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BVerfG 18.08.2021 - 2 BvR 2181/20
BVerfG 18.08.2021 - 2 BvR 2181/20 - Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Art 19 Abs 4 S 1 GG durch unzureichenden fachgerichtlichen Rechtsschutz gegen eine Briefanhaltung im Strafvollzug
Normen
Art 19 Abs 4 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 31 StVollzG MV, § 34 Abs 1 StVollzG MV, § 35 Abs 1 Nr 3 StVollzG MV
Vorinstanz
vorgehend OLG Rostock, 12. November 2020, Az: 20 Ws 206/20, Beschluss
vorgehend LG Rostock, 2. Juli 2020, Az: 13 StVK 1137/19 (1), Beschluss
Tenor
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1. Der Beschluss des Landgerichts Rostock vom 2. Juli 2020 - 13 StVK 1137/19 (1) - und der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 12. November 2020 - 20 Ws 206/20 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz und werden aufgehoben.
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2. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Rostock zurückverwiesen.
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3. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen das Anhalten eines an den inhaftierten Beschwerdeführer adressierten Briefes.
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I.
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1. Mit Verfügung vom 23. Januar 2019 wurde dem Beschwerdeführer in der Justizvollzugsanstalt Bützow eine umfassende Postkontrolle gemäß § 34 Strafvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (StVollzG M-V) wegen der unrechtmäßigen Weitergabe von Daten Mitgefangener an Dritte ohne deren Einverständnis sowie unerlaubter Rechtsberatung auferlegt. Gegen diese wandte er sich in einem anderweitigen Verfahren, das zum Zeitpunkt des Anhaltens seines Briefs anhängig war. Mit staatsanwaltlicher Verfügung vom 4. Dezember 2019 wurde das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Strafverfahren wegen Abfangens von Daten eingestellt. Der Landesbeauftragte für Datenschutz teilte unter dem 20. Januar 2020 mit, dass der Beschwerdeführer datenschutzrechtlich zur Weitergabe von Daten anderer Gefangener an eine Gefangenengewerkschaft aufgrund eines berechtigten Interesses befugt gewesen sei. Am 6. Oktober 2020 wurde der Beschwerdeführer in die Justizvollzugsanstalt Tegel verlegt.
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2. Am 7. September 2019 schickte die Redaktionsgemeinschaft "der lichtblick", die Redaktion einer Gefangenenzeitung, dem Beschwerdeführer per Post in einem Umschlag ein persönliches Schreiben sowie eine Mitteilung zu einer vom Beschwerdeführer erhobenen Verfassungsbeschwerde. Das persönliche Schreiben hatte folgenden Inhalt:
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"Hallo A., natürlich haben wir uns gefreut, dich erneut bei uns begrüßen zu dürfen. Bei der großen Anzahl von mitgebrachten Dokumenten kommen wir erst jetzt langsam dazu die Auswertung zu beginnen. Natürlich haben wir wieder alle Originale beim Anwalt zur Aufbewahrung hinterlegt und für unsere Zwecke Kopien gefertigt. Insofern anbei deine Mitteilung als Kopie (Original beim Anwalt) zu deiner Verwendung. In Zusammenhang mit den verfassungs- und datenschutzrechtlichen Verstößen sind unsere Anwälte, aufgrund des durch eure Beamten gelieferten originalen Dienstschriftverkehrs in Vorbereitung unserer Klagen. Zu unser aller Erstaunen ist auf keinem Schriftstück so etwas wie ein Aufdruck "nur für den Dienstgebrauch", "vertraulich" oder die Untersagung der Kenntnisnahme des Inhalts durch "Unbefugte". Das wird spaßig. Unsere Recherchen in Bezug auf die Verleumdung durch Mitinhaftierte, die von Bediensteten dazu angestiftet wurden, waren sehr fruchtbar. Es liegen hier zwischenzeitlich zwei eidesstattliche Erklärungen und ein Schuldanerkenntnis vor. Eigentlich fehlt nur noch, dass du als Sittich geoutet wirst, dann wäre der Kohl fett. Lass von dir hören, sobald du wieder telefonieren kannst und halte uns auf dem Laufenden über deine weiteren Schritte wegen der Strafanzeige, Dienstaufsichtsbeschwerden und Zivilklagen. Bleib kritisch und streitbar. Die Redaktionsgemeinschaft der lichtblick."
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3. Am 10. September 2019 wurde der Brief durch die Justizvollzugsanstalt kontrolliert und das persönliche Schreiben angehalten. Dem Beschwerdeführer wurden nur der Umschlag sowie die Mitteilung zu seiner Verfassungsbeschwerde ausgehändigt. Am 20. September 2019 teilte die Justizvollzugsanstalt Bützow der Redaktionsgemeinschaft mit, dass der Brief in Teilen angehalten worden sei. Das Schreiben erfülle die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 StVollzG M-V. Nach dieser Vorschrift können Schreiben angehalten werden, wenn "sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen oder grobe Beleidigungen enthalten". Gemäß § 35 Abs. 3 StVollzG M-V werde das angehaltene Schreiben dem Absender zurückgegeben.
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4. Mit Schreiben vom 26. September 2019 beantragte der Beschwerdeführer eine gerichtliche Entscheidung und begehrte die Feststellung, dass das Anhalten des Briefes rechtswidrig, ermessensfehlerhaft und verfassungswidrig sei. Es verletze seine Meinungsfreiheit und die allgemeine Informationsfreiheit. Eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung liege nicht vor.
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5. Unter dem 7. Oktober 2019 wies das Landgericht darauf hin, dass dem Beschwerdeführer bereits wiederholt mitgeteilt worden sei, dass seine Anträge bezüglich der Kontrolle einzelner Schriftstücke und des damit einhergehenden Anhaltens der Post wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig seien. Der Verfahrensgegenstand sei bereits von seinem anhängigen (weiteren) Antragsverfahren gegen die Postkontrolle umfasst.
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6. In weiteren Schreiben führte der Beschwerdeführer aus, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 StVollzG M-V weder vorlägen noch einzeln begründet worden seien. Auch weshalb die Presse "als gefährlich" qualifiziert werde, sei nicht begründet worden. Dem Inhalt des angehaltenen Schreibens könne auch keine Rechtsberatung entnommen werden. Es liege deshalb "ein neuer Fall" vor, über dessen Rechtmäßigkeit das Gericht entscheiden müsse.
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7. Mit angegriffenem Beschluss vom 2. Juli 2020 wies das Landgericht Rostock den Antrag mangels berechtigten Feststellungsinteresses als unzulässig zurück. Das Oberlandesgericht Rostock habe bereits in einem Beschluss vom 14. Februar 2020 - 20 Ws 229/19, 13 StVK 322/19 - darauf hingewiesen, dass ein solches für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Postkontrolle hinsichtlich eines einzelnen Briefes fehle, wenn die Anordnung der Postkontrolle bereits Gegenstand eines anderen Verfahrens sei. So liege der Fall hier, da die Anordnung der Postkontrolle gemäß § 34 Abs. 1 StVollzG M-V schon Gegenstand eines anderen, bereits anhängigen Verfahrens sei.
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8. Der Beschwerdeführer erhob am 29. Juli 2020 Rechtsbeschwerde. Das Landgericht habe fehlerhaft ein Feststellungsinteresse verneint. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen ihn sei mittlerweile eingestellt und eine Verletzung des Datenschutzrechts durch den Landesbeauftragten für Datenschutz nicht festgestellt worden. Die weitere Postkontrolle sei deshalb rechtswidrig. Weder die Justizvollzugsanstalt noch das Gericht hätten begründet, aus welchen konkreten Gründen das Presseschreiben der Redaktionsgemeinschaft angehalten worden sei. Es lägen keine Gefahren für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt vor. Das Landgericht habe - ohne eine Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt einzuholen - den Sachverhalt nicht aufgeklärt und diesen keiner eigenen Prüfung unterzogen. Effektiver Rechtsschutz sei ihm nicht gewährt worden.
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9. Das Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern entgegnete mit Schreiben vom 6. Oktober 2020, dass die Rechtsbeschwerde unzulässig sei, da die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten sei. Zudem sei sie unbegründet, da Rechtsfehler nicht ersichtlich seien. Das Landgericht habe die entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkte vollständig wiedergegeben. Eine inhaltliche Kontrolle beziehungsweise das Anhalten von Schreiben gemäß §§ 34, 35 StVollzG M-V sei dann rechtmäßig, wenn eine Gefährdung der Erreichung des Vollzugsziels zu befürchten oder die Kontrolle aus Gründen der Sicherheit geboten sei. Dies gelte unabhängig davon, ob der Gefangene durch sein Verhalten einen Straftatbestand verwirklicht habe. Zudem seien die Maßnahmen nicht nur mit dem Vorwurf des Abfangens von Daten, sondern auch mit dem Vorwurf der unerlaubten Rechtsberatung begründet worden. Am 6. März 2020 sei der Beschwerdeführer erneut wegen unerlaubter Rechtsberatung diszipliniert worden. Die Vollstreckung sei im einstweiligen Rechtsschutzverfahren durch das Landgericht bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt worden. Am 20. Januar 2020 sei der Justizvollzugsanstalt eine weitere Anklageschrift der Staatsanwaltschaft bekannt geworden, in der dem Beschwerdeführer Straftaten gemäß § 267 Abs. 1 Strafgesetzbuch (Urkundenfälschung) vorgeworfen würden. In der Gesamtbewertung dieser Erkenntnisse sei daher davon auszugehen, dass die gerügten Maßnahmen angezeigt seien.
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10. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2020 erwiderte der Beschwerdeführer, dass nicht begründet worden sei, weshalb mit dem angehaltenen Schreiben eine Gefährdung des Vollzugsziels verbunden beziehungsweise weshalb die Sicherheit gefährdet sein solle. Ein konkreter Gefährdungsgrund sei weder genannt noch nachgewiesen. Allein ein Hinweis auf §§ 34, 35 StVollzG M-V sei dafür nicht ausreichend. Prüfungsgegenstand sei das Anhalten des Briefes der Redaktionsgemeinschaft und nicht die allgemeine Postkontrolle im anderen anhängigen Verfahren. Zur Meinungs- und Informationsfreiheit gehöre auch der Austausch kontroverser Meinungen. Eine Zensur dürfe nicht stattfinden. Die Gefährdung des Vollzugsziels setze eine konkret vorliegende Gefahr von einigem Gewicht voraus. Dem Inhalt des angehaltenen Briefes lasse sich eine solche nicht entnehmen. Vielmehr enthalte dieser allein Meinungsäußerungen und rechtliche Bewertungen.
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11. Mit angegriffenem Beschluss vom 12. November 2020 verwarf das Oberlandesgericht Rostock die Rechtsbeschwerde als unzulässig. Die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung sei nicht zur Fortbildung des Rechts geboten, da die Rechtsfragen obergerichtlich und höchstrichterlich geklärt seien. Insbesondere sei höchstrichterlich geklärt, dass ein Feststellungsinteresse dann zu bejahen sei, wenn unter anderem die diskriminierenden Folgen einer Maßnahme über deren Erledigung hinaus andauern, was namentlich bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen anzunehmen sei, oder ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG substantiiert geltend gemacht werde. Diese Konstellationen seien im vorliegenden Fall ersichtlich nicht gegeben. Von dem bereits anhängigen Verfahren betreffend die Postkontrolle sowie vom Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 14. Februar 2020 habe der Beschwerdeführer, wie er selbst einräumt, bereits Kenntnis gehabt. Auch eine Sachrüge wäre nicht begründet. Der Beschluss des Landgerichts gebe seinen Inhalt und die die ablehnende Entscheidung tragenden Erwägungen hinreichend wieder. Im Übrigen sei die tatsächliche Würdigung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit der Beschwerdeführer immer wieder auf das angeblich rechtswidrige Anhalten von Schriften und das unzulässige Überwachen von Briefen verweise, könne sich der Senat dieser Ansicht nicht anschließen. Die Rechtsgrundlagen dafür seien in §§ 34, 35 StVollzG M-V niedergelegt. Zur "Sach- und Rechtslage" führte der Senat weiter aus, dass es keine Gefährdung begründe, wenn sich ein Strafgefangener in sachlicher, vollständiger und juristisch zumindest vertretbarer Weise in einer Broschüre über sein Recht informiere. Dies gelte auch allgemein für die gerichtsbekannte Zeitschrift "der lichtblick". Werturteile, Meinungen und kritische Stellungnahmen stünden nach Art. 5 Abs. 1 GG auch Strafgefangenen zu und seien hinzunehmen, auch wenn sie überzogen seien. Deshalb sei bei der Annahme eines Anhaltegrundes Zurückhaltung zu üben und die Voraussetzungen seien eng auszulegen. Schreiben mit links- oder rechtsextremistischem Gedankengut gefährdeten aber regelmäßig die Wiedereingliederung und damit das Vollzugsziel. Stellten einzelne Artikel den Strafvollzug als Willkürapparat dar, könne auch die Zeitschrift "der lichtblick" angehalten werden, ebenso wie Ratgeber und Musterbegründungen mit vollzugsfeindlicher Tendenz. Hiervon unberührt bleibe die Möglichkeit, unzulässiger Rechtsberatung mit den dafür vorgesehenen Instrumenten, gegebenenfalls auch mit disziplinarrechtlichen Maßnahmen, entgegenzutreten.
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II.
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1. Mit der am 11. Dezember 2020 fristgemäß eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die rubrizierten Beschlüsse und macht eine Verletzung der Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG geltend.
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Unter Wiederholung seines fachgerichtlichen Vortrags führt er aus, dass das angehaltene Schreiben der Redaktionsgemeinschaft weder grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen widerspiegele noch grobe Beleidigungen enthalte. Der Sachverhalt sei nicht aufgeklärt und das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für das Anhalten und Zurücksenden des Schreibens nicht begründet sowie überprüft worden. Weshalb dem angehaltenen Schreiben eine unzulässige Rechtsberatung zu entnehmen sein solle, bleibe unklar. Seine Meinungs- und Informationsfreiheit sowie sein Persönlichkeitsrecht seien deshalb verletzt. Ihm sei willkürlich kein effektiver Rechtsschutz gewährt worden.
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2. Das Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern hat von einer Äußerung im Verfassungsbeschwerdeverfahren abgesehen.
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3. Die Akte des fachgerichtlichen Verfahrens hat dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Die Annahme ist nach § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt.
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1. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG.
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a) Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für die Zulässigkeit des Anhaltens eingehender Schreiben, die an Strafgefangene gerichtet sind, ergeben sich aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Juni 1995 - 2 BvR 2651/94 -, juris, Rn. 12 und vom 3. Dezember 2014 - 2 BvR 1956/13 -, juris, Rn. 2; vgl. auch BVerfGE 41, 329 331>). Zu den Bedingungen der Persönlichkeitsentfaltung gehört es, dass der Einzelne einen Raum besitzt, in dem er unbeobachtet sich selbst überlassen ist oder mit Personen seines besonderen Vertrauens ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verhaltenserwartungen und ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen verkehren kann (vgl. BVerfGE 90, 255 260 m.w.N.>). Der Gesetzgeber des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat das Recht auf Schriftwechsel einfachgesetzlich in § 31 StVollzG M-V normiert. Beschränkungen dieses Rechts dürfen nur nach Maßgabe der §§ 31 ff. StVollzG M-V vorgenommen werden. So kann nach § 34 Abs. 1 StVollzG M-V der Schriftwechsel nur überwacht werden, soweit es im Einzelfall wegen einer Gefährdung der Erreichung des Vollzugsziels oder aus Gründen der Sicherheit erforderlich ist. Von der Überwachung des Schriftverkehrs ist als eigenständige staatliche Maßnahme das Anhalten von Schreiben nach § 35 Abs. 1 StVollzG M-V zu unterscheiden. Unter anderem kann gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 3 StVollzG M-V ein Schreiben angehalten werden, wenn es grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen oder grobe Beleidigungen enthält. Als Eingriff in die grundrechtlich gewährleistete Freiheit des Gefangenen ist das Vorliegen der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen grundsätzlich zu begründen.
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Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 58>; stRspr). Die Gerichte sind verpflichtet, bei der Auslegung und Anwendung des Prozessrechts einen wirkungsvollen Rechtsschutz zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 77, 275 284>). Der Bürger hat einen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 35, 382 401 f.>; stRspr). Daraus folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen (vgl. BVerfGE 84, 34 49>). Dabei gewährleistet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern verleiht dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, einen substantiellen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 101, 106 122 f.>; 103, 142 156>; 113, 273 310>; 129, 1 20>). Hieraus ergeben sich auch Anforderungen an die gerichtliche Würdigung des Vortrags des Rechtsschutzsuchenden. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet daher zunächst den Gerichten, das Verfahrensrecht so anzuwenden, dass den erkennbaren Interessen des rechtsschutzsuchenden Bürgers bestmöglich Rechnung getragen wird. Legt ein Gericht den Verfahrensgegenstand in einer Weise aus, die das vom Antragsteller erkennbar verfolgte Rechtsschutzziel ganz oder in wesentlichen Teilen außer Betracht lässt, verletzt dies den Rechtsanspruch des Betroffenen nach Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfGK 10, 509 513>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Januar 2017 - 2 BvR 476/16 -, Rn. 12).
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b) Gemessen hieran ist das Landgericht Rostock im Beschluss vom 2. Juli 2020 den Anforderungen von Art. 19 Abs. 4 GG nicht gerecht geworden.
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Indem das Landgericht den Antrag des Beschwerdeführers entgegen dem erkennbar verfolgten Rechtsschutzziel dahingehend ausgelegt hat, dass sich der Antrag allein gegen die bereits in einem weiteren Rechtsschutzverfahren angegriffene Überwachungsanordnung gemäß § 34 Abs. 1 StVollzG M-V richte und dem Beschwerdeführer deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis fehle, hat das Gericht dessen Rechtsanspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Das Gericht war verpflichtet, die vom Beschwerdeführer ausdrücklich angefochtene Anhalteverfügung vom 10. September 2019 in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das Landgericht hätte deshalb insbesondere prüfen müssen, ob das von der Redaktionsgemeinschaft an den Beschwerdeführer gesandte Schreiben die Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 3 StVollzG M-V erfüllt. So bleibt bei der von der Justizvollzugsanstalt nicht näher begründeten Mitteilung über das Anhalten des Schreibens bereits ungeklärt, welche konkreten Inhalte des Schreibens das jeweilige Tatbestandsmerkmal erfüllen sollen.
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c) Der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 12. November 2020 verletzt den Beschwerdeführer ebenfalls in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.
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Zwar hat das Oberlandesgericht ausgeführt, dass unter anderem ein Feststellungsinteresse anzunehmen sei, wenn bei der angefochtenen Maßnahme ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG substantiiert geltend gemacht werde. Es hat jedoch übersehen, dass eine entsprechende Konstellation hier ersichtlich vorliegt. Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für die Zulässigkeit von Beschränkungen eingehender Schreiben, die an Strafgefangene gerichtet sind, ergeben sich aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Mit der ergänzenden Begründung, dass die tatsächliche Würdigung des Landgerichts in der angegriffenen Entscheidung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sei und der Senat die wiederholt vorgetragene Ansicht des Beschwerdeführers zur Überwachung und zum Anhalten seiner Briefe nicht teile, hat sich das Oberlandesgericht zudem die landgerichtliche Entscheidung in den zu beanstandenden Erwägungen zu eigen gemacht. Darin liegt eine eigenständige Verkennung der Bedeutung und Tragweite von Art. 19 Abs. 4 GG. Auch aus den folgenden allgemeinen Ausführungen des Senats zu rechtlichen Anforderungen an das Anhalten eingehender Schreiben im Strafvollzug lässt sich keine rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Anhalteverfügung vom 10. September 2019 entnehmen.
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2. Da die angegriffenen Entscheidungen schon wegen Verstoßes gegen Art. 19 Abs. 4 GG verfassungswidrig sind, kann offenbleiben, ob sie auch weitere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzen.
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IV.
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Die Entscheidungen des Landgerichts Rostock vom 2. Juli 2020 und des Oberlandesgerichts Rostock vom 12. November 2020 sind nach § 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an das Landgericht Rostock zurückzuverweisen.
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V.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Mit dieser Anordnung erledigt sich der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts (vgl. BVerfGE 62, 393 397>; 71, 122 136 f.>; 105, 239 252>).
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