVerfGK 6, 13 19>). Zwar eröffnet das Zusatzurteil des Schwurgerichts Isparta vom 28. Juni 2011 die Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Verfahrens. Dieses Zusatzurteil und die Verbalnote vom 10. Februar 2012, die im Wesentlichen lediglich auf die in der Türkei geltende Rechtslage verweist, wurden indes im Jahr 2012 seitens der Generalstaatsanwaltschaft und des Oberlandesgerichts für unzureichend erachtet. Weitere Zusicherungen wurden - entgegen der Formulierung im angegriffenen Beschluss vom 19. Oktober 2022 und soweit aus der fachgerichtlichen Akte ersichtlich - nicht eingeholt. Daher erschließt sich mangels hinreichender Begründung nicht, warum das Oberlandesgericht nunmehr zu der entgegengesetzten Auffassung gelangt ist, dass die (unveränderte) Zusicherung genüge und belastbar sei. Eine eigene Gefahrenprognose, die zur Überprüfung der Belastbarkeit einer Zusicherung erforderlich ist, nimmt das Gericht, soweit ersichtlich, nicht vor.
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4. Da die angegriffenen Entscheidungen schon wegen des Verstoßes gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG keinen Bestand haben, kann offenbleiben, ob die Beschlüsse weitere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzen (vgl. BVerfGE 128, 226 268>).
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IV.
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 16. August 2022 - 1 AR 112/22 - wird, soweit er die Zulässigkeit der Auslieferung betrifft, aufgehoben; die Sache wird insoweit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. mit § 95 Abs. 2 BVerfGG).
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Mit der Aufhebung der Zulässigkeitsentscheidung vom 16. August 2022 wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 19. Oktober 2022 - 1 AR 112/22 - insoweit gegenstandslos.
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V.
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Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2, 3 BVerfGG.
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Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit stützt sich auf § 37 Abs. 2 Satz 2, § 14 Abs. 1 RVG in Verbindung mit den Grundsätzen über die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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