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BVerfG 27.08.2019 - 1 BvR 811/17
BVerfG 27.08.2019 - 1 BvR 811/17 - Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung der Meinungsfreiheit einer politischen Partei (Art 5 Abs 1 S 1 GG) durch Auferlegung einer Geldbuße wegen unterbliebener Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten (§§ 24 Abs 1 Nr 8, 7 Abs 1 S 2 JMStVtr) bei Verbreitung jugendgefährdender Äußerungen im Internet - unzureichende fachgerichtliche Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Jugendgefährdung - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 5 Abs 1 S 1 GG, Art 5 Abs 2 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 4 Abs 1 S 1 Nr 3 JMStVtr, § 7 Abs 1 S 2 JMStVtr, § 24 Abs 1 Nr 8 JMStVtr, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG
Vorinstanz
vorgehend KG Berlin, 2. Februar 2017, Az: 6 Ws (B) 22/17 - 162 Ss 2/17, Beschluss
vorgehend AG Tiergarten, 10. Oktober 2016, Az: (327 OWi) 3034 Js-OWi 3211/16 (187/16), Urteil
Tenor
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1. Das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 10. Oktober 2016 - (327 OWi) 3034 Js-OWi 3211/16 (187/16) - und der Beschluss des Kammergerichts vom 2. Februar 2017 - 6 Ws (B) 22/17 - 162 Ss 2/17 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes.
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2. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Tiergarten zurückverwiesen.
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3. Das Land Berlin hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
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4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 15.000 € (in Worten: fünfzehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Verurteilung zu einer Geldbuße wegen des Unterlassens der Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten für ein vom Beschwerdeführer betriebenes Internetangebot.
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1. Der Beschwerdeführer ist der Landesverband Berlin der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Er unterhält unter der Internetadresse www.facebook.com/npd.berlin ein allgemein zugängliches Internetangebot, auf dem er eigene Artikel und Texte zu politischen Themen einstellt und auf fremde Texte verlinkt. Andere Nutzer haben Gelegenheit, die Inhalte des Beschwerdeführers zu kommentieren, ihre Zustimmung kundzutun oder die eingestellten Beiträge zu "teilen" und damit selbst weiterzuverbreiten.
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Zwischen dem 22. November 2014 und dem 4. Januar 2016 erstellte der Beschwerdeführer eine Vielzahl von Beiträgen zur Flüchtlingspolitik. Teils wurden hierzu politische Slogans, die auch im Wahlkampf Verwendung fanden, verbreitet. Darüber hinaus verlinkte der Beschwerdeführer einen Onlineartikel des Magazins FOCUS, der unter dem Titel "Mit Flaschen aufeinander eingehauen. Eskalation der Gewalt: 60 Flüchtlinge liefern sich Massenschlägerei in Berlin" eine Auseinandersetzung in einer Flüchtlingsunterkunft behandelte, mit folgendem Kommentar:
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"Demnächst auch in ihrer Nachbarschaft! Darum sagen wir auch weiterhin Nein zu weiteren Asylheimen, egal ob in Pankow, Köpenick oder anderswo!"
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Die Reaktion eines Nutzers kommentierte der Beschwerdeführer folgendermaßen:
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"Sag doch erst mal allen Flüchtlingen, dass sie sich lieben sollen, dass sie ihr Heil nicht in der Flucht (vor was auch immer …) suchen sollten, sondern in ihrer eigenen Heimat Gutes tun sollen, anstatt in Deutschland wie die Heuschrecken einzufallen, sich in der sozialen Hängematte zu suhlen und uns alle (vielleicht sogar dich, wenn du zu den Gebern in das Sozialsystem und nicht zu den Nehmern aus … gehörst?) massiv zu schädigen!"
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Einen weiteren Beitrag kommentierte der Beschwerdeführer mit den Worten:
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"Gerne, Ralf … wenn man uns aber aussaugt bis aufs Mark, dann können wir irgendwann nicht mehr helfen."
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Dieser Eintrag wurde sodann von einer Nutzerin wie folgt kommentiert:
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"Mein Freund arbeitet am Alexanderplatz … In der Pause kann er sie immer beobachten. Handys und Geld klauen die ohne Ende … Restaurantgästen werden von diesen Leuten Zettel auf den Tisch gelegt wo irgendetwas draufsteht … Unter der Zeitung haben die denn ratzfatz Geld oder Handys weggeklaut. Und dass massenhaft jede Minute. Ich würd die hier alle wegjagen. Raus mit solchen Leuten die hier nicht nur alle herkommen, sondern sich auch noch wie die Raten vermehren und die Hand aufhalten. Halbwegs intelligente Deutsche trauen sich keine Kinder mehr in die Welt zu setzen. Die anderen haben 6-7 davon Ich wollte Berufsausbildungsbeihilfe beantragen und musste zum Arbeitsamt und bin am Jobcenter in Kreuzberg vorbeigegangen … Da waren keine Deutschen drin ... Aber Kopftücher hab ich gesehen … Stehen da alle an der Schlange bis draußen und warten dass sie dran kommen. Um sich die Wartezeit zu verkürzen legten sie sich halt mit ihren iPhones ab. …"
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Dieser Eintrag wurde sodann von einem anderen Nutzer weiter kommentiert:
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"die Moslems töten die Christen reihenweise in ihren Heimatländern und unser Ziel ist es jetzt diese unausgebildeten gewaltbereiten Horden in unser Land zu holen? Wenn es so weitergeht, werden sie uns mit in den Atom reißen."
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2. Aufgrund der Beiträge setzte die Landesmedienanstalt eine Geldbuße in Höhe von 1.300 Euro gegen den Beschwerdeführer wegen eines Verstoßes gegen § 24 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 3 JMStV fest. Der Beschwerdeführer hätte gemäß § 7 Abs. 1 JMStV einen Jugendschutzbeauftragten bestellen müssen, weil er jugendgefährdende Angebote geschäftsmäßig über Telemedien zugänglich gemacht habe. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 JMStV seien insbesondere solche Angebote jugendgefährdend und unzulässig, die zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, dass Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden.
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3. Auf den hiergegen gerichteten Einspruch verurteilte das Amtsgericht den Beschwerdeführer mit angegriffenem Urteil zu einer Geldbuße in Höhe von 600 Euro. Es liege eine Zuwiderhandlung gegen § 24 Abs. 1 Nr. 8 in Verbindung mit § 7 JMStV vor. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Beiträge volksverhetzenden Inhalt hätten, denn die Jugendgefährdung folge schon daraus, dass die grob vereinfachten Darstellungen, Slogans und Kommentare geeignet seien, ein überzogen simplifiziertes Weltbild zu fördern und zur undifferenzierten Ablehnung ganzer Bevölkerungsgruppen und aggressiver Feindseligkeit gegenüber religiösen und ethnischen Minderheiten beizutragen.
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4. Mit ebenfalls angegriffenem Beschluss verwarf das Kammergericht die Rechtsbeschwerde als unbegründet.
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5. Mit seiner Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) geltend; darüber hinaus rügt er eine Verletzung der Parteienfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 GG.
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6. Der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Von einer Stellungnahme wurde abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
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II.
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Soweit der Beschwerdeführer rügt, durch das angegriffene Urteil des Amtsgerichts und den angegriffenen Beschluss des Kammergerichts in seinem Recht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt zu sein, nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
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1. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 BVerfGG), soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG rügt. Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen Fragen bereits entschieden. Dies gilt namentlich für den Einfluss des Grundrechts auf Meinungsfreiheit bei der Auslegung und Anwendung grundrechtsbeschränkender Vorschriften des einfachen Rechts (vgl. BVerfGE 82, 43 50 f.>; 93, 266 292 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und begründet.
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a) Politische Parteien sind Träger von Grundrechten, soweit diese ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind (vgl. BVerfGE 84, 290 299>; 121, 30 56>). Dies gilt insbesondere für die Meinungsfreiheit (vgl. BVerfGE 90, 241 246 ff.>). Die Kommunikationsfreiheiten aus Art. 5 Abs. 1 GG ergänzen die besondere, durch den Mitwirkungsauftrag des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG geprägte Funktion der politischen Parteien. Dabei steht es den Parteien grundsätzlich frei, ob und, wenn ja, welcher Medien sie sich zur Erfüllung dieses Auftrags innerhalb der verfassungsrechtlich gesetzten Grenzen bedienen wollen (vgl. BVerfGE 121, 30 57>).
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Gegenstand des Schutzbereiches des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG sind Meinungen, das heißt durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte Äußerungen (vgl. BVerfGE 7, 198 210>; 61, 1 8>; 90, 241 247>). Sie fallen stets in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden (vgl. BVerfGE 90, 241 247>; 124, 300 320>). Neben Meinungen sind vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG aber auch Tatsachenmitteilungen umfasst, da und soweit sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen sind beziehungsweise sein können (vgl. BVerfGE 61, 1 8>; 90, 241 247>). Nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen hingegen bewusst oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptungen, da sie zu der verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsbildung nichts beitragen können (vgl. BVerfGE 61, 1 8>; 90, 241 247 f.>). Im Einzelfall ist eine Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile aber nur zulässig, wenn dadurch der Sinn der Äußerung nicht verfälscht wird. Wo dies nicht möglich ist, muss die Äußerung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes insgesamt als Meinungsäußerung angesehen werden, weil andernfalls eine wesentliche Verkürzung des Grundrechtsschutzes drohte (vgl. BVerfGE 61, 1 9>; 90, 241 248>).
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Bei den beanstandeten Kommentaren handelt es sich ersichtlich um Meinungsäußerungen zur Flüchtlingspolitik im Allgemeinen sowie zu dem in Bezug genommenen Nachrichtenbeitrag im Speziellen. Dass es sich dabei sowohl um Meinungsäußerungen handelt, die der Beschwerdeführer selbst getätigt hat, als auch um Äußerungen Dritter, die der Beschwerdeführer verbreitete, macht vorliegend keinen Unterschied. Letztere muss er sich zurechnen lassen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 30. September 2003 - 1 BvR 865/00 -, Rn. 13). Dass diese sich gezielt gegen eine Minderheit richteten, hetzerischen und möglicherweise offen rassistischen Gehalt aufwiesen, wie das Amtsgericht angenommen hat, lässt sie nicht schon aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen.
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b) Die Meinungsfreiheit ist nicht erst dann berührt, wenn das grundrechtlich geschützte Verhalten selber eingeschränkt oder untersagt wird. Es genügt, dass nachteilige Rechtsfolgen daran geknüpft werden (vgl. BVerfGE 86, 122 128>). Das ist hier geschehen. Das Amtsgericht hat die Notwendigkeit der Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten durch den Beschwerdeführer ausschließlich damit begründet, dass er geschäftsmäßig jugendgefährdende Inhalte verbreite.
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c) Die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen genügen den Rechtfertigungsanforderungen nicht.
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aa) Das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährleistet. Nach Art. 5 Abs. 2 GG unterliegt es insbesondere den Schranken, die sich aus den allgemeinen Gesetzen ergeben. Darunter sind alle Gesetze zu verstehen, die nicht eine Meinung als solche verbieten, sich nicht gegen die Äußerung der Meinung als solche richten, sondern dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen (vgl. BVerfGE 7, 198 209 f.>; 93, 266 291>; 124, 300 321 f.>). § 7 Abs. 1 Satz 2 JMStV stellt eine verfassungskonforme Schrankenregelung der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 2 GG dar. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber zu einem verbesserten Jugendschutz den Anbietern von Telemedien die Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten als Teil eines Systems des Jugendschutzes durch Selbstkontrolle aufgegeben hat, sofern diese jugendgefährdende oder entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte geschäftsmäßig zugänglich machen. Gleichfalls ist es grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich, auch politische Meinungsäußerungen unter das Merkmal der jugendgefährdenden oder entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte zu fassen (vgl. BVerfGE 90, 1 16>).
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Verfassungsrechtlich erforderlich ist jedoch, dass Entscheidungen, die an die Bewertung einer durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Äußerung als jugendgefährdend oder entwicklungsbeeinträchtigend nachteilige Rechtsfolgen knüpfen, der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit Rechnung tragen. Diese Grundsätze sind auch dann zu beachten, wenn nicht die Meinungsäußerung selbst Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens ist, sondern die Bewertung der Meinungsäußerung nur ihrerseits Grundlage für eine weitere belastende staatliche Maßnahme wird.
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bb) Dem werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht. Das Amtsgericht stützt seine Auffassung, der Beschwerdeführer biete jugendgefährdende Inhalte an, vom Ansatz her zutreffend auf die im Urteil festgestellten Inhalte der Internetseite. Dabei lässt es ausdrücklich offen, ob die Äußerungen die Grenze zur strafbaren Volksverhetzung überschreiten. Da die Frage des Jugendschutzes anderen Kriterien folgt als die Strafbarkeit wegen Volksverhetzung, ist auch dieses verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Mit Art. 5 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist indes, wenn das Gericht die Äußerungen dann aber nur pauschal als "jugendgefährdend" bewertet und hierfür schlicht auf deren grob vereinfachende Darstellung und Eignung zum Schüren von Ressentiments gegen Minderheiten verweist. Verfassungsrechtlich erforderlich ist vielmehr eine nachvollziehbare Darlegung der einzelnen Subsumtionsschritte unter die Tatbestandsmerkmale der angewendeten Norm (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. März 2008 - 1 BvR 1753/03 -, Rn. 39 f.), in der sich die Fachgerichte mit der wertsetzenden Bedeutung der Meinungsfreiheit auseinandersetzen und deren Inhalt und Schranken hinsichtlich des hier in Frage stehenden Jugendschutzes erkennbar machen.
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Das erfordert zunächst, dass der Bedeutungsgehalt der beanstandeten Äußerungen in tragfähiger Weise ermittelt wird (vgl. BVerfGE 93, 266 295>). Erst auf dieser Grundlage kann das Fachgericht unter Berücksichtigung des Gewährleistungsgehalts des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG eine Entscheidung darüber treffen, ob die betreffenden Inhalte jugendgefährdend oder entwicklungsbeeinträchtigend im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 JMStV sind. Dabei haben sich die Gerichte insbesondere auch mit dem Gewicht der Sanktionen zu befassen wie hier die Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten für Veröffentlichungen auf Facebook-Seiten. Sie haben insoweit Auslegungskriterien zugrunde zu legen, die der Bedeutung solcher Jugendschutzmaßnahmen für Internetangebote in Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragen. Dem genügen die angegriffenen Entscheidungen gleichfalls nicht. Ihnen lässt sich weder eine einzelfallbezogene Auseinandersetzung mit der Bedeutung der beanstandeten Äußerungen entnehmen, noch eine Berücksichtigung der Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers. Insbesondere setzen sie sich nicht mit der hier in Frage stehenden Sanktion - der Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten - und deren Bedeutung wie Gewicht im Zusammenhang von Veröffentlichungen auf Facebook-Seiten in irgendeiner Weise auseinander.
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2. Weil die Entscheidungen bereits wegen eines Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG aufzuheben waren, bedarf es keiner Entscheidung, ob auch ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 GG gegeben ist.
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3. Die angefochtenen Entscheidungen beruhen auch auf dem Grundrechtsverstoß. Sie sind daher aufzuheben. Es ist offen, ob die Gerichte zu einer anderen Beurteilung gelangt wären, wenn sie Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG im gebotenen Umfang für die zu entscheidenden Fragen berücksichtigt hätten. Insbesondere ist nicht ausgeschlossen, dass die beanstandeten Äußerungen sich im Ergebnis als jugendgefährdend erweisen. Die Sache ist an das Amtsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).
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4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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