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BVerfG 08.12.2020 - 2 BvR 932/19
BVerfG 08.12.2020 - 2 BvR 932/19 - Nichtannahmebeschluss: Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Zurückweisung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung im Klageerzwingungsverfahren (§ 172 Abs 2 StPO) mangels Darlegungen (§ 172 Abs 3 S 1 StPO) zur Wahrung der Zwei-Wochen-Frist des § 172 Abs 1 S 1 StPO
Normen
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 93 Abs 1 S 1 BVerfGG, § 93 Abs 2 S 4 BVerfGG, § 172 Abs 1 StPO, § 172 Abs 3 S 1 StPO
Vorinstanz
vorgehend KG Berlin, 21. März 2019, Az: 6 Ws 24/19 - 121 Zs 13/19, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird, ohne dass es einer Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedarf, nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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1. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde lässt eine Verletzung von Rechten im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG inhaltlich nachvollziehbar nicht erkennen. Hierbei ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn nach der Auslegung des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO durch das Kammergericht die Beschwerdeführerin im Klageerzwingungsverfahren für einen zulässigen Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Einhaltung der Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 StPO darzulegen hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Februar 1994 - 2 BvR 125/94 -, juris, Rn. 1; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Oktober 1996 - 2 BvR 502/96 -, juris, Rn. 13; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Februar 1999 - 2 BvR 1201/98 -, Rn. 9).
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Anwendung und Auslegung des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO sind Aufgabe der Oberlandesgerichte (hier des Kammergerichts) als hierfür zuständige Fachgerichte und entziehen sich grundsätzlich einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 18, 85 92>). Dieses greift auf Verfassungsbeschwerde hin nur bei einer Verletzung spezifischen Verfassungsrechts ein. Das Kammergericht hat den Antrag der Beschwerdeführerin auf gerichtliche Entscheidung im Klageerzwingungsverfahren als unzulässig verworfen, weil ihm nicht zu entnehmen war, wann der Beschwerdeführerin die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Berlin vom 2. November 2018 zugegangen war, und deswegen nicht geprüft werden konnte, ob die Zwei-Wochen-Frist des § 172 Abs. 1 StPO eingehalten wurde. Diese Annahme verstößt weder gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen sonstiges Verfassungsrecht.
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Die Einhaltung der Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 StPO ist ebenso Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung im Klageerzwingungsverfahren wie die Wahrung der Frist des § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO nach der Entscheidung des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft und ist als solche vom Kammergericht zu überprüfen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. März 1988 - 2 BvR 1511/87 -, juris, Rn. 3). Ohne die Wahrung der Beschwerdefrist ist das Gericht im Gegensatz zum vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft, der den Einstellungsbescheid unabhängig von der Einhaltung der Frist des § 172 Abs. 1 StPO nachprüft, an einer Sachentscheidung gehindert. Da das Vorbringen im Antrag auf gerichtliche Entscheidung das Gericht in die Lage versetzen soll, ohne Rückgriff auf die Akten der Staatsanwaltschaft eine Schlüssigkeitsprüfung hinsichtlich der Erfolgsaussicht des Antrags in formeller und materieller Hinsicht vorzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Juni 2003 - 2 BvR 1659/01 -, Rn. 6), ist es nur folgerichtig, jedenfalls aber gut vertretbar und ersichtlich frei von Willkür, die Vorschrift des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO so auszulegen, dass die Antragstellerin auch die Einhaltung der Frist des § 172 Abs. 1 StPO darzulegen hat. Denn die Erfolgsaussicht des Antrags hängt nicht nur davon ab, ob die Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigten die ihr zur Last gelegte Straftat in der gerichtlichen Hauptverhandlung nachgewiesen werden kann, sondern auch davon, ob der Rechtsweg zum Oberlandesgericht (hier Kammergericht) überhaupt eröffnet ist und fristgerecht beschritten wurde. Auch ist es sachgerecht, die Pflicht zur Tatsachenmitteilung auf das Datum des Zugangs des Einstellungsbescheids zu erstrecken, um eindeutig verspätete Anträge ohne weitere Prüfung abweisen zu können.
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2. Die Beschwerdeführerin hat weiter für die verfassungsrechtliche Beurteilung unverzichtbare Unterlagen, namentlich ihre Strafanzeige, den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Berlin und ihre Beschwerdeschreiben an die Generalstaatsanwaltschaft Berlin innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG weder vorgelegt noch ihrem wesentlichen Inhalt nach wiedergegeben (vgl. BVerfGE 78, 320 327>; 88, 40 45>; 93, 266 288>; BVerfGK 5, 170 171>).
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3. Einer Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung bedarf es nicht, weil die Verfassungsbeschwerde unabhängig von der Wahrung der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG offensichtlich unzulässig ist. Bei den fehlenden unverzichtbaren Unterlagen, die nicht in der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG vorgelegt worden sind, handelt es sich nicht um solche, die in den Anlagen der Verfassungsbeschwerde vom 24. April 2019 in Bezug genommen worden sind. Es besteht somit bereits kein Anknüpfungspunkt dafür, dass die Vorlage dieser Unterlagen ohne Verschulden unterblieben ist. Auch ist die Vorlage der fehlenden Unterlagen nicht in der Frist des § 93 Abs. 2 Satz 4 BVerfGG nachgeholt worden.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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