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BVerfG 29.12.2015 - 1 BvL 4/11
BVerfG 29.12.2015 - 1 BvL 4/11 - Unzulässige Richtervorlage zur Verfassungsmäßigkeit des § 434j Abs 2 S 2 SGB III (juris: SGB 3) - unzureichende Darlegung der Entscheidungserheblichkeit
Normen
GG, § 80 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 27 SGB 10, § 28a Abs 2 SGB 3, § 434j Abs 2 S 2 SGB 3, § 103 SGG, § 122 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Dortmund, 10. Dezember 2010, Az: S 33 AL 259/09 WA, Vorlagebeschluss
Gründe
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Die Vorlage des Sozialgerichts betrifft die durch § 434j Abs. 2 Satz 2 SGB III verkürzte Antragsfrist für die freiwillige Weiterversicherung von Selbständigen in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung.
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I.
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1. Das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2848) hat Selbständigen seit dem 1. Februar 2006 erstmals die Möglichkeit zur freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung eröffnet. Wer eine selbständige Tätigkeit im Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnimmt oder ausübt, kann gemäß § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III (BGBl I S. 2848 2853 f.>) auf Antrag ein Versicherungspflichtverhältnis in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung begründen. § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III (in der so bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung) verlangt dafür, dass der Antragsteller innerhalb der letzten beiden Jahre vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit mindestens zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt war oder eine Entgeltersatzleistung nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch bezogen hat. Gemäß § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III (in der so bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung) muss er unmittelbar vor der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden oder eine Entgeltersatzleistung nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch bezogen haben. Nach § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III (in der so bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung) darf Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung nicht anderweitig bestehen. Die Begründung des Versicherungspflichtverhältnisses muss gemäß § 28a Abs. 2 Satz 2 SGB III (in der so bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung) spätestens innerhalb eines Monats nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit beantragt werden.
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Um "zunächst Erfahrungen im Hinblick auf die Inanspruchnahme und die damit verbundenen Risiken für die Arbeitslosenversicherung" zu sammeln (vgl. BTDrucks 15/1515, S. 78), befristete § 28a Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 SGB III die freiwillige Weiterversicherung für Selbständige und Auslandsbeschäftigte bis zum 31. Dezember 2010. Diese zeitliche Begrenzung des Versicherungsverhältnisses ist durch Art. 1 Nr. 4 des Beschäftigungschancengesetzes vom 24. Oktober 2010 (BGBl I S. 1417 1417 f.>) ersatzlos entfallen; der Gesetzgeber hat die Beendigungstatbestände nunmehr in § 28a Abs. 5 SGB III zusammengefasst, der eine vergleichbare Regelung nicht länger vorsieht.
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Um die Versicherungspflicht auch Personen zu eröffnen, die schon vor Inkrafttreten des § 28a SGB III selbständig waren, wurde eine flankierende Übergangsregelung geschaffen (vgl. BTDrucks 15/1515, S. 78). § 434j Abs. 2 SGB III in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2848 2885>) bestimmte, dass der Antrag auf freiwillige Weiterversicherung bis zum 31. Dezember 2006 gestellt werden kann. Die Vorschrift lautet:
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"(2) § 28a Abs. 2 gilt mit der Maßgabe, dass ein Antrag auf freiwillige Weiterversicherung ungeachtet der Voraussetzungen des Satzes 2 bis zum 31. Dezember 2006 gestellt werden kann."
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Infolgedessen konnten auch Selbständige, die ihre Tätigkeit schon seit Jahrzehnten ausüben, die Versicherungsmöglichkeit wahrnehmen.
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2. Die für das Vorlageverfahren maßgebliche Änderung der Rechtslage erfolgte durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II-Fortentwicklungsgesetz <GSiFoG>) vom 20. Juli 2006 (BGBl I S. 1706 1717>). Die bisherige Regelung des § 434j Abs. 2 SGB III wurde um einen Satz 2 ergänzt, der auf die Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 31. Mai 2006 zurückgeht (vgl. BTDrucks 16/1696, S. 12). § 434j Abs. 2 SGB III lautet danach wie folgt:
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"(2) § 28a Abs. 2 gilt mit der Maßgabe, dass ein Antrag auf freiwillige Weiterversicherung ungeachtet der Voraussetzungen des Satzes 2 bis zum 31. Dezember 2006 gestellt werden kann. Stellt eine Person, deren Tätigkeit oder Beschäftigung gemäß § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, den Antrag nach dem 31. Mai 2006, gilt Satz 1 mit der Einschränkung, dass die Tätigkeit oder Beschäftigung nach dem 31. Dezember 2003 aufgenommen worden sein muss."
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Die Gesetzesänderung hat zur Konsequenz, dass Selbständige, die ihre Tätigkeit vor dem 1. Januar 2004 begonnen haben, die freiwillige Versicherung nur noch bis zum 31. Mai 2006 (und nicht mehr bis zum 31. Dezember 2006) beantragen konnten. Dies soll den engen "Zusammenhang zur bisherigen Zugehörigkeit zur Versichertengemeinschaft" stärker betonen (vgl. BTDrucks 16/1696, S. 32).
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§ 434j Abs. 2 Satz 2 SGB III ist gemäß Art. 16 Abs. 3 GSiFoG (BGBl I S. 1706 1720>) schon vor seiner Verkündung am 25. Juli 2006 (vgl. BGBl I S. 1706) zum 1. Juni 2006 (dem Tag der dritten Lesung und des Gesetzesbeschlusses im Bundestag, vgl. BT-Plenarprotokoll 16/37, S. 3333 A ff.) in Kraft getreten. Der Gesetzgeber hat dies für erforderlich gehalten, "um bei der Behandlung von Anträgen auf freiwillige Weiterversicherung für solche Personen Rechtssicherheit zu schaffen, die ihren Antrag zwischen dem Tag der dritten Lesung dieses Gesetzes und dem Inkrafttreten der übrigen Vorschriften stellen" (vgl. BTDrucks 16/1696, S. 33). Durch Art. 2 Nr. 100 des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854 2916>) ist die Übergangsregelung § 434j SGB III mit Wirkung vom 1. April 2012 aufgehoben worden.
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3. In dem Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht begehrt der dortige Kläger die Feststellung, dass er ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung gemäß § 28a SGB III begründet hat. Der 1958 geborene Kläger des Ausgangsverfahrens war von September 1991 bis einschließlich Juli 1997 arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt. Vom 1. August 1997 bis 30. Juni 1998 erhielt er Arbeitslosengeld. Seit dem 1. Juli 1998 ist er als selbständiger Industriedesigner mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden erwerbstätig und in der Künstlersozialkasse renten- und krankenversichert. Am 19. Dezember 2006 stellte er einen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung; der Antrag ging am 22. Dezember 2006 bei der im Ausgangsverfahren beklagten Bundesagentur für Arbeit ein.
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Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat zur Klagebegründung vorgetragen, ihm sei das Ende der "Antragsabgabefrist" nicht rechtzeitig bekannt gewesen. Die ihm vorliegenden Hinweisblätter hätten vielmehr alle ausdrücklich als "Abgabedatum" den 31. Dezember 2006 genannt. Ihm sei ausdrücklich und mehrfach eine solche "Abgabefrist" genannt worden. Dazu verweist er auf undatierte amtliche Hinweise der Künstlersozialkasse und der Bundesagentur für Arbeit für die ab dem 1. Februar 2006 geltende Rechtslage zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung. Von der Antragsmöglichkeit bis zum 31. Dezember 2006 habe er "damals über" die Künstlersozialkasse erfahren und sich bis zum 19. Dezember 2006 Zeit gelassen, da er in diesem Jahr insgesamt beruflich sehr stark belastet gewesen sei.
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4. Das Sozialgericht hat das Verfahren durch Beschluss vom 10. Dezember 2010 ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 434j Abs. 2 Satz 2 SGB III, eingefügt durch Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (GSiFoG) vom 20. Juli 2006 (BGBl I S. 1706), in Kraft getreten mit Wirkung vom 1. Juni 2006 (Art. 16 Abs. 3 GSiFoG), gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, insoweit durch die vorgenannte Vorschrift die Antragsfrist für die freiwillige Weiterversicherung nach § 28a SGB III teilweise nachträglich geändert und unterschiedlich - abhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit in der Vergangenheit - geregelt wurde.
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II.
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Die Vorlage ist unzulässig. Sie genügt nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG. Das Sozialgericht hat die Entscheidungserheblichkeit der Antragsfriständerung durch § 434j Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht hinreichend dargelegt.
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1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Vorschrift nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift, als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 76>). Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht in den Gründen seines Beschlusses dazu ausführen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist. Das vorlegende Gericht muss die für seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar und erschöpfend darlegen (vgl. BVerfGE 78, 165 171 f.>; 86, 71 77 f.>; 88, 70 74>; 88, 198 201>; 93, 121 132>). Es muss deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt ist.
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Im Hinblick auf die Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung gestellten Norm muss dem Vorlagebeschluss mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sein, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 7, 171 173 f.>; 105, 61 67>; 125, 175 219 f.>; 131, 88 117>; 133, 1 10 f. Rn. 34>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, juris Rn. 92). Damit fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit, solange die Möglichkeit besteht, dass das Gericht den Rechtsstreit entscheiden kann, ohne die von ihm für verfassungswidrig gehaltene Norm anwenden zu müssen (vgl. BVerfGE 58, 153 157 f.>; 64, 251 254>; 105, 48 56>; Dollinger, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, § 80 Rn. 61; Lenz/Hansel, BVerfGG, § 80 Rn. 70). Das Fachgericht muss das Verfahren zunächst so weit wie möglich bis zur Entscheidungsreife fördern, um dann zu beurteilen, ob es für die Entscheidung auf die Verfassungsmäßigkeit einer hierfür maßgeblichen Norm ankommt oder nicht. In der Regel bedarf es dafür einer mündlichen Verhandlung (vgl. BVerfGE 79, 256 264 f.>). Insbesondere muss der Sachverhalt so weit aufgeklärt werden, dass die Entscheidungserheblichkeit der zu prüfenden Vorschrift feststeht, bevor ein Gericht dem Bundesverfassungsgericht die Rechtsfrage der Gültigkeit eines Gesetzes vorlegt (vgl. BVerfGE 64, 251 254>; BVerfGK 18, 222 232 f.>). Dazu müssen auch die erforderlichen Beweise erhoben werden (vgl. BVerfGK 15, 447 452 f.>).
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Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit ist grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgeblich. Allerdings muss die Auffassung des Fachgerichts zumindest nachvollziehbar sein (vgl. BVerfGE 126, 77 97>; 127, 224 244>; 131, 1 15>; 133, 1 10 f. Rn. 35>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, juris Rn. 41). Außerdem muss sich das Gericht eingehend mit der einfachrechtlichen Rechtslage anhand der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen auseinandergesetzt haben und zu unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten Stellung nehmen, soweit sie für die Entscheidungserheblichkeit maßgeblich sein können (vgl. BVerfGE 105, 48 56>; 105, 61 67>; 121, 233 238>; 124, 251 260>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Juli 2014 - 2 BvL 25/09, 2 BvL 3/11 -, juris Rn. 28 ff.).
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2. Diesen Anforderungen genügt der Vorlagebeschluss nicht. Ihm lässt sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift des § 434j Abs. 2 Satz 2 SGB III zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit. Denn es hat nicht geprüft, ob hier im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine rechtzeitige Antragstellung zu bejahen sein könnte, so dass es auf die Gültigkeit der die Antragsfrist verkürzenden Norm nicht ankäme. Es hat sich insofern nicht mit der dafür zunächst heranzuziehenden einfachrechtlichen Rechtslage auseinandergesetzt (siehe a). Es ist für das Bundesverfassungsgericht auch nicht zu erkennen, ob das Sozialgericht den Rechtsstreit bis zur Entscheidungsreife gefördert und gegebenenfalls erforderliche Beweise erhoben hat (siehe b). Das Sozialgericht durfte auch nicht die fehlende Rechtserheblichkeit dieser Umstände unterstellen (siehe c).
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a) Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat zur Klagebegründung und im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2010 vorgetragen, ihm sei das Ende der "Antragsabgabefrist" nicht rechtzeitig bekannt gewesen, da die ihm vorliegenden Auskünfte der Künstlersozialkasse und Hinweisblätter der Bundesagentur für Arbeit zur Antragstellung eine Frist bis zum 31. Dezember 2006 genannt hätten. Ihm sei ausdrücklich und mehrfach eine solche "Abgabefrist" mitgeteilt worden. Diese Umstände selber hat das Sozialgericht in seiner Vorlage nicht gewürdigt, obgleich es sich offenbar nicht um Behauptungen "ins Blaue hinein" gehandelt hat und wiewohl sie für die Entscheidungsfindung von Bedeutung und Grund für weitere Sachverhaltsermittlungen und rechtliche Überlegungen sein könnten.
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Es ist nicht auszuschließen, dass die näheren Umstände der Beratung und Antragstellung hier für die Entscheidungsfindung von rechtlicher Relevanz sein könnten. Das Sozialgericht hat die tatsächlichen Anknüpfungspunkte offenbar nicht zum Anlass genommen, um zu prüfen, ob hier eine "rechtzeitige" Antragstellung im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X, der grundsätzlich sowohl für Verfahrensfristen als auch für Fristen mit materiell-rechtlichem Charakter gilt, in Betracht kommen könnte und hat sich mit der dazu heranzuziehenden sozialverwaltungsrechtlichen Rechtslage nicht befasst. Ebenso wenig hat es die daneben anwendbaren (vgl. BSGE 96, 44 48 Rn. 20 ff.>) Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, nach denen im Einzelfall einem Sozialversicherungsträger auch der Beratungsfehler eines anderen Sozialleistungsträgers zurechenbar sein kann (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2005 - B 5 RJ 6/04 R -, juris Rn. 29), geprüft. Jedenfalls verhält sich die Vorlage zu den beiden Rechtsinstituten nicht.
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b) So lässt sich für das Bundesverfassungsgericht auch nicht erkennen, ob das Sozialgericht den Rechtsstreit bis zur Entscheidungsreife gefördert hat. Das vorlegende Gericht hätte insbesondere feststellen und gegebenenfalls ermitteln müssen, wann und in welcher Form dem Kläger des Ausgangsverfahrens, wie er behauptet, "ausdrücklich und mehrfach" ein Fristlauf bis zum 31. Dezember 2006 genannt wurde; mit welcher Behörde eine konkrete Kontaktaufnahme erfolgte; ob eine sozialversicherungsrechtliche Beratung durch die Künstlersozialkasse erfolgte; was gegebenenfalls Ziel und Gegenstand der Beratung war und welches Beratungsbedürfnis dabei zu Tage trat; ob hierbei auch die tatsächlichen Voraussetzungen einer gesteigerten Hinweispflicht (vgl. BSGE 98, 108 114 Rn. 21>) eingetreten sind und ob eine Einbeziehung der Bundesagentur für Arbeit und ihrer Formulare in die Beratung erfolgte. Ferner lässt sich nicht erkennen, ob der Kläger des Ausgangsverfahrens behördlich über die rückwirkende Änderung der Rechtslage informiert wurde oder hiervon in anderer Weise erfuhr und wenn ja, wann dies geschah. Außerdem fehlen Einlassungen dazu, inwieweit er auf die Beständigkeit des Fristlaufs vertraute und inwiefern ein solches subjektives Vertrauen objektiv schutzwürdig war. Das Sozialgericht geht schließlich nicht darauf ein, in welcher Art und Weise die versäumte Handlung nachgeholt und ob dabei konkludent ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt wurde oder zumindest Anlass für eine Wiedereinsetzungsprüfung von Amts wegen bestanden haben könnte. Die in einem kurzen Satz protokollierte Anhörung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung genügt hierfür nicht. Sie lässt nahezu alle relevanten Fragen offen, ohne dass der Sitzungsniederschrift entnommen werden könnte, dass dem Kläger nähere Angaben unmöglich waren oder von ihm verweigert worden wären.
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c) Die fehlende Rechtserheblichkeit dieser Umstände durfte das Sozialgericht auch nicht ohne Weiteres unterstellen. Wenngleich für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit grundsätzlich seine Beurteilung maßgeblich ist, muss die Auffassung des Fachgerichts zumindest nachvollziehbar sein. Hierfür wäre sie auch insoweit zu begründen gewesen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Möglichkeit besteht, dass das Sozialgericht den Rechtsstreit entscheiden kann, ohne die von ihm für verfassungswidrig gehaltene Norm anwenden zu müssen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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