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BVerfG 18.07.2023 - 1 BvR 600/19
BVerfG 18.07.2023 - 1 BvR 600/19 - Nichtannahmebeschluss: Verfassungswidrige fachgerichtliche Entscheidung stellt idR objektive Amtspflichtverletzung iSd § 839 BGB dar, ist allerdings nicht zwingend auch subjektiv vorwerfbar (verschuldet) - hier: erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Versagung von Amtshaftungsansprüchen nach verfassungswidrigen Entscheidungen in einer Betreuungssache
Normen
Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 34 GG, § 839 Abs 1 BGB, § 839 Abs 2 BGB
Vorinstanz
vorgehend BGH, 31. Januar 2019, Az: III ZR 62/18, Beschluss
vorgehend OLG Bamberg, 16. Februar 2018, Az: 4 U 199/17, Beschluss
vorgehend LG Bayreuth, 6. November 2017, Az: 43 O 776/16, Urteil
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft klageabweisende Entscheidungen der Zivilgerichte in einem Amtshaftungsverfahren, das der Beschwerdeführer infolge einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erachteten Anordnung einer Betreuung angestrengt hatte.
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1. Für den volljährigen Beschwerdeführer wurde durch Beschluss des Betreuungsgerichts im Jahr 2013 unter anderem eine Betreuung eingerichtet, deren Rechtmäßigkeit auf die Beschwerde beziehungsweise Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers weder vom Landgericht noch vom Bundesgerichtshof beanstandet wurde. Mit Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Januar 2015 im Verfahren 1 BvR 665/14 stellte das Bundesverfassungsgericht - mit Ausnahme der Ausgangsentscheidung des Betreuungsgerichts - eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG durch die betreuungsgerichtlichen Entscheidungen fest und hob diese auf. Der Beschwerdeführer sei zwar zu der gleichzeitig angeordneten Unterbringung, nicht aber zur Betreuung angehört worden. Darüber hinaus sei die Annahme, dass die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1a BGB a.F. vorgelegen hätten, da der Beschwerdeführer aufgrund mangelnder Steuerungsfähigkeit in Bezug auf den Konsum von Alkohol zu einer freien Willensbildung nicht in der Lage gewesen sein soll, nicht nachvollziehbar begründet gewesen. Nach Aufhebung der Betreuung wurde nachträglich die Rechtswidrigkeit der Entscheidungen des Betreuungsgerichts und des Beschwerdegerichts festgestellt.
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2. In dem der Verfassungsbeschwerde zugrundeliegenden Ausgangsverfahren begehrte der Beschwerdeführer Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung durch die vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erachteten Entscheidungen der Betreuungsgerichte. Das Begehren blieb in allen Instanzen erfolglos.
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a) Das Landgericht wies die Klage ab, weil dem Beschwerdeführer wegen des Eingreifens des Richterspruchprivilegs nach § 839 Abs. 2 BGB kein Amtshaftungsanspruch zustehe. Bei den Entscheidungen des Betreuungs- und des Beschwerdegerichts handele es sich jeweils um ein Urteil im Sinne der Norm. Es liege keine Straftat vor, die ausnahmsweise eine Haftung zuließe.
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b) Das Oberlandesgericht wies die Berufung des Beschwerdeführers zurück, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Es könne offenbleiben, ob mangels kontradiktorischer Streitigkeit für die betreuungsgerichtlichen Entscheidungen das Richterspruchprivileg des § 839 Abs. 2 BGB eingreife. Denn auch außerhalb seines Anwendungsbereichs seien nach zutreffender Ansicht des Bundesgerichtshofs richterliche Entscheidungen im Amtshaftungsprozess nur auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Unvertretbarkeit der Entscheidungen, die einen Anspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG begründeten, liege beim jeweiligen Kläger. Eine solche Unvertretbarkeit sei weder dargelegt noch ersichtlich.
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Das Betreuungsgericht habe in vertretbarer Weise davon ausgehen können, dass mit der Anhörung des Beschwerdeführers im Unterbringungsverfahren eine ausreichende Anhörung auch für das Betreuungsverfahren erfolgt sei. Auch das Landgericht habe vertretbar begründet, warum es den Beschwerdeführer, der ihm durch eine vorangegangene Anhörung im Rahmen der Unterbringung ebenfalls bekannt gewesen sei, im Rahmen des Beschwerdeverfahrens aufgrund des für eindeutig befundenen Sachverständigengutachtens nicht erneut angehört habe.
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c) Die vom Beschwerdeführer eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wies der Bundesgerichtshof ohne nähere Begründung zurück. Die Sache habe weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordere die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
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3. Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG. Die angegriffenen Entscheidungen verstießen unter anderem gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG in Gestalt des Willkürverbots, weil es mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar sei, bei der Entscheidung über einen Amtshaftungsanspruch anzunehmen, Gerichtsentscheidungen, die einschlägige Rechtsnormen in einem das Freiheitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG elementar tangierenden Bereich falsch oder nicht anwendeten, könnten vertretbar sein. Die im Betreuungsverfahren ergangenen Entscheidungen seien nicht vertretbar. Das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich festgestellt, dass dann, wenn der Betroffene sein Einverständnis mit der Bestellung eines Betreuers verweigere, eine persönliche Anhörung unerlässlich sei, an der es hier gefehlt habe.
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Die angegriffenen Entscheidungen verletzten darüber hinaus das Recht des Beschwerdeführers aus Art. 14 Abs. 1 GG. Nach dem gewohnheitsrechtlichen Aufopferungsanspruch seien enteignende Eingriffe zu entschädigen.
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Die angegriffenen Entscheidungen verletzten ferner das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör, weil sein wesentlicher Vortrag zum Bestehen eines Aufopferungsanspruchs nicht zur Kenntnis genommen und gewürdigt worden sei.
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4. Von der eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme haben die Bundesregierung, das Bayerische Staatsministerium der Justiz sowie, separat davon, der Freistaat Bayern Gebrauch gemacht. Der Beschwerdeführer hat die ihm eingeräumte Möglichkeit zur Erwiderung auf die Stellungnahmen wahrgenommen und sein bisheriges Vorbringen vertieft. Die Akten der Ausgangsverfahren lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil keine zwingenden Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG vorliegen und auch sonst kein Grund für ihre Annahme ersichtlich ist.
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1. Zunächst kommt der Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG zu. Diese liegt nur vor, wenn die Verfassungsbeschwerde eine verfassungsrechtliche Frage aufwirft, die sich nicht ohne Weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lässt und noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt oder durch veränderte Verhältnisse erneut klärungsbedürftig geworden ist (vgl. BVerfGE 90, 22 24 f.>; 96, 245 248>). Soweit es im Rahmen eines Amtshaftungsanspruchs nach Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale auf den Einfluss von Grundrechten ankommt, darf der Maßstab grundsätzlich als geklärt angesehen werden (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. Juni 2022 - 2 BvR 737/20 -, Rn. 85 ff.; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. November 2020 - 2 BvR 477/17 -, Rn. 24 ff.).
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2. Ihre Annahme ist auch nicht gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 25 f.>). Eine mögliche Verletzung von Art. 14 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG scheidet auf Grundlage des Vortrags des Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift von vornherein aus. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines kompensatorischen Grundrechtsschutzes durch Verkennung von Bedeutung und Tragweite seiner Grundrechte, insbesondere von Art. 2 Abs. 1 GG im Amtshaftungsprozess rügt, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls unzulässig, da sie den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Substantiierungsanforderungen nicht genügt (a). Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch willkürliche Anwendung der fachrechtlichen Vorschriften über den Amtshaftungsanspruch rügt, ist seine Verfassungsbeschwerde zwar zulässig, aber unbegründet (b).
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a) Der Vortrag des Beschwerdeführers, dass die angegriffenen Entscheidungen bei der Auslegung von § 839 Abs. 1 BGB die Ausstrahlungswirkung des betroffenen materiellen Grundrechts - hier: die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG durch Anordnung und Aufrechterhaltung der Betreuung - und somit die grundrechtliche Kompensationsfunktion der Staatshaftung verkannt hätten, ist nicht hinreichend substantiiert. Er vermag eine mögliche Grundrechtsverletzung nicht aufzuzeigen.
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aa) Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Bundesgerichtshofs über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde wendet, zeigt er nicht auf, dass der Bundesgerichtshof die für ihn allein maßgeblichen Revisionszulassungsgründe in einer die Grundrechte des Beschwerdeführers verletzenden Weise ausgelegt und angewendet haben könnte.
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bb) Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichts wendet, betrifft seine Rüge in erster Linie die Auslegung und Anwendung der als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden zivilrechtlichen Vorschriften über die Amtshaftung (vgl. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG). Dass das Oberlandesgericht dabei den Einfluss des hier relevanten Art. 2 Abs. 1 GG übersehen hätte, legt der Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert dar.
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(1) Die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts obliegt primär den Fachgerichten, deren Entscheidungen insoweit vom Bundesverfassungsgericht außer auf Verstöße gegen das Willkürverbot (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Oktober 2015 - 2 BvR 2503/14 -, Rn. 9; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. Dezember 2020 - 1 BvR 117/16 -, Rn. 13) nur darauf überprüft werden, ob sie Auslegungsfehler enthalten, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des von der zugrunde liegenden Amtspflichtverletzung betroffenen Grundrechts (vgl. BVerfGK 7, 120 122>; siehe auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. August 2002 - 1 BvR 947/01 -, Rn. 33), insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen.
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Die betroffenen materiellen Grundrechte wirken auf die Prüfung des Amtshaftungsanspruchs unabhängig davon ein, dass Art. 34 GG selbst kein Grundrecht bildet (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. August 2002 - 1 BvR 947/01 -, Rn. 33). Zwar ist eine umfassende unmittelbare Staatsunrechtshaftung von Verfassungs wegen nicht gefordert. Art. 34 GG garantiert aber den Bestand einer in der persönlichen Haftung des Amtsträgers gründenden, verschuldensabhängigen mittelbaren Staatshaftung bei Amtspflichtverletzungen (vgl. BVerfGE 61, 149 198>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. November 1997 - 1 BvR 2068/93 -, Rn. 7). Voraussetzungen und Umfang von Kompensationsansprüchen, das heißt von Amtshaftungs- und Entschädigungsansprüchen, bedürfen näherer Ausgestaltung durch den Gesetzgeber (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. Juni 2022 - 2 BvR 737/20 -, Rn. 88 m.w.N.); er kann Subsidiaritätserfordernisse vorsehen, Privilegierungen einführen oder die gesamtschuldnerische Haftung des Staates mit anderen Schädigern ausschließen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. November 2020 - 2 BvR 477/17 -, Rn. 30). Über die Existenz von Amtshaftungs- und Entschädigungsansprüchen bei Grundrechtsverletzungen disponieren kann er jedoch nicht (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. Juni 2022 - 2 BvR 737/20 -, Rn. 86; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. November 1997 - 1 BvR 2068/93 -, Rn. 7; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. November 2020 - 2 BvR 477/17 -, Rn. 30). Das gilt auch deshalb, weil einem Entschädigungsanspruch für Grundrechtsverletzungen gegen den Staat der Sache nach ein grundrechtlicher Gehalt zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. August 2002 - 1 BvR 947/01 -, Rn. 33; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. November 2020 - 2 BvR 477/17 -, Rn. 24 ff.). Deshalb sind bestehende Haftungsregelungen für staatliches Unrecht wie § 839 BGB im Licht derjenigen Grundrechte auszulegen, die durch die zugrundeliegende Amtspflichtverletzung verletzt worden sind (vgl. BVerfGK 7, 120 122>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. August 2002 - 1 BvR 947/01 -, Rn. 33; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. November 2020 - 2 BvR 477/17 -, Rn. 23).
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(2) Dass unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe das Oberlandesgericht den gebotenen Einfluss des hier relevanten Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2001 - 1 BvR 618/93 -, Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. Juli 2010 - 1 BvR 2579/08 -, Rn. 43; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Januar 2015 - 1 BvR 665/14 -, Rn. 24) auf die Auslegung von § 839 Abs. 1 BGB übersehen hätte, legt der Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert dar.
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Es fehlt schon an der erforderlichen Differenzierung zwischen den betreuungsrechtlichen Entscheidungen des Amtsgerichts (Betreuungsgericht) einerseits und des Landgerichts (Beschwerdegericht) andererseits. Das Bundesverfassungsgericht hielt nur letztere für verfassungswidrig. Der Beschwerdeführer setzt sich in seiner Verfassungsbeschwerde aber vor allem weder mit der bisherigen, einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinander noch mit den spezifischen Anforderungen an eine Auslegung des § 839 Abs. 1 BGB, die den kompensatorischen Charakter für vorausgehende Grundrechtsverletzungen in den Blick nehmen.
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Ob die Ausstrahlungswirkung des durch die Anordnung und Aufrechterhaltung der Betreuung verletzten Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG es im vorliegenden Fall geboten hätte, bei der Prüfung der Vertretbarkeit der Entscheidung sowohl eine Amtspflichtverletzung (Unvertretbarkeit im objektiven Sinne) als auch das erforderliche Verschulden (Unvertretbarkeit im subjektiven Sinne) des Richters anzunehmen, zeigt die Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend deutlich auf. Denn auch unter Berücksichtigung der kompensatorischen Wirkung der Amtshaftungsvorschriften folgt nicht aus jeder Grundrechtsverletzung zugleich automatisch ein Amtshaftungsanspruch, der von weiteren Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere dem Verschulden, abhängt. Dass der Gesetzgeber die Staatshaftung verschuldensabhängig ausgestaltet hat, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
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b) Soweit der Beschwerdeführer in hinreichend substantiierter Weise eine mögliche Verletzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG durch die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts rügt, weil dieses mit unzureichender Begründung die Vertretbarkeit der vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Entscheidungen angenommen habe, ist seine Verfassungsbeschwerde zulässig, aber unbegründet.
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aa) Ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG liegt vor, wenn eine gerichtliche Entscheidung sachlich schlechthin unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 58, 163 167 f.>; 62, 189 192>; 71, 122 135 f.>). Jedoch ist Art. 3 Abs. 1 GG nicht bereits dann verletzt, wenn die Rechtsanwendung oder das eingeschlagene Verfahren Fehler enthalten. Hinzu kommen muss, dass diese bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen (vgl. BVerfGE 4, 1 7>; 80, 48 51>; 81, 132 137>; 152, 345 382>; stRspr). Dies gilt grundsätzlich auch für die Auslegung von Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 5. Oktober 2015 - 2 BvR 2503/14 -, Rn. 9; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. Dezember 2020 - 1 BvR 117/16 -, Rn. 13).
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bb) Nicht mehr nachvollziehbar ist danach die Begründung des Oberlandesgerichts, dass es im Regelfall ohne nähere Darlegung zum Verschulden möglich sei, eine vom Bundesverfassungsgericht ex post als verfassungswidrig erachtete richterliche Entscheidung, die nicht unter § 839 Abs. 2 BGB fällt, als vertretbar zu qualifizieren. Nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Grundentscheidung des Gesetzgebers ist für die Annahme eines Amtshaftungsanspruchs sowohl die (objektive) Rechtswidrigkeit der Amtshandlung erforderlich als auch ein (subjektives) Verschulden des Amtsträgers. Wird die vom Bundesverfassungsgericht bisher nicht in Frage gestellte (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2013 - 1 BvR 1067/12 -, Rn. 37) Annahme der höchstrichterlichen Fachrechtsprechung zu Grunde gelegt (vgl. nur BGHZ 187, 286 293>; BGH, Urteil vom 18. April 2019 - III ZR 67/18 -, Rn. 21), wonach auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 839 Abs. 2 BGB bei richterlichen Entscheidungen ein zurückgenommener Prüfungsmaßstab über die sogenannte Vertretbarkeitskontrolle anzuwenden sei, ist diese so zu verstehen, dass sowohl die objektive Rechtswidrigkeit als auch die subjektive Vorwerfbarkeit schwerer wiegen müssen als bei Amtshaftungsansprüchen aufgrund von behördlichen Amtshandlungen. Ferner dürfen die verschiedenen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Amtshaftungsanspruches auch im Rahmen der Prüfung von § 839 Abs. 1 BGB nicht in einer konturenlosen Vertretbarkeitskontrolle verschwimmen.
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cc) Auch angesichts des Umstands, dass das Bundesverfassungsgericht bei Urteilsverfassungsbeschwerden einen zurückgenommenen Prüfungsmaßstab heranzieht, weil es keine Superrevisionsinstanz ist (vgl. nur BVerfGE 18, 85 92 f.>), drängt es sich im Regelfall des zurückgenommen Prüfungsmaßstabes nahezu auf, dass gerichtliche Entscheidungen, die nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Grundrechte verletzen, zugleich eine objektive Amtspflichtverletzung im Sinne von § 839 BGB darstellen. Dies gilt erst recht, sofern das Bundesverfassungsgericht - wie bei Betreuungsverfahren - an die Feststellung und Schlüssigkeit des Sachverhaltes einen strengen verfassungsrechtlichen Kontrollmaßstab anlegt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Januar 2015 - 1 BvR 665/14 -, Rn. 27). Aber auch in diesen Konstellationen kann die objektive Vertretbarkeit einer objektiv verfassungswidrigen Entscheidung nicht ohne eingehende Auseinandersetzung gerade mit der Verletzung des verfassungsrechtlichen Rahmens angenommen werden.
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(1) Für diesen grundsätzlichen Gleichklang von für verfassungswidrig erachteten Gerichtsentscheidungen einerseits und ihrer objektiven Unvertretbarkeit im Rahmen der Anspruchsprüfung eines sich gegebenenfalls anschließenden Amtshaftungsprozesses andererseits sprechen die von der Fachrechtsprechung für die Vertretbarkeitskontrolle von richterlichen Entscheidungen außerhalb des Anwendungsbereichs von § 839 Abs. 2 BGB angeführten Gründe. Denn sofern die Anwendung einer zurückgenommenen Vertretbarkeitskontrolle allein auf den Schutz der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen und den Rechtsfrieden gestützt wird (vgl. Papier/Shirvani, in: MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, § 839 Rn. 381 f.), verliert dieses Argument sein Gewicht, wenn die zu beurteilende Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben wurde oder hätte aufgehoben werden können. In diesem Fall wird die Rechtskraft durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durchbrochen.
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(2) Sofern der Maßstab der Vertretbarkeitskontrolle - wie von der höchstrichterlichen Fachrechtsprechung - argumentativ jedenfalls auch auf die richterliche Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) gestützt wird (vgl. BGHZ 187, 286 293>), gilt das Gleiche, weil die Unterworfenheit des Richters ausschließlich unter das Gesetz keine Legitimation dafür bietet, gerichtliche Entscheidungen zu fällen, die verfassungswidrig sind und vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben wurden. Das Argument, dass die Qualifizierung einer Gerichtsentscheidung als verfassungswidrig ex post erfolge und damit auf die Beurteilung der vorher erfolgten Amtshandlung nicht zurückwirken könne, geht schon deshalb ins Leere, weil ansonsten Amtshaftungsansprüche nur bei Verstoß gegen eine ständige Rechtsprechung möglich wären. Eine vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erachtete Gerichtsentscheidung dürfte daher zumindest in der Regel zugleich objektiv unvertretbar im Sinne von § 839 Abs. 1 BGB sein.
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(3) Davon zu unterscheiden und durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der Gerichtsentscheidungen wegen einer Grundrechtsverletzung aufgehoben werden, nicht präjudiziert ist dagegen die Prüfung der subjektiven Vorwerfbarkeit im Moment der Vornahme der Amtshandlung (Verschulden). Eine gerichtliche Entscheidung kann verfassungswidrig sein, mithin objektiv eine Amtspflichtverletzung darstellen, ohne dass dies dem zur Entscheidung berufenen Richter vorwerfbar wäre. Die subjektive Vorwerfbarkeit ist vielmehr im Rahmen des Tatbestandsmerkmals des Verschuldens nach dem jeweils einschlägigen Maßstab von § 839 Abs. 2 beziehungsweise § 839 Abs. 1 BGB in jedem Einzelfall zu prüfen.
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dd) Nach der vom Oberlandesgericht selbst zugrunde gelegten verfassungsrechtlichen Implikation der Auslegung von § 839 BGB, mit der es den Maßstab der Vertretbarkeit begründet, hätte es daher nicht undifferenziert die Vertretbarkeit der Entscheidung annehmen dürfen, sondern das Vorliegen des Verschuldens umfassend prüfen müssen.
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Diese fehlerhafte Auslegung und Anwendung des § 839 BGB ist aber nicht willkürlich, weil die Entscheidung im Ergebnis nicht unhaltbar ist. So ist die Annahme, dass die fehlerhafte Rechtsanwendung nicht so schwer wiege, weil die vor Einrichtung einer Betreuung verfassungsrechtlich geforderte Anhörung des Betroffenen durch die Anhörung im parallelen Unterbringungsverfahren gewissermaßen mit vorgenommen worden sei, zumindest nicht als sachlich schlechthin unhaltbar zu qualifizieren. Schließlich wurde die im vorliegenden Fall relevante Frage, inwieweit die Verfassungswidrigkeit einer gerichtlichen Entscheidung im Rahmen eines sich anschließenden Amtshaftungsprozesses zugleich als eine objektiv unvertretbare Amtspflichtverletzung zu verstehen ist, weder in der verfassungsgerichtlichen Judikatur noch in der Literatur ausdrücklich behandelt. Künftig dürfte dies in der Regel anders zu beurteilen sein.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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