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BVerfG 07.02.2022 - 1 BvR 2180/21
BVerfG 07.02.2022 - 1 BvR 2180/21 - Nichtannahmebeschluss: Rechtsschutzbedürfnis bzgl der Beschleunigung eines Umgangsverfahrens entfällt mit verfahrensabschließender fachgerichtlicher Entscheidung
Normen
Art 6 Abs 2 S 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 1684 Abs 3 S 2 BGB, § 155b FamFG, § 155c FamFG
Vorinstanz
vorgehend OLG Koblenz, 17. September 2021, Az: 7 W 598/21, Beschluss
vorgehend OLG Koblenz, 3. September 2021, Az: 7 W 598/21, Beschluss
nachgehend BVerfG, 3. August 2022, Az: 1 BvR 2180/21, Kammerbeschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
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Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft zurückweisende Entscheidungen im Zusammenhang mit einer Beschleunigungsbeschwerde nach § 155c FamFG in einem seit Juni 2018 anhängigen Umgangsverfahren.
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1. Der Beschwerdeführer ist Vater eines 2014 geborenen Kindes, das seit der Trennung der Eltern im Jahr 2016 bei der Mutter lebt. Zunächst hatte der Beschwerdeführer regelmäßig Umgang mit dem Kind. Im Laufe des hier zugrundeliegenden Umgangsverfahrens kam es zu Zwischenvereinbarungen und zu begleiteten Umgangskontakten. Seit Februar 2020 fand kein Kontakt mehr zwischen dem Kind und dem Beschwerdeführer statt. Das Kind lehnt Umgangskontakte seit längerer Zeit ab. Die vom Familiengericht beauftragte Sachverständige hat empfohlen, aufgrund der Konfliktlage der Eltern vor der Anordnung von (erneuten) begleiteten Umgangskontakten eine Person zu installieren, zu der das Kind Vertrauen fassen kann und die sich darum kümmert, dass das Interesse des Kindes an Umgangskontakten wieder geweckt werde.
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2. Im Verlaufe des Umgangsverfahrens erhob der Beschwerdeführer mehrfach Beschleunigungsrügen (§ 155b FamFG) und Beschleunigungsbeschwerden (§ 155c FamFG), die überwiegend erfolglos blieben. Lediglich auf eine der Beschleunigungsbeschwerden hin stellte das Oberlandesgericht in einem Beschluss vom 3. August 2021 fest, dass die bis dahin erfolgte Verfahrensbehandlung des Familiengerichts dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot aus § 155 Abs. 1 FamFG nicht ausreichend entsprochen habe. Mit hier angegriffenem Beschluss vom 3. September 2021 wies das Oberlandesgericht eine weitere Beschleunigungsbeschwerde des Beschwerdeführers zurück. Seine dagegen gerichtete Anhörungsrüge blieb erfolglos.
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3. Mittlerweile hat das Familiengericht im Umgangsverfahren mit Beschluss vom 30. November 2021 eine ‒ noch nicht rechtskräftige ‒ Entscheidung getroffen, die einen Umgangspfleger installiert. Dieser soll sich mit dem Kind wöchentlich treffen, um dessen Interesse an Umgangskontakten mit dem Beschwerdeführer zu wecken. Die getroffene Regelung ist hinsichtlich der Zeiten der Treffen des Umgangspflegers mit dem Kind nicht konkretisiert und regelt keine Umgangskontakte des Beschwerdeführers mit dem Kind.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor, weil die Verfassungsbeschwerde unzulässig ist. Soweit sie sich gegen die im Rahmen des Verfahrens über die Beschleunigungsbeschwerde ergangenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts richtet, ist das Rechtsschutzbedürfnis dafür entfallen. Soweit sich der Beschwerdeführer mittelbar gegen die gesetzlichen Regelungen in § 155b und § 155c FamFG richtet, mangelt es zudem an einer den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG resultierenden Anforderungen genügenden Begründung.
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1. Mit der vom Familiengericht getroffenen Sachentscheidung, eine Umgangspflegschaft mit dem Ziel einzurichten, das Interesse des Kindes an Umgangskontakten mit dem Beschwerdeführer wieder zu wecken, ist nicht nur das Rechtsschutzbedürfnis für die fachrechtlichen Beschleunigungsrechtsbehelfe, sondern auch für die darauf bezogene Verfassungsbeschwerde entfallen.
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a) Nach zum Fachrecht wohl allgemein vertretener Auffassung lässt das Ergehen einer die Instanz beendenden Sachentscheidung das Rechtsschutzbedürfnis für die auf die Beschleunigung des fachgerichtlichen Verfahrens gerichteten Rechtsbehelfe der Beschleunigungsrüge und -beschwerde entfallen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. Oktober 2017 - 18 WF 188/17 -, juris, Rn. 13; Meyer-Holz, in: Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 155b Rn. 10; Schumann, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 155b Rn. 7; Hammer, in: Prütting/Helms, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 155c Rn. 5; Döll, in: Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 155b FamFG Rn. 3; Heilmann, in: Heilmann, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 155b FamFG Rn. 3; siehe auch BTDrucks 18/9092, S. 17). Dafür dürfte nicht maßgeblich sein, ob die Einrichtung der Umgangspflegschaft fachrechtlicher Überprüfung standhielte. Daran können hier Zweifel bestehen, weil die ergangene Entscheidung des Familiengerichts keinen vollstreckbaren Inhalt hat. An der instanzabschließenden Wirkung ändert das jedoch nichts. Verfassungsrechtlich greift die Umgangspflegschaft zudem weniger intensiv in das Elternrecht des Beschwerdeführers ein, als es ein wegen des entgegenstehenden Kindeswillens gerichtlich angeordneter Umgangsausschluss getan hätte. Auch ein solcher hätte als die Instanz beendende Entscheidung das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschleunigungsrechtsbehelfe entfallen lassen.
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b) Da der Verfahrenszweck der Beschleunigung nicht mehr erreicht werden kann und sich somit das von dem Beschwerdeführer verfolgte Beschleunigungsbegehren erledigt hat, ist auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Verfassungsbeschwerde entfallen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. August 2018 - 1 BvR 700/18 -, Rn. 4; Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 5. Dezember 2019 - 1 BvR 2621/18 -, Rn. 17, und vom 19. Februar 2020 - 1 BvR 2375/19 -, Rn. 7).
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2. Ein trotz eingetretener Erledigung fortbestehendes Bedürfnis für eine Feststellung der Verfassungswidrigkeit der hier angegriffenen Entscheidungen im Rahmen der Beschleunigungsbeschwerde (§ 155c FamFG) hat der Beschwerdeführer weder dargelegt noch ist ein solches aus den vorgetragenen Umständen ersichtlich.
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Nach einer Erledigung des verfolgten Begehrens besteht im Verfahren der Verfassungsbeschwerde ein Rechtsschutzbedürfnis nur dann fort, wenn entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung anderenfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint oder eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 81, 138 140>).
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Dies ist hier nicht der Fall. Insbesondere sind die hier anwendbaren verfassungsrechtlichen Maßstäbe des Rechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und die daraus folgenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gestaltung und Dauer von Umgangsverfahren (vgl. BVerfGK 2, 140; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 1997 - 1 BvR 711/96 -, juris; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 11. Dezember 2000 - 1 BvR 661/00 -; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. November 2003 - 1 BvR 834/03 -; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2015 - 1 BvR 3326/14) hinreichend geklärt. Auch ist nicht ersichtlich, dass die angegriffenen Hoheitsakte den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigen. Das gilt insbesondere angesichts des Umstandes, dass wegen der offenbar seit längerem bestehenden Weigerung des Kindes, Umgang mit dem Beschwerdeführer haben zu wollen, fachrechtlich auch ein Umgangsausschluss statt der nunmehr eingesetzten Umgangspflegschaft in Betracht gekommen wäre. Zu einer konkreten Wiederholungsgefahr im laufenden Sorgerechtsverfahren trägt der Beschwerdeführer nicht in einer § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise vor.
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3. Soweit der Beschwerdeführer ungeachtet des weggefallenen Rechtsschutzbedürfnisses für die Verfassungsbeschwerde gegen die angegriffenen Entscheidungen mittelbar die Verfassungswidrigkeit von § 155b und § 155c FamFG geltend macht, fehlt es ebenfalls an einer hinreichend substantiierten Begründung.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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