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BVerfG 03.05.2016 - 2 BvR 905/16
BVerfG 03.05.2016 - 2 BvR 905/16 - Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung: Substantiierungsanforderungen sowie Subsidiarität im eA-Verfahren - hier: Rechtsschutz gegen Zwangsräumung einer Wohnung - Inanspruchnahme fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes nicht ersichtlich - Suizidgefährdung des Räumungsschuldners nicht substantiiert dargelegt
Normen
Art 2 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 93 Abs 1 BVerfGG, § 570 Abs 3 ZPO
Vorinstanz
vorgehend AG Reinbek, 25. April 2016, Az: 7a M 942/15, Beschluss
Gründe
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I.
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1. Gegen den Beschwerdeführer und Antragsteller wird nach Erteilung des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren die Zwangsvollstreckung auf Räumung des von ihm bewohnten Versteigerungsobjekts betrieben. Die beiden Vollstreckungsschutzanträge des Beschwerdeführers vom 2. September 2015 und 17. Februar 2016 hatten insoweit Erfolg, als das Amtsgericht durch Beschluss vom 10. September 2015 und vom 25. Februar 2016 - 7a M 942/15 - die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss vom 27. August 2014 - 2 K 24/12 - zunächst für vier Monate und sodann für zwei weitere Monate bis zum Ablauf des 30. April 2016 einstweilen einstellte. Die suizidalen Absichten des Beschwerdeführers seien im Hinblick auf seine psychische Erkrankung bei Durchführung der Zwangsräumung zumindest nicht auszuschließen. Die Befristung sei gerechtfertigt, weil ausweislich des psychiatrischen Gutachtens vom 27. Oktober 2015 mit einer Zustandsstabilisierung innerhalb von sechs Monaten gerechnet werden könne. Die wirtschaftlichen Interessen der Gläubigerpartei würden durch die monatlich zu leistende Nutzungsentschädigung des Beschwerdeführers gewahrt.
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Mit Schreiben vom 12. April 2016 wurde dem Beschwerdeführer die Zwangsräumung für Dienstag, 3. Mai 2016, angekündigt. Die Vollstreckung sei fortzusetzen, weil er die Nutzungsentschädigung an die Gläubigerpartei nicht bezahlt habe. In dem hiergegen gerichteten (weiteren) Vollstreckungsschutzantrag vom 18. April 2016 lässt sich der Beschwerdeführer - ausschließlich - dahingehend ein, dass er die Nutzungsentschädigung - entgegen der Behauptung der Gläubigerpartei - geleistet habe.
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Durch Beschluss vom 25. April 2016 wies das Amtsgericht den Räumungsschutzantrag zurück. Der gewährte Räumungsschutz laufe am 30. April 2016 ab. Da die Vollstreckung erst für den 3. Mai 2016 angekündigt worden sei, komme es auf die Frage der geleisteten Nutzungsentschädigung nicht entscheidend an. Der Schriftsatz des Beschwerdeführers lasse keinen Antrag erkennen, die Zwangsräumung über den 30. April 2016 hinaus einzustellen. Eine weitere Begründung sei innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist nicht eingegangen.
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2. Mit seiner mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde rügt der - anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer sinngemäß, durch die angegriffene Entscheidung in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1, 2 GG verletzt zu sein. Er beantragt, "die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Reinbeck 2 K 24/12 in Form einer Zwangsräumung durch die Gerichtsvollzieherin - AZ DR II 865/15 - für die Dauer von 3 Monaten, längstens jedoch bis zur Entscheidung am Landgericht Lübeck 7 T 504/15 und dem Vorliegen eines neuen Gutachtens des gerichtlichen Gutachters […] einstweilen einzustellen".
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Die Suizidgefahr des Beschwerdeführers sei weiterhin akut. Dies werde durch das Gutachten vom 27. Oktober 2015 sowie durch die mündliche Erörterung am Landgericht Lübeck vom 17. Dezember 2015 belegt. Zudem habe der Beschwerdeführer - nachdem er von dem angegriffenen Beschluss Kenntnis erlangt habe - eine Angst- und Panikattacke erlitten und sich am 25. April 2016 erneut in der Notfallsprechstunde eines Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychosomatik vorgestellt.
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II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg.
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1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht einen Zu-stand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.
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Dabei haben die Gründe, welche der Beschwerdeführer für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Hoheitsakte anführt, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erweist sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 7, 367 371>; 134, 138 140 Rn. 6>; stRspr). Nur bei einem offenen Ausgang der Verfassungsbeschwerde kommt es zu einer Folgenabwägung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 -, juris, Rn. 16 f.).
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Maßgebend für die Beurteilung ist der Verfahrensstand im Zeitpunkt der Entscheidung über die einstweilige Anordnung (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2001 - 1 BvQ 35/01 -, NJW 2002, S. 356; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. Februar 2016 - 1 BvQ 8/16 -, juris, Rn. 3). Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde setzt eine hinreichende Begründung voraus (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Ferner gilt auch im verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kommt daher nur in Betracht, wenn der Antragsteller bestehende Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, ausgeschöpft hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. März 2016 - 2 BvQ 16/16 -, juris, Rn. 3, m.w.N.).
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2. Nach diesen Maßstäben ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht angezeigt. Der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen des § 23 Abs. 1, § 92 BVerfGG genügenden Weise begründet und auch dem Grundsatz der Subsidiarität nicht entsprochen.
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Er hat weder den Vollstreckungstitel vorgelegt noch dargelegt, was Gegenstand des (Beschwerde)Verfahrens 7 T 504/15 bei dem Landgericht Lübeck ist, bis zu dessen Abschluss er eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung begehrt. Dass im Rahmen dieses Verfahrens ein Antrag nach § 570 Abs. 3 ZPO auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Beschwerdegericht gestellt worden wäre, ist nicht erkennbar.
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Darüber hinaus setzt er sich in keiner Weise mit der angegriffenen Entscheidung des Amtsgerichts vom 25. April 2016 auseinander. Dass er vor dem Amtsgericht die nunmehr im Verfassungsbeschwerdeverfahren geltend gemachte fortdauernde Gefährdungslage vorgetragen hätte, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen fehlen auch in der Begründung der Verfassungsbeschwerde substantiierte Ausführungen und Nachweise zum Fortgang der Behandlung des Beschwerdeführers seit der Begutachtung im Oktober 2015. Soweit dieser zu erneuten Angst- und Panikattacken vorträgt, enthält das diesbezügliche Attest vom 25. April 2016 nur den Hinweis, eine regelmäßige Weiterbehandlung sei ratsam, ohne eine aktuell bestehende suizidale Gefährdungslage zu thematisieren.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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