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BVerfG 01.07.2014 - 2 BvR 989/14
BVerfG 01.07.2014 - 2 BvR 989/14 - Nichtannahmebeschluss: Keine "Drittwirkung" einer Verletzung von §§ 243 Abs 4, 273 Abs 1a StPO (Pflicht zur Mitteilung und Protokollierung von Verständigungsgesprächen im Strafverfahren) - Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Substantiierung
Normen
Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 243 Abs 4 StPO, § 257c Abs 5 StPO, § 273 Abs 1a StPO
Vorinstanz
vorgehend BGH, 20. Februar 2014, Az: 5 StR 647/13, Beschluss
vorgehend LG Berlin, 13. August 2013, Az: (518) 255/254 Js 44/12 KLs (32/12), Urteil
Gründe
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Ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer gegen eine strafgerichtliche Verurteilung wendet, hat keine Aussicht auf Erfolg, da sie unzulässig ist.
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1. Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung von § 243 Abs. 4, § 273 Abs. 1a StPO in Bezug auf Verständigungsgespräche rügt, die der Vorsitzende der Strafkammer außerhalb der Hauptverhandlung mit den Verteidigern der Mitangeklagten geführt hat, genügt die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG).
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a) Eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Begründung der Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird (vgl. BVerfGE 81, 208 214>; 89, 155 171>; 99, 84 87>; 108, 370 386 f.>; 113, 29 44>). Es muss deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 78, 320 329>; 99, 84 87>; 115, 166 179 f.>). Liegt zu den mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen bereits Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor, so ist der behauptete Grundrechtsverstoß in Auseinandersetzung mit den darin entwickelten Maßstäben zu begründen (vgl. BVerfGE 77, 170 214 ff.>; 99, 84 87>; 101, 331 345 f.>; 123, 186 234>).
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b) Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht. Der Beschwerdeführer versäumt es, in Auseinandersetzung mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben darzulegen, weshalb er sich durch eine fehlende oder unzureichende Mitteilung und Protokollierung von Verständigungsgesprächen, die allein die Mitangeklagten betrafen, in eigenen Grundrechten verletzt sieht.
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aa) Bereits einfachrechtlich ist eine solche "Drittwirkung" von verständigungsbezogenen Verfahrensfehlern keineswegs selbstverständlich.
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Zwar hat das Bundesverfassungsgericht Verstöße gegen die Vorgaben des Verständigungsgesetzes in die Nähe absoluter Revisionsgründe gerückt (vgl. BVerfGE 133, 168 223 f., Rn. 97 f.> für Verstöße gegen Transparenz- und Dokumentationspflichten und BVerfGE 133, 168 224 f., Rn. 99> für Verstöße gegen die Belehrungspflicht des § 257c Abs. 5 StPO). Auch bei absoluten Revisionsgründen sind jedoch in der Regel nur die durch den Verfahrensfehler unmittelbar betroffenen Beteiligten rügeberechtigt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 338 Rn. 4; Gericke, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 338 Rn. 4).
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Auch im Übrigen legen die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu verständigungsbezogenen Verfahrensfehlern die Annahme der vom Beschwerdeführer angenommenen "Drittwirkung" nicht nahe:
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Einen Verstoß gegen die Belehrungspflicht des § 257c Abs. 5 StPO sieht das Bundesverfassungsgericht in seiner Bedeutung für die Selbstbelastungsfreiheit ähnlich gelagert wie einen Verstoß gegen § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO (vgl. BVerfGE 133, 168 225, Rn. 99>). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich ein Mitangeklagter aber auf die unzulängliche Belehrung eines anderen Mitangeklagten nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO nicht berufen, weil sein Rechtskreis hiervon nicht berührt wird (vgl. BGH, Urteil vom 10. August 1994 - 3 StR 53/94 -, juris, Rn. 12; Beschluss vom 5. Februar 2002 - 5 StR 588/01 -, juris, Rn. 3).
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Verstöße gegen Transparenz- und Dokumentationspflichten hat das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich ihrer revisionsrechtlichen Bedeutung mit der Nichtgewährung des letzten Wortes nach § 258 Abs. 2 und 3 StPO verglichen (vgl. BVerfGE 133, 168 223, Rn. 97>). Auch insoweit fehlt es jedoch an einer eigenen Beschwer eines Mitangeklagten, wenn nur bei einem anderen Mitangeklagten gegen § 258 StPO verstoßen wurde (vgl. Stuckenberg, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2012, § 258 Rn. 66 m.w.N.).
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Vor diesem Hintergrund leuchtet bereits einfachrechtlich nicht ein, weshalb der Beschwerdeführer meint, sich darauf berufen zu können, dass bezüglich seiner Mitangeklagten gegen § 243 Abs. 4, § 273 Abs. 1a StPO verstoßen worden sei.
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bb) Erst recht fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der verfassungsrechtlichen Perspektive. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 19. März 2013 unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien dargelegt, dass die gesetzlichen Transparenz- und Dokumentationspflichten dem Zweck dienen, eine vollumfängliche Kontrolle des Verständigungsgeschehens durch die Öffentlichkeit, die Staatsanwaltschaft und das Rechtsmittelgericht zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 133, 168 204, Rn. 65; 207, Rn. 67; 212 f., Rn. 76; 214 ff., Rn. 80 ff.>). Hierdurch soll einer Gefährdung des Schuldprinzips, der darin verankerten Wahrheitserforschungspflicht und des dem Rechtsstaatsprinzip innewohnenden Prinzips des fairen Verfahrens durch intransparente, unkontrollierbare "Deals" vorgebeugt werden; diese sind bereits von Verfassungs wegen untersagt (vgl. BVerfGE 133, 168 232 f., Rn. 115>). Die Transparenzvorschriften des Verständigungsgesetzes dienen somit dem Schutz der Grundrechte des von einer Verständigung betroffenen Angeklagten vor einem im Geheimen sich vollziehenden "Schulterschluss" zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Dass dieser Schutz von Verfassungs wegen auch auf Mitangeklagte zu erstrecken wäre, die von der nicht hinreichend transparenten Verständigung (und einer damit verbundenen Gefährdung des Schuldprinzips) gar nicht betroffen sind, kann dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht entnommen werden und bedürfte - gerade unter Berücksichtigung des Umstands, dass das somit als Ansatzpunkt allein in Betracht kommende Recht auf ein faires Verfahren lediglich den rechtsstaatlich unverzichtbaren Bestand an Verfahrensrechten sichert (vgl. BVerfGE 133, 168 200, Rn. 59>) - einer gesonderten Begründung. Diese liefert der Beschwerdeführer jedoch nicht, zumal er nicht einmal mitteilt, inwiefern er bei Kenntnis des konkreten Inhalts der die Mitangeklagten betreffenden Verständigungsgespräche sein Prozessverhalten geändert hätte.
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2. Im Übrigen wird von einer Begründung nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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