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BVerfG 21.03.2015 - 1 BvR 2031/12
BVerfG 21.03.2015 - 1 BvR 2031/12 - Nichtannahmebeschluss: Beschränkung der Weiterbeschäftigungspflicht gem § 9 Abs 1, Abs 2 BPersVG auf angestellte Auszubildende verletzt verbeamteten Auszubildenden nicht in Gleichbehandlungsanspruch (Art 3 Abs 1 GG) - Differenzierung ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt
Normen
Art 3 Abs 1 GG, § 3 Abs 2 Nr 1 BBiG 2005, § 9 Abs 1 BPersVG, § 9 Abs 2 BPersVG
Vorinstanz
vorgehend BVerwG, 30. Mai 2012, Az: 6 PB 7/12, Beschluss
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 16. Februar 2012, Az: OVG 61 PV 6.10, Beschluss
vorgehend VG Potsdam, 24. August 2010, Az: 21 K 1881/08.PVL, Beschluss
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die unterschiedliche Behandlung von verbeamteten und angestellten Auszubildenden, die Mitglied in der Jugend- und Auszubildendenvertretung sind.
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Der Beschwerdeführer absolvierte den dreijährigen Vorbereitungsdienst für den gehobenen nichttechnischen Sozialversicherungsdienst in einem Studiengang der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung und war Mitglied der Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung. Er beantragte fristgerecht die Weiterbeschäftigung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 2 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG). Im Ausgangsverfahren beantragte die Dienstgeberin die Feststellung, dass ein solches nicht begründet worden ist.
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Das Bundesverwaltungsgericht wies die Nichtzulassungsbeschwerde des in allen Instanzen erfolglosen Beschwerdeführers zurück. Die Pflicht zur Weiterbeschäftigung von Mitgliedern der Jugendvertretung aus § 9 BPersVG beziehe sich eindeutig auf Beschäftigte in einem Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz, nicht aber auf Beamtinnen und Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst; eine analoge Anwendung scheide mangels Regelungslücke aus. Die Ausbildung des Beschwerdeführers falle nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) nicht in den Anwendungsbereich des Berufsbildungsgesetzes, weil sie an einer Fachhochschule stattgefunden habe. Auszubildende mit einem derart hohen Qualifikationsniveau seien auch nicht vergleichbar schutzwürdig. Der Gesetzgeber dürfe bei typisierender Betrachtung davon ausgehen, dass nach einer Ausbildung mit Hochschulniveau ein geringeres Risiko bestehe, über einen nennenswerten Zeitraum hinweg ohne Beschäftigung zu bleiben.
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II.
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Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Sie hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung, denn die von ihr aufgeworfenen Fragen sind in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung geklärt. Sie ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
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1. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, zwischen Auszubildenden nach dem Berufsbildungsgesetz und Auszubildenden, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen und eine akademische Ausbildung durchlaufen, in Verfahrensregeln zur Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis zu differenzieren.
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a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln sowie wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 133, 377 407 Rn. 73>; stRspr). Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 129, 49 69>; stRspr). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reicht er vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse (vgl. BVerfGE 133, 377 407 Rn. 74>; stRspr). Die Anforderungen verschärfen sich umso mehr, je weniger die Merkmale für Einzelne verfügbar sind oder je mehr sie sich den in Art. 3 Abs. 3 GG ausdrücklich benannten Merkmalen annähern (vgl. BVerfGE 129, 49 69>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 130, 240 254>; stRspr).
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b) Danach ist vorliegend eine über den bloßen Willkürmaßstab hinausgehende Prüfung geboten. Die Regelung des § 9 BPersVG bezweckt, Auszubildende vor Personalmaßnahmen zu bewahren, die sie an der Ausübung ihrer Personalrats- und Jugendvertreterarbeit hindern oder ihre Unabhängigkeit in dieser Arbeit beeinträchtigen können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. November 2005 - BVerwG 6 P 3.05 -, juris, Rn. 23). Ziel der Regelung ist der Schutz dieser Auszubildenden vor Nachteilen bei der beruflichen Entwicklung aufgrund des Amtes (vgl. Kröll, in: Altvater/Baden/Berg/Kröll/Noll/Seulen, BPersVG, 8. Aufl. 2013, § 9 Rn. 1). Damit dient die Regelung auch der Verwirklichung der in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit, denn sie verhindert, dass Auszubildende allein aus Gründen nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden, die aus der Tätigkeit in der Jugend- und Auszubildendenvertretung resultieren.
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c) Die Beschränkung des besonderen Schutzes des § 9 BPersVG auf nicht verbeamtete Auszubildende, die den Ausschluss des Beschwerdeführers vom Anwendungsbereich dieser Regelung bewirkt, ist nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt.
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aa) Die Ungleichbehandlung verfolgt legitime Zwecke. Schon im Ausgangspunkt bestehen grundlegende strukturelle Unterschiede zwischen Beamten- und Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst, die grundsätzlich geeignet sind, eine unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 52, 303 345 f.>; 63, 152 166 ff.>; BVerfG, Nichtannahmebeschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Februar 2008 - 2 BvR 1843/06 -, juris, Rn. 15 ff.).
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(1) Ein Grund für den geringeren Schutz von engagierten beamteten Auszubildenden liegt in den ungleich besseren Chancen auf eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis. So stellt das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung darauf ab, Auszubildende im Beamtenverhältnis auf Widerruf hätten sehr viel bessere Aussichten als andere, in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen zu werden. Obwohl statistische Belege fehlen, erscheint diese Einschätzung plausibel. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des öffentlichen Dienstes ein erheblicher Spielraum zukommt (vgl. BVerfGE 76, 256 330>; 103, 310 319 f.>), er sachgerecht typisierende Regelungen vornehmen kann (vgl. BVerfGE 120, 1 30>; 126, 268 279> m.w.N.) und dies hier vom Beschwerdeführer auch nicht in Zweifel gezogen wurde.
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(2) Zudem zielt die Ausbildung in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf vorrangig auf eine spätere Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ab. Bestünde darauf ein regelmäßiger Anspruch, wie ihn § 9 BPersVG für Ausbildungsverhältnisse nach dem Berufsbildungsgesetz normiert, verschaffte dies verbeamteten Auszubildenden eine ungleich stärkere Rechtsposition als anderen Auszubildenden, die lediglich in regulär kündbare Arbeitsverhältnisse übernommen werden müssen.
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(3) Ein weiterer legitimer Differenzierungsgrund liegt darin, dass ein Abschluss der Ausbildung auf Hochschulniveau ein erheblich geringeres Risiko als andere mit sich bringt, im Anschluss kein Erwerbsarbeitsverhältnis eingehen zu können. So führt das Bundesverwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung in nachvollziehbarer Weise aus, jedenfalls bei typisierender Betrachtung könne davon ausgegangen werden, dass Personen mit einem Hochschulabschluss einem geringeren Risiko ausgesetzt sind, nach ihrem Abschluss einen nennenswerten Zeitraum ohne Beschäftigung zu bleiben. Dies belegen auch aktuelle empirische Untersuchungen (vgl. den Bericht der Autorengruppe Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland 2014, S. 135 f.).
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bb) Die Begrenzung des Anspruchs auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis auf Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz genügt auch den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. Werden beamtete und an Hochschulen qualifizierte Auszubildende aus dem besonderen Schutz bei der Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis herausgenommen, ist dies ohne weiteres geeignet, eine am Arbeitsmarkt bei typisierender Betrachtung im Vergleich schlechter gestellte Personengruppe zu fördern. Insbesondere ist die Differenzierung auch zumutbar, denn Auszubildende wie der Beschwerdeführer, die nicht unter § 9 BPersVG fallen, sind nicht schutzlos gestellt. Für sie gilt das allgemeine Benachteiligungsverbot des § 8 BPersVG, wonach an die Tätigkeit in der Personalvertretung keine Nachteile geknüpft werden dürfen. Zudem garantiert Art. 33 Abs. 2 GG für den Bereich der öffentlichen Ämter das Prinzip der Bestenauslese, das ebenfalls Schutz davor bietet, aufgrund einer Mitgliedschaft in der Jugend- und Ausbildungsvertretung benachteiligt zu werden.
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2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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